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Literatur Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele – Kindernoete - Kindererinnerungen

enigma
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 04.01.2010, 00:30:51
Hallo Longtime,

die schöne Erzählung kenne ich. Das müsste “Bergkristall “ von Adalbert Stifter sein. Ich habe sie mal gelesen und auch den Film gesehen. Es macht auch mal Freude, wenn eine Geschichte gut und vor allem friedlich ausgeht.
Danke für die Erinnerung.

**

Und nun zu dem von mir angekündigten Auszug:

Hier schreibt ein Franzose - etwas ungewöhnlich - über die Situation und Empfindungen seiner Mutter, vor seiner Geburt, als diese mit ihm schwanger war. Wer ihm die Geschehnisse verraten hat, verrät er wiederum nicht.

Und hier nun zu den etwas widersprüchlichen Empfindungen der Frau Mama:

“In den Monaten vor meiner Geburt - sie war erst neunzehn Jahre alt und ist seitdem nicht älter geworden - hatte sie schwere Ängste auszustehen und erklärte schluchzend, ihr Baby werde nie zur Welt kommen, denn sie fühle deutlich, dass sie nicht wisse, wie man es machen müsse.
Mein Vater versuchte, sie zur Vernunft zu bringen. Aber sie sagte wütend: “Wenn ich denke, dass du es bist, der mir das angetan hat!” und brach in Tränen aus.

Als das Ungeborene anfing, sich zu bewegen, bekam sie zwischen zwei Weinkrämpfen einen Lachanfall.
Durch dieses unvernünftige Benehmen erschreckt, rief mein Vater seine ältere Schwester zu Hilfe; sie hatte ihn erzogen, war - natürlich! - Leiterin einer Schule in La Ciotat und unverheiratet.
Die große Schwester war entzückt und ordnete an, dass meine Mutter sofort zu ihr an die Küste des Mittelmeeres kommen müsse, was noch am gleichen Abend befolgt wurde.

Man hat mir gesagt, dass Joseph (Anm.: Der Ehemann und Vater des ungeborenen Kindes) sehr froh über diese Lösung war und seine Freiheit benutzte, um mit der Bäckerin zu poussieren, deren Buchführung er in Ordnung hielt. Aber davon wollte ich nichts hören und habe es auch niemals geglaubt.

Während dieser Zeit ging die zukünftige Mama in der milden Januarsonne am Strand spazieren und sah weit draußen die Segel der Fischerboote, die gegen drei Uhr nachmittags dem Sonnenuntergang entgegenfuhren. Später am Kaminfeuer, in dem die blaue Flamme der Olivenscheite knisterte, strickte sie die Ausstattung für die sich rührende Nachkommenschaft, während Tante Marie Windeln säumte und mit ihrer hübschen hellen Stimme sang:
“Wenn die leichte Brigg auf den Wellen schaukelt
Und die Nacht ihren schwarzen Schleier ausbreitet....” (...)

Ihr werdet unschwer erkannt haben, dass die Orte der Handlung sich in Frankreich befinden und der Autor, wie schon erwähnt, Franzose ist, der auch als Drehbuchautor und Regisseur sehr erfolgreich war.

In dem Buch, dem der Auszug entstammt, hat er seine Jugenderinnerungen einfach hinreißend erzählt, jedenfalls für meinen Geschmack.

Diese “Erinnerungen” gehören in Frankreich noch zur Standardlektüre für Schüler.
Er wurde übrigens auch “der Dichter der Provence” genannt.

Der Autor wurde später zum Mitglied der Académie française gewählt.

Nun wisst Ihr sicher, wer es ist, der da über die Zeit vor seiner Geburt berichtet hat.

PS
Ich weiß nicht, ob man den Text im "Netz" finden kann, denn ich habe ihn aus dem Buch abgetippt.
Aber Ihr kommt auch ohne weitere Hilfe bestimmt darauf, wer der Autor ist.

Gruß
longtime
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 04.01.2010, 07:57:27
Glückwunsch für enigma!
Nachtrag zu meinem Textbeispiel:

Sicherlich, alt-klassische Erinnerung oder neue Übung: Stifters "Berkristall".


Sendung des Vilsmaier-Films:

Der Film wurde am 1.1.2010 in der ARD gesendet.

Angaben zur Verfilmung

**

Das muss der Text zu enigmas Beitrag sein:

Ich habe mir "damals" in der Provence den Pagnol nur vorlesen lassen, teilweise…

Ich zitiere hier deshalb "fremd", aus der Buchbeschreibung eines Lesers aus dem Internet:

In seinem Werk schildert Marcel Pagnol in einzigartig einfühlsamer Weise und mit viel Witz und treffendem Humor seine frühe Kindheit und Jugend in der geliebten Provence. Er vermag dem Leser seine über alles geschätzte Heimat lebhaft und in einer frischen, spritzigen Erzählweise vor Augen zu führen. Keinen Augenblick entsteht Langeweile, vielmehr fühlt sich, wer das Land kennt, sich in dieses hineinversetzt, erlebt die Menschen in ihren Handlungen, als sei er mitten unter ihnen; sieht die Landschaft vor dem geistigen Auge, als stände er mitten in karstigen Bergen rund um Aubagne.
Die Provence um 1900 wird zu neuem Leben erweckt. Sehr sehenswert in diesem Zusammenhang auch die beiden Videos: "Der Ruhm meines Vaters" und "Das Schloß meiner Mutter" (beide Frankreich 1990, Regie Yves Robert, Atlas Film), eine selten gelungene Filmadaption der Pagnol'schen Jugenderinnerungen. Wirklich "eine Hymne an die Provence", nicht nur für eingefleischte Provenceliebhaber."

*

Hier kann man nachlesen und sich seines Geschmacks erinnern oder ihn nacharbeiten:

Über Pagnol!

Guten Tag! Und:

Viel Erfolg und Gewinn mit solchen Kinder-Erinnerungen - wünsch ich mir!
longtime
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 04.01.2010, 09:11:32
Neues Beispiel von einem Kind, das eigene Erfahrungen machen will udn in Abenteuer gerät, die für ein ganzes Land und für viele Kinder beispielhaft wurden:

Ein Junge, der keine Lust hat, eine langweilige Sonntagspredigt – an Stelle eines verweigerten Kirchenbesuch – auswendig zu lesen, macht eine komische Erfahrung, mit sich mit einer Wichtelmännlein, das eine Gewissenserforschungsfigur ist. – Aber real und unter Gefahren ist eine Charakterentwicklung ja viel spannender, besonders wenn man damit gute, informative, naturnahe und positive Pädagogik betreibt.

Wer schrieb von dem Jungen, dessen Namen weltberühmt geworden ist – besonders im Zusammenhang mit Vögeln, die zur Lebzeit der Autorin aus fernen Ländern aufbrachen und einen Sommer jeweils in die nordischen und östlichen Ländern kamen und die günstigen klimatischen und Ernährungs-Bedingungen für Brut und Pflege der Jungen nutzten…?



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enigma
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 04.01.2010, 09:11:32
Hallo Longtime,

ja, Du hast es ganz toll geschildert, auch durch den Beitrag des Lesers, denn genau so empfinde ich ebenfalls das Buch, als einmalige Huldigung auch an die wunderbare Landschaft der Provence, die ich sehr liebe.
Und den Lavendel kann man auch in der Erinnerung fast riechen.

Wir hatten zu der Zeit unserer Reisen in die Provence einen sehr guten (aber auch strengen) Reiseleiter, der Weg und Steg und Pflanzen in der Provence kannte. Der hat uns erst mal aufgeklärt, dass das, was wir gemeinhin Lavendel nannten, nur Lavendin war, eine Kreuzung mit schwächerem Duft als ihn der echte hat.

Und wehe, wenn jemand ihm nicht zugehört oder gequatscht hat, dann wurde er ganz rigoros.

Ja, jedenfalls ist der Auszug , wie von Dir richtig angegeben, aus dem autobiografischen Buch “Marcel - Eine Kindheit in der Provence” von Marcel Pagnol. Und das muss einfach eine glückliche Kindheit gewesen sein, so wie er sie beschrieben hat.

Danke noch einmal auch für die Ergänzungen zu Stifter und “Bergkristall”.


Gruß
enigma
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 04.01.2010, 09:38:26
Selma Lagerlöf?

longtime
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 04.01.2010, 10:15:06
Ja, enigma - prima: die Lagerlöf mit ihrem Jahrhundertbuch vom Nils: sozial, ökoloigsch, naturkundlich, heimatkundlich... - sie war ja auch Lehrerin.

*

Hier will ich noch ein neues Beispiel über die Phntasieleistung eines Jungen einstellen:

Ein aufgeweckter Junge ist den ganzen Tag allein zu Haus und langweilt sich - bis ein Wichtel, ein Däumling, auftaucht und ihm zeigt, wie er auch so klitzeklein werden kann, dass er in einer Mäusewohnung, die unter dem Kinderzimmer sich befindet, Platz genug hat und sie sich dort wie Brüder unterhalten und vergnügen können.


Ein Kind ist einsam:


„Jeden Tag gingen Vater und Mutter in die Fabrik. B. blieb dann den ganzen Tag allein zu Hause. Die Mutter stellte ihm Brot und Milch hin, damit er etwas hatte, wenn er hungrig wurde. Später, wenn die Mutter heimkam, gab es Mittagessen. Allein zu essen machte gar keinen Spaß. Überhaupt war es sehr, sehr traurig, so die Tage zu Hause in den Zimmern umherzulaufen, ohne mit jemandem reden zu können. Natürlich konnte er auf den Hof gehen und dort spielen; aber jetzt im Herbst war das Wetter schlecht, und Kinder waren auch nie draußen.
Oh, wie ging die Zeit doch langsam hin! Er wußte nicht, was er mit sich anfangen sollte. Seine Spielsachen waren ihm schon längst langweilig. So viele hatte er übrigens gar nicht. Alle Bücher, die sich im Haus fanden, hatte er von vorn bis hinten bereits angesehen. Lesen konnte er noch nicht. Er war erst sechs Jahre alt.
Es war kalt im Zimmer. Vater heizte am Morgen den Kachelofen; aber jetzt am Nachmittag war beinah alle Wärme verflogen.

B. fror. In den Winkeln wurde es dunkel. Aber er machte kein Licht an. Wozu? Es gab überhaupt nichts, was er tun konnte. Es war alles langweilig und traurig. Er beschloß, sich auf sein Bett zu legen und ein wenig darüber nachzudenken, wie langweilig und traurig alles war.
Immer war er nicht allein gewesen. Früher hatte er eine Schwester gehabt. Sie hieß Märta. Aber eines Tages kam sie aus der Schule und war krank. Eine ganze Woche lang. Und dann starb sie. Als er daran dachte und daran, wie allein er nun war, begannen ihm die Tränen zu laufen.
Und gerade in diesem Augenblick hörte er es: Er hörte kleine, trippelnde Schritte unter dem Bett. (…)“

*

Was ist da passiert - ob in der Realität - ob in der Phantasie des bedürftigen Jungen?


Ein Kind, von den Eltern geliebt, von den Eltern allein gelassen (Schweden, im Wunder der Wirtschaft, der Gleichberechtigung… um 1956…), phantasiebegabt; auch der Suche nach Freundschaft, nach einer Trostfigur. (Vielleicht war es für die allein stehende (Quatsch: allein arbeitende und das Kind versorgen müssende… Mutter eines unehelichen Mädchens viel wichtiger, sich mit erfundenem – mit Literatur – über Wasser zu halten…?)


Wie heißt dieses Märchen, das eine reale familiäre und kindliche Motivation hat, Kindern zu eigener, wirkungsvoller, aktiver Spielfreude zu verhelfen?

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enigma
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 04.01.2010, 22:18:17
Hallo Longtime,

Astrid Lindgren mag ich sehr gerne, obwohl ich längst nicht alle ihre Bücher gelesen habe.
Aber bei der von Dir eingestellten Geschichte weiß ich, dass es sich um “Nils Karlsson-Däumling” handelt.
Da versucht der Junge Bertil seine Einsamkeit, die ihn besonders nach dem Tode seiner Schwester Märta bedrängt, durch die Erfindung eines Freundes und Spielkollegen, eben von Nils Karlsson-Däumling, von ihm Nisse genannt, zu durchbrechen. “Nisse” taucht unter Bertils Bett auf.....

**

Mit einem Märchen kann ich im Moment nicht dienen, aber mit einem Auszug aus einer Autobiografie einer deutschen Frau, die mit aller Kraft eine künstlerische Karriere angestrebt hat und diese auch erreichte, gegen manche Widerstände.
Im Gegensatz zu dem kleinen Jungen, der seine Einsamkeit nur durch Fantasie kompensieren konnte,
riskiert hier eine Jugendliche viel, um ihr Ziel in der Realität zu erreichen.

Hier nun der Auszug:

“Doch jetzt, mein Vater, mit siebenundzwanzig ein junger Kapitän, im März bei Regen und Schnee unterwegs von Madrid nach Island, und seine Frau, seine Angebetete, seine Göttin, seine Perle, sie lag in ihrem schneeweißen Bett, im schneeweißen Hemd, und Großvater und Großmutter und die Onkel lauschten vor der Tür, aber es dauerte zu lange, sie gingen schlafen.
Erst in der Morgenfrühe wurde ein Mädchen geboren. Mit ganz roten Haaren. Das war ich.

‘Martha’ , sagte ich zu unserem Dienstmädchen - wir hatten damals ein Dienstmädchen zu Hause, man nannte es so, ein Mädchen, das die Dienste tut.
‘Martha, , du mußt mir achtzig Mark leihen, ich will nach Berlin!’
Es dauerte einige Wochen, bis ich sie davon überzeugt hatte, aber woher sollte ich sonst das Geld nehmen? Ich hatte nichts, und meine Eltern hätten mir niemals etwas gegeben, damit ich nach Berlin fahren konnte.
Aber Martha gab es mir - heimlich.

An einem Nachmittag, als mein Vater nicht da war und meine Mutter schlief, packte ich einige Kleider und zwei Paar Schuhe in einen Koffer, nahm zwei Stück Seife und einen Kamm mit, fuhr mit den achtzig Mark nach Hamburg und stieg dann in den Berliner Zug. In Hamburg auf dem Hauptbahnhof erwartete mich ein Bekannter - ein Verehrer, ein kleiner dicker Mann aus Südamerika mit einem freundlichen Gesicht, und brachte, sehr schön eingewickelt, einen ganzen Strauß Orchideen zum Abschied.
Dann saß ich im Zug nach Berlin. Als ich dort ankam, wartete niemand auf mich. Ich kannte niemanden. Ich wußte nicht, wo ich aussteigen sollte.” (...)

Das junge Mädchen machte Karriere, genau in dem gewünschten und ersehnten Beruf, aber nicht direkt in Berlin, sondern über einen Umweg, der sie in eine süddeutsche Großstadt führte, dann allerdings wieder zurück nach Berlin.

Sie wurde eine bekannte Größe.
In der Ausübung ihres Berufs stand sie in Kontakt zu vielen bekannten Autoren.

In einem ebenso berühmten Kollegen fand sie lange Jahre einen ebenbürtigen Partner.
Beide waren von der Besessenheit zu ihrem Beruf geprägt.
Nach seinem Tode hinterließ er eine große Lücke in ihrem Leben.

Der einzige Makel der Dame: Sie hatte in schlimmer deutscher Zeit das falsche Parteibuch. Aber das war wohl mehr zur Karriereförderung als aus Überzeugung, denn von politischen Aktivitäten habe ich nie etwas gehört oder gelesen.
Ihre Fans haben es ihr offenbar verziehen.
Und die Bundesrepublik Deutschland auch, denn immerhin erhielt sie Jahrzehnte nach Kriegsende das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Abschließend noch ein persönliches Merkmal der Dame: Sie hatte eine absolut unverwechselbare Stimme, die man nicht vergisst.

Jetzt wisst Ihr es - oder?




longtime
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 05.01.2010, 07:40:39
Nein, da weiß ich keinen Namen!

Ein Mädchen macht sich auf in die Großstadt - wegen der Karriere als Schauspielerin? Und wird ein großer Star? -


Habe ich was überlesen? - Ach - die roten Haare, haben die eine besondere Aussage?


Andere Mitspieler wissen hier wohl besser Bescheid. Aber die Auflösung - auch wegen der zeitbedingten "Randerscheinugnen" - interessiert mich sehr!

Da gibt es doch wohl noch irgendeinen Tipp für jemanden, der sein Hobby "Bücher" verwertet wissen will...

enigma
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 05.01.2010, 12:56:38
Lieber Longtime,

ich löse das jetzt mal selbst auf:

Es ist die Flickenschildt, die ich eingestellt hatte.
Inzwischen habe ich heute noch viel mehr über sie gelesen, weiß also auch einige Details mehr über ihr Leben.
Und mein Fazit ist, dass ich sie immer noch als Künstlerin würdige, aber nicht mehr als menschliches Vorbild, denn ich habe erfahren, dass sie in der NS-Zeit, möglicherweise oder wahrscheinlich sogar wie auch andere aktive Künstler zu der Zeit, die im entsprechenden Alter waren, an Werbefilmen "des Systems" mitgewirkt haben soll.

In den Quellen wird zwar auch erwähnt, dass sie eigentlich ein unpolitischer Mensch war und es wohl wirklich für die Karriere getan hat, denn sie wollte um jeden Preis spielen.

Ja, das ist ein wirklich schwieriges Thema, aber nach diesen Informationen, die ich jetzt habe, hätte ich sie wahrscheinlich nicht eingestellt.

Viele Grüße
longtime
longtime
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 05.01.2010, 13:36:14
Danke, enigma, für das passende Beispiel des "Mächens mit den roten Haaren"!
Ich finde deine Argumentation absolut sinnvoll und nachvollziehbar!

*

Mein heutiges Beispiel über Kindereien und kulturelle Konsequenzen:

Ein Gedicht, fast nur ein Gedichtlein, das aber so aussagestark ist, dass man sich wundert über das Entstehungsdatum und den Autor:

Hier ohne Autor und Titel wiedergegeben:

Morgen zum Geburtstagsfeste
Lädt sich Käthchen kleine Gäste:
Anni Hoffmann, Suse Beyer,
Minchen Walther, Doris Schreier,
Evchen Müller, Elsa Strauch -
"Kommt denn das Rebekkchen auch?" -
"Was, Rebekka Silberstein?!
Juden lad ich niemals ein.
Gabst du in der Schul nicht Acht,
Daß sie Jesum todt gemacht?" -
"Unser Lehrer meint das, ja;
Doch es sagt mir die Mama
(Und die weiß doch vielerlei):
Silbersteins warn nicht dabei!"

Schlichte Kinderseele du,
All mein Herz es lacht dir zu.
Besser wärs um sie bestellt,
Zöge siegreich durch die Welt
Deine Friedensmelodei:
"Silbersteins warn nicht dabei!"


*

Wer "spielt mit" – und macht sich seine Gedanken über den fast unbekannten Autor (weil er kein normaler Dichter ist) und das Thema des Antisemitismus zur damaligen Zeit?


P.S. 1:
Als Zugabe (ohne direkten thematischen Zusammenhang, aber als Zeichen für tiefe, kulturell althergebrachte Gewohnheiten…) ein Vierzeiler von

Martin Walser:

Ich bin an den Sonntag gebunden
wie an eine Melodie.
Ich habe keine andere gefunden,
ich glaube nicht, aber ich knie.


P.S. 2:


Vielleicht mache ich aus dem Thema mit weiteren Beiträgen einen Text als BLOG; und würde auch - nach Rückfrage - Diskussionsbeiträge aufnehmen. Also natürlich: Widerspruch möglich!

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