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Literatur Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele – Kindernoete - Kindererinnerungen

enigma
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 06.01.2010, 15:39:25
Hallo Longtime,

gefunden habe ich sowohl das Gedicht als auch den Namen des Dichters, Edwin Bormann, ein Leipziger Mundartdichter.
Der Name kam mir irgendwie bekannt vor, so, als ob ich ihn schon mal gelesen hätte; aber das war auch schon alles, was ich wusste.

Ich zitiere mal einen Teil des Textes, den ich dem Archiv von „Lyrikzeitung & Poetry News“ entnommen habe:

„17. Silbersteins warn nicht dabei
Auf der Homepage von PD Dr. Karl-Heinrich Ostmeyer das Anthologieprojekt "Deutsche Gedichte wider Judenhass und Antisemitismus" (mit versammelten Gedichten des Monats und einer langen Titelliste).
Dort fand ich dieses Gedicht von Edwin Bormann (der als Leipziger Mundartdichter bekannt ist und 1851 - 1912 lebte). Ein immer aktueller Text, ein verblüffender Lösungsvorschlag aus kindlicher Seele. Die zahlreichen Aufrufe zur Toleranz in der deutschen Literatur hielten das Unheil nicht auf und waren doch notwendig. (Sollten sich unter den Lesern dieser Seite welche finden, die das kleine Gedicht in ihre Muttersprache übersetzen wollen - Arabisch, Jiddisch, Hebräisch, Englisch, Koreanisch, Tschetschenisch oder jede andere Sprache) - gern würde ich alle Fassungen hier veröffentlichen). Bitte mailen Sie diese Nachricht an Ihre Bekannten oder drucken Sie sie nach auf Papier oder virtuell! Danke!“
geschrieben von Archiv "Lyrikzeitung & Poetry News"


Die letzten beiden Sätze sind vielleicht nicht mehr relevant, weil ich den Auszug dem Archiv entnommen hab.

Aber allen anderen vorstehenden Aussagen kann ich mich nur rückhaltlos anschließen.

Bitte Interessenten unbedingt das markierte „Anthologieprojekt“ anklicken, denn da sind wunderbare einschlägige Gedichte zu finden - she. Linktipp!

PS
Der Vers von Martin Walser ist auf jeden Fall nachvollziehbar.


Gruß





longtime
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 06.01.2010, 17:01:00
Prima, primissima:

Ja, ich war verwundert, da weiß ein "einfacher", heute fast unbekannter Humorist, ein Satiriker einen solchen zeitgeschichtlichen Durchblick hatte, das er sogar im Kindergedicht das größte religiöse Problem seiner Zeit präzise und anschaulich erklären konnte, worüber heute noch Theologen streiten, (von den übrigens Wolfgang Borchert schrieb: "Gott ist ertrunken in der Tinte der Theologen"):

Bormann, August Edwin (Pseudonym: Bliemchen); der so einfach Texte und Bücher schreiben konnte wie: "Ein jedes Thierchen hat sein Pläsirchen“ (1887).


enigma
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 06.01.2010, 22:25:37
Jetzt weiß ich endlich, woher das kommt: “Ein jedes Thierchen hat sein Pläsirchen”.


Heute möchte ich einen Auszug aus einem Buch einstellen über die Kindheit und Jugend eines Mädchens, das trotz des frühen Todes der Mutter eine günstige Entwicklung nahm, weil Menschen da waren, wie in diesem Buch der zärtliche Vater und eine liebevolle Erzieherin, die diesen Verlust in etwa ausgleichen konnten.
Und so geschah es, dass aus dem kleinen Mädchen eine äußerst selbstbewusste junge Frau wurde, ungewöhnlich selbstbewusst sogar für die Zeit, in der sie lebte, und mit dem Wunsch nach eigenen Entscheidungen und Selbstbestimmung., was noch ungewöhnlicher war.

Hier ist dieser Auszug:

“Schön, aufgeweckt und reich, bei einem sorgenfreien Leben Zuhause und einem glücklichen Naturell war .... offenbar mit einigen der erfreulichsten Vorzüge des Daseins gesegnet und hatte beinahe einundzwanzig Jahre fast ohne jeden Anlaß zu Kummer und Verdruß auf dieser Welt verbracht.
Sie war die jüngere von zwei Töchtern eines höchst zärtlichen und nachsichtigen Vaters und durch die Heirat ihrer Schwester schon recht früh Herrin seines Hauses geworden. Ihre Mutter war schon zu lange tot, als dass sich für .... mit der Erinnerung an sie mehr als unbestimmte Vorstellungen von Zärtlichkeit verbunden hätten, und ihren Platz hatte eine ausgezeichnete Erzieherin eingenommen, deren liebende Zuneigung der einer Mutter kaum nachstand.-
Sechzehn Jahre hatte Miss T. in Mr. .... Familie mehr als Freundin denn als Erzieherin verbracht und zu beiden Töchtern, besonders aber zu .... ein enges Verhältnis gehabt. Zwischen ihnen herrschte eher die Vertrautheit von Schwestern. Schon lange bevor Miss T. aufgehört hatte, ihr Amt als Erzieherin auszuüben, hatte sie in ihrer Nachsicht .... fast immer gewähren lassen, und da auch der bloße Schatten von Autorität längst verschwunden war, lebten sie als unzertrennliche Freundinnen miteinander, wobei .... tat, was sie wollte: zwar schätzte sie Miss T`s Urteil sehr, aber sie folgte im wesentlichen ihrem eigenen.
Das eigentliche Problem bestand deshalb darin, dass .... zu leicht ihren Willen bekam und dazu neigte, eher zu viel von sich zu halten. Hier lauerten Gefahren, die ihrem ungetrübten Dasein drohten. Vorläufig allerdings war sie sich ihrer so wenig bewußt, , dass sie sie durchaus nicht als Verhängnis empfand.
Und doch stand ihr Kummer bevor, gelinder Kummer allerdings und keineswegs in Gestalt von unliebsamer Selbsterkenntnis. Miss T. heiratete. Der Abschied von Miss T. brachte .... den ersten seelischen Schmerz.” (...)

Kennt jemand den Buchtitel und den Verfasser/die Verfasserin?

Noch folgende Informationen:
Das Buch wurde aus der englischen in die deutsche Sprache übersetzt.
Inzwischen zählt es, das kann man mit Fug und Recht sagen, zu den literarischen Klassikern.

Die Protagonistin hatte sich zwar vorgenommen, selbst nicht zu heiraten, stiftete aber liebend gerne Ehen in ihrer Umgebung. Dabei neigte sie jedoch zur Selbstüberschätzung und interpretierte die Gefühle ihrer Mitmenschen oft nach eigenem Gutdünken und falsch.
Sogar über ihre eigenen Gefühle hatte sie sich geirrt.

Aber zum Schluß erwischte es auch sie selbst mit dem Eheglück und es stand eine Dreifach-Hochzeit an.

Anders als ihre Heldin in diesem Buch blieb die Autorin zeit ihres Lebens unverheiratet, und sie unterschied sich auch von dieser Romanfigur, die als reiche Erbin finanziell unabhängig gewesen wäre, dadurch, dass sie von der Hilfe wohlhabender Verwandter abhängig blieb.



Gruß




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enigma
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von enigma
als Antwort auf enigma vom 07.01.2010, 10:24:49
Ich löse jetzt mal auf, wer und was sich hinter dem Auszug verbirgt.

Wahrscheinlich habe ich missverständlich formuliert, denn ich bin überzeugt davon, dass viele die Autorin und auch das Buch kennen.

Es war Jane Austen und ihr Roman “Emma”.

Gruß
clara
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von clara
als Antwort auf enigma vom 09.01.2010, 13:27:37
Hallo, liebe Literaturfreunde,

um dieses Thema mal wieder aufleben zu lassen, stelle ich einen kleinen Jungen vor, dem man vom Markt Puppengeschirr, kleine Teller, Tassen usw. mitgebracht hatte. Wahrscheinlich aus Langeweile warf er dieses vom Fenster aus auf die Straße und freute sich am Zerdeppern.
Andere Kinder unten ermunterten ihn, immer mehr runter zu werfen, und als sein Puppengeschirr aufgebraucht war, ging's an das echte Geschirr in der Küche, bis so ziemlich alles zerbrochen war.
Zum Glück waren die Eltern des Knaben wohlhabend, und so, wie er später die Mutter schilderte, gab's auch nichts auf den Hosenboden. (Dem strengeren Vater wurde die Sache vermutlich verheimlicht.)

So, das ist leicht genug zu erraten, zumal es sich bei dem deutschen Autor um eine Berühmtheit handelt. Wie heißt er und wie heißt das biografische Werk, in dem er die Geschichte aufgeschrieben hat?

Clara
enigma
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von enigma
als Antwort auf clara vom 18.02.2010, 12:03:23
Hallo Clara,

könntest Du vielleicht Johann Wolfgang von Goethe mit den "Kindheitserinnerungen" aus "Dichtung und Wahrheit" meinen?


Gruß Enigma


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clara
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von clara
als Antwort auf enigma vom 18.02.2010, 15:34:57
Ja, enigma, diese Kindheitserinnerung stammt aus Goethes "Dichtung und Wahrheit" und steht gleich am Anfang des ersten Buches.

In meiner dtv-Gesamtausgabe ist zu lesen, dass der Anlass, diese in dichterischer Freiheit geschriebenen Memoiren der Brief eines Freundes war, der darum bat.

Goethe schrieb: Dieses so freundlich geäußerte Verlangen erweckte bei mir unmittelbar die Lust es zu befolgen. Denn wenn wir in früherer Zeit leidenschaftlich unsern eigenen Weg gehen, und, um nicht irre zu werden, die Anforderungen anderer ungeduldig ablehnen, so ist es uns in spätern Tagen höchst erwünscht, wenn irgendeine Teilnahme uns aufregen und zu einer neuen Tätigkeit liebevoll bestimmen mag.

Gruß, Clara

Nachtrag: Der Originaltext

"Es war eben Topfmarkt gewesen, und man hatte nicht allein die Küche für die nächste Zeit mit solchen Waren versorgt, sondern auch uns Kindern dergleichen Geschirr im kleinen zu spielender Beschäftigung eingekauft. An einem schönen Nachmittag, da alles ruhig im Hause war, trieb ich im Geräms (einer vergitterten Öffnung zur Straße, P.M.) mit meinen Schüsseln und Töpfen mein Wesen, und da weiter nichts dabei herauskommen wollte, warf ich ein Geschirr auf die Straße und freute mich, daß es so lustig zerbrach. Die von Ochsenstein, welche sahen, wie ich mich daran ergetzte, daß ich so gar fröhlich in die Händchen patschte, riefen: Noch mehr! Ich säumte nicht, sogleich einen Topf, und auf immer fortwährendes Rufen: Noch mehr! nach und nach sämtliche Schüsselchen, Tiegelchen, Kännchen gegen das Pflaster zu schleudern. Meine Nachbarn fuhren fort ihren Beifall zu bezeigen, und ich war höchlich froh ihnen Vergnügen zu machen. Mein Vorrat aber war aufgezehrt und sie riefen immer: Noch mehr! Ich eilte daher stracks in die Küche und holte die irdenen Teller, welche nun freilich im Zerbrechen noch ein lustigeres Schauspiel gaben; und so lief ich hin und wider, brachte einen Teller nach dem andern, wie ich sie auf dem Topfbrett der Reihe nach erreichen konnte, und weil sich jene gar nicht zufrieden gaben, so stürzte ich alles was ich von Geschirr erschleppen konnte, in gleiches Verderben. Nur später erschien Jemand zu hindern und zu wehren. Das Unglück war geschehen, und man hatte für so viel zerbrochne Töpferware wenigstens eine lustige Geschichte, an der sich besonders die schalkischen Urheber bis an ihr Lebensende ergetzten."
clara
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von clara
als Antwort auf clara vom 18.02.2010, 18:38:52
Eine anderer bedeutender Autor, noch in die Goethezeit hinein geboren und fast das 20. Jahrhundert erreicht (Thomas Mann schätzte ihn sehr), schrieb ausführlich und sehr lebendig über seine frühen Jahre.
Diese hatte er als glücklich empfunden, mit vielen Spielkameraden und ausgelassenen Spielen.

Die Kindheit endet für ihn mit dem Abschied aus dem Elternhaus und dem Eintritt ins Gymnasium. Zuvor wird er vor den Direktor geführt und muss eine Art Aufnahmeprüfung in Form einer Übersetzung aus dem Lateinischen absolvieren.
Später meint er, eigentlich sei er nicht über ein Grundwissen hinaus gekommen und alles bei ihm sei lebenslänglich "Stückwerk" geblieben.

Einen Auszug aus dem gesuchten Werk des gesuchten Autors kann ich nicht bringen, weil er zu leicht ergoogelt werden kann. Aber auch so ist das Rätsel nicht allzu schwer. Der Zeithinweis kann als Hilfe dienen.

Clara
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von clara
als Antwort auf clara vom 19.02.2010, 15:54:47
Bevor ich das Rätsel auflöse, noch ein kleiner Hinweis: Der Autor wurde besonders durch einen Roman, der auch mehrmals verfilmt wurde, richtig berühmt. Darin beschreibt er, wie eine junge Frau an den Konventionen ihrer Zeit zerbricht.
Und noch: Der Name des Dichters deutet auf seine Hugenotten-Abstammung hin.
Also deutlicher geht's nicht mehr, oder? Clara
enigma
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Re: Beispiele und Erfahrungen: Kinderspiele: Kindernoete - Kindererinnerungen
geschrieben von enigma
als Antwort auf clara vom 22.02.2010, 12:38:17
Hallo Clara,

Dein Rätsel habe ich erst heute entdeckt.

Ich vermute mal, dass Du möglicherweise Theodor Fontane und “Effi Briest" meinen könntest?

Thomas Mann hat, soweit ich weiß, Fontane sehr geschätzt. Ich meine sogar, irgendwo einmal gelesen zu haben, dass er als der Jüngere den älteren Theodor Fontane als väterlichen Freund, ja, sogar als eine Art von Vaterfigur, gesehen hat.

Und bei den Fontane-Vorfahren befanden sich auch meiner Erinnerung nach Hugenotten.

Und darum tippe ich jetzt auf Theodor Fontane und “Effi Briest”.

Gruß von Enigma

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