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Literatur Der Schriftsteller H a n s B e n d e r

longtime
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Der Schriftsteller H a n s B e n d e r
geschrieben von longtime

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Hans  B e n d er, im Gespräch erlebt -

Hans Bender
# 1

Ich möchte zu dem Schriftstellern und Anthologisten Hans Bender (1919 – 2015) Persönliches sammeln oder auf Texte von ihm über ihn aufmerksam machen....
- Jeder Literaturfreund*in kann mitmachen ...

Ich verweise auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Bender_(Schriftsteller)



Schon vor einigen Jahren, vor seinem Tod, erlebte ich es, dass seine Geschichten, die bis in die 90er Jahre bestimmend für die Schulen waren, nicht mehr so häufig in Lesebüchen auftauchten... - und das öffentliche literarische Interesse abnahm.

Hans Bender: Erlebte Geschichten mit Hans Bender. Von Wolfgang Bittner:

Erlebte Geschichten mit Hans Bender - Erlebte Geschichten - Sendungen - WDR 5 - Radio - WDR


 

Der-Waldler
Der-Waldler
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RE: Der Schriftsteller H a n s B e n d e r
geschrieben von Der-Waldler
als Antwort auf longtime vom 15.01.2021, 20:23:41

Hallo, longtime,

wie schön, etwas zu Hans Bender hier zu lesen.

In den 1990er Jahren hatte ich eine kleine Korrespondenz mit ihm, ich besitze einige schöne signierte Bücher von ihm, und seine Gedichtanthologien gehören zu den Büchern, die ganz vorn in meiner Bibliothek stehen.

Ein sehr freundlicher Mann, ein grosser Literatur-Entdecker und durch seine von ihm gegründete Zeitschrift "Akzente" auch heute noch bekannt, wenn auch nicht in Schulbüchern, so doch bei vielen Literaturinteressierten.

Alles Gute für Dein Vorhaben.

Der Waldler

longtime
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RE: Der Schriftsteller H a n s B e n d e r
geschrieben von longtime
als Antwort auf Der-Waldler vom 15.01.2021, 22:01:05

👬
# 2
95. Geburtstag Hans BenderVerdienstvoller Essayist, Autor und Herausgeber
Bei allen Verdiensten, die Hans Bender als Essayist und Herausgeber von Lyrikanthologien hat, dürfen die Verdienste als Autor von Prosa und Lyrik der unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichneten Persönlichkeit nicht vergessen werden. Eine Würdigung zum 95. Geburtstag.
Von Hajo Steinert
In: https://www.deutschlandfunk.de/95-geburtstag-hans-bender-verdienstvoller-essayist-autor.700.de.html?dram:article_id=290689

*
Hans Bender - ein Fachmann für (literarische) Wölfe:

(Ausschnitt aus dem Brief nach Russland, mit dem er russische Autoren erreichte: „Die geheime Freiheit“ (1966).

Ich habe mich von meinen drei Reisegefährten unterschieden: Ich war schon früher in der Sowietunion. als Soldat und als Gefangener. Auf den Schlachtfeldern von Roslawl, Sewastopol, Mga, Bauske. Als Gefangener vier Jahre und sechs Monate in einem der zwei Lager der kleinen Stadt Borowitschi, östlich der Waldaihöhen. Kein anderer Abschnitt meines Lebens war für \mich, als Mensch und als Autor, so wichtig wie diese Zeit. Mein Roman, „Wunscbkost“ und einige meiner Geschichten sind Umsetzungen jener Erlebnisse. In meiner Prosa ist die Ausnahmesituation sowohl der Bewacher als auch der Gefangenen beschrieben: die Qualen, die sie einander, die Qualen, die Gefangene sich selber bereiten; die Feindschaft, mit der Sieger und Besiegte einander beäugen. Die bösen Gedanken der Gefangenen sind aufgeschrieben, aber auch die menschlichen Taten - das Mitleid und die Hilfe der Dolmetscherinnen und Ärztinnen - sind nicht ausgespart. Meine erfolgreichste Geschichte, die von den Wölfen, endet in einer Situation, die viele anrührt: Bewacher und Gefangener stehen nebeneinander, um zehn Kinder auf dem Heimweg von der Schule vor dem Rudel der Wölfe zu schützen. Wölfe, die für alle Gefahren stehen, die einen neuen Krieg anzeigen. Ich weiß, Sie, in der Sowjetunion, mißtrauen dieser Geschichte. Symbole lassen sich so und so auslegen. Das ist sicher eine Schwäche der Geschichte. Ich habe sie nach meiner Rückkehr geschrieben, und vor den Gefahren in Ost und West warnen wollen.
(Entnommen der Anthologie von H. B.: Worte, Bilder, Menschen. München 1969. S. 395)

Ja, eine wunderbare Geschichte von Menschen, ob frei oder gefangen, aus dem damaligen Russland und Deutschland! Hans Bender hat in seinem Werk gestaltelt: Er lässt Russen (auch Ukrainer u.a.) auftreten, damals, als  die Deutschen sie angegriffen haben; und später, als sie sich annähern konnten. 

*
Ein Autor schreibt dem verehrten Hans Bender:
Lieber Hans Bender, ich habe Ihre Erzählung «Die Wölfe kommen zurück», die mich, als ich sie zum ersten mal las, in einer der ersten Akzente-Nummern, so beeindruckt hat, jetzt noch einmal wiedergelesen. Ich fand den Text in dem alten Hanser-Erzählungsband und nun habe ich auch das ganze Buch gelesen, konnte nicht aufhören und trage es noch immer mit mir herum. Es drängt mich Ihnen zu sagen – mit unziemlicher Emphase – bis zur letzten Zeile finde ich Ihre Erzählung und auch das, was sie darüber und über sich selbst schreiben, ganz großartig! Und ich möchte es jetzt allen Menschen sagen, die mir begegnen: lest diese Erzählungen! Sie sind heute, wo unser kollektives Gedächtnis sich mehr und mehr auf das Klischierte, auf das politisch Gewünschte und Korrekte reduziert, die wahren Erzählungen vom Leben in jener Zeit … Ich wünsche mir, Sie hätten so viele Erzählungen wie Tschechow geschrieben. -Tankred Dorst ( - )
Der Verlag rimbaud im Aachen stellt Hans Benders Werke zur Verfügung:
https://www.rimbaud.de/authors/bender-hans
*
Und später, im Jahre 2009?

Seine Beobachtungen, auf entfernter, literarischer Betachtung … - über Wölfe in Deutschland:
Aus dem Jahre stammt folgender Vierzeiler von Hans Bender:
Zeitungslektüre

Die Wölfe kommen
in der Nacht
in unsere Städte.
Sie fürchten die Menschen nicht mehr.

* (In: H: B.: Wie s kommen wird. eine Vierzeiler. München 2009, S. 72. - Dass wir heute wissen, dass die Wölfe uns noch nicht in den Städten besuchen, müssen wir gut beobachten ... und irgendwann unsere Schlüssen daraus ziehen.
 

Der-Waldler
Der-Waldler
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RE: Der Schriftsteller H a n s B e n d e r
geschrieben von Der-Waldler
als Antwort auf longtime vom 16.01.2021, 18:03:58

Wie schön, hier erneut über Hans Bender zu lesen. Er liebte Vierzeiler! Und er liebte übrigens auch Haiku, wie es mir mal schrieb. Aber selbst hat er (meines Wissens nach) nie selbst einen Haiku geschrieben.

Übrigens war Hans Bender eng mit Hans Erich Nossack befreundet, einen deutschen Autor, den heute kaum noch jemand kennt, obwohl er in Frankreich immer noch recht bekannt ist. Sartre förderte ihn. Ich kam 1975 mit Nossack in Kontakt und über ihn lernte ich Bender kennen. Nossack starb 1977, Bender 2015; so schließen sich Kreise, und neue öffnen sich.



 

longtime
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RE: Der Schriftsteller H a n s B e n d e r
geschrieben von longtime
als Antwort auf Der-Waldler vom 17.01.2021, 12:28:09

Bender # 3

Hans Bender … erzählt von Juden, die er in seiner Jugendzeit kennen lernte – im Gasthaus, in seinem Heimatdorf:
Aus der Erzählung „Das Gasthaus“ (Ausschnitt)

Im September, wenn der Hopfen gedörrt war, kamen die Ju­den aus Malch, Herr Löwe, Herr Falke und Herr Simeon Heß. Sie fuhren in gelb schwarz lackierten Berner Wägelchen, braune, schweißglänzende Pferde mit zuckenden Muskeln davor. Der Geruch der Pferde brachten die Juden mit in die Gaststube Herbstluft, Morgenkälte.
Am runden Tisch, nahe zum Ofen gerückt, tranken sie Glüh wein aus dicken Gläsern, in denen silberne Löffel staken. Sie unterhielten sich, bis draußen die Wagen in den Hof rumpelter, Leiterwagen, hochbepackt mit prallen Hopfensäcken.
Die Juden gingen hinaus, stiegen auf die Wagen und knüpften die Säcke auf, griffen hinein und betrachteten die Hopfen zapfen in ihren Handmuscheln.
Herr Löwe sagte: "Lauter Stiele.«
"Hier ist es genau das gleiche!" rief Herr Simeon Heß vom anderen Wagen herüber.
"Und feucht ist er auch", sagte Herr Falke, der tief in einen der Säcke schnupperte.
"Er ist trocken wie Kienholz", sagte der Berghassel.
"Feucht wie Pilze", sagte Herr Löwe. "Aber mir ist es ganz ­schnuppe, ziehen wir eben ein Viertel ab."
"Kein Gramm lasse ich mir abziehen", sagte der Berghassel der wie ein Denkmal stand.
Gut, dann kannst du deinen Hopfen wieder mit nach Hause nehmen«, sagte Herr Löwe.
Das mache ich auch", sagte der Berghassel. »Ich heize im Winter meine Stube damit, dann bin ich immer noch besser dran, als wenn ich ihn euch Halsabschneidern schenke."
In das Gemurre und Gebrodel rief Herr Löwe laut: "Gimel schuck! - Gimel schuck, dreihundert Mark für den Zentner wollte Herr Löwe zahlen.
"Warum soll er in diesem Jahr vierzig Mark billiger sein als im vorigen Jahr?" fragte der Berghassel.
"Weil auch die Herren von der Brauerei nicht mehr geben«, sagte Herr Falke.
"Dann reißen wir unseren Hopfen aus und bauen Tabak", sagte einer der Landwirte, und andere knurrten: "Wir bauen Tabak."
"Das kannst du halten wie der auf dem Dach«, sagte Herr Löwe, „aber ich gebe nicht mehr als gimel schuck. 
Herr Löwe hüpfte vom Wagen. Der Berghassel machte sich an seinen Kühen zu schaffen, die anderen Landwirte gingen zu Herrn Löwe hin und sagten: "Also gut, dann dreihundert in diesem Jahr."
"Kommt rein", sagte Herr Löwe, "wir einigen uns schon."
(...)

Aus: H.B.: Worte, Bilder, Menschen. München 1969 S. 3022ff.
*

Wie ehrlich und in seinem Erzählstil realistisch wie in alten Dorfgeschichten diese Menschen in der dörflichen Umgebung auftauchen, ihren Handel in der Herbstzeit abschließen - und gut gelitten sind, dies ist für Hans Bender ein authentisches Erzählen.
 


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