Forum Kunst und Literatur Literatur Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?

Literatur Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?

ehemaligesMitglied35
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Re: Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?
geschrieben von ehemaligesMitglied35
als Antwort auf clara vom 01.08.2011, 20:41:32
Bei Betrachtung von Schillers Schädel ein, dessen Schluss ich zitiere:


Der Clou der Geschichte ist: das war gar nicht Schillers Schädel.

Der wird lange schon vermisst. Und die zwei, die man vorzeigt, sinds beide nicht.

Schillers Doppelkopf



Gruß
clara
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Re: Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?
geschrieben von clara
als Antwort auf ehemaligesMitglied35 vom 01.08.2011, 21:40:17
Ja, eine echte Tragikomödie! Hätte es nur zu Goethes Zeiten schon das DNA-Verfahren gegeben! So vergeudete der Dichterfürst am Ende noch seine tiefsinnigen Gedanken an den Schädel eines völlig belanglosen Menschen! Aber wenigstens hat die Nachwelt dadurch ein weiteres schönes Gedicht erhalten.
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Ein ähnliches Theater wurde ja mit dem angeblichen oder tatsächlichen Schädel Mozarts vor Jahren veranstaltet. Eine ganze Fernsehsendung gab's darüber.
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Die Soldaten des französischen Sonnenkönigs machten sich, als sie in die Pfalz einmarschierten, über die Gebeine der im Dom zu Speyer bestatteten deutschen Kaiser weniger Gedanken. Mit den Schädeln und anderen Gebeinen sollen sie sich kegelnd vergnügt haben - so die Mär. Nicht jeder hat Respekt vor den Toten.

Clara
ehemaligesMitglied35
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Re: Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?
geschrieben von ehemaligesMitglied35
als Antwort auf longtime vom 01.08.2011, 19:54:28
Gruß! Auf Zusammenarbeit, im Leben, na- gut, nicht im Tode; aber beim Thema Leben und Tod!
Ant...


Ich glaub, ich schaffs jetzt, aber heut Nacht nicht mehr.

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longtime
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Re: Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?
geschrieben von longtime
als Antwort auf ehemaligesMitglied35 vom 02.08.2011, 01:02:41
Hier ... finden sich noch weitere Angaben zu Goethes Gedicht auf Schillers Schädel.

Das den Zeitungsmeldungen zugrunde liegende Buch von Rainer Schmitz („Was geschah mit Schillers Schädel? Alles, was Sie über Literatur nicht wissen“. Frankfurt am Main: Eichborn; 2006) ist eine Superfundgrube für literarische Besonderheiten.
Ich lese gerade das Stichwort "Mörder". (Im Heyne-TB 60080, Sp. 941)
longtime
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Re: Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 02.08.2011, 10:48:32
Danke für die Beiträge zum Thema Goethe und Schillers Schädel!

*
Ich arbeite zur Zeit an einigen Gesichtpunkten dieses Wortfeldes (zu dem es viele unterschiedliche, politische und/oder psychologische Meinungen gibt!):

Völkermord, Genozid, Holocaust, Aghet, …. – politischer Terror-Angriff, Amok, Attentat, Massaker, Mord, Massenmord, Gruppenmord, Bluttat, Raserei, Tobsucht, Tollwut, Wahnsinnslauf, Mord, Tötung, Todschlag… – Tod, Sterben… (Aufzählung einigermaßen den Fakten angemessen?)

Da fand ich diese literarische Stelle in einem alten, sehr erfolgreichen Lektüre-Text, in dem der Autor entschieden Partei nimmt für einen Menschen, dessen Berufs-Leben auf einen schaurigen Höhe- und Endpunkt zulief:


Eine Wolke verdeckte die Mondkugel, es wurde finster im Zimmer, und Lene hörte nur noch das schwere, aber gleichmäßige Atemholen ihres Mannes. Sie überlegte, ob sie Licht machen sollte. Es wurde ihr unheimlich im Dunkeln. Als sie aufstehen wollte, lag es ihr bleiern in allen Gliedern, die Lider fielen ihr zu, sie entschlief.
Nach Verlauf von einigen Stunden, als die Männer mit der Kindesleiche zurückkehrten, fanden sie die Haustüre weit offen. Verwundert über diesen Umstand, stiegen sie die Treppe hinauf, in die obere Wohnung, deren Tür ebenfalls weit geöffnet war.
Man rief mehrmals den Namen der Frau, ohne eine Antwort zu erhalten. Endlich strich man ein Schwefelholz an der Wand, und der aufzuckende Lichtschein enthüllte eine grauenvolle Verwüstung.
"Mord, Mord!"
Lene lag in ihrem Blut, das Gesicht unkenntlich, mit zerschlagener Hirnschale.
"Er hat seine Frau ermordet, er hat seine Frau ermordet!"
Kopflos lief man umher. Die Nachbarn kamen, einer stieß an die Wiege. "Heiliger Himmel!" Und er fuhr zurück, bleich, mit entsetzensstarrem Blick. Da lag das Kind mit durchschnittenem Halse.


Nachlessen oder -denken? - Als Leseanregung? Als Diskussionspunkt zum Thema?

enigma
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Re: Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 02.08.2011, 10:56:57
Das müsste die tragische Geschichte "Bahnwärter Thiel" von Hauptmann sein, glabe ich.

Enigma

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longtime
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Re: Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 02.08.2011, 11:40:06
Ja, liebe enigma, - hier die Wiki-Seite zu diesem Jahrhundert-Text:

Wiki über den Bahnwärter Thiel:

Bei Wikipedia fand ich die „Mordtaten“, die der Bahnwärter Thiel an seiner zweiten Frau und ihrem gemeinsamen Kind begeht, unter Amok eingereiht: „Bahnwärter Thiel“ (erschien 1888) von Gerhart Hauptmann.

Vgl.:
Wiki sammelt "Amok":


Das fand ich so unerhört dumm und unsinnig, dass ich alle Stellen untersuchte, in denen es um Tod, Todesahnungen, Tötungen, die Motive und das „Mord-Mord“-Geschrei der absolut hilflosen Männer, die zwei schrecklich zugerichteten Leichen entdecken…
- einschließlich der letzten Erzähleinheit, in der Bahnwärter auf den Gleisen sitzend entdeckt wurde, sicherlich um dort durch Suizid zu enden.
– Aber er wurde dann schon unverzüglich in die „Irrenabteilung der Charité „überführt“ – eine klare Parteinahme Hauptmanns für die Bewertung der Tötungen/Todschlag als Folge einer sozial-psychischen Störung, die er ja eindringlich beschrieben hatte, mit mehr todesähnlichen, geisterhaften Wahrnehmungen und quasi-religiösen Vorgängen und todgleichen Erscheinungen des Verwirrten.
Eine Eindeutigkeit, die natürlich Protest und Diskussionen über Tötungen und ihre rechtliche Bewehrung auslösen sollte.

*

Den Text der "novellistischen Studie" findet man hier im Internt (obwohl Hauptmann erst 1946 starb; also danke diesem annotext-Anbieter):

Gerhart Hauptmann: Bahnwärter Thiel
enigma
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Re: Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?
geschrieben von enigma
als Antwort auf enigma vom 02.08.2011, 11:40:06
Es ist lange her, dass ich “Bahnwärter Thiel” gelesen habe, aber ich erinnere mich noch, dass ich die Geschichte ganz grausig fand, eine Geschichte von Abhängigkeiten, Realitätsverlust, Unterdrückung und psychischer Erkrankung bis hin zur Eskalation der Situation, ausgelöst durch den tragischen Tod von Tobias.
Beklemmend ist für mein Empfinden die “Sprachlosigkeit” der Protagonisten, die nicht in der Lage waren, einander ihre Bedürfnisse mitzuteilen.

Eine für meine Begriffe sehr schöne Homepage habe ich vom Deutsch LK einer Abiturklasse des Ratsgymnasiums Gladbeck gefunden, die unter Anleitung des Lehrers gestaltet wurde.

Ich habe mir die Homepage durchgelesen . Das hat mir die Novelle wieder in die Erinnerung zurückgerufen.


Enigma

Edit:
Danke, Longtime, für den Text. Den werde ich gerne noch einmal durchlesen.
longtime
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Re: Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 02.08.2011, 14:42:19
Ja, schöne und wichtige Seiten über den psychotisch endenden Bahnwärter...!
Im Text ist keinerlei Hinweis mehr auf die Unterbringung, die Behandlung und das mögliche Weiterleben gegeben.
Der historische Fall (über den Hauptmann selber berichtete), der hinter diesem Unglück eines Bahnwärters steht, ist nie gefunden worden.

*

Ich bin noch bei dem Thema Amok/Suizid/School Shoooting u.ä.:

Die erzählung "DerAmokläufer" wil ich bis heute Abend zu Ende lesen; es ist kein Amoklauf gegen andere... - aber
vgl. selbst: hier bei Wiki!
**

Hier für den Zusammenhang (... ohne Literaturgeschichte) habe ich folgenden Text zum Thema Mord oder Tod oder Todschlag gefunden:

Zum Stichwort: »Du sollst nicht töten!« [Hier ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen.]
"(...) Parteigenossen! Im christlich-germanischen Reich ist es ein Staatsverbrechen, wenn man dasjenige Gebot der Nächstenliebe, das von so vielen christlichen Kanzeln als ein Gebot der Kirchenlehre dem Volke gepredigt wird, ernst nimmt und ins Leben einführen will. Denn, werte Anwesende, nichts anderes tat ich in jener Versammlung, für die mir die schwere Strafe zudiktiert wurde, als was jeder Sozialdemokrat für seine Pflicht erachtet: dem Volke durch die einfache Tatsache die Augen zu öffnen, daß es ein verbrecherisches Beginnen ist, Kriege zu führen, Leichenhügel zu errichten, sich gegenseitig zu morden, statt in menschlicher Kultursolidarität, in Völkerverbrüderung mit allen Nationen und Rassen der Erde den Fortschritt zu fördern.
Es ist kein Wunder, daß in der heutigen Gesellschaftsordnung es als Verbrechen gebrandmarkt wird, wenn man gegen den Menschenmord, gegen den Völkermord predigt. Wenn Sie sich die Gesellschaftsordnung näher betrachten, in der wir leben, so müssen Sie sich selbst sagen, diese Gesellschaftsordnung beruht ja auf dem organisierten Mord, und es heißt ihr die Lebensbasis entziehen, wenn man gegen den Mord die besten und edelsten Geister der Menschheit aufruft."

Wer mag sich damit beschäftigen?
>> Redner/in, Thema, Ort und Zeit der Handlung??

- Und: Wieviel weiter haben wir uns als Krieg führende Nation seitdem entwickelt?

Re: Gevatter Tod, Bruder Hein, Freund Hein - ist jeglicher T o d männlich?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf longtime vom 02.08.2011, 17:51:57
Das müssten eigentlich die "Ossis" wissen.

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