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Literatur Literaturliebhaber denken heute an...

longtime
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Re: Literaturliebhaber denken heute am 7. Juli z. B. an Wekhrlin
geschrieben von longtime
als Antwort auf cecile vom 07.07.2009, 00:07:36
Erinnerung an einen mutigen, schreibenden Mann:

Wihelm Ludwig Wekhrlin (7. Juli 1739 in Botnang - 24. November 1792 in Ansbach) ist einer der kämpferischsten und engagiertesten unter den deutschen Publizisten der Aufklärung. Er war vollberuflich Journalist und Autor.

Zu Person und zum Werk:



Bei wiki


Hier aphoristische Zitate und ein satirischer Text von Wekhrlin:


Man legt auf den Bienenstich nicht spanischen Pfeffer.

Wo der Gast König ist, sollte das Personal aus Prinzen und Prinzessinnen bestehen.
Geborgte Soldaten taugen nichts.

Bei wem man speist, dem glaubt man gern.

Wekhrlin:
Monolog einer Milbe im siebenten Stock eines Edamerkäses


Auf einem silbernen Teller befand sich einst ein Edamer Käs, und nahe dabei ein Talglicht, welches den Käs bestrahlte. Milben hatten sich, durch die innere Gährung seiner organischen Partikeln, im Käse erzeugt.

Unter ihnen war eine Philosophin, welche dem Ursprung und der Bestimmung des Käses und der Milben nachdachte. Jemand, der den Käs zu essen im Begriff war, belauschte ihren Monolog mit dem Ohr jener Geniemänner, welche die Sphären singen, die Nerven stimmen, die Flöhe husten hören.

Man fragt mich nicht, wie Das möglich war. Die Frage über das Wie der Dinge ist oft indiskret, und wir könnten eher allgemeine Zweifler werden, als sie in jedem Falle beantworten. Genug, dieser Fürwitzbeutel vernahm die Milbe so reden.

"Wie lieblich duftet dieser Käs! Wie ambrosisch ist dieser Geschmack! Wie nahrhaft diese Speise! Wie bequem meine Wohnung! Eine unermeßliche, durchaus eßbare Welt.

Wie mächtig, wie wohltätig muß der sein, der den Käs machte, ihn für Milben schuf! Unser Sein war sein Wille, unser Wohlsein sein Zweck. Denn vom Nutzen eines Dings schliessen wir auf seine Absicht.

Ich gehe weiter: Dieser Käs ist der beste unter den möglichen. (Der Eigentümer hielt ih für versalzen). Der Beweis ist simpel. Hätte der Urheber einen besseren machen können, so würde er ihn vorgezogen haben. Warum sollte er das Vollkommene dem Mittelmäßigen nachsetzen!

Jener glänzende Körper, der aus ungemessener Ferne meinen Käs bestrahlt (hier lächelte die Milbe gegen das Talglicht) was kann er sein, als unsere Laterne? Wie erquickend, wie wohltätig ist sein Licht! Wie anpassend der Organisation meiner Augen. Ja, das Licht ist um der Milben willen gemacht.

Glückliche Milben! Ihr seid Mittelpunkt - Endzweck aller Kombinationen der Welt. Euch erfreuet das Licht. Euch duftet der Käs, Euch laden seine fetten Partikeln zum Genusse ein.

Aber eben darum, weil Milben der Zweck sind, dem die Natur alle ihre Werke, als Mittel, subordiniert hat; eben darum, erhabene Milben, ist diese ephemerische Existenz nicht das ganze Erbteil, welches die Natur euch beschieden hat.


--
longtime
welling
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Re: Literaturliebhaber denken heute am 7. Juli z. B. an Wekhrlin
geschrieben von welling
als Antwort auf longtime vom 07.07.2009, 08:31:56
Ich kann eure Beiträge nur oberflächlich anschauen, da ich hier in den Bergen auf eine öffentliche Bücherei angewiesen bin.
Euch allen herzliche Grüße

welling
longtime
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Re: Literaturliebhaber denken heute am 8. Juli z. B. an Walter Hasenclever
geschrieben von longtime
als Antwort auf welling vom 07.07.2009, 17:36:26
Gruß an Welling, in die Ferien: in die hoffentlich vergnügliche Wander- und Lesezeit..!


**


Ich gedenke heute des Dichters

WALTER HASENCLEVER.


Lebensdaten: 8.Juli 1890 in Aachen - 21. Juni 1940.

Er begann mit einem Band Lyrik, der 1913 erschien ("Der Jüngling").
Er wandte sich später in Komödien dem dramatischen Schaffen zu und errang unbestrittenen Erfolg mit „Napoleon greift ein" und „Ehen werden im Himmel geschlossen".
Hasenclever stand auf der ersten Liste der von den Nazis verfemten Literatur.
Er lebte bereits 1933 In Frank reich und kam bei Kriegsausbruch in ein französisches Internierungslager. Er beging er beim Anrücken der deutschen Truppen Suizid.
- Unter seinen frühen Versen ist das Gedicht „Der politische Dichter“ (1919).


W. H.: DER POLITISCHE DICHTER:

Der Dichter träumt nicht mehr In blauen Buchten.
Er sieht aus Höfen helle Schwärme reiten.
Sein Fuß bedeckt die Leichen der Verruchten.
Sein Haupt erhebt sich, Völker zu begleiten.

Er wird Ihr Führer sein. Er wird verkünden.
Die Flamme seines Wortes wird Musik.
Er wird den großen Bund der Staaten gründen.
Das Recht des Menschentums. Die Republik.

Kongresse blühn. Nationen sich beschwingen.
An weiten Meeren werden Ufer wohnen.
Sie leben nicht, einander zu verschlingen;
Verbrüdert ist ihr Herz in starren Zonen.

Nicht Kriege werden die Gewalt vernichten.
Stellt Generäle an auf Jahrmarkfesten.
Dem Frieden eine Staue zu errichten,
Versammelt sind dir Edelsten und Besten.

Nicht mehr in Waffen siegt ein Volk, du weißt es.
Denn keine Schlacht entscheidet seinen Laut.
So steige mit der Krone deines Geistes,
Geliebte Schar, aus taubem Grabe auf!
*
(Aus: W. H.: Der politische Dichter. Gedichte und Prosa. 1919)

TIPP:
Weitere Information zu Hasenclever:

--
longtime

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enigma
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Re: Literaturliebhaber denken heute am 8. Juli z. B. an Walter Hasenclever
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 08.07.2009, 07:01:33
Danke für die Informationen über Hasenclever.

Den gestrigen Beitrag über Wekhrlin und die Satire über den Monolog einer Milbe habe ich erst heute gelesen. Die Satire finde ich ganz köstlich und aus der Sicht der philosophischen Milbe deren Glück über die bequeme Wohnung und die „unermeßliche, durchaus eßbare Welt“ gut nachvollziehbar. )

Aber wichtiger war für mich, Wihelm Ludwig Wekhrlin überhaupt kennenzulernen, denn bisher wusste ich nichts von ihm.


Und ein kleiner Beitrag noch zum heutigen Tage:

Am 8. Juli 1822 ist Percy Bysshe Shelley bei einem Unfall im Meer bei Viareggio ertrunken.
Shelley stammte aus wohlhabenden Verhältnissen. Er war der Sohn eines reichen Baronets, entzweite sich aber mit seinem Vater durch eine frühe Heirat (als 19jähriger heiratete er ein sechzehnjähriges Mädchen namens Harriet).
Harriet beging früh Selbstmord.

Shelley konnte durch eine Erbschaft seinen Lebensunterhalt sichern und heiratete 1816 erneut, und zwar Mary Wollstonecraft Godwin, Tochter einer Frauenrechtlerin und des Philosophen William Godwin.
Mit seiner jungen Ehefrau zog er dann in die Schweiz, später nach Italien.

Shelley vertrat zu seiner Zeit radikale politische Positionen, die sich zum Teil auch in seiner Lyrik niederschlugen.

Er beobachtete auch weiterhin die gesellschaftspolitische Entwicklung in seiner Heimat und verfasste z.B. als Reaktion auf das Peterloo-Massaker sein Gedicht „The Mask of Anarchy“(wegen der politischen Lage erst später veröffentlicht) und das Sonett „England in 1819“.

Auch Kritiker, die nicht seine politischen Überzeugungen teilten, bescheinigten ihm „eine besondere Schönheit der Sprache und des dichterischen Ausdrucks in weiten Passagen“.
Infos aus Wikipedia - she. Linktipp!

Einstellen möchte ich jetzt von ihm:

Percy Bysshe Shelley:
An das Gelächter
 
Deine Freunde sind nie meine gewesen:
Die Stille und der Sturm, die Einsamkeit,
Hoffnung, vor deren dunklen Schrein die Wesen
in Andacht knien, im Regenbogenkleid.
Das Gewissen hat in deinem Herzen nie
gethront - zu alldem hast du nie gefunden,
hast nie die Kraft, die mir verschönt die Stunden, der Abgeschiedenheit, verspürt. Entflieh!
Du hältst des Mondes Blick nicht aus, du fürchtest
ein reines Kind, gehüllt in Lächeln - alles,
was gut und schön, und wirst geliebt von denen,
die Wahrheit und die Unschuld frech verhöhnen.
Ich denk nun, weinend ohne Scham, mit Schmerzen
der vielen roh von dir zerbrochenen Herzen.


Einiges aus seiner ins Deutsche übersetzten Lyrik ist
hier zu finden.

Gruß









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enigma
longtime
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Re: Literaturliebhaber denken heute am 6. Juli z. B. an Walter Flex
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 06.07.2009, 13:48:45
Danke, enigma für die Beiträge.

Mein Flex-Artikel ist weg, gelöscht...! Wahrscheinlich, weil in dem Thread so viele Geist waltete, dass er in Wohlgeallen aisch auflöste.

*

Zu Faulkner:

William Faulkner: Licht im August. Roman; übersetzt von Franz Fein (1972)


Ich habe Ende des Winters versucht, diesen Roman, der allgemein als der beste von Faulkner gilt, zu lesen.
Es lohnt sich für mich nicht.
Ich musste durch Staub und endloses Wandern über irre Strecken von Kilometern durch Landschaften – das interessiert mich nicht, da keine menschlichen Konflikte behandelt, sondern vielleicht auf Hunderte von Seiten hin vorbreitet werden. – Da ist keine Sprache, kein Tempo, keine Stil, die mich interessieren könnten.

Jetzt gibt es eine Neuübertragung – und ich lese bei „Perlentaucher“ darüber:

„Aus dem Amerikanischen von Helmut Frielinghaus. Mit sinnlicher Leidenschaft entrollt Faulkner in diesem Klassiker der Literatur des 20. Jahrhunderts drei Lebenswege in der weiten Landschaft des Mississippi: Lena Grove, eine junge Schwangere auf einer fremden Landstraße, sucht ihren Geliebten. Am Ende hat sich ihr Schicksal in der Begegnung mit einem anderen Mann erfüllt, aber das Chaos sündhafter Verstrickung entlässt sie wieder fast unberührt. Joe Christmas, ein schwarzer Wanderarbeiter, findet hingegen keinen anderen Ausweg aus Unterdrückung und Gewalt, als selbst zum Mörder zu werden. Der Geistliche Gail Hightower durchschaut das Gewebe aus religiösem und rassischem Fanatismus, kann sich aber nicht aus seiner Verklärung der 'glorreichen' Südstaatenvergangenheit befreien.(..)"
*

Auch Raddatz als Rezensent empfindet Missstimmungen (in: Die Zeit, 19.06.2008):

„So tief er auch vor William Faulkner und seinem berühmtesten Roman den Hut zieht, mit dessen Neuübersetzung kann sich Rezensent Fritz J. Raddatz nicht so recht anfreunden. Der Hauptvorwurf, den Raddatz erhebt, besteht darin, dass der "weit ausholende" Ton dieser Übersetzung die Lakonie des Originals in unangemessener Weise "hymnisch" überhöhen und auf diesem Weg die "trockenen, bewusst emotionslosen Wortfolgen" dieser Prosa verfehlen würde. Am Beispiel des berühmten Anfangs des Romans führt Raddatz vor, was er meint und findet die alte Übersetzung von Franz Fein für den inneren Monolog viel angemessener, nämlich "direkter" und weniger "kopflastig". Auch an anderen kleinen Beispielen führt der Rezensent überzeugend vor, weshalb diese Neuübersetzung aus seiner Sicht dem Original und auch der bisher gültigen Übersetzung Unrecht tut.“ (s. „Perlentaucher“. – Da wird zwar die Übersetzung von F. Fein gelobt; aber das reißt mich nimmer vom Stuhl!
S. TIPP!

*
Die Beiden von LESELUST lehnen ähnlich ab:

„Wer es als Laie wagt, Klassiker zu kritisieren, wagt sich auf dünnes Eis; dennoch hier mein Leseeindruck: Spaß an der Lektüre hatte ich nicht, mir waren die Protagonisten durch die Bank entweder gleichgültig oder unsympathisch; aber die Geschichte ist kunstvoll aufgebaut, und sie hat Widerhaken - mein Interesse ist geweckt, obwohl ich mich bei der Lektüre ganz schön gequält habe.“


**
• Ich werde den Roman nicht mehr versuchen!
• Und sonst auch nichts von W.F.

Bei "LESELUST"

--
longtime
enigma
enigma
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Re: Literaturliebhaber denken heute am 6. Juli z. B. an Walter Flex
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 08.07.2009, 12:05:11
Hallo Longtime,

danke für Deine Bewertung des Romans von Faulkner und die eingestellten Quellen.
Dann werde ich mich wohl auch entschließen, erst einmal auf die Romane von Faulkner zu verzichten und es beim Lesen seiner Kurzgeschichten zu belassen, denn in denen entfällt natürlich die langatmige Vorbereitung auf einen Höhepunkt hin.

Da musste er natürlich auch ziemlich schnell zum Konflikt kommen. Und das tat er auch, besonders bei der letzten Kurzgeschichte, die ich von ihm gelesen habe.

Diese Geschichte von Rassendiskriminierung und Lynchjustiz ließ er da überwiegend durch wörtliche Rede seiner Protagonisten entstehen.

Das habe ich nicht ungern gelesen.
Er kann gut erzählen, allerdings nach meinem Empfinden auch ziemlich melodramatisch.


Gruß



--
enigma

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cecile
cecile
Mitglied

Re: Literaturliebhaber denken heute am 6. Juli z. B. an Walter Flex
geschrieben von cecile
als Antwort auf enigma vom 08.07.2009, 14:38:43
Es ist interessant (und tröstlich für mich zu lesen, daß ihr euch manchmal auch mit Faulkner schwer zu tun scheint....
Faulkner ist genial...ohne Zweifel... aber zumindest ich habe manchmal erhebliche Schwierigkeiten, seinen doch etwas langatmigen Texten (und seinen Gedankengängen) zu folgen.

Ich bin leider etwas unter Zeitdruck ... ich melde mich heute abend wieder...


--
cecile

@ Welling:
Ich wünsche dir weiterhin einen schönen Urlaub.
Und bitte nicht nur in der Bücherei von Regal zu Regal wandern )
Die Berge rufen !!
Bis bald...

Cécile











enigma
enigma
Mitglied

Re: Literaturliebhaber denken heute am 6. Juli z. B. an Walter Flex
geschrieben von enigma
als Antwort auf cecile vom 08.07.2009, 14:50:16
Ja Cecile,

sag` noch mehr zu Faulkner, wenn Du dazu Zeit hast.

Nach allem, was ich nicht von ihm, sondern über ihn gelesen habe, scheint er ja auch ein wirklich zerrissener Mensch gewesen zu sein, der sich schließlich vom Alkohol so beherrschen ließ (oder hat er doch letzten Endes den Alkohol noch beherrscht ?), dass manche seiner Kritiker geschrieben haben, dass er auf die gleiche Weise getrunken wie geschrieben hätte, nämlich ziemlich wüst.
Mit knapper Not soll er ja gerade noch nüchtern, wenn auch verkatert, zur Nobelpreisverleihung angekommen sein, dann allerdings eine denkwürdige Rede gehalten haben.

Und morgen kann ich auch noch lesen bzw. eine Kleinigkeit schreiben, dann entfliehe ich auch in die Bergwelt, allerdings ohne die Wahrscheinlichkeit, dem tapferen Bergsteiger Welling zu begegnen, denn ich lasse mich von Express zu Express (Bernina und Glacier) durch die Berge tragen oder fahren.
Aber leider komme ich spät am Montag schon wieder zurück, das heißt, wenn die Berge mich nicht behalten wollen. )

Aber hat Welling denn überhaupt gesagt, dass er Berge besteigt??
Vielleicht macht er klammheimlich und in Etappen einen Lehrgang im Alphornblasen und sagt uns nur nichts davon?
Aber irgendwann kommen wir ihm dann auf die Schliche! Spätestens dann, wenn wir ihn bei YouTube hören oder eine CD von ihm kaufen können. *g*

Also Welling, Du hast ja gehört (gelesen), was Cecile Dir schon geraten hat: Lass` die Berge nicht umsonst rufen! Die geistige Ertüchtigung bleibt Dir ja ohnehin erhalten.

Also bis später oder morgen

Gruß
--
enigma
longtime
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Re: Literaturliebhaber denken heute am 9. Juli z. B. an Paula Dehmel
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 08.07.2009, 17:02:08
Ich erinnere an Paula Dehmel, geb. Oppenheimer

Geboren wurde sie am 31.10.1862 in Berlin. Sie verstarb am 9.7.1918 in Berlin.

Als Tochter eines Predigers der jüdischen Reformgemeinde war von 1889 bis 1898 mit Richard Dehmel verheiratet; auch nach der Scheidung arbeiteten beide eng bei der Schaffung von anspruchsvollen Kinderbüchern zusammen. 1915-17 war sie Herausgeberin von »Meidingers Kinderkalender«, zu dem neben bekannten zeitgenössischen Autoren auch sie selbst Beiträge lieferte.

**

Ich wähle von ihr aus Kindergedichte:

Eine Geschichte vom Winde:

Wer kommt dort angeflogen?
Das ist der Wind.
Der Wind ist ungezogen,
er bläst dem Kind
unters Röckchen,
an die Söckchen,
um die Ohren, an die Nase;
solch Geblase!
Ganz zerfledert und zerflaust
kommt Rumpumpel angesaust,
und hustet,
und prustet,
das arme Tröpfchen,
und steckt sein Köpfchen
in Mutters Schoß.
Und weißt du, warum der Wind so getollt?
Rumpumpel sollt zu Bette gehn, und hat nicht gewollt.


Oder:


Ein Rätsel:

Ich habe Flügel, rate Kind,
doch flieg ich nur im Kreise,
und singen tu ich, wenn der Wind
mir vorpfeift, laut und leise,
was ihr den Feldern abgewinnt,
kau ich auf meine Weise,
doch – was mir durch die Kehle rinnt,
das mundet euch als Speise.

Und die Lösung: ??



Andere Kindergedichte von ihr:

[url]http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=412&kapitel=1#gb_found
[/url


Eine schöne Geschichte:

Paula Dehmel:
Das grüne Haus


Ja, es ist ein grünes Haus, in dem ich wohne; und alle Märchen und Geschichten, die in diesem Buche stehn, sind darin geschrieben worden. Es ist nicht etwa grün angestrichen wie ein Gartenzaun oder eine Blumenbank – nein, das wäre häßlich, die Menschen verstehen noch immer nicht die Farben so gut zu mischen wie der liebe Gott – mein Haus ist anders grün, und auch nur im Sommer. Dann wachsen die Haselsträucher und die Kletterrosen so dicht an den Mauern, daß man vor lauter Grün nicht in die Fenster sehen kann, trotzdem sie ganz niedrig liegen; und wenn der Wind kommt, weht er Laub und Blütenblätter über meinen Schreibtisch; und manche kleine Raupe und manches Käferchen ist schon über meine Märchen gekrochen.
In diesem grünen Hause wohne ich mit meinen drei Kindern, der Detta, dem Peter und der kleinen Liselotte, die noch nicht in die Schule geht und ein großer Wildfang ist, so daß ich meine liebe Not mit ihr habe. Denkt nur, neulich wollte sie durchaus die Blumen von meinem neuen Sommerhut abpflücken; und weil ich ihr das nicht erlauben konnte, hat sie so mörderlich geschrien, daß ich sie mit allen Kleidern in die Badewanne setzen und die kalte Brause aufmachen mußte. Da bekam sie einen Schreck und wurde still.
Detta und Peter sind schon verständiger; wenn sie sich nicht so oft streiten würden, wäre ich ganz zufrieden mit ihnen, aber das können sie sich nicht abgewöhnen.
Unser Vater ist in die weite Welt gegangen, um das Glück zu suchen, und so sind wir allein in dem grünen Hause. Nein, doch nicht! Außer uns ist noch Dido, der Teckel da, der alle Menschen anbellt, die am Gartenzaun vorbeigehn, und die alte Guste, die Kartoffeln schält und die Stuben aufräumt, denn das tue ich nicht gern. Sonst aber bin ich eine richtige Mutter wie euere Mutti auch und kann Mittag kochen und nähen, wie sich das gehört.
Nachmittags, wenn die Kinder fertig mit arbeiten sind, gehn wir in den Wald hinaus, der dicht vor unserm grünen Hause liegt, oder an den kleinen Schilfsee. Da dürfen die Kinder spielen und in den Kahn klettern, der am Ufer angebunden ist, und so tun, als ob sie rudern; oder sie können die Enten füttern, die auf dem See schwimmen. Wenn die Sonne untergeht, freuen wir uns über die leuchtenden, goldroten Kiefernstämme und über die rosa Wolken, die am Himmel stehn.
Ist das Wetter nicht schön, bleiben wir zu Hause und machen Musik. Detta kann schon kleine Stücke auf der Geige spielen, und ich begleite sie auf dem Klavier, das klingt fein. Oder wir singen zusammen schöne Volkslieder, lustige und traurige. Die alte Guste sitzt dann auch mit dem Strickzeug dabei und hört zu, und der Dido rührt sich nicht aus dem Zimmer, auch der hört gern Musik.
An warmen Abenden, wenn die größeren Kinder draußen Zeck und Versteck spielen, setze ich mich auf die Veranda, nehme die Liselotte auf den Schoß und erzähle ihr was.
Am liebsten hört sie die Geschichte von Freund Husch. Das ist der kleine Nachtgeist, der mit seiner Glühwürmchenlaterne hin und her läuft und nachsieht, ob all seine Schnecken- und Käferkinder artig eingeschlafen sind.
Wenn der Mond in den Garten scheint, singe ich den Kindern das Lied von der Prinzessin Mirlamein vor, die im Monde sitzt und spinnt und die langen glitzernden Fäden über die Welt wirft, damit die Menschen schöne, helle Träume bekommen.
Zuletzt, wenn die Kinder schlafen und alles mäuschenstill ist, gehe ich in den Garten hinaus, wo mein lieber Nußbaum steht, mit seinen glänzenden, wohlriechenden Blättern.
Um ihn her ist eine Bank gezimmert; ich setze mich darauf, lehne den Kopf gegen den Stamm und mache die Augen zu. Wie schön das ist! Leise rauschen die Blätter, ich höre Töne, Worte, und bald werden es ganze Geschichten, die mir der Baum zuflüstert. Stundenlang kann ich so zuhören und aufmerken, was er erzählt. Manchmal wirft auch eine kleine Grille oder ein Nachtvogel ein paar Worte dazwischen, oder ein Fröschlein gibt etwas von seiner Weisheit dazu.
Das beste aber sagt mir der Nußbaum; und ich bewahre es wohl in meinem Sinn. So sitz ich an manchem Sommerabend unter seiner Krone, und wenn ich genug von seinen Märchen weiß, gehe ich zurück ins grüne Haus und setze mich an den Schreibtisch. Da steht der große, geschnitzte Lederstuhl, da liegt meine Feder und ein Päckchen weiße Blätter, da kann ich aufschreiben, was mir das Nußbäumchen erzählt hat, und ihr sollt auch etwas davon hören.


*


Artikel zu Paula Dehmel bei Wiki:


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enigma
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Re: Literaturliebhaber denken heute am 9. Juli z. B. an Paula Dehmel
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 09.07.2009, 07:12:48
Paula Dehmel, ja, richtig nette Sachen hat sie gemacht, außer dass sie auch “Windmühlen” im Gedicht beschrieb.

Ich stelle auch noch ein Gedicht von ihr ein:

Lied vom Monde

Wind, Wind, sause,
der Mond ist nicht zu Hause;
er ist wohl hinter den Berg gegangen,
will vielleicht eine Sternschnuppe fangen,
Wind, Wind, sause.

Stern, Stern, scheine,
der Mond, der ist noch kleine;
Stern, Stern, scheine,
er hat die Sichel in der Hand,
er mäht das Gras am Himmelsrand,
Stern, Stern, scheine.

Singe, Vogel, singe,
der Mond ist guter Dinge;
er steckt den halben Taler raus,
das sieht blank und lustig aus,
singe, Vogel, singe.

Und hell wird's, immer heller;
der Mond, der hat 'nen Teller
mit allerfeinstem Silbersand,
den streut er über Meer und Land,
und hell wird's, immer heller.

Paula Dehme


Gruß

--
enigma

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