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Literatur Neu- und Altwörter als S p r a c h f r a g e n

longtime
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Re: Neu- und Altwörter als S p r a c h f r a g e n : Juni-Folge 3: neue Redesarten
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 10.06.2010, 11:54:59
„Tipping point“ - ohne mein Zutun, aktuell gefunden, da diese leicht vermeidbare REdensart am Sonntag zu großem Auflauf aufgeboten wurde:

In Broders Scheinhymne (mit auf den Geburtstags-Papst hörte und las ich nach (um ihm dem Pseudo-Juden“ nicht unrecht zu tun: „Es scheint, als wäre der 90. Geburtstag der "tipping point", an dem Wasser in Wein, Missgunst in Zuneigung, Neid in Anteilnahme und Hass in Liebe umschlägt.“

Dass Broder, wie er sich einschmeichelte, angeblich "vor Kühnheit zitternd", als vorjährig Börne-Ausgezeichneter dort in der Pauls-Kirche reden durfte, um Literatur und Kultur seiner Politik unterzuordnen und alles schwiegen, auch der gehrte Marcel, ist der Skandal – nicht MRR mit seinem Werk und leben, obwohl er auch bei Gelegenheit – besonders gegenüber Frauen, die ihm widersprechen – seine Bosheit zungenfertig verteilt– mit zwei Sprachfehlern; wenn man ihm nicht seine Frauenfeindlichkeit als dritten Sprach- und Denkfehlern aufrechnen müsste.

Der ganze, normale Broder: mit seinen „tippings points“ of literature:
Broderei zu Ehren eines Bücher-Papstes:

Aber ich tröste mich mit Ludwig Börne selber:

„Als Gott die Welt erschuf, da schuf er den Mann und das Weib, nicht Herrn und Knecht, nicht Juden und Christen, nicht Arme und Reiche.“ – Und ich wage es zu ergänzen: nicht Broders und Reich-Ranickis. – Aber mit ihnen müssen wir leben; egal wie wir sie etikettieren, als Pseudo-Papst und Nachrede-Päpstchen, oder Beifallklatscher.

Bei Börne heißt es freundlich-humanistisch, ohne politische Doktrin: "Der Humor ist keine Gabe des Geistes. Er ist eine Gabe des Herzens.“ – bei Broder ist er, der Humor, eine Bei-Gabe des Rechthabens.

Broder diktiert mir keine "tipping points"; nein, danke.
Auch wenn er seine Zunge mit Honig verklebt.
enigma
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Re: Neu- und Altwörter als S p r a c h f r a g e n : Juni-Folge 3: neue Redesarten
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 10.06.2010, 11:54:59
Wildsau kontra Gurkentruppe, Rumpelstilzchen - das ist doch eine tolle Kommunikation zwischen unseren Spitzenpolitikern.
Aber angeblich wollen sie sich ja alle wieder vertragen.
Dann kann es ja mit Deutschland wieder aufwärts gehen...

Hoffentlich klappt das auch, denn die “Gurkentruppe”, sind das nicht “die Flaschen” von früher?


Enigma
longtime
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Re: Neu- und Altwörter als S p r a c h f r a g e n : Juni-Folge 3: "Flaschen" und/oder andere...
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 12.06.2010, 07:41:56
Ich ergänze enigmas schönen Beitrag über "Flaschen", ob sie nun als Rumpelstilzchens (ja - der Plural klingt ungewohnt - Wildsäue oder als ordinäre Gurkentruppe firmieren, mit einer fast unmanierlichen Satire von Django Asül:

„Gurkentruppe, Wildsau, Rumpelstilzchen“ – im stern:

Der PolitsatirikerDjango Asül

Asül endet mit den Sätzchen:

„Und so gärt im Volke die Sehnsucht nach einer großen Koalition. Die bringt zwar auch nichts, ist aber wesentlich geräuschärmer. Quasi eine Gurkentruppe ohne Wildschwein.“

(Ach - aber von den furchtbar fixen Heuschrecken hören wir nichts mehr hören...? - Es war damals wohl Fehlalarm!)

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longtime
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Re: Neu- und Altwörter als S p r a c h f r a g e n : Juni-Folge 4:
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 14.06.2010, 10:17:14
Aufgefallen sind mir zuletzt folgende Wortschöpfungen:

Emilys Mundraub

Bauchfreiheit

Bevölkerungsverdrossenheit

„… möllemannesk"

*

Einladung:
Wer hat Lust, mit gewetzter oder wahrhaft-solider Zunge sich zu beteiligen innerhalb der ST-Sprachpflege?


clara
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Re: Neu- und Altwörter als S p r a c h f r a g e n : Juni-Folge 3: neue Redesarten
geschrieben von clara
als Antwort auf longtime vom 11.06.2010, 10:47:10
Longtime, die Rede Broders konnte ich leider erst heute lesen, deshalb nochmal kurz zum Thema, auch, weil mir gerade beim Heraussuchen eines Links zu Börne (Broder war 2007 Börne-Preisträger) folgende Stelle aufgefallen ist:

Eine Verhärtung des politischen Standpunkts bei Börne, eine Unterordnung von Kunst und Literatur unter den gesellschaftspolitischen Blick sind festzustellen.

https://www.phf.uni-rostock.de/institut/igerman/forschung/litkritik/litkritik/start.htm?/institut/igerman/forschung/litkritik/litkritik/Kritiker/AfBoerne.htm

Wenn Du schreibst (kursiv von mir)
"...Dass Broder, wie er sich einschmeichelte, angeblich "vor Kühnheit zitternd", als vorjährig Börne-Ausgezeichneter dort in der Pauls-Kirche reden durfte, um Literatur und Kultur seiner Politik unterzuordnen und alles schwiegen, auch der gehrte Marcel, ist der Skandal...."
na, dann ist Broder doch eigentlich ein würdiger Börne-Preisträger, bzw. er musste ganz einfach den Börne-Preis gewinnen. Und um sich treu zu bleigen, musste er politisch reden, oder? Nur mal so ein Gedanke von mir, über Broder weiß ich zu wenig, etwas ausführlicher habe ich mich mit Börne (contra Heine) beschäftigt, wobei mir Letzterer mehr (zu)sagt.
--------------------------------
Die Ablösung des Begriffs Kollektivscham zu Sündenstolz bei Broder ist, wie ich meine, bemerkens – und nachdenkenswert. So ganz "broderfeindlich" bin ich nicht.

Clara

Nachtrag: Ein Kurzlink gelang mir in keinem Browser!?
enigma
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Re: Neu- und Altwörter als S p r a c h f r a g e n : Juni-Folge 4:
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 14.06.2010, 10:23:32
Geht es bei “Emilys Mundraub” tatsächlich oder stellvertretend um die geringfügigen Verfehlungen, die in letzter Zeit Aufsehen erregten, weil sich MitarbeiterInnen Brötchen oder Maultaschen oder andere vom materiellen Wert her geringfügige Nahrungsmittel genommen hatten, die formal Eigentum ihres jeweiligen Arbeitgebers waren?

Die mehrfach drauf folgenden fristlosen Entlassungen wurden oft damit gerechtfertigt, dass das Vertrauensverhältnis zwischen AG und AN nachhaltig gestört sei. Aber trifft das bei solchen Bagatellen wirklich zu? Ist es sinnvoller, Essen zu vernichten als dass es ein Mensch noch aufessen möchte?
Wenn das ein Vertrauensverhältnis zerstören kann, muss dieses aber auf äußerst tönernen Füßen gestanden haben.

Ich empfinde es als absolut lächerlich, die Existenz von Menschen durch fristlose Entlassungen mehr oder weniger zu vernichten ,weil sie mal ein Brötchen gegessen oder sich Essen, das zurückgegangen war und aus diesem Grunde vernichtet werden müsste, mitgenommen haben.
Wo bleibt denn da die Verhältnismäßigkeit?

Macht sich jetzt auch jemand des Diebstahls schuldig, der sich einen Apfel vom Baum pflückt, der sonst vielleicht vergammeln würde?
Ich vermute ja, denn den Tatbestand des “Mundraubs” gibt es ja seit zig Jahren nicht mehr. Den sollte man aber m.M.n. unbedingt wieder einführen, dann würde wegen solcher Belanglosigkeiten nicht mehr das Strafgesetzbuch bemüht und u.U. die Justiz beschäftigt.

Aber wenn ich mich richtig erinnere, hat das BAG doch kürzlich Urteile der unteren Instanzen im Falle einer Kündigung aufgehoben und damit deren Urteile gekippt.
Ich weiß aber nicht mehr, welchen Fall das betraf. Jedenfalls würde es dann wahrscheinlich Auswirkungen auf künftige vergleichbare Situationen haben.


Enigma


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longtime
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Re: Neu- und Altwörter als S p r a c h f r a g e n : Juni-Folge 4: Mundraub
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 15.06.2010, 16:57:49
Ja, liebe enigma - Emilys "Mundraub" ist juristisch erledigt.
Vielleicht kann sich auch bei Arbeitgebern, die sich auf solchem Weg älterer Mitarbeiter/innen entledigen wollen, Ruhe an der Front des Billig-Rauswerfen einstellen...

*

Ich selber hatte noch daran gedacht an den ordinären Mundraub

Ich erinnere mich an zwei große Deutschlandfahrten, jeweils im Hochsommer, wenn wir Obstbäume fanden, entlang den Landstraßen (des Weserberglandes oder des Allgäus): ob Birnen oder Äpfel, reif mussten sie sein – dann galt für uns: Mundraub ist erlaubt.

Wir waren nicht bibelfest, aber das lässt sich im Alter nachholen:
Alttestamentarisch gewappnet wissen wir heute, dank

„Wenn du in deines Nächsten Weinberg gehest, so magst du Trauben essen nach deinem Willen, bis du satt bist, aber Du sollst nichts in Dein Gefäß tun“ (5 Mos. 23, 2).

Georg Schramm als Patientensprecher “Dombrowski” trug als Reminiszenz diese biblische Legitimation in der ZDF-Anstalt am 8. Juni bei; dann verabschiedete er sich; hier ein kleines Abschieds-Video vom ZDF:

Schade, Georg Schramm verläßt die ZDF-Anstalt!
longtime
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Re: Neu- und Altwörter als S p r a c h f r a g e n : Juni-Folge 4: Bevölkerungsverdrossenheit
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 14.06.2010, 10:23:32
"Bevölkerungsverdrossenheit..." - solch Einblick in unsere Politik vernahm ich vom Satiriker-Duo Priol/Schramm (in der “ZDF-Anstalt” vom 8. Juni); es leistet sich mit einigen Freunden tiefe Einblicke in die verquere Gedanken- oder Geld-Welt der Politiker und ihrer Opfer: Die Politiker reagieren mit Bevölkerungsverdrossenheit darauf, reden aber öffentlich nicht davon.

Doch gibt es diesen Antwortbegriff schon seit 2009 – und wartet darauf, gegoogelt zu werden. (Äh, Google-Verdrossenheit ist noch nicht so verbreitet!):

Ja: Bevölkerungsverdrossenheit

Der Begriff Bevölkerungsverdrossenheit nimmt die häufig festgestellte Politik- oder Parteienverdrossenheit auf, mit der sich jedermann herausreden kann, wenn er nicht mehr "mitmachen" will im Politik-Rausch.

Wiki führt mehr als 20 Aufsätze oder Bücher auf, um das Phänomen der ….-Verdrossenheit aufzudröseln. (Da fehlt nur noch die Lese- oder Leser-Verdrossenheit!)

longtime
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Re: Neu- und Altwörter als S p r a c h f r a g e n : Juni-Folge 4: Begriffsmischungen
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 16.06.2010, 09:09:24
Neu- und Altwörter – Folge 5:


„Quidquid agis, prudenter agas et respice finem!“

Was ist eine "Kose"; was ein "Wippchen"?

Wer kennt Laute aus dem „Wörterbuch der Kuh“?

Ist „börgsen“ ein sinnvolles Verb?

„Diversity manager“ - ein sinnvoller Anglizismus?

Was ist ein "Gernsehabend" (oder so geschrieben: Gernseh-Abend?

Um die Frau Bundeskanzlerin ranken sich viele merkwürdige Spottnamen, die alle nicht so recht haften wollen.
Gestern las ich Merkelei - ein bleibender Ulk? (S. Link!)

*

Auf Antworten - auch Widerspruch - freut sich Antonius!

enigma
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Re: Neu- und Altwörter als S p r a c h f r a g e n : Juni-Folge 4: Begriffsmischungen
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 16.06.2010, 09:30:17
Hallo Longtime,

ja, so ähnlich wie Du es schilderst, habe ich auch in meiner Jugend “Mundraub” betrieben, unterwegs zum Wandern oder auf einer Fahrradtour haben wir uns auch schon mal am Obst direkt vom Baum gelabt.
Und damals wäre kein Mensch auf die Idee gekommen, am wenigsten eigentlich die Besitzer der Obstbäume, das als Diebstahl zu bezeichnen.
Manche haben das sogar als Kompliment dafür genommen, dass ihr Obst gut schmeckt.

Zu Deinem Zitat
„Wenn du in deines Nächsten Weinberg gehest, so magst du Trauben essen nach deinem Willen, bis du satt bist, aber Du sollst nichts in Dein Gefäß tun“ (5 Mos. 23, 2)."
kann ich eine nette kleine Geschichte beisteuern, selbst erlebt:

Bei einer Rundreise durch Griechenland mit dem Bus in den achtziger Jahren und zur Zeit der Weinlese kamen während der Zeit einer kurzen Rast die Weinbauern und brachten uns frisch gelesene Trauben zum Probieren. Damals waren offenbar die Trauben noch nicht so gespritzt wie heute. Jedenfalls haben wir sie gerne probiert und es ist uns nichts geschehen.
Ich will aber nicht hoffen, dass es den Griechen darum heute schlecht geht, weil sie zu gastfreundlich waren.

Der Artikel zur “Bevölkerungsverdrossenheit” deckt sich einigermaßen mit dem, was ich auch meinte beobachten zu können: Bei den gegenseitigen Scharmützeln unserer Politiker scheint es, dass nur eines stört, die Wähler oder das Volk, das seinerseits immer ratloser wird, was durch den Satz über die Politiker oder die politischen Parteien „Alle wollen alles sein ohne überhaupt etwas zu sein“, den ich dem von Dir eingestellten Artikel entnommen habe, nach meinem Empfinden als Ursache für diese Ratlosigkeit prima ausgedrückt ist.

Die neuen Begriffe werde ich anschauen, aber erst später, denn erst mal muss ich jetzt weg.

Grüße und bis dann.....
Enigma


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