Literatur Schöne Lyrik

Allegra
Allegra
Mitglied

Re: Uhland, Ludwig (1787-1847) Einkehr Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Allegra
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 31.08.2015, 17:24:43
Bei Goldhähnchens

Bei Goldhähnchens war ich jüngst zu Gast!
Sie wohnen im grünen Fichtenpalast
In einem Nestchen klein
Sehr niedlich und sehr fein.

Was hat es gegeben? Schmetterlingsei,
Mückensalat und Gnitzenbrei
Und Käferbraten famos –
Zwei Millimeter gross.

Dann sang uns Vater Goldhähnchen was,
So zierlich klang's wie gesponnenes Glas,
Dann wurden die Kinder besehn:
Sehr niedlich alle zehn!

Dann sagt' ich: »Adieu!« und: »danke sehr!«
Sie sprachen: »Bitte, wir hatten die Ehr',
Und hat uns mächtig gefreut!«
Es sind doch reizende Leut'!

Heinrich Seidel
Sirona
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Re: Uhland, Ludwig (1787-1847) Einkehr Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Allegra vom 31.08.2015, 18:47:37
Bei Goldhähnchens

Bei Goldhähnchens war ich jüngst zu Gast!
Sie wohnen im grünen Fichtenpalast
In einem Nestchen klein
Sehr niedlich und sehr fein.

Was hat es gegeben? Schmetterlingsei,
Mückensalat und Gnitzenbrei
Und Käferbraten famos –
Zwei Millimeter gross.

Dann sang uns Vater Goldhähnchen was,
So zierlich klang's wie gesponnenes Glas,
Dann wurden die Kinder besehn:
Sehr niedlich alle zehn!

Dann sagt' ich: »Adieu!« und: »danke sehr!«
Sie sprachen: »Bitte, wir hatten die Ehr',
Und hat uns mächtig gefreut!«
Es sind doch reizende Leut'!

Heinrich Seidel


Allegra, ich setze einmal ein Bildchen vom Sommergoldhähnchen ein.
Ein ganz entzückendes Gedicht!



Die erste Brut gibt es im April/Mai. Später kann eine zweite (Juni/Juli) folgen. Bis zu 10 Eier gehören im Schnitt zu einem Gelege. Jeden Tag kommt ein Ei hinzu – nicht viel größer als ein Kirschkern, mit dunklen Wolken und Tupfen. Das Gelege macht mehr als das Gewicht des Weibchens aus - eine beachtliche Leistung des kleinen Vögelchens. Das Weibchen brütet allein; 12 bis 17 Tage lang. Die Jungen, haben einen gelben Sperr-Rachen mit dunkelgelber Zungenumrandung und blasgelbem Schnabelwulst. Beide Eltern füttern sie mit weichen, winzigen Insekten (Blattläuse, Insekteneier), später stehen auch feine Sämereien auf der Speisekarte.

Heinrich Seidel hat sich wohl sehr gut mit diesem kleinen Sänger ausgekannt.
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Uhland, Ludwig (1787-1847) Einkehr Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 31.08.2015, 17:24:43
Hallo Milan, an dieses Gedicht vom Apfelwirt kann ich mich noch gut erinnern. Lange habe ich es nicht gelesen, umso mehr hat es mich gefreut dass Du es eingegeben hast. Unglaublich dass ich es noch teilweise auswendig aufsagen kann.

Der von Clematis eingesetzte Apfelbaum sieht wirklich einladend aus.

Danke Euch Beiden für diese schöne Erinnerung an meine Schulzeit.
LG Sirona

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Allegra
Allegra
Mitglied

Re: Uhland, Ludwig (1787-1847) Einkehr Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Allegra
als Antwort auf Sirona vom 31.08.2015, 19:05:56
Herbst

Schon ins Land der Pyramiden
Flohn die Störche übers Meer;
Schwalbenflug ist längst geschieden,
Auch die Lerche singt nicht mehr.

Seufzend in geheimer Klage
Streift der Wind das letzte Grün;
Und die süßen Sommertage,
Ach, sie sind dahin, dahin!

Nebel hat den Wald verschlungen,
Der dein stillstes Glück gesehn;
Ganz in Duft und Dämmerungen
Will die schöne Welt vergehn.

Nur noch einmal bricht die Sonne
Unaufhaltsam durch den Duft,
Und ein Strahl der alten Wonne
Rieselt über Tal und Kluft.

Und es leuchten Wald und Heide,
Dass man sicher glauben mag,
Hinter allem Winterleide
Lieg' ein ferner Frühlingstag.

Theodor Storm
Milan
Milan
Mitglied

Schöne Lyrik Der ewige Wald
geschrieben von Milan
Der ewige Wald[b][/b]

Der Herrgott wohnt dort droben in den Bäumen,
wo durch das Grün der hohe Himmel blaut.
Sein Odem weht in diesen heilgen Räumen,
im schönsten Dom, den die Natur erbaut.

Am Morgen rauscht es leise in den Zweigen,
der Wald erwacht mit einem Lobgesang.
Am Abend klingt's, wenn sich die Wipfel neigen,
wie ferner Orgelton und Harfenklang.

Wenn deine Füße und dein Geist ermüden,
dann flieh die Welt für eine kurze Zeit.
Im Walde findest du den wahren Frieden,
hier liegt ein kleines Stück der Ewigkeit.

Im Walde kannst du beten oder träumen.
Wie schön und nah sind Sonne, Mond und Stern.
Der Herrgott wohnt dort droben in den Bäumen.
Die Vöglein preisen unsern Gott und Herrn.

Fred Endrikat, 1890-1942
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona


Der Wundermann – Hermann Löns

In Völksen wohnt ein Wundermann,
der jede Krankheit heilen kann:
Zahnweh und Friesel und den Mumps,
die Schwindsucht und den Fuß des Klumps.

Er hat nicht Medizin studiert,
hat nicht zum Doktor promoviert,
mit einer Flasche Fliedertee
kuriert er jedes Ach und Weh.

Kolik und Infaulentia,
die Wassersucht, das Podagra,
für Gallenstein, für Hüfteweh,
für alles hilft der Fliedertee.

Das heißt, dem Wundermann hilft er,
bisher war seine Börse leer,
jetzt ist stets voll sein Portemonnaie,
so sehr hilft dieser Fliedertee.

Für kalten Brand und dickes Blut
ist Fliedertee vorzüglich gut,
für Krätze, Krebs und auch für Gicht,
bloß gegen Dummheit hilft er nicht.

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Re: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Sirona vom 07.09.2015, 09:07:56
zu Hermann Löns:

Nur: Fliedertee ist der Tee von Blüten des Holunders.
Flieder ist der alte Name für Holunder. Wenn der Kranke
den Tee des Flieders auf Deinem schönen Bild getrunken
hätte, oh weh!
Hans Christian Andersen schrieb ein Märchen:
Das Fliedermütterchen
Da ist der Holunderblütentee gemeint. Ein Kind erkältet
sich, kommt zum Fliedermütterchen, die den Tee zubereitet,
und wird gesund. Doch auch in Deinem Gedicht wird geschil-
dert, was der Tee alles heilt - außer Dummheit.

Künstler-Gedenken(Clematis)


Bleibt gesund!
Clematis
Maxi41
Maxi41
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Maxi41
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 09.09.2015, 08:54:01
Der scheidende Sommer

Das gelbe Laub erzittert,
Es fallen die Blätter herab;
Ach! alles was hold und lieblich
Verwelkt und sinkt ins Grab.

Die Wipfel des Waldes umflimmert
Ein schmerzlicher Sonnenschein;
Das mögen die letzten Küsse
Des scheidenden Sommers sein.

Mir ist als müßte ich weinen
Aus tiefsten Herzensgrund -
Dies Bild erinnert mich wieder
An unsre Abschiedsstund.

Ich mußte von dir scheiden,
Und wußte, du stürbst bald;
Ich war der scheidende Sommer,
Du warst der kranke Wald.

Nachlese zu "Neue Gedichte" von Heinrich Heine
Re: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Maxi41 vom 09.09.2015, 19:46:18
Herbstbild

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
und dennoch fallen raschelnd fern und nah
die schönsten Früchte ab von jedem Baum.

O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält;
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.

Friedrich Hebbel
1813-1863
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona


Nun hat es sich gewendet,
das grüne Buchenblatt,
nun hat es sich geendet,
was mich erfreuet hat.

Die Rose hat verloren
die roten Blüten all,
was du mir hast geschworen,
es war ein leerer Schall.

Das Blatt am Buchenbaume
gibt keinen Schatten mehr,
dem allerschönsten Traume
blüht keine Wiederkehr.

(Hermann Löns)

Noch zeigt der Wald ein dichtes Laubwerk, doch schon bald wird tatsächlich nur noch ein einzelnes Blatt an einer Buche hängen. Der Herbst kündet sich bereits an und beginnt die Blätter bunt zu färben.

Einen schönen Herbsttag!
Sirona

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