Forum Kunst und Literatur Literatur Wieder einmal angezeigt: ein literarisches Rätsel

Literatur Wieder einmal angezeigt: ein literarisches Rätsel

longtime
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Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 04.02.2011, 18:01:32
Hallo, liebe Rätselfreudinnen....!

An Jochen Kleppers Vater-Roman habe ich noch nicht mal gedacht...! Die Problematik mit der jüdischen Ehefrau würde da natürlich genau passen!

*

Ich selber hatte mir Gedanken gemacht über die historischen Romane von Lion Feuchtwanger gemacht.
(Was natürlich mit der anderen Angabe keinen Sinn macht!)

Ist es der Roman "Der Vater"?

Sonst wäre ich um weiter Hinweise verlegen!
clara
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Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von clara
als Antwort auf longtime vom 05.02.2011, 10:42:54
Liebe Enigma, lieber Longtime, Ihr habt Recht, es ist "Der Vater" von Jochen Klepper. Der Roman, Monografie genannt, gehört zu meinen Lieblingsbüchern. Der Autor bettet die historischen Fakten in psychologische Deutungen der Hauptfiguren ein. Mit seinen über 900 Seiten ist es ein Wälzer, aber dieses Buch war/ ist für mich kurzweilig zu lesen, ich kann in die damalige Zeit richtig eintauchen. Klepper hat für das Buch sicher weit gehend recherchiert, bzw. viele Quellen heran gezogen.

Jochen Klepper

Schöne Wochendgrüße von Clara
enigma
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Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von enigma
als Antwort auf clara vom 05.02.2011, 13:40:09
Hallo, liebe Clara,

herzlichen Dank für die Auflösung des Rätsels.

Von Jochen Klepper hatte ich s.Z. das Buch “Der Kahn der fröhlichen Leute” gelesen und gleichzeitig, wie üblich, etwas über die Biografie des Schriftstellers.

Ich weiß noch heute, wie entsetzt ich über sein persönliches Schicksals und das seiner Familie damals war.
Seitdem wusste ich jedenfalls, wie sehr er wegen seiner jüdischen Frau persönlich und beruflich schikaniert worden war, bis zum endgültig letzten Schritt, der die meisten Mitglieder der Familie auslöschte.

Da war es dann nur noch ein kleiner Schritt, mich über seine sonstigen Werke zu informieren. Und so stieß ich dann auf “Der Vater”.

Danke, dass Du die Erinnerung an Jochen Klepper wieder wachgerufen hast.

Grüße von Enigma



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longtime
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Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 07.02.2011, 07:35:27
Auch mein Dank an Clara für den guten Tipp zu Kleppers "Vater"!

*

Heute wieder etwa Leichtgewichtigeres?

Ich schreibe und lese gerne Feuilletons. (Vgl. S. Sieburg!)

Folgende Andersnamen für F. habe ich schon gelesen:

Stimmungsbilder, Tändeleien, Sächlichkeiten, Bilderbogen, Raritäten, Farbenskizzen, Federzeichen, Tautropfen, Miniaturen, Nippessachen, Chiffons, Antiquitäten, Schaufenster, Pflastersteine, Bunte Steine, Kiesel, Medaillons, Gemmen,, Kristalle, Flaschenpost, Siegelringe, Inpromptus, Luftsprünge, Luftsprünge, Luftballons, Spielwerk, Panoptikum, Prismen, Kaleidoskop, Weißgebäck, Literatengewürz… - alles bildliche Ausdrücke für Feuilletons.


Hier ein neuer Rätseltext… - ein Feuilleton, das in den 20er Jahren geschrieben wurde:

„Es war während des Ersten Weltkrieges; mein guter Vater hatte sich, obwohl er hart an den Sechzigern war, noch einmal die Uniform angezogen.

Er saß als Major in Leipzig auf dem Postamt und prüfte Briefe und Telegramme. Meist am Tage, aber bisweilen hatte er Nachtdienst. Ds war sehr langweilig. Teilnehmende Freunde besuchten ihn darum des öfteren, bevor er zu „Schrank“ ging, wie er spaßte, denn aus besagtem Schrank konnte ein Etwas heruntergeklappt werden, was eine entfernte Ähnlichkeit mit einem Bette hatte. Sie brachten wohl gar eine Gose nebst Glas mit. Es war ein ganz fideles Gefängnis.

Aber manchmal blieben die Tröster aus. Dann saß Papa allein mit dem Dolmetscher, der so rund vierzig Sprachen beherrschte und über 300 Gedichte auf die Gose verfasst hatte. Dann spielten die beiden Herren „Bildung“, wie sie es nannten. Das heißt: Sie warfen sich gegenseitig Zitate an den Kopf, und der andere musste die Quelle nennen. Natürlich nicht: „Friede sei ihr erst Geläute“ oder „Habe nun, ach“.
Nein, viel schwieriger: „Wir bekennen uns zu dem Geschehen, das aus dem Dunklen zum Licht strebt.“ (Wissen Sie es? Ich!) Oder: „Auf das Große und Ganze wirken, heißt, einzig und allein auf sich wirken“.

Oft schafften sie es beide nicht, und der Büchmann, der Zoozmann und Lipperheide wurden zerfleddert. Das gab viele zerrunzelte Stirnen. Manchmal bekam ich sogar hilfeschreiende Feldpostbriefe von beiden! Denn es war natürlich Ehrensache, den Preis zu gewinnen. Meist hatte ich jedoch anderes zu tun, als mir den Schädel zu zerbrechen. Ich schreib höchstens „Hölderlin“. Nachher war’s Hölty. So was kann passieren. Schauderhaft.

Eines Tages kommen wieder zwei Karten. Inhaltlich übereinstimmend: „Woher stammt: ‚Ex oriente lux‘? Lipperheide, Zoozmann und Büchmann versagen.“ Ich wusste es nicht. (…)“


*

„Ex oriente lux“ – die Herkunft des Zitats war um 1920 nicht zu ermitteln für die fidelen Freunde und den Sohn…

So endet das Feuilleton leicht frustrierend, nicht nur für die Herren in der Zensurstelle der Leipziger Post, sondern auch für den schreibenden Sohn; sie alle fanden die Herkunft des geflügelten Worts nicht:

„Ex oriente lux. Vielleicht könnte einer der Leser - ach, nein. Wozu? Es bleibt ja doch das schöne Wort und widerspricht dem Untergang des Abendlandes.
Lassen wir es dabei bewenden.“


*

Lipperheide, Zoozmann, Büchmann - na, klar..:

Richard Zoozmann. (Die letzte Bearbeitung) von Dieter Lembke: Der Zitatenschatz der Weltliteratur. Anaconda, Köln 2005.

.. und der Meister der "geflügelten Worte":

Der bekannte Büchmann

... sind bekannte Nachschlagwerke für Zitate und "Geflügelte Worte".


Und die Gose? Das kann man selber finden! (Na, zum Wohlsein; auch wenn es anders heißt!)


Nun - heute könnte der Autor bei wikipedia den Ratschluss holen und seinem Vater aushelfen:

Cleveres zu "Ex oriente lux"

Und er, der schreibende Sohn, hat sich in der deutschen Literatur verdient gemacht, nicht nur als Feuilletonist, der oft nach des Tages Aufmerksamkeit vergessen wird.

Er schrieb auch Dramen, Romane, Erzählungen, Novellen – und eine Biografie über Napoleon (1026). Aber alles ist vergessen!

Einen Sammelband von ihm habe ich mir schon bestellt, um nicht nur den Feuilletonisten kennen.
Er handelt im Titel von einer besonderen Sitzgelegenheit des sprichwörtlichen Glücks.

Wer aber war der Autor?
longtime
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Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 07.02.2011, 15:48:42
Hier der vollständige Abschluss des Feuilletons:


(...) Der Krieg ging zu Ende. Papa starb. Das „Ex oriente lux“ blieb. Es war gleichsam ein Erbe meines guten Vaters, das uralte Wort.

Wir saßen am Montagstisch (damaliger Leipziger Literatentreff) – es waren da Franz Evers, Theodor Däubler, Conrad Ansorge und C.L. Schleich. Ich fragte hoffnungslos: „Woher stammt ‚Ex oriente lux‘?“

Es war eine Hundsgemeinheit von mir.
Denn das Jauchzen der Geister verstummte. Eine schreckliche Pause trat ein. Wir schwiegen alle. Und keiner wußte. Endlich raffte sich Carl Ludwig Schleich hochgelobt auf und sprach: „Das stammt aus Byzanz Kampfruf gegen Rom.“

Dies schien mir sehr denkbar. Leider ist es nur eine Vermutung.

Es sei ferne von mir, einen ähnlichen Taumel zu verursachen, wie er damals unter dem Geschmetter der Kanonen sich auftat. Immerhin, eine große Sache, wenn im schauderhaftesten Geschehen die Geister noch besinnlich aufeinanderplatzen um dreier Worte willen: Ex oriente lux.

Vielleicht könnte einer der Leser - ach, nein. Wozu? Es bleibt ja doch das schöne Wort und widerspricht dem Untergang des Abendlandes.

Lassen wir es dabei bewenden.


*
enigma
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Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 08.02.2011, 11:29:38
Hallo Longtime,

danke für den schönen Text bzw. die schönen Texte.

Leider konnte ich mich aus zwei Gründen nicht einbringen.
Einmal war ich bei dem schönen Wetter viel unterwegs, zum andern aber wusste ich zu Deinem Rätsel absolut nichts zu sagen.
An Theodor Däubler hatte ich ja schon mal gedacht, aber der passte ja nicht zu Deinen sonstigen Informationen.

Nach den heutigen Ergänzungen weiß ich nun, dass Du Wolfgang Goetz gemeint hast.
Allerdings kenne ich von Goetz überhaupt nichts, kannte ihn nicht einmal dem Namen nach.

Da wird es doch höchste Zeit, dass ich mir “Das Glück sitzt an der nächsten Ecke” einmal zu Gemüte führe.
Oder hast Du noch einen anderen Tipp?
Aber offenbar hast Du es Dir ja auch selbst besellt...

Aber ich habe noch etwas gefunden von Goetz, zu C.L. Schleich, hier:

Da gefällt es mir, wie er geschrieben hat.


Beste Grüße von Enigma


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longtime
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Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 08.02.2011, 15:30:10
Prima! Ja, eine schöne Ergänzung:

Die Seite von Goetz über Schleich:

Goetz ist auch für mich eine Neuentdeckung.


Und das bestellte "Glück" ist für mich schon unterwegs.
enigma
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Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 08.02.2011, 16:55:13
Hallo Longtime,

da hatte ich wohl “doppelt gemoppelt.”
Danke für das Einstellen des “richtigen” und von mir beabsichtigten Links.

Ich stelle auch wieder einen Auszug aus einem Buch ein, einem Buch, das in deutscher Übersetzung erstmalig vor über 20 Jahren auch in unseren Buchläden zu erhalten war (und heute natürlich auch noch).

(...)”Wütend fauchte ihn der Meister an: Mit Gewalt willst du uns zwingen, dir zuzuhören? Hör auf, hör sofort auf! Hab ich dich nicht schon vor einer Woche gewarnt?’

Dem Dichter war anzusehen, daß er sich sehr ärgerte. Aber er sagte nur vorwurfsvoll: ‘Mir scheint, du nimmst zuviel Haschisch. Findest du wohl kein anderes Opfer als mich?’

Der Dichter schlug nun einen etwas anderen Ton an, wohl in der Hoffnung, noch ein wenig Mitgefühl zu finden. ‘Aber das íst doch auch mein Kaffeehaus...
Hab ich denn in den letzten zwanzig Jahren nicht immer rezitiert?’

Während Meister K. wie immer seinen Platz hinter der Kasse einnahm, sagte er: ‘Wir alle haben deine Geschichten satt und können sie fast auswendig. Es gibt also keinen Grund, sie uns nochmals anzuhören. Die Leute wollen keinen Dichter mehr, wie oft haben sie mich gedrängt, ein Radio anzuschaffen. Und da ist es nun, da steht es. Also laß uns in Ruhe, möge Gott für dich sorgen.’

Das Gesicht des Dichters verdüsterte sich, und niedergeschlagen dachte er daran, daß das Kaffeehaus von K. die letzte Zuflucht geworden war. Es war die einzig verbliebene Möglichkeit, den Unterhalt zu verdienen, und das nach Jahren großen Ruhms. Erst kürzlich hatte man ihm im Kaffeehaus Z. bedeutet, daß man auf ihn verzichten konnte.
So alt war er geworden, und nun stand er ohne allen Verdienst da. Was sollte er mit dem Leben anfangen? Wozu sollte er dann noch seinem unglücklichen Sohn diese Kunst beibringen, die keiner mehr wollte und die brotlos geworden war? Was würde ihm die Zukunft bringen, was seinem Jungen? Verzweiflung stieg in ihm auf; sie wurde noch bitterer, als er in Meister K.s Gesicht las, daß er zwar das Ganze ein wenig bedauerte, aber umso entschlossener war. “ (...)

Das mag zunächst reichen.
Der Autor beschreibt in diesem, aber auch in anderen seiner Bücher, den Wandel der Traditionen in seinem Heimatland.

Neben seinen Romanen verfasste der Schriftsteller auch Kurzgeschichten, Essays und Drehbücher.
Zahlreiche seiner Werke wurden verfilmt.
Und er erhielt wichtige Literaturpreise.

Viel Spaß beim Raten.

Ich gehe davon aus, dass die ausgefuchsten RaterInnen hier im ST die Lösung des Rätsels schnell finden werden.

Gruß von Enigma
longtime
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Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 09.02.2011, 09:39:32
Hi -

bei ausländischer Literatur ist mir immer "mau"!

- Ich tippe auf enen türkischen Roman.

Und erinnere mich an die Preisrede von Günter Grass auf den Yasar Kemal, 1997, beim Friedenspreis.


Grass an Kemal (1997)

Aber ich habe keinen Kemal-Text gelesen.

Wahrscheinlich ist es aber ein anderer Autor....!

Wer hilft hier?
Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf longtime vom 09.02.2011, 15:19:02
Vielleicht Rafik Schami? Ist aber nur geraten. Bei mir liegt seit Jahren sein Buch "Erzähler der Nacht" herum bzw. steht im Regal, jetzt werde ich es vielleicht endlich mal lesen.

Gruß M.

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