Forum Computer, Internet und Fotos Netzwelt Das neue Leistungsschutzrecht im Entwurf

Netzwelt Das neue Leistungsschutzrecht im Entwurf

Mitglied_5ccaf87
Mitglied_5ccaf87
Mitglied

Das neue Leistungsschutzrecht im Entwurf
geschrieben von ehemaliges Mitglied
§ 87f Presseverleger
(1) Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen. Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.

(2) Ein Presseerzeugnis ist die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge im Rahmen einer unter einem Titel auf beliebigen Trägern periodisch veröffentlichten Sammlung, die bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlagstypisch anzusehen ist und die nicht überwiegend der Eigenwerbung dient. Journalistische Beiträge sind insbesondere Artikel und Abbildungen, die der Informationsvermittlung, Meinungsbildung oder Unterhaltung dienen.

§ 87g Übertragbarkeit, Dauer und Schranken des Rechts
(1) Das Recht des Presseverlegers nach § 87f Absatz 1 Satz 1 ist übertragbar. Die §§ 31 und 33 gelten entsprechend.

(2) Das Recht erlischt ein Jahr nach der Veröffentlichung des Presseerzeugnisses.

(3) Das Recht des Pressverlegers kann nicht zum Nachteil des Urhebers oder eines Leistungsschutzberechtigten geltend gemacht werden, dessen Werk oder nach diesem Gesetz geschützter Schutzgegenstand im Presseerzeugnis enthalten ist.

(4) Zulässig ist die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen für nicht gewerbliche Zwecke. Im Übrigen gelten die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 entsprechend.

§ 87h Beteiligungsanspruch des Urhebers
Der Urheber ist an einer Vergütung angemessen zu beteiligen.[/indent]
Quelle: http://www.irights.info/userfiles/RefE%20LSR.pdf

Der Sturm der Entrüstung ist riesig. Alle Blogs, welche sich mit Internetrecht beschäftigen schäumen. Rechtsanwalt Udo Vetter kommentiert das auf seinem Blog mit den Worten Digital kastriert In der Einleitung schreibt er:
[i]Über das Leistungsschutzrecht für Verlage wurde viel diskutiert. Heute ist der Referentenentwurf aus dem Justizministerium an die Öffentlichkeit gelangt. Das Papier ist ein Konjunkturprogramm für Rechtsanwälte. Gleichzeitig ist es ein Kniefall vor der Verlegerlobby. Die schlimmsten Befürchtungen haben sich damit bestätigt.
...
Das Leistungsschutzrecht soll die juristische Grundlage für eine gigantische Abmahnwelle gegen Blogs, Facebook-Seiten und Tweets legen. Im Entwurf wird diese Absicht nicht mal notdürftig kaschiert.

Womit er zweifelsfrei recht hat. Die Justizministerin gehört noch immer, trotz anders lautender Gerüchten, der FDP an. Nicht umsonst weigert sich die Bundesregierung bis zum 30. Juni auf Verlangen des Europarates ein Gesetz zur Korruptionsbekämpfung zu beschließen. Haben sie fein hin bekommen und damit wieder den Versuch unternommen, das Grundgesetz auszuhebeln. Da ist nichts mehr mit Versammlungs- und Meinungsfreiheit im Internet. Ihr bekommt zukünftig sogar schon eine Abmahnung wenn ihr eine Titelzeile aus der Bild zitiert und das ist schon der letzte Dreck aller Presseerzeugnisse.

RA Thomas Stadler schreibt auf seinem Blog Internet-Law eine Kurzanalyse des Gesetzesentwurfs zum Leistungsschutzrecht:
[i]Das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers umfasst selbst “kleinste Tonfetzen”, wie der BGH in der Metall-auf-Metall-Entscheidung wörtlich ausgeführt hat. Übertragen auf ein Leistungsschutzrecht für Verlagsprodukte würde dies bedeuten, dass auch kleinste Textbestandteile, sogar einzelne Wörter, vom Schutz umfasst wären.
...
Auch die Möglichkeit Links zu setzen, wird meines Erachtens durch den Entwurf beeinträchtigt. Davon, dass der Gesetzesentwurf unter Verweis auf die Paperboy-Entscheidung des BGH ausdrücklich darauf verweist, dass die bloße Verlinkung nicht betroffen sei, sollte man sich nicht täuschen lassen. Der Hyperlink als solcher begründet nach dieser Rechtsprechung zwar kein öffentliches Zugänglichmachen des verlinkten Werkes. Allerdings darf man im Linktext selbst dann keinesfalls mehr auch nur die Überschrift des Presseartikels verwenden, weil man damit bereits einen kleinen Fetzen des Presserzeugnisses öffentlich zugänglich gemacht und damit gegen das Leistungsschutzrecht verstößt.
[/indent]
Damit kann Karl einige Bretter des Forums beerdigen. Der ST wird zu einem Kaffekränzle verkommen. Andere Foren wie bsw. http://www.politikforen.net/ und http://politik-forum.eu/ können dann ganz schließen, denn wer soll ohne Zitate und Links sinnvoll argumentieren. Ich hoffe nur innigst, das Google und die anderen Suchmaschinen sich auch daran halten.

Wer in einer Demokratie schläft wacht in einer Diktatur auf.

Schlaft ruhig weiter, die anderen werden es schon für euch machen. Dann könnt ihr wie über die Wende sagen: Wir haben sie vollbracht.
yuna
yuna
Mitglied

Re: Das neue Leistungsschutzrecht im Entwurf
geschrieben von yuna
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 14.06.2012, 20:13:40
Mein Mann und ich beobachten das auch schon seit geraumer Zeit und hatten gestern eine Diskussion dazu.
Wir sind beide der Meinung, dass Google einer der wenigen Giganten ist, der diesem Treiben einen Riegel vorschieben könnte.

Denn, der Entwurf ist ja absichtlich auch wunderbar schwammig gehalten, wie du selbst schon erwähnst und das nur, um weiter über Abmahnanwälte zusätzlich Geld einzutreiben. Das Schwammige kommt nämlich leider nur jenen zugute, die sich einen Anwalt über längere Zeit leisten können.
Denn, wie ich selbst oft schon feststellen musste, das was die großen Verlage den Foren, Bloggern und einfachen Usern untersagen wollen, betreiben sie selbst in ganz großem Stil!
Sie klauen Textpassagen aus Blogs ohne Quellenangabe, beteiligen sich an aktuellen Trends im Internet indem sie Videos, die ihnen nicht gehören, auf ihre Online Auftritte hochladen, um mehr Leser anzulocken, sie klauen Tweets, sie geben Meinungen aus bekannten Blogs als ihre eigenen aus und schmücken ihre Beiträge mit Bildern/Fotos an denen sie nicht ansatzweise irgendwelche Rechte haben, etc.

Wenn sie also keine Verbreitung ihrer Inhalte wollen, die lieben "Urheber", dann sollte Google wirklich so konsequent sein und absolut alle Erzeugnisse im Netz, die von jenen stammen, die sich so darüber aufregen, dass sie mal zitiert werden, aus den Suchergebnissen löschen.
Vllt. verstehen sie dann, was der Sinn und Zweck des Internets ist und wie sinnig es ist, diesen beschneiden zu wollen.
Google mag seine Macken haben, aber bisher haben sie immer vernünftig reagiert, wenn es um Entscheidungen das Internet betreffend ging oder wenn Menschen abgemahnt werden sollten.
Darauf hoffen wir auch jetzt.

Einen Informationsaustausch zwischen Menschen unterbinden oder zumindest stark einschränken zu wollen - in einer angeblichen Demokratie -, ist ein Unterfangen, das absurder kaum sein könnte. Sind wir hier in China oder was?
Mitglied_5ccaf87
Mitglied_5ccaf87
Mitglied

Re: Das neue Leistungsschutzrecht im Entwurf
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf yuna vom 15.06.2012, 09:47:27
Das Interessante an der Sache ist ja, das falls Google tatsächlich mal eine Blacklist aufstellt und danach handelt bsw. beim Suchwort "Merkel" plötzlich nur noch die kleinen Blogs und ausländische Zeitungen, wie zum Beispiel die Neue Züricher Zeitung und Der Standard vielleicht auch die Kronenzeitung und der schweizer Blick gefunden werden. Das was heute bei den Suchergebnissen ganz vorne steht, nämlich die Zeitungen der großen Verlage, wäre auf einmal verschwunden. Das wären lustige Zeiten.

Eine schöne Zusammenassung finden wir auch bei http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/leistungsschutzrecht-was-das-gesetz-bedeutet-a-839094.html

Die Online-Ausgaben der Zeitungen hätten keine Klicks mehr und könnten die darauf enthaltene Werbung nicht mehr abrechnen. Unsere Hauptinformationsquelle wäre dann http://rivva.de/

Zu allem Überdruss hat man bei Lummaland herausgefunden, wer das ganze verursacht und angeregt hat. Gefunden wurde es im Handelsbatt (2Seiten):[i]Auf die Idee ist Merkel durch einen Vortrag des ehemaligen Gründers der Internetplattform Xing und heutigen Investors (HackFwd), Lars Hinrichs, gekommen: Anfang des Jahres hatte er bei einer Präsidiumsklausur der CDU ein kritisches Bild zur Lage der Branche gezeichnet. Seitdem treibt Merkel die Frage um, warum es in Deutschland keine Schwergewichte in der digitalen Ökonomie gibt[/indent]Schön so etwas zu wissen. Jetzt können wir ihr auch das auf die Füße werfen.

Anzeige

Mitglied_5ccaf87
Mitglied_5ccaf87
Mitglied

Re: Das neue Leistungsschutzrecht im Entwurf
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 15.06.2012, 18:35:48
Nachtrag: Bei http://leistungsschutzrecht.info: Referentenentwurf zum Leistungsschutzrecht: Erste Reaktionen im Überblick findet ihr eine Zusammenfassung aus den wichtigsten Informationsquellen. Überwiegend Vernichtend. Selbst Juristen mahnen zum Widerstand.

Ich meine das Dings ist eine Kriegserklärung an das Internet.
Mitglied_5ccaf87
Mitglied_5ccaf87
Mitglied

Re: Das neue Leistungsschutzrecht im Entwurf
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 15.06.2012, 19:28:09
Nun mischt sich der bekannte Blogger Mario Sixtus auf seine Art in die Diskussion ein und schreibt auf sixtus.cc:
Wie man das Leistungsschutzrecht trollt oder wie man sich mit dem Leistungsschutzrecht eine Google-Melkmaschine baut
Köstlich.

Vom Prinzip her hat er aber Recht. Ich könnte es auch mal versuchen. Statt der von ihm genannten paar Studenten bräuchte ich nur ein paar Rentner anheuern. Sie müssen nicht einmal mehr rüstig sein, auch eine entstehende Demenz ist akzeptabel. Die haben noch mehr Zeit und sind noch billiger zu haben. Damit würde ich noch schneller reich.
Mitglied_5ccaf87
Mitglied_5ccaf87
Mitglied

Re: Das neue Leistungsschutzrecht im Entwurf
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 18.06.2012, 12:42:28
Das ist ein sogenanntes Bildzitat.
Das Bild befindet sich nach wie vor an seinem ursprünglichen Speicherort und nicht im Speicherbereich des ST!



Mehr darüber bei jensscholz.com: Vier Gründe, warum Blogger das Leistungsschutzrecht nicht fürchten sollten

Anzeige

Mitglied_5ccaf87
Mitglied_5ccaf87
Mitglied

Leistungsschutzrecht und die wiki
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 18.06.2012, 13:33:31
Weil es doch noch ab und an immer wieder Diskussionen gibt, die mir weiß machen wollen, das im neuen Leistungsschutzrecht Zitate und Links zulässig sind, mal ein kleines Referat bei Wikimedia: Linkliste zum Presseverleger-Leistungsschutzrecht, solange es noch erlaubt ist mit Links zu rechtliche Analysen und Stellungnahmen von Anwälten.

Auf der Wikimedia-Webseite besteht die Möglichkeit euch mit kompetenteren Leuten als HW auseinander zu setzen. Hoffentlich tut ihr es auch. Mich braucht ihr nicht angehen. Ich bin nur der Überbringer der schlechten Nachricht.
Mitglied_5ccaf87
Mitglied_5ccaf87
Mitglied

Re: Leistungsschutzrecht und die wiki
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.06.2012, 22:06:55
Nach 6 Wochen noch keine Antwort. Habe ich da etwa was Unmögliches verlangt?

Schluß jetzt, das Leistungsschutzrecht wurde nochmal überarbeitet. Gemäß den Informationen von heise.de, LawBlog.de und IndiskretionEhrensache.de wurde das neue Leistungsschutzrecht nochmals im Justizministerium umgeschrieben und was glaubt ihr wer jetzt als Einziger beim Verlinken zahlen soll? Ich habe mich lange Zeit nicht beruhigt und noch immer einen Lachkrampf. Zahlen sollen die Suchmaschinen.

Im Springerhaus glaubt man doch nicht allen Ernstes, das Google für seine Dienstleistung dem Internetleser diese Artikel (sehr, sehr mild) aus ihren Verlagen nahe zu bringen auch noch bezahlt? Thomas Knüwer vom Blog IndiskretionEhrensache schreibt unter dem Titel: Liebes Google, bitte liste die deutschen Verleger aus:
Von Alkoholikern sagt man, sie kämen erst dann wirklich von ihrer Sucht weg, wenn sie einmal richtig abgestürzt seien. Wenn alle sozialen Kontakte zerstört sind, sie auf der Straße liegen, ohne Hoffnung, ohne Zukunft. Ich fürchte: Anders geht es bei Verlagen auch nicht mehr.
Oder was sagt ihr dazu? Ich kann mich sehr gut auch mal einige Wochen ausschließlich nur bei schweizer, südtiroler und den österreichischen Zeitungen informieren.
Re: Leistungsschutzrecht und die wiki
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.07.2012, 20:47:15
Manchmal habe ich den Eindruck, dass da absichtlich Murks verzapft wird.
Dann kann nachgebessert werden, damit ist der (Büro-) posten schon mal sicher.
Dann ein neuer Anlauf, wieder zu verbessern.
usw...
Nennt sich selbstlaufende Existenzsicherung auf Kosten der Betroffenen.

Rauskommen kann nur Mist.

Von einer neuen Welle hab ich was läuten gehört.
Dagegen geht man auch schon wieder auf die Strasse.
Aber nur 1/4 hingehört.
Irgendwas mit EU-Index...Forschungsprojekt der ganz neuen Art.
Bewegungs- und Gesichtserkennung per Satellit.
Mitglied_5ccaf87
Mitglied_5ccaf87
Mitglied

Re: Leistungsschutzrecht und die wiki
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.07.2012, 22:48:31
Es kommt auch nur Mist raus. Heute Morgen fand ich dies:
Neuer Referentenentwurf zum Leistungsschutzrecht: Warum lasst Ihr es nicht einfach bleiben?!
Darin findest du auch den kompletten neuen Text.

Ich kann mich nur der Stellungnahme des Autors Jan Moenikes anschließen. Stelle dir tatsächlich mal vor Google sagt, wir nehmen die Springerfamilie mal nur so zur Probe für ein paar Tage aus der Liste der Robots, was ja technisch gesehen kein großer Aufwand ist, (man kann Code-Zeilen einfach mit ; auskommentieren) und gucken mal was da passiert. Das schallende Gelächter des Internet sei ihnen Gewiss!

Mal so gesehen: Bisher hat es noch keinen Menschen ernsthaft interessiert, welche Werbe-Einnahmen nur beim Angucken von bild.de, Computerbild und welt.de entstehen. Ebensogut könnte Google sich auch daran beteiligen lassen. Sie bringen ja die Kunden via Google-News auf deren Webseiten geschleppt. (Deshalb werden von mir auch keine Links zu irgend einem Springerblatt gegeben.)

Anzeige