Plaudereien reinkarnation ? karma ?

Liebe Corgy,

Du machst mich erröten, danke.

Danke auch für den Einblick in die hinduistische Sicht. Ich kannte sie nur am Rande, durch die Lektüre der Upanishaden vor vielen Jahren und weil manche Buddhisten vom Hinduismus her kommen. Manche Begriffe sind in beiden Religionen gleich, haben aber nicht immer die exakt gleich Bedeutung. Da ist es wichtig und sehr hilfreich, die Sichten der anderen zu kennen und zu verstehen.

Liebe Grüße

DW

Ja, den anderen zu verstehen, dazu gehört unbedingt, dass man Einblicke in seine Geisteswelt hat - das alles einfach als Humbug oder Blödsinn abzutun, zeugt von wenig geistiger Größe. 
Wir hatten in unserer Zeit in Indien das große Glück, von einigen sehr belesenen Menschen zu lernen - und dieses riesige Land mit den riesigen Städten, dem unvorstellbaren Lärm und Gestank in den Straßen und dazu der krasse Gegensatz von entspannter Ruhe  und Gelassenheit auf dem Lande, die Düfte und Aromen von Gewürzen und Blüten, die Freundlichkeit der Menschen, die bunten Farben und das wunderbare Essen übt eine nachhaltige Faszination auf mich aus. Vor 55 Jahren war ich zum ersten Mal dort und es eines der wenigen Länder, in das ich immer wieder reisen würde. 
Aber zurück zum Karma und der Reincarnation 

Wie Du es schon erwähnt hast, empfehlen die verschiedenen Traditionen innerhalb des indischen Religionssystems unterschiedliche Mittel, um den karmischen Kreislauf zu durchbrechen - von Entbehrungen, Entsagung und Nichthandeln bis hin zu Ritualen, philosophischem Wissen, Hingabe und fruchtbarem Handeln.

Die Gurus akzeptierten die Lehre vom Karma nicht als unveränderliches Gesetz, sondern als ein System der Natur, das hukam (göttliche Ordnung) und nadar (göttliche Gnade) unterliegt - zwei Konzepte, die man als charakteristischen Beitrag zum indischen religiösen Denken bezeichnen könnte.

Hukam, ein persischer Begriff, der Befehl oder Dekret, Kontrolle oder Leitung, Sanktion oder Erlaubnis bedeutet, kommt in verschiedenen, aber verwandten Konnotationen vor, wie z.B. göttliches Gesetz, göttlicher Wille oder göttliches Wohlgefallen); göttliche Entscheidung; göttliche Macht oder göttliche Schöpfung .

Im indischen religiösen Denken hingegen ist die Seelenwanderung eine wesentliche Begleiterscheinung des Karmas. Um die Folgen seines früheren Karmas zu ernten, nimmt ein individuelles Selbst (jiva) seine nächste Geburt an, aber gerade im Prozess des Ausübens dieser Folgen schafft der jiva weitere Handlungsketten und setzt so einen endlosen Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt in Gang. Dies wurde als das "karmische Rad" beschrieben, in dem sich Geburt und Tod abwechseln, wobei neues Karma das Rad in endloser Bewegung hält, bis die Kette durch die Vernichtung des Karmas durchbrochen wird und der jiva moksa (Befreiung oder Befreiung von der Seelenwanderung) erlangt.

KARMA, und die Lehre des Karma sind in allen indischen Traditionen  eng mit der Theorie der Wiedergeburt und der Seelenwanderung verbunden. Es ist ein  Grundelement im  Hinduismus, Jainismus, Buddhismus und Sikhismus.

Der Begriff karam, wie er im Punjabi geschrieben wird und in der Sikh-Schrift, dem Guru Granth Sahib, vorkommt, hat drei Bedeutungen. Als Beugung des Sanskrit-Wortes karman von der Wurzel kri (tun, ausführen, vollbringen, machen, verursachen oder bewirken) bedeutet es einen Akt, eine Handlung, eine Tat. Es steht auch für Schicksal, Bestimmung, Vorbestimmung, insofern diese aus den Handlungen oder Taten des Menschen resultieren. Außerdem ist karam, ein Wort arabischen Ursprungs, gleichbedeutend mit nadaror, göttliche Gnade oder Nachsicht.

Die Sikh-Lehre hat es mir besonders angetan, dazu gerne mehr ein anderes Mal, denn ich weiß nicht, ob das außer Dir wirklich jemanden interessiert. 


NACHTRAG: wer etwas über den Sikhismus erfahren möchte, hier eine lesenswerte Seite 
Zitat:  In der Sikh-Religion steht die Einheit der Schöpfung und gelebte Weisheit im Mittelpunkt, weniger der Glaube. Denn es sind gerade rivalisierende Glaubensvorstellungen und Ideologien, die Menschen trennen. Vereinfacht gesagt, betont die Sikh-Religion dem Menschen inne wohnende, zeitlose spirituelle Weisheit

In einem Punkt möchte ich ein wenig abweichen, Corgy.

Für den ursprünglichen Buddhismus in Indien sind das Karma und die Seelenwanderung nicht wichtig, jedenfalls für den ursprünglichen Buddhismus (Pâlibuddhismus, später dann Theravada). Der historische Buddha lehrt, dass es keine "Seele" im Sinne von etwas Ewigem gibt (Lehre von anattâ, der wichtigsten Lehre des frühen Buddhismus überhaupt), also kann auch nichts "wandern". Das war ja gegenüber dem Hinduismus der eigentliche revolutionäre Gedanke, der den Buddhismus entstehen liess.
Aber es war auch der Grund, dass der Buddhismus nach wenigen hundert Jahren ab dem III. buddhistischen Konzil unter Kaiser Asoka (ca. 250 v.Chr.) keine Rolle mehr in Indien spielte bzw. verschwand. Erst mehr als 2000 Jahre später, 1956, kam es unter dem Rechtsanwalt und Menschenrechtsaktivisten
Bhimrao Ramji Ambedkar (ein "Unberührbarer") zu einer kurzen Renaissance des Buddhismus in seinem Entstehungsland. Ab dem III. Konzil entwickelte sich der Buddhismus in Sri Lanka, Tibet, später in China, Korea, Japan usw. fort, aber das dann auch meist als Mahâyâna, der andere Schwerpunkte legte als der Pâlibuddhismus/Theravada.

Der tibetische und der chinesische Volksbuddhismus, besonders aber der Amitabha-Buddhismus in China und Japan näherten sich dann wieder dem Gedanken einer "ewigen Seele", eines dauerhaften "Etwas" in den Lebewesen, das reinkarniert.

Aber ich denke wie Du, dass es fraglich ist, ob das hier jemanden interessiert...?!

Liebe Grüße und danke.

DW