Forum Soziales und Lebenshilfe Soziales Ein aktueller Sterbebericht aus einer Münchener Klinik !

Soziales Ein aktueller Sterbebericht aus einer Münchener Klinik !

senhora
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Re: Ein aktueller Sterbebericht aus einer Münchener Klinik !
geschrieben von senhora
als Antwort auf angelottchen vom 20.03.2008, 23:02:14
Was ist verquer daran, wenn man sich und seinen Angehörigen einen schnellen Tod, also eine Verkürzung des Sterbeprozesses und des Leidens wünscht? Und was ist verwerflich daran, wenn sich Angehörige baldige Erlösung für den Todkranken wünschen?
Und ist es denn überhaupt sicher, dass für alle Betroffenen einen Hospizplatz zur Verfügung steht?
Irgendwie wird das Sterben im Familienkreis so idealisiert, als wäre dies der Traum aller Todkranken. Bei einem ruhigen Entschlafen sehe ich dies zwar auch so, aber wenn das Sterben mit Qualen und Schmerzen verbunden ist, möchte ich die Angst,die Hilflosigkeit und das Entsetzen in den Augen meiner Angehörigen nicht zum Schluss noch sehen müssen. Die Menschen sind nicht alle Heroen. Für den letzteren Fall habe ich für mich auch den Wunsch auf ein schnelles Ende in Würde. Wohl auch, weil ich in die optimale medizinische Versorgung am Ende wenig Vertrauen habe, es ist eher Glücksache, wenn einem diese zu teil werden sollte,zumal das „Sterbepotential“ dank der Alterspyramide ständig steigt.

senhora
arno
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Re: Ein aktueller Sterbebericht aus einer Münchener Klinik !
geschrieben von arno
als Antwort auf senhora vom 01.04.2008, 10:28:34
Hallo, senhora,

Deine Fragen und Anmerkungen sind ja so berechtigt ! Ich denke,
daß es auch bei Siechtum und Sterbenden um Geld, Macht usw. geht.

Viele GRüße
--
arno
navallo
navallo
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Re: Ein aktueller Sterbebericht aus einer Münchener Klinik !
geschrieben von navallo
als Antwort auf senhora vom 01.04.2008, 10:28:34
@darklady
Da hat man dir mit der gesetzlichen Vorschrift einen Bären aufgebunden. Wie mart schon schrieb, unterläßt man derartige Quälereien an Sterbenden. Der Hintergrund für die etwas seltsame Unterschriftsforderung ist die Angst der Pflegeeinrichtung, bei lange unbeweglich festliegenden Patienten von Angehörigen wegen der Folgen (Geschwürsbildung infolge Aufliegens) vor den Kadi gezerrt zu werden. Das gilt aber keinesfalls für die Phase unmittelbar vor dem Tod. Auch zum Sterben braucht man Zeit und Ruhe! (s. o.)

@senhora
Der Wunsch ist nicht verwerflich! Auch ich möchte das. Aber ich möchte nicht das Gewissen von Angehörigen oder Ärzten damit belasten, mich umbringen zu müssen. Schließlich gibt es die Möglichkeit der Patientenverfügung. (Und solange man noch die Kraft hat, sich selbst umzubringen, muß man das auch nicht anderen zumuten wollen.)
Im Übrigen betrifft das Eingangsthema nicht aktive Sterbehilfe, sondern das Verhalten Angehöriger eines Sterbenden. Ich bin kein absoluter Gegner aktiver Sterbehilfe, habe aber etwas gegen einen zu leichtfertigen Umgang mit dem Thema.
Die moderne Medizin ermöglicht es, die mit dem Sterben verbundenen Qualen und Schmerzen weitgehend auszuschalten. Leider haben das manche Heil- und Pflegeeinrichtungen noch nicht richtig drauf. Sie fürchten immer noch, wenn sie einem Sterbenden z. B. Morphium geben, der könnte süchtig werden. Das ist lächerlich.
Die Angst, die Hilflosigkeit und das Entsetzens der Angehörigen hat stark mit Unkenntnis und den Verdrängungsmechanismen in unserem Kulturkreis zu tun. Wenn man die schreckliche Verzweiflung gemeinsam trägt und überwindet, erfährt man die Dankbarkeit des Sterbenden, nicht verlassen worden zu sein. Das bekommt für den Begleiter einen für den Rest seines Lebens sehr prägenden Wert.

Darklady hat das sehr gut beschrieben:
Obwohl diese 4 Tage mich an den Rand meiner Belastbarkeit brachten, möchte ich diese trotzdem wunderschöne Erfahrung, ein Stück mit meinem Vater gemeinsam gegangen zu sein, um nichts in der Welt missen.



--
navallo

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carlos1
carlos1
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Re: Ein aktueller Sterbebericht aus einer Münchener Klinik !
geschrieben von carlos1
als Antwort auf arno vom 20.03.2008, 07:51:54

Der Bericht in der SZ zeigt wie ärztliche Unterversorgung aussieht.

Mein Schwiegermutter, erkrankt an Nierenkarzinom, dessen Symptome als Bandscheibenschäden angesehen wurden, sollte noch operiert werden.
Der Chirurg lehnte aber dann ab, weil die Erfolgsaussichten zu gering waren. Der Tumor hatte bereits das Rückgrat umfasst und die obere Hohlvene. Ein kleiner Schnitt ein halber Millimeter zu tief und sie wäre verblutet. Genau das wollte die Patientin aber. Sie bat die riskante OP auszuführen. Erfolglos.

Die Palliativmedizin sollte sie von da an bis ans Ende begleiten. Zunächst erfolgte die Behandlung mit Tramal, das nur Brechreiz verursachte. Erneute Einweisung in das hiesige Krankenhaus zur genauen Einstellung der Schmerzbehandlung. Auf zwei Seiten wurde in einer Übersicht festgehalten welche Dosierung einer Kombination einer Vielzahl von Medikamenten einzuhalten war und wie oft die Mittel verabreicht werden mussten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis stärkere Mittel erforderlich sein würden. Der verantwortliche Arzt im Krankenhaus nahm uns vor der Entlassung beiseite und bat uns keine Notfallmaschinerie mehr in Bewegung zu setzen, falls sie zu Hause in ernsthafte Schwierigkeiten kommen sollte. Die Dosierungen mit einer Kombination herkömmlicher Medikamente wurden von da an laufend erhöht und der Hausarzt verschrieb angesichts der zunehmenden Schmerzen schließlich Durogesic, das über ein Pflaster das Betäugungsmittel in den Körper einbringt. In einigen Wochen war auch hier die Höchstdosis erreicht. Die Schmerzen nahmen wieder zu. Verdauung und Nierentätigkeit wurden zusehends durch die Medikamente beeinträchtigt. Die Kranke bat nun inständig um die Todesspritze, die jedem Tier gewährt würde, wie sie dem Arzt sagte. Schließlich erhielt sie Morphin, das ich ihr in regelmäßigen Abständen spritzte. Vor der ersten Morphinspritze nahmen wir gemeinsam Abschied, dann fiel sie in den Dämmerschlaf. Alle vier Stunden erwachte sie wieder durch die Schmerzen. Der Tod trat durch Nierenversagen und Versagen der Verdauung ein. Sie verhungerte und verdurstete infolge der hohen Dosen an Betäubungsmittel und deren Nebenwirkungen. Die Ärztin wie uns darauf hin, dass sie Patienten in dieser Situation nicht helfen könne, auch eie Patientenvefügung sei kein Freibrief für Sterbehilfe. Die Patientin dürfe verhungern und verdursten. Die Patientin dürfe verhungern und verdursten, Hilfe zum Sterben sei jedoch illegal.
Notwendig wären Transfusionen gewesen, da die Patientin austrocknete. Diese waren jedoch sinnlos infolge Versagen Nierenversagen. Das langsame Sterben war für uns ein schrecklich.

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