Begegnung(1)(m)eine Bettlerin in H.


Fahre dann und wann nach Hannover ran.
Vom Bahnhof Richtung Kröpke hin
begegne ich einer Bettlerin.

Klein,schlank,zierlich mit langem weißen Zopf
sitzt sie auf einem Schemel,hält in beiden Händen den Betteltopf.
Ich bleibe steh'n, aus hellblauen Augen ihr ruhiger Blick
hält mich am Vorbeigeh'n länger zurück.

"Guten Tag,Bruder" ruft sie mir zu.
Ich staune,frage :"Bruder? Warum?"
"Jeder Mensch bleibt Bruder, Schwester mir"
sagt sie und erfasst mit freundlichem Blick
meine Person von den Füßen zum Kopf und wieder zurück.

Bin verwirrt,sehe in ein ausdrucksstarkes feines Gesicht
Und begreife,verstehe,begreife nicht.

Sie sucht meine Augen,freundlich und wach ihr Blick.
Ich suche in meiner Manteltasche das Zweieurostück.

Lege es in den Betteltopf aus blauem Glas.
Da sagt sie:"Friede,Bruder,sei mit dir,
brüderlich bist du zu mir".

Ich gehe weiter,ganz benommen,nur weiter ...
Ihr klarer Blick begleitet mich noch ein kleines Stück.

🐈 Masurenwolf 🐾🐾🐾




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Kommentare (1)

Medea Soeben Dein Gedicht gelesen und von Herzen berührt.
Etwas, was es weder zu kaufen noch zu erbetteln gibt,
ist Würde - diese alte Frau strahlt sie aus, läßt Dich
innehalten und ihr Aufmerksamkeit schenken. Du siehst
sie, gehst nicht achtlos an ihr vorüber, sogar die Farbe
blau ihres Bettelbechers bemerkst Du.
Es entsteht eine kleine niemals von Dir erwartete
Interaktion, sie nennt Dich Bruder und dankt für Deine Gabe,
- und : sie segnet Dich (so empfinde ich es). Du vielleicht
auch? Nur eine Begegnung zwischen zwei Zügen, aber für Dich
war es mehr, sonst wären Deine Zeilen nie geschrieben worden.
Diese Homage an eine Bettlerin mit langem grauen Zopf.

Grüße
Medea.

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