"housing first"

Autor: ehemaliges Mitglied

Der Winter 20/21 war kalt und schneereich, in Bayern hat es soviel geschneit wie schon seit Jahren nicht mehr.

An einem dieser eisig kalten Tage fuhr ich in einer stark befahrenen Straße vom einkaufen nach Hause, beim pendeln meiner Blicke um den Straßenverkehr rechts und links  im Blick zu behalten, fiel mir ein buntes, orangefarbenes Bündel neben einem Abfalleimer auf, dann registrierte ich, dass in dieser schmutzigen Ecke ein Mensch lag, ein Mensch, wie ein Stück Abfall, das man achtlos weggeworfen hat. Es ist nicht so, dass Obdachlose in einer Großstadt etwas seltenes sind, man sieht sie in den Innenstädten überall, nur dieser Anblick hat mich schwer erschüttert, was sind wir für eine Gesellschaft, die es nicht schafft, jedem, auch wenn er sein Leben nicht mehr im Griff hat, Wohnraum anzubieten? Wie kann es sein, dass in so einem reichen Land wie wir es sind, viele Menschen auf der Straße leben müssen und wie ein Stück Abfall auf der Straße liegen ? Jeden kann in seinem Leben ein Schicksalsschlag treffen, der das Leben auf den Kopf stellt und nicht jeder hat die Kraft dagegen anzukämpfen, manche geben auf und geraten in eine Abwärtspirale. Kein Job, keine Wohnung, dann landen solche Menschen in der Obdachlosigkeit und sie finden  oft alleine nicht mehr heraus. Es ist nicht so, dass es unserer Stadt nicht genügend Unterkünfte gibt, damit diese Menschen wenigstens nachts ein Dach über dem kopf haben und in besonders strengen Winter stellt die Stadt zusätzlich Unterkünfte bereit, Wärmestuben tagsüber die Essen und Getränke anbieten gibt es auch, aber zurück in die Gesellschaft finden diese Menschen meistens damit nicht.

Das Projekt "housing first" will diesem Problem eine Ende bereiten, zuerst kommt die eigene Wohnung, damit finden viele in ein geregeltes und normales Leben zurück, arbeiten und können ihre Miete selbst bezahlen. In Finnland hat man mit diesem Projekt die Obdachlosigkeit stark verringern können, auch in unserer Stadt gibt es das, auch da gab und gibt es Erfolgsgeschichen, zuerst die eigene Wohnung und dann wurde ein Arbeitsplatz gefunden, begleitende Helfer gibt es natürlich. Das Problem bei uns ist, dass man Vermieter finden muss, obwohl die Miete gesichert ist, denn die zahlt die Stadt, aber  trotzem finden sich nicht soviel Vermieter, die sich darauf einlassen, es scheint leider nicht so einfach zu sein. Wer wie im Bericht gezeigt, positive Erfahrung mit dieser Art von Vermietung gemacht hat, der wird dabei bleiben. 

Aber es gibt auch Menschen, die sich einfach nicht mehr in eine Gesellschaft eingliedern wollen, die ziehen aus irgendwelchen Gründen dieses Leben auf der Straße vor. Das ist leider so. 

Rosenbusch


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Kommentare (2)

indeed

Liebe Rosenbusch,

dein Blog ist sehr anschaulich und sachlich geschrieben und auch mir und andere empfinden ebenso wie du. 
Hoffen wir darauf, dass mehr Unterkünfte zur Verfügung stehen und mit einer Wohnungsadresse leichter ein Arbeitsplatz gefunden wird.
Man sollte sich einmal bewusst machen, wie leicht es passieren kann - und zwar Jedem! -
in die Obdachlosigkeit hinein zu geraten.

Oft habe ich auch darüber nachgedacht, wenn man Menschen eine befristete Arbeit anbieten würde, die vorübergehend keine eigene Wohnadresse aufweisen können, dann wäre es nicht so fatal und endgültig oder auch unabdingbar, auf der Straße landen zu müssen.

Das Beispiel in Finnland ist in der Tat sehr beeindruckend. Ich wünsche mir, dass es auch in Deutschland mehr und mehr so geschehen würde.

Komme gut ins Neue Jahr 2022 und schaun wir mal, was es uns bringen wird.
Liebe Grüße von
indeed

ehemaliges Mitglied

@indeed  Danke dir, wir empfinden da offenbar ähnlich. Es ist nicht so, dass mir Obdachlosigkeit schon einmal gleichgültig war, aber dieses, Bündel Mensch, das wie weggeworfen neben dem Abfalleimer lag, hat mich schon schwer erschüttert, so etwas duerfte es in unserer Solidargesellschaft einfach nicht geben. 
Hoffen wir, dass housing first ein Erfolgsmodell wird, denn Menschen die arbeiten und ihre Miete selbst bezahlen können, tun nicht nur sich selbst gutes, auch die Gesellschaft profitiert davon. 

Herzlichst Rosenbusch 


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