Die Geschichte mit meinem Regenschirm
Das Erlebnis ereignete sich kurz nach meinem Studium. Es war die Zeit als ich nach Magdeburg kam, in einem Gewässerinstitut zu arbeiten begann, aber noch keine Wohnung hatte. Ich konnte an manchen Tagen im Frauenruheraum des Instituts übernachten, aber meist fuhr ich mit Zug oder Bus in mein Heimatdorf nach Hause.
Als junger Mann liebte ich auch den Regen; dann ging ich gern spazieren. Schon deshalb, weil da die Straßen fast menschenleer waren, und beim Gehen läßt sich am besten träumen. Ich hatte einen großen schwarzen Stockschirm, der sich auf Knopfdruck öffnete. Es paßten gut zwei Leute drunter, ideal für ein Pärchen. *gggg* Diesen Schirm liebte ich und trennte mich nie von ihm.
Den nahm ich immer bei schlechtem Wetter mit, aber auch bei gutem. Eigentlich brauchte ich immer was in den Händen. Ich fühle mich mit leeren Händen unsicher und nackt.
Eines Tage fuhr ich mal wieder nach meinem wohlverdienten Feierabend nach Hause in mein Dorf Brumby.
Im Bummelzug traf ich eine Bekannte (nicht mein Typ), aber in ihrer Begleitung eine Unbekannte (voll mein Typ, dunkelhaarig, hübsch, lustig, nicht so dürr *g*). Also es war eine angenehme Zugfahrt und ich lief zu Höchstform auf, ich war übrigens gerade wieder frei, meine erste Liebe war kurz vorher vorbei.
Ich machte schon mit der Unbekannten Blickflirten. Aber leider ... ihr Dorf kam bald, weit vor meinem entfernt, und die beiden verabschiedeten sich und stiegen aus.
Scheiße... aber auf dem Platz, wo die Süße saß, lag ein Portmoney. Ich untersuchte es, ihr Bild drin, Ausweise, Geld ...
Im Ausweis stand natürlich ihre Adresse. Ich stieg die nächste Station aus, und wartete auf den Gegenzug. Fuhr zurück zu ihrem Nest, suchte ihr Haus. Noch bevor ich es erreichte, sahen wir uns. Sie war schon völlig aufgelöst. Ich winkte mit ihrem Portmoney und sie umarmte mich, so freute sie sich. Ich hatte also beste Karten.
Was nun tun? Mein nächster Zug fuhr erst nach über zwei Stunden. Als Dank wollte sie mich in eine Gaststätte einladen, aber die war ziemlich weit weg. Ich tat so, aber nein, doch nicht einladen und so ..., aber hingehen können wir.
(übrigens stört es mich nicht, von Frauen in Gaststätten eingeladen zu werden. *gg* )
Also spazierten wir dorthin, es war ja (noch) schönes Wetter. Es war nett mit ihr, auch in der Gaststätte, wir plauderten und scherzten, tranken und aßen was, ich natürlich Bier, zwei oder drei. Ich glaube, es hätte was aus uns werden können. Ihre Dorfbekannten dort steckten schon die Köpfe zusammen, was die da für einen Freund hätte.
Dann mußte ich aber los, sie wollte mich noch zum Bahnhof bringen. Als wir aus der Gaststätte kamen, tröpfelte es. Sie sagte noch "Na Gott sei dank hast du einen großen Schirm mit." Ich bekam einen Schreck, denn ich wußte ja etwas, was sie nicht wissen konnte. Nicht auszudenken, wenn ich ihn automatisch geöffnet hätte und ....
Ich sagte nur "Na bei den paar Tropfen mache ich den Schirm nicht auf."
Als wir dann ein Stück gegangen waren, fing es an, wirklich richtig zu gießen. Sie bat mich, doch bitte den Schirm aufzumachen. Ich antwortete "Nee bei so ein bißchen Regen nicht." Ihr war anzusehen, daß sie dachte, ich wäre nicht ganz dicht, jedenfalls wurde sie langsam, oder besser schnell, sauer. "Ist das ein BISSCHEN Regen?" Man nennt sowas wohl umgangssprachlich Wolkenbruch. Ich sagte: "Ja, laß uns lieber schnell laufen." Ich wollte sie noch an die Hand nehmen und schnell mit ihr laufen. Aber sie verweigerte mir die Hand. Völlig durchnäßt kamen wir am Bahnhof an. Mit süßsaurem Gesicht verabschiedete sie sich und bedankte sich nochmal höflich für das Portmoney. Aber auf ein Wiedersehen mit mir war sie nicht mehr scharf.

Tja, was war mit mir los? Warum wollte ich den gottverdammichen Schirm nicht öffnen? Hier war doch vom Schicksal offensichtlich ein Scheideweg in meinem Leben vorgesehen. Solch eine Kirsche kommt einem doch nicht täglich über den Weg gelaufen.
Zur Beantwortung dieser Frage gehe ich ein paar Tage zurück, denn da war etwas geschehen.

Ich hatte in Magdeburg zufällig einen Schulfreund getroffen, wir gingen einen saufen. Ich war dann sternhagelvoll besoffen und bin spät in der Nacht mit der Straßenbahn zu dem Institut gefahren, wo ich mal wieder den Schlüssel zum Frauenruheraum nutzen wollte, um zu übernachten.
Ich saß da nun in der Straßenbahn, mit dem Kopf auf meiner Schirmkrücke gestützt, schon halb eingeschlafen. Und die Straßenbahn fuhr scharfe Kurven, ich wurde hin- und hergeschüttelt. Mir war verdammt schlecht. Plötzlich drehte sich mein Magen um. Aber so reaktionsschnell war ich noch, daß ich den Automatikknopf drücken konnte, der Schirm ging zwischen meine Knien auf. Und ich konnte wie in einen Trichter reinkotzen.
Danach ging es mir etwas besser. Ich schloß den Schirm wieder, und ging zu meiner Schlafgelegenheit. Als ordentlicher Mensch zog ich noch die komische Schirmhülle drüber, so daß alles schön gequetscht und gleichmäßig verteilt wurde, und der Schirm im geschlossenen Zustand wie immer aussah, nur leicht dicker. Ich ließ den Schirm dann erst mal ein paar Tage stehen. Aber als ich wieder in mein Dorf fuhr, nahm ich ihn wieder mit, weil, es hätte ja mal wieder regnen können.

Ja und dann als ich ihn wieder mithatte, geschah das obenbeschriebene. Versteht ihr es nun?
Es wäre doch nicht auszudenken, wenn ich in Gegenwart des hübschen Mädchens, das mein Schicksal hätte werden können auf den Automatiköffnungsknopf gedrückt hätte und uns wäre die getrocknete Kotze um die Ohren geflogen.
Obwohl, vielleicht hätte ich es doch wagen sollen, denn so habe ich das Mädchen niemals wiedergesehen.

Später hab ich mal vorsichtig in den Schirm reinschauen wollen, hatte mich dann aber selbst geekelt und ihn dann irgendwo absichtlich stehen lassen. Vielleicht hat sich der Finder darüber gefreut

 


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Kommentare (1)

ehemaliges Mitglied

Lieber Dunkelgraf,

selten habe ich eine Geschichte so schnell und hoffend, auf ein gutes Ende, gelesen.

Darf ich Dir etwas sagen?
Du bist ein Ferkelchen.😃
Das ist aber sehr lieb gemeint.😉

Aber ich möchte Dich auch trösten. Dieses Mädchen hatte Dich nicht verdient.
Ich an ihrer Stelle hätte Dich gefragt, warum Du das tust und vielleicht wärest Du bereit gewesen, es mir zu erzählen.
Deine Geschichte ist eine Schicksalsgeschichte.
Vielen Dank dafür.

Ganz liebe Grüße Brigitte


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