Forum Gesundheit und Fitness Gesundheit Die Inflation der Depressionen

Gesundheit Die Inflation der Depressionen

nostalgie
nostalgie
Mitglied

Re: Die Inflation der Depressionen
geschrieben von nostalgie
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.12.2013, 13:14:12
Gut, ich räume ein, mich in der heutigen Arbeitswelt nicht genügend auszukennen, um da meinungsmäßig mit mischen zu können.
Ich war immer selbstständig, hatte auch einige Angestellte, und nie kam es vor, dass jemand wegen Bournout oder Depris ausfiel.
Wohl aber waren ab und an mal welche dazwischen, die meinten, andere müßten für sie mit arbeiten, sie fühlten sich ständig ihren Aufgaben " nicht gewachsen" und krank. Von solchen Leuten muß man sich dann einfach trennen. Sie gefährden den Betriebsfrieden, und verursachen vermeidbare Kosten. Man sollte nicht nur die eigene Befindlichkeit in den Vordergrund schieben, vielleicht auch mal an den Arbeitgeber denken, der dann wieder andere Leute einstellen muß, zusätzlich. In der Großindustrie kein Problem, in kleineren Betrieben schon.

Die angesprochene Erreichbarkeit rund um die Uhr muß doch keiner mit machen? Jedes Handy kann man ausstellen, was ich regelmäßig tue, und mein Telefon steht in einer Ecke, wo ich es meistens eh nicht höre. Ich denke, viele machen sich selbst zum Sklaven der Möglichkeiten.

Ich überdenke gerade, welche Kosten diese Psychowelle für die Allgemeinheit so mit sich bringt.
Re: Die Inflation der Depressionen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf nostalgie vom 16.12.2013, 14:51:58
Hi "nostalgie",

gerade Du warst mit meinem letzten Kommentar ausdrücklich nicht gemeint. Solltest Du das so verstanden haben, dann tut es mir Leid, mich nicht genauer ausgedrückt zu haben. Ich habe deine letzte Antwort deswegen zitiert, weil ich für sehr treffend hielt und deswegen auch "Danke für die Klarstellung" druntergeschrieben.

Mit der Erreichbarkeit rund um die Uhr ist es allerdings heute so, daß es in vielen Jobs einfach erwartet wird. Verweigert man sich dem, dann muß man auch die Konsequenzen tragen, die sehr weit gehen können. Bei mir im Job hätte es zum Beispiel bedeutet, von den wirklich interessanten Tätigkeiten ausgeschlossen zu sein. Es gab in der letzten Zeit mehr als genug Artikel zu diesem Thema und es wäre müßig, das alles noch einmal durchzukauen. Ein bißchen Recherche, zum Beispiel bei Spiegel Online oder bei der Süddeutschen, wird bestimmt eine Menge Ergebnisse bringen.

det
olga64
olga64
Mitglied

Re: Die Inflation der Depressionen
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.12.2013, 15:41:44
Es gibt aber auch die notorischen Gschaftlhuber ,die sich selbst so sehr wichtig nehmen und ihren Kollegen und Mitarbeitern gründlich auf den Geist gehen,weil sie bei jeder Gelegenheit diese telefonisch von der Arbeit abhalten. Die ICE`s und Flughäfen sind voll mit diesen Typen; sie lassen ja auch völlig Unbeteiligte noch an ihren seltsamen GEsprächen teilnehmen, wo man dann erstaunliche Dinge im Detail hört, wie "sie andere über den Tisch gezogen haben".

Schon immer galt eigentlich: wirklich wichtige Menschen, die wirklich was bewegen und was zu sagen haben, sind nicht leicht erreichbar.

Burn Out ist eine medizinisch nicht erfasste Beeinträchtigung und wird sicher auch gerne von denen genommen, denen hauptsächlich ihr Privatleben über den Kopf wächst, die dies nicht kombinieren können mit beruflichen Verpflichtungen.
ES hört sich für einige chicer an, über einen Burn Out zu jammern als zuzugeben, dass sie manchmal melancholisch sind oder gar unter Depressionen leiden, die ja behandelbar wären.

Viele von uns SEnioren haben sicherlich keinen Einblick mehr in die heutigen GEpflogenheiten des Berufslebens; teilweise hatten sie auch früher Jobs, die sie nie in die Lage gebracht hätte, rund um die Uhr verfügbar zu sein. Sie arbeiteten doch lebenslang in einem gewerkschaftlich und tariflich festgelegten 7.75 Stunden-Tage, worauf sie auch Wert legten. Olga

Anzeige

nostalgie
nostalgie
Mitglied

Re: Die Inflation der Depressionen
geschrieben von nostalgie
als Antwort auf olga64 vom 16.12.2013, 16:11:49
@ det,
danke für den Hinweis.

@Olga, da habe ich mir ja wieder mal ein grammatikalisches Kunststück geleistet!
Das kommt davon, wenn der Kopf mit den Gedanken den Fingern voraus eilt.
panda
panda
Mitglied

Re: Die Inflation der Depressionen
geschrieben von panda
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 15.12.2013, 10:45:11
Das Proböem bei dem Begriff der " Depression " liegt darin , daß es eine rein medizinische , aber auch eine "umgangssprachliche "
Anwendung gibt.
Medizinisch ist eine Depression ein Leiden , das einerseits eine endogene ( also " im Körper angelegte ") Ursache , aber auch eine exogene ( d.h. " von äußeren Faktoren " bestimmte ) Ursache haben kann .
In beiden fällen ist der Serotonin-Stoffwechsel ( ein hormoneller " Boten "Stoff )in der Hypophyse ( Hirn-anhang-drüse ) gestört. Dieser Botenstoff vermittelt an höher gelegene Hirnzentren Gefühle wie Trauer oder Freude ( etwas vereinfacht ).
Bei der endogenen Form tritt diese Störung aus unbekannten Gründen auf .Eine Anlage wird vermutet, eine Vererbung ist umstritten.
Da die endogene Störung des Serotonins sowohl in einer Verarmung , aber auch in einem Uberschießen bestehen kann , das Ganze dann auch in " Phasen " abläuft , nennt man diese Form Bi-phasische , oder bi-polare Depression. Früher hieß das " Manisch-depressiv " also manisch für ZUVIEL an Serotonin , depr.für zu WENIG.
Die Phasen können auch nur monophasisch auftreten , d.h. manche
Erkrankte leiden nur unter depr.Phasen , andere nur unter Manischen .
Es ist wichtig zu betonen , daß eine Depression KEINE Geistes-Krankheit ist , ein Stigma , das lange diese Menschen ungerecht belastet hat. Es ist , im weitesten Sinne , ein " neuro- hormonelle " Erkrankung mit körperlichen und psychischen Symptomen.

Im Gegensatz hierzu ist die Exogene Form eine sog.Erschöpfungs-depression , bei der durch lange andauernden Stress ( verschiedenster Art ) der Serot,.Stoffwechsel durch Belastung aus dem Gleichgewicht gebracht wird ( verarmt).

Beide Formen ( also endogen und exogen ) können nur durch Neuro-psychiatrische Spezialisten richtig erkannt und behandelt werden.
Letzteres kann in Klinik-Aufenthalten , med.und psycholog.Therapie bestehen.
Eine Sonder-Form ist besonders schwer zu erkennen , das ist die sog." larvierte " ( verdeckte ) Form , bei der NUR körperliche Symptome Ausdruck der verursachenden Depression sind , während sonst sowohl körperliche als auch psychische Symptome auftreten.
Diese körperlichen Symptome sind sehr vielfältig , und nur durch Spezialisten ( oft auch für die schwierig ) erkennbar.

Das Burn-Out-Syndrom ist , streng genommen , keine Diagnose , sondern eine Beschreibung von Erschöpfungs-Zuständen verschiedenster Art.Darunter kann natürlich auch eine Depression sein.

Das Problem besteht nun darin , daß die med. Diagnose aller Formen nichts mit dem umgangssprachlichen " depressiv " zu tun haben muß.
" Depressiv " wird oft für Menschen angewandt , die übermüdet sind , launisch , empfindsam , Hormon"gestört" (Regel , Wechseljahre )....alles Dinge , die natürlich auch mal zu einer " echten " Depression passen können , oder zu einem " Burn-out " , aber nur in der Langzeit-Beobachtung durch Spezialisten richtig eingeordnet und behandelt werden können.
Tatsächlich werden echte Depressionen oft jahrelang verkannt , während " normale" Zustände ( Müdigkeit , Stress , Befindlichkeitsstörungen ) völlig überbewertet werden.
Re: Die Inflation der Depressionen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf panda vom 16.12.2013, 18:41:10
[...]Medizinisch ist eine Depression ein Leiden , das einerseits eine endogene ( also " im Körper angelegte ") Ursache , aber auch eine exogene ( d.h. " von äußeren Faktoren " bestimmte ) Ursache haben kann .[...]
Ein guter Beitrag. Allerdings habe ich schon vor 15 Jahren gelernt, daß die Einteilung in "endogene" und "exogene" Depression überholt sei. Nicht nur, daß der Übergang zwischen den Formen fließend ist, es ist auch ähnlich dem Henne/Ei-Problem. Ganz oft, wenn nicht sogar grundsätzlich, ist es nicht möglich festzustellen, was denn zuerst da war. Eine anhaltende übermäßige Belastung kann dazu führen, daß der Serotonin-Stoffwechsel aus dem Lot gerät und es ist schlichtweg unmöglich zu sagen, ob die Anlagen für diese Stoffwechselstörung vorher schon vorhanden waren oder sie erst durch die anhaltende Belastung ausgelöst wurde.

Abgesehen davon stimme ich zu.

det

Anzeige

panda
panda
Mitglied

Re: Die Inflation der Depressionen
geschrieben von panda
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.12.2013, 19:10:12
Da hast Du völlig recht....

Die " anlage-bedingte Form " wird manchmal vermutet , wenn ohne jeden Stress , es zu wiederkehrenden " Phasen " kommt...
Aber , wie Du ganz richtig feststellst , ist denn jeder " Stress" , auch für Spezialisten , erkennbar ?

Beispiel : eine Frau hat einen Dauerstress mit ihrem Mann oder aber mit einer von ihr gepflegten Mutter. Nun erwähnt sie das aber in der Anamnese ( also in Gesprächen mit Ärzten ) nicht , aus verschiedenen Gründen .
Wenn nun , in den Verhältnissen zu Mann oder Mutter , der Stress mal sehr schlimm wird , kommt es zu exogenen " Erschöpfungsphasen" die aber , wegen der unklaren Hintergründe , nicht richtig eingeordnet werden können.
Der einzige Trost hierbei ist , daß die Behandlung im Prinzip zunächst ja gleich bis ähnlich ist. Trifft diese Frau aber nun auf einen gut psychologisch ausgebildeten Spezialisten , dem es gelingt , diese Hintergründe zu entdecken , besteht eine Heilungschance in Behandlung der Ursache.
Aber ----nur wenn die betreffende Frau dann entsprechende Konsequenzen zieht , oft nicht so einfach für Manche , sonst würden sie ja nicht so lange " ausharren ".
ankama
ankama
Mitglied

Re: Die Inflation der Depressionen
geschrieben von ankama
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.12.2013, 12:38:43
Liebe meli,

ich danke Dir sehr für Deinen einfühlsamen und realistischen Beitrag!

ankama
Re: Die Inflation der Depressionen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ankama vom 17.12.2013, 00:14:30
Liebe meli,

ich danke Dir sehr für Deinen einfühlsamen und realistischen Beitrag!

ankama
Das ist schon richtig. Schade ist nur, daß er sich nicht auf den verlinkten Artikel bezogen hat. Denn beim Lesen des Artikels wird ohne Schwierigkeiten klar, daß der Autor nicht über die an Depression erkrankten ironisch geschrieben hat, sondern über diejenigen, die aus jedem "schei.. drauf sein" gleich eine Depression machen, mit der sie sich dann darstellen. Ich will nicht unterstellen, daß meli den Artikel nicht verstanden hat. Vielleicht hat sie ihn aber durch die Brille der Vorurteile gelesen?

det
olga64
olga64
Mitglied

Re: Die Inflation der Depressionen
geschrieben von olga64
als Antwort auf panda vom 16.12.2013, 19:58:22
Auch der BEgriff Stress wird heutzutage inflationär angewandt: er wird ja schon bei Kindern verwendet, bei Heranwachsenden mit vielen Aktivitäten und natürlich der berühmte "Rentner-Stress",der uns vermitteln soll, dass auch diese Bevölkerungsgruppe nach wie vor nicht rostet.
Ich persönlich habe immer unterschieden zwischen gutem und destruktiven Stress. Beruflich lief ich zu Höchstform auf, wenn ich unter Stress (Strom) stand - da wurde vieles in mir aktiviert, wovon ich oft gar nicht wusste, dass es existent ist.
Heute teile ich meinen Stress ein - bekomme auch meine Ruhephasen und bin sehr damit zufrieden. Wenn ich mal traurig oder melancholisch bin, lebe ich damit, weil ich gelernt habe, dass es wieder besser wird. Das zeigten mir zwei Psychotherapien gut auf, die ich vertrauensvoll absolvierte. Es war nötig, weil ich genetisch vorbestimmt bin - Medikamente nahm und nehme ich keine - es ist zu gut, wenn sich der Nebel wieder lichtet und das möchte ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte miterleben dürfen. Olga

Anzeige