Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie

Innenpolitik Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie

ingo
ingo
Mitglied

Re: Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie
geschrieben von ingo
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 29.08.2010, 08:09:36
Ganz ehrlich, mart: Um zu diesen Erkenntnissen zu kommen, hätte ich keine teure Studie gebraucht. Wer länger als ein Jahr arbeitslos ist, ist "arbeitsentwöhnt". Das wird mit zunehmender Dauer ein Krankheitszustand. Das war in meinem Beruf oft schlimm anzusehen! Genauso habe ich's auch schon vor Jahr und Tag hier im Forum beschrieben; nur geglaubt hat's niemand.
(Diesen Beitrag hat ein ehemaliger Beamter des Sozialamtes geschrieben)
Re: Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ingo vom 29.08.2010, 17:30:39
... Wer länger als ein Jahr arbeitslos ist, ist "arbeitsentwöhnt". Das wird mit zunehmender Dauer ein Krankheitszustand. ...



zu Satz 1:
Auszubildenden wird in der ersten Zeit ihres Berufsstarts eine Eingewöhnungsphase ins Arbeitsleben zugestanden, das gehört zum Ausbildungsprogramm. Eine entsprechende Unterstützung wird vom Ausbilder erwartet (so wurde es mir zumindest seinerzeit bei der Fortbildung zur Ausbilderin beigebogen).

Was spricht dagegen, auch arbeitsentwöhnten Langzeitarbeitslosen eine solche Eingewöhnungsphase mit entsprechender Unterstützung zu gewähren?


zu Satz 2:
Diesen Satz verstehe ich nicht.
Was genau wird mit zunehmender Dauer zum Krankheitszustand?
Die Arbeitsentwöhnung?

Die Langzeitarbeitslosen, die in unserer Firma nach Arbeit suchen, haben vor allem eines gemeinsam - eine ausgeprägte Depression, die sicher Krankheitswert hat.
Aber dies ist wohl nicht, was du meintest?

Sorella


Mitglied_81b4260
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Re: Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ingo vom 29.08.2010, 17:30:39
Hier gehts zum Eintrag in Wikipedia.

Nein, keine teure Studie....

Durch Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden der Sozialforschung (Beobachtung, Strukturierte Beobachtungsprotokolle, Haushaltserhebungen, Fragebögen, Zeitverwendungsbögen, Interviews, Gespräche und gleichzeitige Hilfestellungen) ist diese 1933 erstveröffentlichte Arbeit methodisch richtungsweisend – auch wenn ihre Rezeption im deutschsprachigen Raum erst Jahre bzw. Jahrzehnte später erfolgte. Die Gruppe österreichischer Forschungssoziologen wies am Beispiel der von der niedergegangenen Textilindustrie geprägten Kleinstadt Marienthal in ihrer Feldforschungsuntersuchung erstmalig in dieser Form, Präzision und Tiefe sozio-psychologische Wirkungen von Arbeitslosigkeit nach und zeigte im Hauptergebnis, dass Arbeitslosigkeit nicht (wie bis dahin meist erwartet) zur aktiven Revolution, sondern vielmehr zur passiven Resignation führt.

Die Arbeitslosen von Marienthal ist aber nicht nur eine mit vielen Beispielen illustrierte dichte empirische Beschreibung, sondern auch eine sozialtheoretisch anregende Arbeit mit Blick auf die vier Haltungstypen der auch innerlich Ungebrochenen, der Resignierten, der Verzweifelten und der verwahrlost Apathischen – wobei lediglich der erste Typus noch „Pläne und Hoffnungen für die Zukunft“ kannte, während die Resignation, Verzweiflung und Apathie der drei anderen Typen „zum Verzicht auf eine Zukunft führte, die nicht einmal mehr in der Phantasie als Plan eine Rolle spielt“. Als entscheidende Dimension erwies sich die Fähigkeit, „für die Zukunft Pläne und Hoffnungen“ bewahren und entwickeln zu können, also eine grundlegende Dimension humanen Gestaltungsvermögens nicht zu verlieren: die Antizipation möglicher Entwicklungen.


Gerade weil diese Studie schon lange bekannt ist, sollte man heute nicht beginnen einen neuen Feldversuch dazu zu starten, sondern aus diesen Erkenntnissen Konsequenzen ziehen.

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ingo
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Re: Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie
geschrieben von ingo
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 29.08.2010, 17:55:08
Was spricht dagegen, auch arbeitsentwöhnten Langzeitarbeitslosen eine solche Eingewöhnungsphase mit entsprechender Unterstützung zu gewähren?

Wenn Du damit meinst, ob man Langzeitarbeitslosen eine unterstützte Einarbeitungsphase in einen neuen Job ermöglichen soll, dann stimme ich Dir sofort zu.

zu Satz 2:
Diesen Satz verstehe ich nicht.
Was genau wird mit zunehmender Dauer zum Krankheitszustand?
Die Arbeitsentwöhnung?

Die Arbeitlosigkeit/Arbeitsentwöhnung an sich wird zu einer Krankheit. Du beantwortest Deine Frage selbst mit Hinweis auf die Depression. Wobei ich Dich fragen muss, ob Depressionen für Dich nur einen "Krankheitswert" haben? Depressionen, sind für mich eine ganz heftige Krankheit. So gesehen: Genau das meinte ich mit meiner Formulierung.
Re: Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ingo vom 29.08.2010, 18:26:22
Was spricht dagegen, auch arbeitsentwöhnten Langzeitarbeitslosen eine solche Eingewöhnungsphase mit entsprechender Unterstützung zu gewähren?

Wenn Du damit meinst, ob man Langzeitarbeitslosen eine unterstützte Einarbeitungsphase in einen neuen Job ermöglichen soll, dann stimme ich Dir sofort zu.

zu Satz 2:
Diesen Satz verstehe ich nicht.
Was genau wird mit zunehmender Dauer zum Krankheitszustand?
Die Arbeitsentwöhnung?

Die Arbeitlosigkeit/Arbeitsentwöhnung an sich wird zu einer Krankheit. Du beantwortest Deine Frage selbst mit Hinweis auf die Depression. Wobei ich Dich fragen muss, ob Depressionen für Dich nur einen "Krankheitswert" haben? Depressionen, sind für mich eine ganz heftige Krankheit. So gesehen: Genau das meinte ich mit meiner Formulierung.


ich persönlich meine, dass man Langzeitarbeitslosen eine unterstützende Eingewöhnungsphase ins Berufsleben ermöglichen muss.
Eingewöhnung ist etwas ganz anderes als Einarbeitung (die mehr so verstanden wird, dass in fortgeschrittene oder firmenbezogenen Arbeitstechniken eingearbeitet wird.
Muss deshalb, weil es nach meiner Erfahrung mit Langzeitarbeitslosen anders nicht funktioniert.

Von "Depression mit Krankheitswert" (was ein Begriff aus der medizinischen Begutachtung ist) schrieb ich, um das evtl. Missverständnis zu vermeiden, dass ich eine leichtere momentane Befindlichkeitsstörung meine, für die umgangssprachlich auch das Wort "Depression" verwendet wird.

Sorella





ingo
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Re: Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie
geschrieben von ingo
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 29.08.2010, 18:41:51
Bezüglich der Eingewöhnungsphase sind wir uns einig. Das bedarf allerdings auch eines Arbeitsverhältnisses. Ich meinte die Menschen, die keinen Job mehr finden. Was die Depression anbelangt, haben wir's nun geklärt. Ich könnte reichlich Beispiele von Menschen benennen, deren gesundheitlichen Verfall ich im Verlauf der Arbeitslosigkeit verfolgen musste. Zu diesen Erlebnissen gehören übrigens auch die Berichte der Ehefrauen, die diese Entwicklung miterleben mussten und mir von ihrem Alltag berichtet haben. Ich kann hier nicht lang und breit erzählen, wieviele Familiengeschichten ich erlebt habe; sogar in zwei und drei Generationen. Ich kann nur sagen: Teilweise grausam, sowas zu beobachten.

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olga64
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Re: Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 29.08.2010, 18:41:51

[
[/indent]ich persönlich meine, dass man Langzeitarbeitslosen eine unterstützende Eingewöhnungsphase ins Berufsleben ermöglichen muss.

Von "Depression mit Krankheitswert" (was ein Begriff aus der medizinischen Begutachtung ist) schrieb ich, um das evtl. Missverständnis zu vermeiden, dass ich eine leichtere momentane Befindlichkeitsstörung meine, für die umgangssprachlich auch das Wort "Depression" verwendet wird.[indent]


Sorella


Sorella - was sollen eigentlich unsere Unternehmen noch bieten? Und würden Sie als Kollegin es wirklich akzeptieren, dass Ihr "eingewöhnungsbedürftiger, neuer Kollege" Schonzeiten erhält, damit seine Depressionen ausgeheilt werden? Und Sie arbeiten dafür mehr und länger....?
Depressionen haben vielfältige Gründe (auch organische) und nur heilbar durch psychologisch geschulte Ärzte. Alles andere sind Befindlichkeitsstörungen und ich frage mich, ist der Langzeitarbeitslose nun evtl. depressiv, weil er wieder arbeiten (muss)? Olga
ingo
ingo
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Re: Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie
geschrieben von ingo
als Antwort auf olga64 vom 30.08.2010, 16:45:13
Ich hatte sorella so verstanden, dass Arbeitsagentur/Jobcenter diese Einarbeitung finanziell unterstützen sollte. Korrekt, sorella?
olga64
olga64
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Re: Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie
geschrieben von olga64
als Antwort auf ingo vom 30.08.2010, 16:53:57
Dieses Programm gibt es doch seit vielen Jahren - Unternehmen, die Langzeitarbeitslose einstellen, erhalten Lohnzuschüsse, da diese Leute ja einige Zeit aus dem business waren und nicht von Anfang an optimal eingesetzt werden. Dadurch soll gewährleistet werden, dass sie überhaupt ihre Probezeit überstehen. Aber viele Unternehmen scheinen schlechte Erfahrungen damit gemacht zu haben und stellen nur noch befristet ein. Olga
arno
arno
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Re: Das angenehme Leben der Arbeitslosen....die Marienthaler Studie
geschrieben von arno
als Antwort auf olga64 vom 30.08.2010, 17:00:10
Hallo, olga64,

die Befristung dauert immer so lange, wie die Lohnzuschüsse gezahlt werden!

Viele Grüße
arno


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