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Innenpolitik Der Nächste bitte ! - Aber ohne geistige Behinderung - bitteschön!

Edita
Edita
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Der Nächste bitte ! - Aber ohne geistige Behinderung - bitteschön!
geschrieben von Edita
Dieses Thema liegt mir schon sehr lange im Magen, nun kommt es endlich mal, dank einer Studie des Instituts für angewandte Sozialwissenschaften,( Ifas ) an die Öffentlichkeit! Erwachsene geistig Behinderte können in Stuttgart erhebliche Probleme bekommen, wenn sie einen Arzt aufsuchen müssen, denn für einen Behinderten braucht der Arzt eventuell mehr Zeit, die er aber nicht bezahlt bekommt, und somit sind die Nichtbehinderten lukrativer, der Stuttgarter Ärztesprecher dazu : " Für einen Behinderten kriegen sie das gleiche Geld wie für einen Nichtbehinderten, die Rechnung geht nicht auf!" Inclusion ??? Gilt wohl für manche Ärzte und Krankenhäuser nicht! Gottseidank bin ich seit einigen Jahren mit Mausi bei guten Ärzten aufgehoben, aber suchen und probieren mußte ich auch!
Shenaya
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Re: Der Nächste bitte ! - Aber ohne geistige Behinderung - bitteschön!
geschrieben von Shenaya
als Antwort auf Edita vom 03.12.2014, 15:09:40
Bei allem Verständnis für Mediziner, die (abrechnungstechnisch) im Schnitt wohl nur 8 (i.W. acht !) Minuten pro Patient aufbringen wollen/können/dürfen -
wenn es soweit kommt, dass geistig behinderte Patienten wegen eines möglichen zeitlichen Mehraufwandes abgelehnt werden, wäre das m.E.

- ein Fall für "Jameda" Patientenbewertung
und zusätzlich
- ein Ausdruck wert für den Wartezimmertisch:



Shenaya


Edita
Edita
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Re: Der Nächste bitte ! - Aber ohne geistige Behinderung - bitteschön!
geschrieben von Edita
als Antwort auf Shenaya vom 03.12.2014, 16:00:45
Ja so ist das Shen, als ich das vor vielen Jahren das erste mal zu spüren bekommen habe, war ich ziemlich perplex und hilflos, und habe dann immer einen Bereitschaftsarzt kommen lassen, aber eine Dauerlösung war das auch nicht, dann habe ich angefagen, ohne daß sie krank war, in den Praxen rumzutelefonieren, und habe gefragt, ob sie im Falle eines Falles meine Tochter " annehmen " würden, denn mein Problem war ja auch, wenn Mausi merkt, daß sie nicht willkommen ist, sie sofort auf stur schaltet oder Angst bekommt, und zu keinem Arzt mehr gehen würde, so bin ich fündig geworden, und die ablehnenden Ärzte habe ich, so frei war ich dann auch, der Krankenkasse gemeldet, die mir aber sagte, sie könnte keinen Arzt zwingen einen Patienten anzunehmen!
Letztes Jahr habe ich für sie einen Zahnarzt gebraucht, weil sie unbedingt hier in Esslingen einen wollte, da habe ich auch rumtelefoniert, und bin bei einem ganz tollen Zahnarzt, fast vor unserer Haustür, fündig geworden, der ist von ihr begeistert, und sie von ihm!
Bei Psychologen sieht es ganz mies aus, denn diese Burschen lehnen nicht ab, sondern die dröhnen die Leutchen mit Medikamenten zu, wenn man sich das als Angehöriger gefallen läßt, aber da bin ich auch, nach fast drei Jahren Suche, fündig geworden, da gehen wir jetzt regelmäßig alle 6-8 Wochen hin, und Mausi nimmt nur ein Placebo, aber das wirkt Wunder und natürlich der Psychologe selber, dem frißt sie schier aus der Hand!
Aber rumplagen mit diesem Thema tu ich mich schon seit 20 Jahren, halt seitdem ihre " angestammten " Kinderärzte sie nicht mehr behandeln dürfen!

Ja - in ganz vielen Fällen ist Inclusion nur ein Wort, und dort, wo man es am allerwenigsten erwartet, dort findet sie statt!
Krankenkassen kennen und wissen um ihre geistig behinderten Mitglieder, es ist eine Schande, daß sie deren zeitaufwendigere Behandlung bei Ärzten unberücksichtigt lassen, ich denke auch, daß das ein Grund ist, warum das Problem jetzt so " drastisch " in die Öffentlichkeit kommt, Zeit wird's!

Edita

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Gerdd
Gerdd
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Re: Der Nächste bitte ! - Aber ohne geistige Behinderung - bitteschön!
geschrieben von Gerdd
als Antwort auf Edita vom 03.12.2014, 15:09:40
Edita,
ich bin entsetzt, daß sich in ca. 50 Jahren noch nicht viel mehr getan hat oder vielleicht hier und da nur ein bißchen was.
Andererseits wundert mich das wiederum nicht, ich sage Dir warum:

Wir waren in einer Stadt (FT) vor 50 Jahren in einer Baracke mit Wellblechdach untergebracht. Im Sommer eine Bullenhitze, im Winter eine Eiseskälte.
So saßen wir z.B. im Winter um einen Kanonenofen, um uns abwechselnd von vorne und wieder von hinten zu wärmen.

Aber neben uns war eine andere Behinderteneinrichtung, eine deutschlandweit bekannte Sprachheilschule. Da war Komfort angesagt, mehr will ich nicht sagen.

Wir waren durch eine Mauer getrennt!!!

Der Stadtpfarrer, der Religionsunterricht gab, kam zu uns NIE - kein einziges Mal, daneben ging er ein und aus. Als ich ihn ansprach, meinte er ausweichend, in dem Sprachheilzentrum gäbe es halt auch für Religion Unterrichtsmaterial usw.

Die Inklusion ist trotzdem ein "Segen", weil endlich die Glasglocke mal gelüftet wird usw.

Eine Arztpraxis, zumal die oft üblichen Arzt-Gemeinschaftspraxen sollten verpflichtet werden zu behindertengerechten Einrichtungen, zumindest mal einen Aufzug einbauen.

Alles Gute lbe Edita, Euch Beiden!
hzl Gerd
ingo
ingo
Mitglied

Re: Der Nächste bitte ! - Aber ohne geistige Behinderung - bitteschön!
geschrieben von ingo
als Antwort auf Edita vom 03.12.2014, 15:09:40
Zur Verallgemeinerung eignet sich diese "Studie", die ich nirgendwo als Studie erkennen kann, nicht. Das Einzige, was ich dem Artikel konkret entnehme ist

-Mängel bei der Barrierefreiheit...Stimmt. Das hängt aber von den Ärzten, deren Vermietern und den baulichen Möglichkeiten ab. Wenn ein Arzt im 3. Stock eines Hauses ohne Fahrstuhl ist, kann niemand mit einem Elektro-Scooter zu ihm kommen. Selbst wenn der Arzt die Patienten behandeln möchte, müsste er umziehen.
-Kein Geld für Begleitpersonen. Keine Ahnung, wie das gemeint ist; aber es dürfte inzwischen überall einen Fahrdienst/Transportdienst für Behinderte geben. Der muss allerdings vorbestellt werden.
Was sollen Angehörige bekommen, die begleiten? Fahrkosten, Stundenlohn? In dem Punkt mag es in der Tat Defizite geben; die kenne ich aber nicht.

Es gibt in dem Artikel nur ein einziges Zitat einer Betroffenen:
„Mein Zahnarzt hat [zu meiner Mutter] gesagt: ,Ich kann Ihre Tochter nicht behandeln, Sie müssen zu einer anderen Zahnärztin gehen’ und davor hat er mir auch weh getan“, sagte eine geistig behinderte Frau."
Wenn das so stimmt, war das nicht in Ordnung. Solche Aussagen finden aber nie Eingang in belastungsfähige "Studien". Insofern betrachte ich das als Einzelaussage, die aber nicht zur Verallgemeinerung berechtigt.

-Was überrascht: 83 Prozent der befragten geistig Behinderten zeigten sich zufrieden mit ihren Ärzten – ein Teilergebnis der Studie, das aus dem Rahmen fällt.
Dem ist nur hinzuzufügen, dass ich spätesten hier diese Veröffentlichung nicht als "Studie" akzeptieren kann.

Last, not least: Ärzte lassen ihren Terminplan in der Tat mit ca. 10 Minuten "takten". Mein Arzt sagt mir aber nachvollziehbar: "Wenn Sie meinen, dass unser Gespräch länger dauert, sagen Sie das bitte schon bei der Terminvergabe. Dann wird mehr Zeit eingeplant." Das ist für mich nachvollziehbar. Denn wenn pro Tag 10 Patienten ungeplant die doppelte Zeit benötigen, gerät die Praxis aus den Fugen. Wenn man dann noch Notfälle hinzurechnet, ist das Geschrei der übrigen Patienten, die 1,5 Stunden warten müssen, groß. Aber diese Diskussion hatten wir schon früher im Zusammenhang mit "Privatpatienten".
Es bleibt schwierig; aber wird dürfen auch nicht verkennen, dass sich die Situation für Behinderte in den letzten 20 Jahre erheblich verbessert hat; auch bei Ärzten.
Edita
Edita
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Re: Der Nächste bitte ! - Aber ohne geistige Behinderung - bitteschön!
geschrieben von Edita
als Antwort auf ingo vom 04.12.2014, 14:07:02
Zur Verallgemeinerung eignet sich diese "Studie", die ich nirgendwo als Studie erkennen kann, nicht. Das Einzige, was ich dem Artikel konkret entnehme ist


Barrierefrei - heißt in diesem Falle nicht nur " Barrierefrei " für Rollstuhlfahrer, sondern in diesem Beitrag sind alle Barrieren gemeint, die sich einem geistig behinderten Menschen in den Weg stellen, wenn er einen Arzt braucht! Zitat :

" . Es ist allgemein anerkannt, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung häufiger als andere Personen eine intensivere und auch spezifischere ärztliche Behandlung benötigen. Betroffene, Angehörige und die professionellen Begleiter/-innen erleben das Gesundheitssystem als nicht ausreichend auf die Besonderheiten in der gesundheitlichen Versorgung von Menschen mit einer geistigen Behinderung eingestellt. Andererseits erfahren Mediziner/-innen und weitere Dienstleister im Gesundheitswesen im Rahmen von Aus-, Fort- und Weiterbildung nur wenig über Menschen mit einer geistigen Behinderung. Die von den Veranstaltern initiierte sozialwissenschaftliche Studie hatte den Auftrag, die Barrieren, aber auch die vorhandenen Ressourcen in der gesundheitlichen Versorgung für den genannten Personenkreis in der Stadt Stuttgart herauszuarbeiten. "
Hieraus entnommen : Ifas

Ich hab Dir noch etwas aus dem Ärzteblatt, ist zwar aus 2009, gilt aber heute noch genauso:

Medizinische Versorgung von Menschen mit schwerer geistiger Behinderung

Dann habe ich noch einen Artikel, in dem ausgezeichnet beschrieben ist, mit welchen Problemen Ärzte bei geistig Behinderten zu kämpfen haben, um eine richtige Diagnose zu stellen!
Ich glaube, daß ich in meinem Eingangsbeitrag ganz deutlich gemacht habe, daß ich den schwarzen Peter nicht alleine den Ärzten zuschiebe!

Ärzte fordern bessere Versorgung für geistig Behinderte

Edita

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olga64
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Re: Der Nächste bitte ! - Aber ohne geistige Behinderung - bitteschön!
geschrieben von olga64
als Antwort auf Edita vom 04.12.2014, 14:54:22
Ich nehme an - und hoffe es - dass die Ärzte, die sich mit behinderten Patienten befassen wollen und müssen, schon über eine ausreichende Kenntnis verfügen und sie auch anwenden. DAs PRoblem dürfte nur auch hier sein, den richtigen Arzt oder Ärztin zu finden - sie müssen ja harmonieren mit dem Patienten und das ist schon bei sog. gesunden oft sehr schwierig. Leisten hier nicht Krankenhäuser, die ja alle Fachrichtungen von Ärzten beschäftigen, mehr Hilfestellung? Olga
Edita
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Re: Der Nächste bitte ! - Aber ohne geistige Behinderung - bitteschön!
geschrieben von Edita
als Antwort auf olga64 vom 04.12.2014, 16:53:56
Ich nehme an - und hoffe es - dass die Ärzte, die sich mit behinderten Patienten befassen wollen und müssen, schon über eine ausreichende Kenntnis verfügen und sie auch anwenden.Leisten hier nicht Krankenhäuser, die ja alle Fachrichtungen von Ärzten beschäftigen, mehr Hilfestellung? Olga


Nein liebe Olga, Ärzte stehen sehr oft geistig Behinderten genau so hilflos gegenüber wie andere Menschen auch! Die Bundesärztekammer möchte das schon seit vielen Jahren ändern, aber keiner weiß wie, und vor allen Dingen, wer es bezahlt! Erfahrung und Sicherheit bekommen nur die Ärzte, die in entsprechenden Einrichtungen arbeiten!
Hier ein Artikel aus dem Ärzteblatt aus 2013 :

Die Ratlosigkeit der Ärzte

Und Krankenhäuser, die sind erst recht mit solchen Patienten überfordert, da ist Rund-um-die-Uhr-Betreung seitens der Familie unabdingbar!

Geistig Behinderte überfordern das Krankenhaus

Edita
olga64
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Re: Der Nächste bitte ! - Aber ohne geistige Behinderung - bitteschön!
geschrieben von olga64
als Antwort auf Edita vom 04.12.2014, 17:33:56
Ich bin seit Jahrzehnten mit einer körperlich behinderten Frau befreundet (sie hatte im Säuglingsalter Kinderlähmung, die damals nicht richtig behandelt wurde). Sie ist geistig sehr rege - aber körperlich baut sie nun im Alter immer mehr ab. Das Problem bei Kinderlähmung ist auch ,dass die meisten Ärzte diese nicht mehr kennen, weil sie ja weltweit fast ausgerottet ist. DAs hat dann auch Auswirkung auf Orthopäden, die nicht in der Lage sind, entsprechende Orthesen anzubieten - meiner Freundin bleibt praktisch nur der Rollstuhl.
Aber Hilfe ist möglich - sie nimmt auch am Leben teil und wehrt sich nach wie vor.
Bei geistig Behinderten stelle ich mir dies natürlich viel komplizierter vor, weil ja auch der beste 'Arzt in kein Gehirn blicken kann und auch immer abwägen muss, inwieweit der geistig Behinderte sich selbst oder der 'Gesellschaft schaden kann und evtl. wird. Irgendwann dürfte kein anderer Ausweg mehr bleiben als eine Fachklinik, zumal wenn betreuende Eltern usw. wegfallen. Olga
Edita
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Re: Der Nächste bitte ! - Aber ohne geistige Behinderung - bitteschön!
geschrieben von Edita
als Antwort auf olga64 vom 04.12.2014, 17:43:26
Olga das Problem liegt im menschlichen Bereich, viele Ärzte, wie "normale" Menschen auch, haben eine Blockade mit geistig Behinderten normal und vertrauensbildend umzugehen, manche, überhaupt wenn die Behinderten noch zusätzlich entstellt sind oder sabbern, verspüren auch Ekel oder Abscheu, oder aber nehmen sie überhaupt nicht ernst, weil sie sich nicht vorstellen können, daß ein Behinderter feststellen kann, daß es ihm nicht gutgeht!
Meine Tochter fängt bei jedem Arzt selber das Gespräch an und " testet " ihn auf ihre Weise, so sorgt sie selber dafür, daß das Eis gebrochen wird, allerdings hat sie den Vorteil, daß sie überhaupt nicht in irgendeiner Weise entstellt ist, im Gegenteil, das Ergebnis dabei ist, daß sie bei keiner Spritze jammert und sonst auch nicht, sie verlangt im Krankenhaus z. B. immer nach dem Chef, und nur der darf sie anfassen, und erst wenn der Chef ihr sagt, wer sie noch anfassen darf und wer ihr Blut abnehmen darf, läßt sie es problemlos geschehen, Ärzte und Schwestern haben da schon Tränen gelacht, einem Arzt, der bei ihr mal keine Vene gefunden hat, dem hat sie gesagt, " du bist ja gar kein Arzt, du bist nur ein Zivi, der hat es gottseidank mit Humor genommen und hat ihr recht gegeben! Edita.

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