Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Die Bildungspolitik in Deutschland ist eine Katastrophe

Innenpolitik Die Bildungspolitik in Deutschland ist eine Katastrophe

carlos1
carlos1
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Re: Die Bildungspolitik in Deutschland ist eine Katastrophe
geschrieben von carlos1
als Antwort auf arno vom 20.10.2008, 09:02:52
"Die Studiengebühren haben es geschafft, dass viele potentielle Studenten abgeschreckt werden." arno


Bildungspolitik kann nicht allein nach dem Kriterium Studiengebühren beurteilt werden. Der Bildungsprozess beginnt mit der Geburt, setzt sich fort im Kindergarten und der Vorschule, Grundschule etc. In Sozialisation und Erziehung spielen eben sehr viele Faktoren mit. Studiengebühren sind eine echte Belastung für den Geldbeutel, aber so zu tun, als ob weitgehend allein durch »Studiengebühren besonders Frauen, Kinder aus Arbeiterfamilien und sozial schwachen Schichten« abgeschreckt werden, ist eine Behauptung, die auf der isolierten Betrachtung eines Faktums beruht. Wenn dann noch auf die unionsgeführten Länder verwiesen wird, die allein Studiengebühren einführten, wird die Absicht klar.


Vergessen darf man bei solchen Behauptungen nämlich nicht, dass unionsgeführte Länder wie BaWü, By und Hessen erst über den Länderfinanzausgleich anderen Ländern Wohltaten ermöglichen, die sie allein nicht finanzieren könnten. Dazu zählt auch kostenloser Kindergartenbesuch. Immer wieder die großspurigen Angebereien über pädagogisch richtige Maßnahmen aus Ländern zu hören, die in sehr starkem Maße auf Zuschüsse angewiesen sind, ist ärgerlich. Besonders dann, wenn in BaWü diese großartigen Maßnahmen aus Ersparnisgründen nicht eingeführt werden und ein Betrag von ca. 2 Milliarden für diese Länder abgeführt wird.


Bei der Finanzierung des Studiums der eigenen Tochter weiß ich, was außer - den damals noch nicht erhobenen St.gebühren - entscheidend für die Unkosten ist. Beispiel: Ein Zimmer in einer Universitätsstadt wie Tübingen war kaum zu mieten für eine Studienanfängerin, die auf die Zulassung für das Studium an irgendeiner Uni erst zu warten hatte. Als die Uni zugeteilt wurde, lag dieser angebotene Studienort 400km entfernt. Erste Reaktion: Da will ich nicht hin. Ein Studienplatztausch musste vereinbart werden. Gleichzeitig musste aber vorsorgehalber ein Zimmer in der anderen Unistadt angemietet werden, falls ein Tausch fehlschlagen sollte. Der Tausch klappte wider Erwarten, mehrere Mieten wurden fällig für das Zimmer im Studentenwohnheim. Ein neues Zimmer musste gesucht werden. Leider war das zu Semesterbeginn schwierig. Zimmer werden am Ende des Semesters weiter vermietet. Ein Appartement wurde schließlich gefunden. Preis: 800,-DM + 200,-DM NK im Monat (kein Luxusappartement, nur schlichter Anbau). Der vorzügliche für viele so erhaltenswerte Kopfbahnhof in Stuttgart ließ damals wie heute keine schnelle direkte Anschlussverbindung nach Tübingen zu, es sei denn bei inakzeptabler Fahrzeit. Durch Aufnahme eines weiteren Partners in das Appartement konnten die Kosten vermindert werden. Die Lebenshaltungskosten in einer Universitätsstadt sind nicht gerade die niedrigsten. Die Studiendauer wurde unnötig verlängert, weil die Teilnahme an obligatorischen Seminaren ausgelost wurde oder weil das obligatorische Seminar erst im übernächsten Semester wieder angeboten wurde. Die Maßnahme war nachvollziehbar, da die Teilnehmerzahl gering gehalten werden sollte. Warum wurden aber nicht mehr Veranstaltungen angeboten? Eine rhetorische Frage. Nach Aussage meiner Tochter und ihres Mannes hätten gut vier Semester ohne Qualitätseinbuße gespart werden können. Eine Freundin meiner Tochter wohnte in einer WG und zahlte einen Zimmerpreis von damals 550.- DM. Später wurde ein Auto notwendig. Wenn Bücher in der Unibibliothek nicht greifbar waren und anderswo auch nicht, wurde das Werk privat angeschafft. Der Schwiegersohn finanzierte das Studium durch ein Darlehen und Jobs an der Uni (Schlaflabor). Sie zahlen jetzt gemeinsam das Darlehen ab.

Das waren einige der Rahmenbedingungen für das Leben in einer Universitätsstadt in den 90er Jahren. Schön wäre es gewesen, wenn die Tochter hätte zu Hause wohnen können. Tübingen liegt nur 60km entfernt. Unter solchen oder ähnlichen Bedingungen den Studierenden ein Paket mit Studiengebühren zusätzlich aufzubürden, kann abschrecken. Deshalb bin ich gegen Studiengebühren. Allein in diesen Gebühren den Grund allein für eine wachsende soziale Distanz zu sehen ist übertrieben. Ich selbst musste während des Studiums Gebühren bezahlen. Sie lagen nominell im Betrag niedriger als heute, betrugen aber immerhin rund 25% und mehr Prozent der Semesterkosten, da die Kosten für die Lebenshaltung niedriger waren. Der Anteil der Studiengebühren ist heute niedriger, wenn ich von 500.-EUR St.gebühren ausgehe. So habe ich die Höhe der Gebühren in Erinnerung.
c.
Felide1
Felide1
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Re: Die Bildungspolitik in Deutschland ist eine Katastrophe
geschrieben von Felide1

Die Bildung fängt nicht erst auf der Universität an, sondern schon in der Grundschule.Gestern hatte ich ein Gespräch mit meiner Schwiegertochter, einer lieben Bekannten deren Enkel in Monaco auf eine Privatschule gehen und meinem Enkelsohn der zur Zeit die Handelsakademie in Tirol besucht.

Schon in der Grundschule sind die Lehrer zum Teil nicht bereit den Kindern die nicht sofort alles begreifen den Stoff noch einmal zu erklären.Während bei Kindern aus Migrantenfamilien, wegen nicht beherrschen der deutschen Sprache, sehr wohl grosse Rücksichtnahme gewährt wird,statt vorher derauf zu achten ,dass diese Kinder der deutschen Sprache vor der ersten Grundschulklasse mächtig sind.
Noch krasser ist es an den Höheren Schulen, wenn gefragt wird ob es möglich wäre den Stoff besser vorzutragen bekommt man ein Buch vor die Nase geknallt mit den Worten, damit beschäftige dich am Nachmittag morgen wirst geprüft.In Monaco haben die Kinder (Jugendlichen) von Anfang an einen gewaltigen Lerndruck ohne Nachhilfe geht da gar nichts, nur wenn diese Schüler dann an die öffentliche Schule kommen sind sie sehr gut.

An der Universität damit sie nicht so überlaufen werden (wie bei uns in Österreich,keine Studiengebühren) soll ein zinsenloser Kredit gegeben werden und nach der Assistenzzeit, wenn ordentlich verdient wird zurückgezahlt werden. So könnte sich jeder der fähig ist zu studieren(geistig) sich auch finanziell leisten auf die Universität zu gehen.Die Eltern die finanziell gut gestellt sind, bezahlen eventuelle Studiengebühren ohnehin leicht.


Felide
Karl
Karl
Administrator

Re: Die Bildungspolitik in Deutschland ist eine Katastrophe
geschrieben von Karl
als Antwort auf carlos1 vom 18.12.2010, 22:29:49
Das waren einige der Rahmenbedingungen für das Leben in einer Universitätsstadt in den 90er Jahren. Schön wäre es gewesen, wenn die Tochter hätte zu Hause wohnen können. Tübingen liegt nur 60km entfernt. Unter solchen oder ähnlichen Bedingungen den Studierenden ein Paket mit Studiengebühren zusätzlich aufzubürden, kann abschrecken. Deshalb bin ich gegen Studiengebühren.
Guten Morgen Carlos1,

dem kann ich mich nur anschließen. Mit meiner Frau habe ich gestern noch darüber diskutiert und sie meinte, sie hätte niemals studieren können, wenn 500.- Euro Gebühren pro Semester (derzeitiger Stand in Baden-Württemberg) angefallen wären. Da das Elternhaus zwar Kindergeld kassierte, aber die Zahlung verweigerte (da sie mit mir einen Evangelischen und zudem viel zu früh geheiratet hatte) und meine Frau nicht klagen wollte, hat sie ihr Studium mit einem Kredit finanzieren müssen.

Wenn ich jetzt lese, dass in Großbritannien Studiengebühren über 10 000 Pfund (derzeit 11786.- Euro) pro Jahr fällig werden sollen, dann zeigt dies, dass Europa auf dem Weg zurück in die Ständegesellschaft ist. Die soziale Durchlässigkeit wird durch Studiengebühren blockiert. Stipendien u. ä. werden nur Kosmetik sein und das grundlegende Problem kaum abmildern.

Karl

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Mitglied_81b4260
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Re: Die Bildungspolitik in Deutschland ist eine Katastrophe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 19.12.2010, 09:27:05
Ich bin der Meinung, dass Studiengebühren auf jeden Fall dann anfallen sollen, wenn das Studium nicht entsprechend verfolgt wird, damit diejenigen, die inskribieren um in den Genuß der bei uns zahlreichen Vergünstigungen für Studenten zu kommen, abgeschreckt werden... diese Regelung gibt es jetzt (noch) bei uns (seit kurzer Zeit).

In der Vergangenheit hat es damit einen enormen Mißbrauch gegeben.

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