Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Hat die Vernunft noch eine Chance?

Innenpolitik Hat die Vernunft noch eine Chance?

Karl
Karl
Administrator

Re: Industrielle Revolution 4.0
geschrieben von Karl
als Antwort auf hobbyradler vom 31.01.2016, 12:34:36
Hallo hobbyradler,

es ist Dir natürlich unbenommen zu behaupten, es gäbe keine künstliche Intelligenz. Da Deine Behauptung
Es gibt heute keine „künstliche Intelligenz“. Wer das behauptet, ist entweder unwissend oder versucht eine Ideologie, gleich welcher Art, zu transportieren.
allerdings auch mir Unwissenheit oder ideologische Verblendung vorwirft, darf ich mich dazu äußern.

Ich benötige zwar keine Schützenhilfe, denn ich denke, dass ich alleine genügend Argumente bereits vorgebracht habe ( auch früher schon), um Deine Aussage zu widerlegen, aber ich gebe zu, keine Autorität auf diesem Gebiet zu sein und hierauf keinen Namen zu haben. Zudem gibt es durch die Neuroinformatik und die künstlichen neuronalen Netze sowie die Computational Neurosciences völlig neue technische Zugänge zum Problem, bei denen ich höchstens interessierter Beobachter bin.

Ich führe also einige bekanntere Namen an. Wenn Stephan Hawkins vor künstlicher Intelligenz warnt, dann hat er sicherlich kein Computerprogramm im Kopf, das von einem Programmierer hergestellt wurde, der alle möglichen Handlungen seiner Schöpfung vorhergesehen hat. Künstliche Intelligenz programmiert sich im wesentlichen selbst durch Lernen, so wie wir das bei uns auch tun. Dass, wie schon von mir 1980 beschrieben, lernfähige Damespielprogramme ihre Schöpfer durch überraschende Züge schlagen können, ist nichts im Vergleich zu dem, was heute möglich ist.

Nicht umsonst haben führende KI Forscher und auch Tesla Gründer Elon Musk vor den Gefahren autonom entscheidender Militärrobotor gewarnt.

Kein Killerroboter, sondern die etwas sanftere Variante:
diogenes
diogenes
Mitglied

Re: Industrielle Revolution 4.0
geschrieben von diogenes
… bemerkenswert, der Ductus dieses Threads:

Eingangs hatte Karl besorgt geäußert, nun könnte gar die Vernunft ihrem Ende entgegen gehen – dies wäre unbestreitbar ein ganz besonders beklagenswerter Verlust!

Inzwischen ist die Diskussion bei den neuen Möglichkeiten 'autonomer ' Maschinen, speziell in Form von Waffen, angelangt. Wohl auch Ausdruck einer geheimen Hoffnung, die Entwicklung der künstlichen Intelligenz möge sich noch etwas beschleunigen und dann gar eine künstliche Vernunft hervorbringen.

Indes sollte dabei die noch verfügbare, menschliche Vernunft nicht vorschnell aufgegeben werden, wenn Hobbyradler nun einwirft:

'Es gibt heute keine „künstliche Intelligenz“. Wer das behauptet, ist entweder unwissend oder versucht eine Ideologie, gleich welcher Art, zu transportieren.

Künstliche Intelligenz wäre erkennbar, wenn eine Maschine entgegen den Anweisungen seines Konstrukteurs bzw. Bedieners handeln könnte. Im positiven Fall, wenn eine Rakete mit Atombombe an Board, auf dem Weg zum Ziel, es sich anderes überlegen und umkehren könnte.'

Bei der wohl zunehmenden Eigenschaft autonomer Maschinen, eine konkrete und komplexe Aufgabe durch eigenständige und iterative Auswertung von Umgebungsbedingungen und darauf aufbauender Entwicklung von Handlungsentwürfen ohne menschliche Korrektur zu einer erfolgreichen Lösung zu führen, mag man durchaus von einer 'künstlichen' Intelligenz reden.

Die, zumindest bisher, fiktive Eigenschaft autonomer Maschinen, die Erledigung dieser Aufgabe in der von Hobbyradler angesprochenen Weise gänzlich zu verweigern, wäre freilich eine sehr wünschenswerte, bislang utopische 'künstliche' Vernunft.

Somit bleibt uns derzeit nur die Möglichkeit, nachhaltig von der noch verfügbaren, menschlichen Vernunft Gebrauch zu machen, die Entwicklung der autonomen Maschinen als von Menschen initiiert und vorangetrieben zu betrachten und deren Einsatz unbedingt der menschlichen Kontrolle und Verantwortung unterzuordnen.

Doch wozu eigentlich derart sophistisch scheinende Ausführungen,
wo es doch dieser Tage ein weitaus befähigterer Geist in einem n-tv Interview
wesentlich treffenden abgehandelt hat:

'Es geht hier ... um die Lösung eines Problems. Das steht für mich im Vordergrund. Wenn das Problem gelöst ist, werden wir wieder zu einer

sehr vernünftigen Arbeit

finden, aber es muss gelöst werden. '

diogenes
hobbyradler
hobbyradler
Mitglied

Re: Industrielle Revolution 4.0
geschrieben von hobbyradler
als Antwort auf Karl vom 31.01.2016, 13:46:06
Hallo Karl,

es war mir eigentlich klar, dass du vor sarahkatja antworten würdest.

Für eine ferne Zukunft würde ich nichts ausschließen, allein dein letzter Link beweist allerdings, dass es heute keine künstliche Intelligenz gibt.

Automatische Systeme gibt es schon sehr lange. Raketen finden automatisch sich bewegende Ziele, Fotoapparate lösen beim Lächeln aus, Flugzeuge finden ihren Weg ohne Eingriff des Piloten, etc.

Ich glaube es war in diesem thread als ich schrieb, Sensoren werden immer besser. Mein Zweifel ist also nicht das Erkennen und Festhalten von Wissen oder Zuständen, sondern das eigenständige Verbinden des Gespeicherten.

Ehe also von Intelligenz gesprochen werden könnte, müsste solch einem System ein Schema zum neutralen Auswerten aller möglicher Verknüpfungen mitgegeben werden, egal wie man das nennt oder auf welche Art das abläuft.

Zu meiner Argumentation von 2013 hat sich nichts wesentliches geändert.

Zweiter Beitrag der Seite

Nenne ein Gerät, eine Maschine die ich mir anschauen kann, nach der ich googeln kann, die Intelligenz besitzt. Das wäre etwas womit du mich sofort überzeugen könntest.

Ciao
Hobbyradler

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Mareike
Mareike
Mitglied

Unvernünftige Lösungen suchen
geschrieben von Mareike
als Antwort auf diogenes vom 31.01.2016, 14:56:25
Unvernünftige Probleme verlangen nach unvernünftige Lösungen.
So kann es schon mal hilfreich sein den Verstand zu verlieren.

unvernünftige Lösungen
"Eine kooperative Perspektive einzunehmen heißt Verhalten aus der Sicht der Betroffenen zu sehen, zu verstehen und zu deuten..... Ernstnehmen ...."

"Unvernünftigerweise" bin ich geneigt dem Seehofer beizupflichten.
Später kann dann wieder "vernünftig" gearbeitet werden ...

LG
Mareike
Karl
Karl
Administrator

Re: Industrielle Revolution 4.0
geschrieben von Karl
als Antwort auf hobbyradler vom 31.01.2016, 15:13:39
@ hobbyradler,

ich habe Dir damals bereits ausführlich geantwortet. Der Ideologe bist eindeutig Du. Du musst Dich aber auch nicht überzeugen lassen. Das ist schon ok so.

Karl

Falls Interesse besteht:

hobbyradler
hobbyradler
Mitglied

Re: Industrielle Revolution 4.0
geschrieben von hobbyradler
als Antwort auf Karl vom 31.01.2016, 16:23:09
@Karl,

zu keiner Sekunde des von dir eingestellten Videos ist „künstliche Intelligenz“ am wirken.
Ausschließlich Programme, auch mit vom Menschen vorgegebenen Bewegungen und Erkennungsmustern, kommen zum tragen. Egal wie verblüffend das aussehen mag.

Vielleicht wäre es wichtig auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen was unter „künstlicher Intelligenz“ verstanden wird. Das Wort „künstlich“ steht für mich lediglich zur Unterscheidung zu natürlicher Intelligenz, zum Beispiel beim Menschen. Es geht also um Intelligenz in Maschinen.

Das interessanteste Experiment, bei dem sich zwei Geräte auf ein Kunstwort verständigen oder eine eigene Sprache generieren, ist nichts anderes als entsprechender Programmcode. Selbst wenn der Entwickler an den Stellen, an denen eine Entscheidung getroffen werden muss, den Zufall zulässt, er also nicht weiß welche Worte für die Kunstsprache zum Zeitpunkt des Ablauf gewählt werden, muss er zuerst diese Kunstsprache angedacht und zugelassen haben.

Das sind nicht anderes als Experimente eine „scheinbare Intelligenz“ zu demonstrieren. Bei aller Hochachtung vor den Menschen die dies entwickeln.

Auch du musst dich nicht überzeugen lassen. Ich bin allerdings jederzeit bereit meine Meinung zu ändern, sofern du mir eine eine entsprechende Maschine nennen kannst.

Ciao
Hobbyradler

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diogenes
diogenes
Mitglied

Re: Unvernünftige Lösungen suchen
geschrieben von diogenes
als Antwort auf Mareike vom 31.01.2016, 15:35:52
… in welch lustvolle Labyrinthe der Dialektik versuchst Du mich, liebe Mareike,
mit Deiner These und dem angefügten Link zu entführen ?

Zunächst lese ich von einer 'ureigenen Art der Logik' der Jugendlichen. Dabei ist doch in unserem Kulturkreis gerade die Logik der allgemein verbindliche Prüfstein für ordentliches Denken!

Dann werden Lösungen als unabhängig vom Problem angenommen. -
Ein wesentlicher Leitsatz der Denkpsychologie indes lautet:
'die Lösung eines Problems ist seine hinreichend exakte Definition'
in dem Sinne, daß alle relevanten Einflußgrößen und ihre Beziehungen untereinander erfaßt und beschrieben wurden, Voraussetzung für einen eindeutigen Handlungsentwurf.

… und schließlich auch noch die Aufforderung, ab und zu mal den Verstand zu verlieren -
das läßt sich wohl nur aus der unterschiedlichen Bedeutung dieses Begriffs erklären:

einmal dem allgemeinen Vermögen, die Eindrücke der Welt wahrzunehmen und in Beziehungsmuster einzuordnen,

dann aber auch für das Ergebnis dieser Prozesse, dem Bild von der Welt, dem der Kommunikationspartner und dem Bild von sich selbst.

Wenn auf letzteren eben ein fremder Verstand trifft, verliert der eigene schon mal seine Schlüssigkeit, geht zeitweise verloren.

Beachtlich dagegen die weitere Fähigkeit, sich in die Sichtweise des Gegenüber bemühen zu können und auch diese als schlüssig zu erfahren.

Der Milchmann Tevje besingt dies eindrucksvoll in dem Musical Anatevka:

… einerseits, … andererseits …

Freilich ist dazu in der Regel ein gewisser Freiraum Voraussetzung, es darf kein unmittelbarer Handlungszwang vorliegen.

Bei der Bewertung von Lösungen als 'un- bzw. vernünftig' bietet es sich somit auch an, dies nicht vorschnell mit 'allgemein-verbindlich' oder 'langfristig' gleichzusetzen. Bei unvorhergesehenen Entwicklungen, wie Unfällen oder Katastrophen ist die sprichwörtliche 'Erste Hilfe' häufig auch vernünftig, muß jedoch im weiteren Verlauf durch modifizierte Maßnahmen abgelöst werden.

Gerade bei gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen wird dies nicht selten übersehen
oder aus anderen Beweggründen sogar bewußt mißachtet
– fragwürdig, ob dies als vernünfig bewertet werden darf!

Eine absolut unvernünftige, jedoch bisweilen durchaus hilfreiche Problemlösung
bietet Matthias Claudius in seinem Lied 'der Mond ist aufgegangen' an,
wenn der Verstand mal wieder eine harte Bedrohung erfährt:

'so sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsere Augen sie nicht sehen:'.

… herzlich

diogenes

… und eine geruhsame Nacht
Karl
Karl
Administrator

Re: Industrielle Revolution 4.0
geschrieben von Karl
als Antwort auf hobbyradler vom 31.01.2016, 18:29:31
@ hobbyradler,

unsere Uneinigkeit beruht wahrscheinlich darauf, dass wir völlig unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was in unserem Kopf bei Informationsverarbeitungsprozessen abläuft und was Programmieren bedeutet. Ich habe in beides persönliche Einblicke gehabt und sehe eine Konvergent der Bioinformatik mit den Computerwissenschaften. Ich habe eben auf Sky on Demand " Das Imitationsspiel", den Film über Alan Turing gesehen, den Vater aller Computer. Er sitzt einem Ermittler gegenüber, dem er erklären soll, ob Maschinen denken können. Er antwortet, die Gehirne der Menschen sind so unterschiedlich, der eine liebt das, der andere das andere, warum sollen nicht auch Maschinen denken dürfen.

Die Essenz des Turing Tests ist es auch nicht zu beweisen, ob menschliche Gehirne und künstliche Gehirne ähnlich funktionieren, sondern es geht nur darum sich zu fragen, ob der Output zwingend unterschieden werden kann.

Die Turingsche "Universalmaschine" kann übrigens in der Theorie alle lösbaren Aufgaben lösen. Schafft der Mensch die Lösung der unlösbaren Aufgaben?

An diesem Punkt können wir unsere Diskussion mit derjenigen zwischen Mareike und Diogenes vereinen

Karl
Mareike
Mareike
Mitglied

Re: Unvernünftige Lösungen suchen
geschrieben von Mareike
als Antwort auf diogenes vom 31.01.2016, 21:16:01
Ha, ist das schön, dieses Statement aus der Tonne!
Danke!
Diesen Text werde ich mir ausdrucken und einrahmen.

Welterusten!
Mareike
Re: Industrielle Revolution 4.0
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 31.01.2016, 22:03:44
Die Frage ob menschliches Denken und Handeln maschinisierbar ist, darüber besteht keine Einigkeit.
Die grundsätzlichste Kritik an der Vorstellung, Maschinen zu Akteuren zu erklären, formulierte Johannes Weiß, Soziologie-Professor an der Universität Kassel. "Man könne nicht davon reden, dass zum Beispiel ein Taschenrechner etwas "mache". Um von Eigenständigkeit sprechen zu können, müsse die "Herauslösung aus Handlungsvollzügen der menschlich Übertragenden" gewährleistet sein und es sich um "wichtige" menschliche Aktivitäten handeln. Er ist der Ansicht, dass man höchstens Teilaspekte menschlichen Handelns auf Maschinen übertragen könne. Höheren Tieren billigte er mehr Entscheidungsfähigkeit zu als technischen Systemen, beispielsweise einem Blindenhund, aber niemand dächte daran, diesen zum Stellvertreter zu ernennen. Menschliches Handeln könne gar nichts anderes als sinn-orientiert zu sein. Die selbstbezügliche sinnbezogene mehrdeutige Kommunikationsform personaler Akteure sei aber von Maschinen nicht leistbar."
Ob sich Bewusstsein nachbilden lässt wird im angehängten Link beschrieben. Wir werden es nicht erleben aber erschreckend fände ich die Vorstellung, dass ein Massenmörder seinen Geist scannen und in einem Roboterkörper oder im Computer weiterleben lassen könnte.
Bruny

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