Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Bedingungsloses Grundeinkommen

Internationale Politik Bedingungsloses Grundeinkommen

Elmos
Elmos
Mitglied

Bedingungsloses Grundeinkommen
geschrieben von Elmos
Das wird ja nun immer vehementer diskutiert, in der Schweiz wird es demnächst einen Volksentscheid zum Thema geben. Und es wird überall auf der Welt diskutiert (wie ich meine, mit Grund):

Basic Income Earth Network

Hier, ein Artikel aus der FAZ:

Geld für gar nichts

Ein sehr gutes Video zum Thema, leider in englischer Sprache:
Varoufakis zum Grundeinkommen

Und noch der Link zu Wiki:
Wikipedia - Bedingungsloses Grundeinkommen

Liebe Grüße
Andrea
hobbyradler
hobbyradler
Mitglied

Re: Bedingungsloses Grundeinkommen
geschrieben von hobbyradler
als Antwort auf Elmos vom 16.05.2016, 12:18:20
Es ist immer gut neue Ideen zu untersuchen. Vielleicht gibt es dazu bereits Simulationsmodelle, die auch die möglichen Überlegungen junger Menschen, Schulanfänger, als Parameter einbeziehen.

Es klingt verlockend, doch kann ich mir im Augenblick die Auswirkungen nicht vorstellen. Auch wenn mir etwas gefällt, versuche ich den Haken an der Sache zu finden.

Ein Staat der dieses bedingungslose Grundeinkommen einführt, wird sich von anderen Staaten, vor der Einbürgerung anderen Staatsangehörigen, abschotten. Ist das gut?

Die Wirtschaft, wer auch immer das ist, könnte sich freuen, da gedanklich das bedingungslose Grundeinkommen bei den Gehältern berücksichtigt würde. Für die Wirtschaft ein großer Vorteil durch geringere Personalkosten. Der Staat, der das bedingungslose Einkommen frühzeitig einführt könnte damit vorübergehend einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben.

Ein reiches Land mit extrem hoher Produktivität, könnte es sich erlauben für die Arbeit ausschließlich ausländische Arbeitnehmer, ohne die Möglichkeit zur Einbürgerung, einzusetzen. In der nächsten Phase könnten die nach hause geschickt und durch Roboter ersetzt werden. Moderne Sklavenhaltung?

Ich glaube es könnte sich so mancher mit dem Gedanken anfreunden seinen Freizeitbeschäftigungen nachzugehen, während andere für ihn arbeiten.
Da ist mir der Ansatz von Milton Friedman mit der negativen Einkommensteuer im Augenblick angenehmer. Er unterstellt zumindest den Willen zu Mitarbeit.

Auf das Experiment Schweiz darf man gespannt sein.
Was ist eigentlich deine Meinung Elmos?

Ciao
Hobbyradler
Elmos
Elmos
Mitglied

Re: Bedingungsloses Grundeinkommen
geschrieben von Elmos
als Antwort auf hobbyradler vom 16.05.2016, 13:27:50
Wenn du mich schon so fragst: alleine die Vorstellung, in einem Land zu leben in dem es dieses bedingungslose Grundeinkommen gibt, das lässt mich eine Gänsehaut vor freudiger Erregung bekommen. Wie frei man sich fühlen muss, wie unabhängig, wie "entfesselt".

Die Vorstellung zu arbeiten weil ich das so will, statt zu arbeiten weil ich das muss - das ist einfach wunderbar - auch wenn man "von Aussen" sicher keinen Unterschied sehen würde.

Ich habe das schon mal am eigenen Leib erlebt. Nach dem Abi habe ich, nur so "zum Spass" in einer Schokoladenfabrik am Fliessband gearbeitet. Das Geld brauchte ich eigentlich nicht, ich wollte nur die Zeit bis zum Studienbeginn rumkriegen. Und habe diese blöde Arbeit (ich hab die erste Hälfte von Schokoladenosterhasen in Staniolpapier eingewickelt) richtig, richtig gerne gemacht. Ich mochte meine Mitarbeiter, fand das alles spassig, das Aufstehen um halb 5 manchmal etwas schwierig, und am Ende konnte ich Abends in der Kneipe die Rechnung für alle bezahlen, jede Menge Geld für caritative Dinge spenden und noch ein wenig sparen fürs Studium. Und dann habe ich geheiratet. Jemanden, der nicht arbeiten durfte bis zu unserer Hochzeit, und danach auch erst mal nichts gefunden hat. Und von da an musste ich den Job einfach weitermachen, denn ihn aufzugeben hätte ja bedeutet erst mal eine Einkommenssperre zu bekommen und vollkommen ohne Geld da zu stehen....
Und so... war der gleiche Job den ich vorher so gerne gemacht habe plötzlich eine richtige Last für mich geworden. Den Unterschied machte nur, das das "ich möchte" gegen das "ich muss" ausgetauscht worden war...

OK, das war ein kleiner Exkurs. Und für dich sicher langweilig. Aber für mich essenziell. Denn als ich das erste Mal von dieser Idee des Grundeinkommens gehört habe musste ich sofort genau daran denken. Wie schön das Gefühl ist zu arbeiten weil man arbeiten möchte....

Von daher fände ich so ein Grundeinkommen wunderbar. Und ich glaube, wie viele, dass damit sowohl ein Quantensprung in der Lebensqualität aller Arbeitnehmer und auch Nicht-Arbeitnehmer stattfinden würde und dass es gleichzeitig einen Quantensprung in der Qualität der abgelieferten Arbeit geben würde. Dass alle Seiten davon profitieren würde und das Ganze eine Idee ist, die für alle einen Gewinn bringen würde.

Der Unternehmer Werner, der sich auch für ein solches Grundeinkommen einsetzt, der kann das aber besser formulieren als ich:

Interview mit Götz Werner

Deinen Einwand, dass man dann Maschinen die Arbeit machen lassen müsste - ich glaube, das wird, eher früher als später, ohnehin kommen. Und dann muss man sich sowieso überlegen, wie man die nun "überflüssigen" Menschen als Konsumenten nicht verliert.

Liebe Grüße
Andrea

Anzeige

olga64
olga64
Mitglied

Re: Bedingungsloses Grundeinkommen
geschrieben von olga64
als Antwort auf Elmos vom 16.05.2016, 14:15:52
Jetzt wollen wir erst mal abwarten, wie der Volksentscheid in der SChweiz endet (die Schweiz ist ja auch immer für Überraschungen bei ihren Volksentscheidungen gut). Sollte es positiv sein, so dürfte ein Land mit ca 8 Mio Einwohnern, das zudem sehr reich ist, dies besser regeln können als z.B. ein 82 Mio Volk. Irgendjemand muss das Grundeinkommen ja bezahlen,da Politiker mit angeschlossener Gelddruckmaschine auch in der Schweiz nicht bekannt sind.
Ich persönlich habe mein selbst erwirtschaftetes Einkommen in Form von meiner Rente. Mir war der Weg immer lieber, mir selbst ein Einkommen zu schaffen und es nicht den anderen, die arbeiten und Steuern zahlen zu überlassen. Das wäre mir mit zuviel Abhängigkeiten und Formalien verbunden gewesen, was ein Mensch, der die Unabhängigkeit liebt wie ich, sicher nicht goutiert hätte.
Einkommen reflektiert ja auch die persönliche Leistung und später die Rente ebenso. Es sind ja Jahrzehnte vorhanden, um sich beides aufzubauen und zu gestalten. Olga
Elmos
Elmos
Mitglied

Re: Bedingungsloses Grundeinkommen
geschrieben von Elmos
als Antwort auf olga64 vom 16.05.2016, 17:08:54
Hallo Olga,

ach so, ich hatte vergessen zu erwähnen, dass ich nicht daran glaube, das jemals zu erleben. Dass es dieses Grundeinkommen gibt.

Die Befürworter davon behaupten, dass es sehr wohl sehr gut finanzierbar sein, ob das stimmt oder nicht, das kann ich persönlich nicht abschätzen und beurteilen.

Und noch als letztes, ich glaube die Renten die so ausgezahlt werden, die erwirtschaften in der Regel nicht die Rentenempfänger selber, sondern deren Kinder, so wie wir auch grade die Renten unserer Eltern bezahlen. Bzw. wenn du schon Rente bekommst dann deine Kinder quasi...

Liebe Grüße
Andrea
olga64
olga64
Mitglied

Re: Bedingungsloses Grundeinkommen
geschrieben von olga64
als Antwort auf Elmos vom 16.05.2016, 17:22:31
Im Umlagesystem des deutschen Rentensystems erhalten immer die Rente von denen bezahlt, die aktiv in die Rentenvesicherung einbezahlen. Und die Einzahlungen werden von den ARbeitnehmern und den ARbeitgebern durchgeführt und basieren auf der Gehaltshöhe. D.h., je mehr jemand in Jahrzehnten verdiente und je mehr er einbezahlte, desto höher ist die Rente.
Da ich keine Kinder habe, wäre ich immer damit einverstanden gewesen, mich aus diesem System zu entlassen. Die freiwerdenden Gelder hätte ich dann anderweitig angelegt, z.B. in Immobilien und ich bin sicher, es würde mir heute ebenso gut gehen wie jetzt auch. ABer ein wenig unsolidarisch wäre es schon gewesen, zumal ja seit Jahrzehnten immer weniger Kinder geboren werden ,die dies dann für den Rest bezahlen müssten.
Hätte es die Möglichkeit des Rentenausstiegs gegeben, wäre das Umlage-System längst zusammengebrochen. Olga

Anzeige

Elmos
Elmos
Mitglied

Re: Bedingungsloses Grundeinkommen
geschrieben von Elmos
als Antwort auf olga64 vom 16.05.2016, 17:29:12
Hallo,

ja, ich glaube in der Ursprungsidee steckte, dass die Erwerbstätigen einerseits die Renten bezahlen und anderseits eine "Kinderrente" so dass die Aufzucht der nächsten Generation Erwerbsttätiger nicht ausschliesslich auf Kosten der Kinderhalter gegangen wäre. Aber das ist so niemals realisiert worden. Daher ist es, wie du richtig bemerkt hast, etwas ungerecht, Menschen mit Kindern müssen einerseits viel Geld ausgeben für ihre Kinder, dass sie nicht zurücklegen können für die Altersvorsorge und anderseits zusätzlich häufig Abschläge im Einkommen hinnehmen, einfach weil sie weniger arbeiten können, da sie sich ja auch noch um ihre Kinder kümmern müssten.

Auch dieses Problem wäre mit der Einführung dieses Grundeinkommens übrigens etwas behoben, denn Kinder sind ja auch Menschen und so stünde ihnen auch ein solches zu.

Liebe Grüße
Andrea
olga64
olga64
Mitglied

Re: Bedingungsloses Grundeinkommen
geschrieben von olga64
als Antwort auf Elmos vom 16.05.2016, 17:34:55
Bei uns gibt es eine Mütterrente; alle Frauen, die Kinder geboren haben, erhalten diese je nach Anzahl ihrer Kinder. Leider bezahlt aus der Rentenversicherung; dabei sind Mütter eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, woran sich auch Beamte, Selbstständige usw. beteiligen sollten. Die Finanzierung sollte also aus Steuergeldern und einen entsprechenden Aufschlag erfolgen und nicht ausschliesslich die Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit ihren Einzahlungen in die Rentenversicherung.
In unserem Land wird seit vielen Jahren viel für Kinder finanziert: angefangen vom Kindergeld bis zu steuerlichen Vergünstigungen. Aber es hilft nichts: gerade die gut ausgebildeten jungen Frauen (und Männer) wollen keine Kinder. Mittlerweile sind die Familien mit vielen Kindern in anderen Schichten angesiedelt, so dass ich manchmal denke, Kindergeld ist auch ein Einnahmemodell. Inwieweit sich dies auf die Kinder auswirken wird und inwieweit diese von den Eltern gefördert werden können, damit sie später einen erfolgreichen Weg gehen, wage ich oft zu bezweifeln.
Frauen müssen weg von der TEilzeit und weg von den Minijobs, damit sie nicht in die Altersarmut marschieren. Sie müssen sich die Kindererziehung mit den männlichen Erzeugern teilen, bzw. ihre Kinder in Kitas usw. geben,damit sie guten Gewissens berufstätig sein können.
Aber dies kann eine Regierung zwar mit Rahmenbedingungen abpolstern - die Entscheidung müssen die Menschen selbst treffen. Olga
Edita
Edita
Mitglied

Re: Bedingungsloses Grundeinkommen
geschrieben von Edita
als Antwort auf olga64 vom 16.05.2016, 17:29:12
Liebe Olga, daß unser Rentensystem unter Schnappatmung leidet, kann man nicht nur der reduzierten Kinderzahl zuschreiben es spielt sicherlich eine Rolle, aber nicht in dem Maße, wie es immer behauptet wird!
Meiner Meinung nach wird viel zu wenig nach außen kolportiert, daß nach der Rentenformel ein Absenken der Löhne auch zu einem Absinken der Rente führt, zwar um ein Jahr zeitlich versetzt, aber so ist es! Hauptgrund für das Absinken der Lohnsumme pro Kopf ist immer in erster Linie ganz klar Arbeitslosigkeit, und eine starke Ausdehnung von Kurzarbeit und befristeter Arbeit in welcher Form auch immer, und das hatten wir in den letzten Jahren, sagen wir mal seit 2008, in milionenfacher Form. Die Kurzarbeit hat die Leute zwar vor Arbeitslosigkeit bewahrt, aber der Rentenkasse ein riesiges Manko beschert!
Kurzarbeiter beschönigen zwar die Arbeitslosenquote, führt aber statistisch zu einem Sinken des Pro-Kopf-Bruttoeinkommens, denn
die schrumpfende Lohnsumme wird dann durch eine geringer sinkende Zahl an Beschäftigten geteilt!

Meiner Meinung nach ist das der Hauptgrund für das Loch in der Rentenkasse, aber.....die fehlenden Kinder vergrößern das Loch zusätzlich!

Edita
olga64
olga64
Mitglied

Re: Bedingungsloses Grundeinkommen
geschrieben von olga64
als Antwort auf Edita vom 16.05.2016, 18:18:59
Deutschland hat die höchste Beschäftigungsaquote in seiner Geschichte (ca 44 Mio Beschäftigte). Die Löhne und Gehälter steigen seit einigen Jahren auch wieder, wie wir an den Rentenzahlungen selbst erleben, die ja auf dieser rechnerischen Basis erfolgen.
Die ARbeitslosigkeit sinkt seit Jahren ,was man auch gut daran sehen kann, dass die Steuereinnahmen und die Einzahlungen in die Sozialkassen seit langem nur so sprudeln.
Ein grosses Problem sind die 450.- Euro Jobs, die - wenn es die Leute nicht wollen - keine Renteneinzahlungen zur Folge haben. Ebenso die vielen Frauen, die nach wie vor in schlecht bezahlten Teilzeitjobs verharren.
Und natürlich die hohe Schwarzarbeitsquote, wo sich Menschen gänzlich aus dem Solidarsystem ausklinken und oft noch staatliche Transferleistungen zusätzlich beziehen ("steht mir zu").
Und solche Aussichten für junge Frauen und Männer sind es ja auch ,die diese nicht unbedingt motivieren, Kinder in die Welt zu setzen. Da lebt es sich einfacher mit zwei Gehältern und ohne grosse Verpflichtungen.
Hier ist dann das PRoblem, dass junge Leute keine Lust haben, sich um Vorsorgemodelle für ihre spätere Rente zu kümmern - sie geben das Geld lieber heute aus, weil sie auch wissen, dass sie vermutlich so viel erben werden wie noch keine Generation vor ihnen.
Es ist auch Eigenverantwortung, die jeder für sich tragen muss, wenn es um sein Alter geht, das schneller kommt, als man so denkt. Persönlich habe ich nach meiner langen Leichtsinns-Phase, die so bis zu meinem 30. Geburtstag ging, dann auch umgesteuert und irgendwann den Ernst der Lage erfasst. Was ich nie wollte, waren Almosen vom "Staat", weil ich erlebt habe, dass "man" und "frau" vieles schafft, wenn er oder sie es wirklich will. Olga

Anzeige