Internationale Politik Der witzige Herr Böhmermann

justus39
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Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von justus39
als Antwort auf Lissy52 vom 16.04.2016, 13:43:57
Ich verstehe die ganze Aufregung nicht.

Dieses Gedicht wird auf Betreiben der Person, die es angeht und die sich beleidigt fühlt , juristisch überprüft.

Das Gericht wird nun feststellen, ob es sich um zulässige Satire oder um persönliche Beleidigung handelt
Gut so!
Denn weder Frau Merkel noch sonst wer hat darüber zu entscheiden, wie es zu bewerten ist.

Was ist daran falsch unserer Justiz diese Beurteilung zu überlassen?
Wer sonst hätte ein Recht dazu ?


Es war zweifellos ein Fehler von Frau Merkel, dass sie schon im Vorfeld ihre persönliche Meinung zu Böhmermanns obszönen Pamphlet öffentlich äußerte.
Dass sie die Entscheidung jetzt der Deutschen Gerichtsbarkeit überlässt ist nicht nur in Ordnung sondern zwingend notwendig, um endlich zu klären,ob man unter dem Deckmantel einer vorgetäuschten Satire, Personen, beleidigen, verleumden und einer Straftat bezichtigen darf.
Ansonsten wären dann öffentliche Verleumdungen und Beleidigungen legalisiert wenn man sie als Satire bezeichnet.

Früher fand man solche Schmierereien höchstens an den Wänden öffentlicher Toiletten, und ich finde es beschämend, dass sie nun über unsere öffentlich rechtlichen Sender verbreitet werden dürfen.

justus
Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf wandersmann vom 16.04.2016, 14:29:00
"Merkel und Steinmeier hätten es sich nicht bieten lassen dürfen, dass das türkische Außenministerium den deutschen Botschafter wegen des für unsere Begriffe eher belanglosen Liedes "Erdowie-Erdowo-Erdogan", welches innerhalb der Sendung "extra3" des NDR gespielt wurde, am 22. März einbestellte, und dieser sich dafür rechtfertigen musste."


Wenn das türkische Außenministerium den deutschen Botschafter einbestellt, dann muss er erscheinen und die Bundesregierung hat nicht die Möglichkeit das zu verhindern.
Wir befinden uns ja nicht im Mittelalter, wo man in solchen Fällen vielleicht den Krieg erklären konnte.

Erdmann hat richtigerweise deutlich gemacht, "dass Rechtsstaatlichkeit, die Unabhängigkeit der Justiz und der Schutz grundlegender Freiheiten, einschließlich der Presse- und Meinungsfreiheit, hohe Güter seien, die gemeinsam geschützt werden müssten".
Tina1
Tina1
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Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von Tina1
Linktipp: Kunstfreiheit- Schützt die Satire - vor Böhmermann!

Die Justiz darf gegen den Satiriker Jan Böhmermann wegen eines Verstoßes gegen §103 StGB ermitteln. Der Hamburger Strafrechtler und Rechtsphilosoph Reinhard Merkel findet das richtig, sogar "unumgänglich" und eine Verurteilung Böhmermanns für geboten. Dessen "Satire" habe weder Witz noch Esprit noch irgendeinen Funken "Geistreichtum".

Das Interview im Wortlaut:

Ute Welty: Die Causa Böhmermann geht in die nächste Runde. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die deutsche Justiz ermächtigt, gegen den Satiriker Jan Böhmermann wegen Beleidigung des türkischen Staatspräsidenten zu ermitteln. Gleichzeitig kündigte Merkel an, den betreffenden Paragrafen so bald wie möglich abzuschaffen, und sie betonte, im Rechtsstaat sei es nicht Sache der Regierung, sondern unabhängiger Gerichte, Persönlichkeitsrechte gegen die Presse- und Kunstfreiheit abzuwägen. Nichtjuristen hinterlässt diese Erklärung einigermaßen hilflos.

Also fragen wir einen Juristen, und zwar nicht irgendeinen, sondern Reinhard Merkel, Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität in Hamburg. Guten Morgen!

Welty: Angela Merkel hat bei ihrer Erklärung eingeräumt, dass es durchaus unterschiedliche Auffassungen und auch Rechtsauffassungen gegeben hat, wie man mit dem türkischen Antrag umgehen soll. Wie beurteilen Sie die Entscheidung, dass jetzt gegen Jan Böhmermann wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes ermittelt wird?

Merkel: Ich halte die Entscheidung für richtig. Vor dem Hintergrund der Geltung des einschlägigen Paragrafen, der also eine Zustimmung der Bundesregierung zur Prozessvoraussetzung macht, das ist der Paragraf 104a des Strafgesetzbuchs, ist die Entscheidung sogar sozusagen unumgänglich gewesen. Es geht ja nicht nur um die Causa Böhmermann und Erdogan.

Stellen Sie sich vor, irgendein Idiot kommt demnächst auf die Idee, in genau demselben Modus und Duktus den israelischen Staatspräsidenten oder den Ministerpräsidenten Netanjahu auf diese Weise anzureden. Dann wäre die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Erfordernisses ihrer Zustimmung, wohl gehalten, irgendwie konsistent sich zu entscheiden und auch da die Strafverfolgung nicht zuzulassen. Oder jemand, der Obama in dieser Weise angreifen würde. Es geht also nicht um einen Einzelfall, sondern um die Klärung eines Maßstabs dessen, was Satire darf und was sie nicht mehr darf.

Welty: Was bedeutet Ihre Einschätzung für den weiteren Fortgang? Folgen den Ermittlungen Anklage, Prozess, Verurteilung?

Merkel: Na ja, das Gericht wird sich damit befassen, wird also die berühmte Abwägung der jeweils im Spiel befindlichen Sphären, also des Schutzes der Kunstfreiheit einerseits … Es geht nicht so sehr um Meinungsfreiheit, die kann nach dem Grundgesetz eingeschränkt werden und die endet – so steht das im Grundgesetz – am Schutz der Ehre anderer. Es geht um Kunstfreiheit, die deutlich weiterreichend geschützt ist als die bloße Meinungsfreiheit, aber auch die hat Grenzen.

1988 hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung, in der es damals um Franz Josef Strauß ging, der als kopulierendes Schwein dargestellt wurde in einer Karikatur, ganz deutlich markiert: Hier ist die Grenze der Kunstfreiheit überschritten und hier wird eine geschützte Sphäre sozusagen des innersten Persönlichkeitsrechts erreicht, das in Deutschland von der Menschenwürde garantiert wird - ich zitiere das Verfassungsgericht. Die Fälle sind in – der jetzige Fall Böhmermann und der damalige Franz Josef Strauß –, sind in signifikanten Hinsichten parallel. Deswegen meine ich, dass die richtige Entscheidung in diesem Fall eine Verurteilung Herrn Böhmermanns ist.

Welty: ..... wie muss es denn um das Verhältnis von Strafrecht und Satire bestellt sein?

Merkel: Nun, natürlich ist das in einem bestimmten Sinne ein prekäres Verhältnis. Satire, seit Friedrich Schiller unterscheiden wir die spottende von der strafenden Satire. Satire kann einen wuchtigen, polemischen Impetus haben und den Angegriffenen sehr scharf und schwer verletzen. Aber sie muss gleichwohl in einem bestimmten Rahmen sozusagen der Minima Moralia, der zivilisierten Umgangsformen bleiben. Wird der überschritten, dann ist das Recht des Attackierten auf den Schutz seines innersten Persönlichkeitsrechts stärker.

§ 103 StGB ist kein Majestätsbeleidigungsparagraf

Welty: Rücken Sie es gerade!

Merkel: Es geht keineswegs um einen Majestätsbeleidigungsparagrafen. Schon der erste Blick in diesen Paragrafen zeigt, dass selbstverständlich nicht nur ausländische Staatsoberhäupter geschützt sind, also die Majestäten, sondern hier im Inland akkreditierte Botschafter sind ganz genauso geschützt. Geschützt ist in Wahrheit zweierlei: Einerseits eine Ebene, wie ich das vorhin genannt habe, der Minima Moralia, auf denen die Würde anderer Staaten nicht angetastet werden soll, und andererseits intensiv wichtige Belange der Bundesrepublik selbst. Nämlich es schützt das Interesse dieses Landes an einem Mindestbestand funktionierender Beziehungen zu anderen Staaten.
geschrieben von Reinhard Merkel, Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie im Gespräch mit Ute Welty

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justus39
justus39
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Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von justus39
als Antwort auf Edita vom 16.04.2016, 14:47:19
Ebend! Und......et is noch immer jotjegange!

Satire hat schon oft " Staatskrisen " ausgelöst, siehe die Schlüpper, die Rudi Carrel vor ca. 30 Jahren dem Khomeini per Bildmontage um die Ohren geworfen hat, und vor ca.50 Jahren gab es auch Ärger mit dem Schah als eine Karikatur zeigte wie er für 30.000 Lappen seine Farah Diba an König Ibn Saud verscherbelt.....

Edita


Über Rudi Carrells Unterwäsche- Parodie habe ich damals herzlich gelacht, und auch darüber, wie Carrell auf Khomeinis Wut reagierte. Das war Satire vom Feinsten.
Auch Böhmermanns Song "Erdowie, Erdowo, Erdowan" aus der NDR-Sendung Extra3 war durchaus machbare Satire, und Erdogans lächerliche Reaktion darauf, setzte dem noch die Krone auf. Das wäre juritisch nicht anfechtbar gewesen.
Allein mit seinem Schmähgedicht hat Böhmermann das Gebiet der Satire verlassen.
Er hätte souveräner auf die Aktionen Erdogans reagieren können, dann brauchte er sich jetzt vor keinem Prozess zu fürchten und hätte die Lacher auf seiner Seite.

justus
justus39
justus39
Mitglied

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von justus39
als Antwort auf Tina1 vom 16.04.2016, 15:51:07
Danke Tina 1,
Das ist es, was ich von Anfang an meinte.
Wenn man einer Person Straftaten andichtet, sie unbegründet verhöhnt und beleidigt, kann man sich weder auf Satire noch auf die Meinungsfreiheit berufen.

Das ist ungesetzlich und muss verfolgt werden.

justus
lalelu
lalelu
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Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von lalelu
als Antwort auf Tina1 vom 16.04.2016, 15:51:07
Liebe Tina,

auch von mir vielen Dank fürs Einstellen! Reinhard Merkel bringt es auf den Punkt!

Es gehe hier nicht nur um Böhmermann und Erdogan, sondern um die Klärung eines Maßstabs, was Satire dürfe, sagt er.

Vollkommen richtig!

Auch deinen Beitrag von gestern unterschreibe ich voll und ganz.

Lalelu

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Tina1
Tina1
Mitglied

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von Tina1
als Antwort auf justus39 vom 16.04.2016, 16:20:38
Danke Tina 1,
Das ist es, was ich von Anfang an meinte.
Wenn man einer Person Straftaten andichtet, sie unbegründet verhöhnt und beleidigt, kann man sich weder auf Satire noch auf die Meinungsfreiheit berufen.

Das ist ungesetzlich und muss verfolgt werden.

justus


Das sehe ich genauso. Man muss nur an die "Nachahmer" denken.
Böhmermann hat nun gezeigt, was man alles darf, man muss nur
wissen wie.
Tina
Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf justus39 vom 16.04.2016, 16:20:38
Du bist ja wohl hier der einzige Experte und ich kann mir vorstellen, dass du viel darüber nachgedacht hast, wo man Grenzen zu setzen hat, wenn man die "Öffentlichkeitsbühne" betritt.
Ich gehe mit dem, was du hier in mehreren Beiträgen geschrieben hast,absolut konform.
Edita
Edita
Mitglied

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von Edita
als Antwort auf Tina1 vom 16.04.2016, 16:59:13

Böhmermann hat nun gezeigt, was man alles darf, man muss nur
wissen wie.
Tina


Da irrst Du ein wenig, Böhmermann war das nicht alleine, er mußte sich seinen Beitrag " genehmigen " lassen, er wurde
geprüft und " genehmigt ", und das ZDF steht voll hinter ihm, und geht mit ihm, wenn erforderlich, durch alle Instanzen!
Ich gehe davon aus, daß er und das ZDF auch eine " Art " Beraterstab in der Sache schon vorher hatten!

" Wir gehen mit ihm durch alle Instanzen "

und Böhmermann meldete sich vor 3 Std. selber bei fb zu Wort:

Jan Böhmermann

Edita
Tina1
Tina1
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Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von Tina1
als Antwort auf justus39 vom 16.04.2016, 16:12:35


Über Rudi Carrells Unterwäsche- Parodie habe ich damals herzlich gelacht, und auch darüber, wie Carrell auf Khomeinis Wut reagierte. Das war Satire vom Feinsten.
Auch Böhmermanns Song "Erdowie, Erdowo, Erdowan" aus der NDR-Sendung Extra3 war durchaus machbare Satire, und Erdogans lächerliche Reaktion darauf, setzte dem noch die Krone auf. Das wäre juritisch nicht anfechtbar gewesen.
Allein mit seinem Schmähgedicht hat Böhmermann das Gebiet der Satire verlassen.
Er hätte souveräner auf die Aktionen Erdogans reagieren können, dann brauchte er sich jetzt vor keinem Prozess zu fürchten und hätte die Lacher auf seiner Seite.

justus


Justus, das Lied von Extra 3 war ganz toll u. damit haben sie auch erreicht was sie wollten. Und das war gut so. Erdogan hat sich lächerlich gemacht u geschäumt vor Wut. Aber Böhmermann hat das nicht gereicht, er wollte es vulgär, ordinär, primitiv bis rassistisch. Und er hatte auch noch Rückendeckung von einem öffentlichen Sender. Was ich lustig fand ist, dass seine Fans nicht mal gemerkt haben, dass das Vorspiel voll dazu gehörte. Ohne diese Sätze hätte er nicht das sagen können, was er wollte.

Übrigends es ist keine Kunst, was er da geboten hat, das könnte jeder andere auch und da gäbe es bestimmt viele die in das Schmähgedicht von Böhmermann einstimmen wöllten. Nur haben sie nicht die Möglichkeit, es in einer Fernsehsendung wie Böhmermann, zu sagen. Aber es gibt das Internet wo sie sich nun austoben können. Böhmermann hat in meinen Augen bestimmt viele animiert. Das alles wusste er auch. Er wuste auch, was ihm passieren kann, denn das hat er ja dann auch noch öffentlich u. dümmlich rüber gebracht. Und es ist auch in dem Fall kein Mut, sich derart zu äußern, denn er war abgesichert. Andere, zb Journalisten, werden wegen kleiner Kritik von den Medien ausgeschlossen.

Nun noch mal kurz zu dem Lied. Wie ich weis, ist das Lied von Extra 3 nicht von Böhmermann, sie waren schneller u. wie ich gelesen habe, hat ihn das gestört. Oder weißt du es besser u. ich liege falsch?
Tina

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