Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?

Internationale Politik Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?

carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf miriam vom 03.02.2011, 13:37:26
"Jetzt beginnt mir die Diskussion hier richtig Spaß zu machen!
Warum? Weil du Carlos, bei mir sogar philosophische Züge entdeckst!" miriam


Spekulieren lässt sich über Geschichte immer. Beispielsweise, wenn die Leute gemerkt hätten, dass ihre Regierenden auch nur Luschen sind oder dass Adolf der Glorreiche im Grunde kein Regierungschef, sondern ein Hallodri und Spinner und schon gar mein Arier war. Das zu erkennen war nicht schwer. Aber die Menschen erkennen nur das, was sie erkennen wollen. Wenn sie immer wieder auf Parolen hereinfallen, wie mart1 feststellt, hat das Ursachen, die tief in unserer Psyche verankert sind. Eine andere Spekulation könnte sein, wie eine Gesellschaft aussehen könnte, würde der leitende Staatsmann sich von den Grundsätzen der Bergpredigt (oder nur der Menchenrechte) leiten.

Die philosophischen Bezüge bei dir sah ich nicht in deiner Feststellung, dass eine "gesellschaftliche Umwelt erst .... entstehen muss" bevor eine Massenbewegung entstehen kann. Auch wenn sie von Lukacz stammt, erscheint mir das eher trivial. Ich knüpfte an deine Feststelung an, dass in der geschichtlichen Entwicklung immer eine leitende Vernunft zu finden sei. Wie sonst hätte es Freiheitsbewegungen geben können und den Gedanken der Demokratie, die uns eine Mitwirkung an der Regierung ermöglicht. Ich bin eher skeptisch, denn es hätte auch anders kommen können.

Aber warum kommt es zu diesen Massenbewegungen? Wenn Massen hungern, streben die Massen eben danach de nHunger zu stillen. Hunger macht unruhig. Die Folge ist eine Brotrevolte. Solche Revolten gab es regelmäßig in der Geschichte, als es die Industrialiserung und Globalisierung noch nicht gab. Wir sind nicht daran gewöhnt, weil wir Nahrungsmittel im Überfluss haben. Ich schließe dies z. B. aus dem vielen weggeworfenen Brot auf Schulhöfen. Für über eine Milliarde Menschen gilt das jedoch nicht. Die Nahrungsmittelpreise sind im Januar 2011 noch nie so hoch gewesen. Spekulation und vor allem nicht ausreichende Ernten sind die Ursachen. Es wird in Zukunft immer mehr Hungerrevolten geben. In Äg. (das Land exportiert Gemüse auch zu uns nach Dtld) kostet 1 kg Tomaten einen Wochenlohn. Bei einem Monatslohn von 36 € kostet ein Pfund Erbsen 1 Euro. 27% Arbeitslosigkeit. Wir sehen die Bilder aus dem Zentrum Kairos und gewinnen den Eindruck einer intakten Infrastruktur. Der Schein trügt. Die erbärmlichen Slums zeigt kein Bild. Jedes Jahr vermehrt sich die Bevölkerung Ägyptens um mehr als 1 Mio Einwohner. Diese Ärmsten der Armen sind an der Revolte nicht beteiligt. Wir sehen junge Leute, gebildet, arbeitslos, frustriert ohne Hoffnung auf eine Zukunft. Welchen Sinn haben Ideen wie Freiheit und Demokratie in dieser Lage?

Eine Revolutionm sind die Vorgänge in Äg. bis jetzt nicht, eine Revoilte ja. Zu einer Revolution gehört immer ein Zukunftsentwurf einer Gesellschaft, gehört ein Lösungsmodell für die drängenden Probleme der Gesellschaft. Wo ist aber die Lösung für Hunger und Armut? Die USA spendieren Ägypten jährlich ein bis zwei Mrd USD. Ein großer Teil geht an das Militär, aber auch Lebensmittel werden geliefert. Äg. hat eine Armee von fast einer halben Mio Soldaten. Die Offiziere genießen hohes Ansehen und materielle Privilegien. Die Armee sichert auch oder vor allem die Stabilität nach innen. Seit der Absetzung des letzten Königs (Faruk) 1952 durch General Nagib, hat es nur Offiziere als Staatslenker gegeben. Oberst Nasser putschte gegen den General Nagib. Sadat löste Nasser ab. Er war ebenfalls Offizier. Nach der Ermordung Sadats 1981 folgte ihm Mubarak. Mubarak war Oberbefehlshaber der Luftwaffe.

Ich will damit nicht sagen, dass wieder ein Offizier auf Mubarak folgen wird. Miriam, du erwähnst die Moslembrüder. Sie sind eine gut organisierte Opposition, überall in der Gesellschaft präsent. Sie übernehmen Verantworung im sozialen Bereich für Kranke, Arme und gewinnen dadurch Stärke. Auch sie müssen erklären, wie die wachsende Zahl der Hungernden und Arbeitslosen ernährt werden können. Das spricht gegen sie. Aber innere Spannungen wegen ungelöster Probleme können auf ausländische Gegner abgeleitet werden. In Ägypten ließen sich leicht Gefühle gegen Israel als Sündenbock für innere Probleme abwälzen. Revolutionäre haben in der Moderne diese Strategie als Mittel zur inneren Absicherung ihrer Herrschaft gerne verfolgt.

Welche Politik sollte der Westen verfolgen? Eine Politik, die sich verantwortungsbewusst dieser Probleme annehmen würde, sähe anders aus, als das, was aus europäsichen Hauptstädten zu hören ist.

hugo
hugo
Mitglied

Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von hugo
als Antwort auf carlos1 vom 03.02.2011, 22:38:46
Welche Politik sollte der Westen verfolgen? (carlos)

interessante Frage,,was soll der Westen tun ?

Der Westen steht -so wie es derzeit aussieht -völlig hilflos da.

Er wird Versprechungen machen wie immer
-wird die falschen Schlüsse ziehen und die falschen Forderungen stellen wie immer,
-wird die Freiheitliebende Oppositionen zu spät unterstützen wie immer
-wird viel zu lange die Despoten halten, wie immer

ihm bleibt nichts anderes übrig,,

Wer nach innen seinem Volk stets vorgaukelt, für die Demokratie einzutreten und sie auch anderwärts einzufordern, in der Praxis jedoch JEDEM Verbrecher Freundschaft huldigt, mit JEDEM Teufel Geschäfte macht so er sich davon auch nur entsprechende Gewinne verspricht, jeden Freund verrät und im Stich läßt wenns brenzlig wird,,
was soll man davon halten??

Die Amis (also auch Wir)würden sich mit Mao, mit Stalin, mit Ghadhafi, Mit Mubarak, mit Mugabe, mit Bin Laden,,,,mit jedem Verbrecher ins Bett legen so sie sich davon Gewinn versprechen und dabei das jeweilige Volk verraten,,ich kann mir beim Besten Willen nicht vorstellen das sich das irgendwann mal ändert, es sei denn auf Druck von unten und außen.

So wie ihr System angelegt ist, so wie sie sich weltweit abhängig gemacht haben und auf die Hilfe die Ausbeutung fremder Länder angewiesen sind, können sie gar nicht anders als weiter auf diese Unart herum zu lavieren.

Das Problem liegt am und im System.

hugo
adam
adam
Mitglied

Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von adam
als Antwort auf hugo vom 03.02.2011, 23:14:39
@hugo,

es liegt nie am System, sondern immer an den Menschen. Und Menschen machen Fehler, aus denen sie lernen und aus denen man sie auch lernen lassen muß.

Übrigens haben die Menschen des Systems, das Du so leidenschaftlich ablehnst, auch den Despoten Deines geliebten Systems gestützt, bis es mit Pauken und Trompeten untergegangen ist und Du beim Klassenfeind unter geschlüpft bist.

Und wieder liegt es an den Menschen: Die einen haben Demokratie begriffen und andere nicht oder besser gesagt, wollen es nicht begreifen. Ähnlich wird es auch in den arabischen Staaten ablaufen und wie es auch in der Geschichte abgelaufen ist. Die einen profetieren vom freiheitlichen System und andere sind dazu nicht in der Lage und können nur unter Despoten eine Rolle spielen.

Demokratie lernt der einzelne Mensch, nie eine ganze Gesellschaft.

--

adam




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hugo
hugo
Mitglied

Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von hugo
als Antwort auf adam vom 04.02.2011, 00:50:29
Übrigens haben die Menschen des Systems, das Du so leidenschaftlich ablehnst, auch den Despoten Deines geliebten Systems gestützt, bis es mit Pauken und Trompeten untergegangen ist und Du beim Klassenfeind unter geschlüpft bist. (adam)

ja adam, das begreif ich nicht, vonwegen das es an den Menschen liegt und nicht auch am System.

Wenn Mubarak 30 Jahre lang- sicher auch gestützt durch das System Amerika-Westeuropa, dessen Schurke er ja ist/war sich in der Führung und gegen die Menschen (die Masse der Menschen) halten konnte??
Dann lags also an den Menschen in Westeuropa und den USA das sich die Menschen in Ägypten nicht frei bewegen konnten usw ?

übrigens Deine an mich gerichtete Behauptung spricht dann ebenfalls gegen Deine Wahrnehmung. Ich würde Deinen Satz dann so deuten:
Die Menschen der BRD (und nicht das System)haben 40 Jahre lang mit ihrer Unterstützung (du schreibst das) dafür gesorgt das ich -also wir Ossis alle- in Sorge, Not und Unfreiheit leben musste und die "Pankower Bonzen, Diktatoren usw., " ein glückliches Leben führen konnten ??

oder haste Dich verschrieben und hast gestürzt anstatt gestützt gemeint ?

es klingt zwar ein wenig seltsam wenn ein einfacher User von den Schurken, Verbrechern und Diktatoren schreibt, aber immerhin haben diese Sprüche schon große Männer vor zig Jahren genau so dargestellt.

War es nicht Nixon der sagte: "Unsere Feinde sollten davon ausgehen, dass wir von Sinnen und unberechenbar sind und über ein außerordentliches Destruktionspotential verfügen,,,,?


War es nicht US-Außenminister Baker über Hussein: „Er ist zwar ein Schurke, aber er ist unser Schurke.“

Parallelen zum Vorgehen in Afghanistan werden auch hier überdeutlich.

War es nicht Franklin D. Roosevelt der einmal auf den nicaraguanischen Diktator und US-Partner Somoza García angesprochen wurde und antwortete: “Er ist ein Hurensohn, aber er ist unser Hurensohn.

Also zusammenfassend fühle ich mich durchaus bestätigt das ich ein System ablehne welches zum eigenem Nutzen eine Diktatur auf Kosten der darunter leidenden Menschen stützt,,was ist daran so Kritikwürdig ?

hugo
rodaroda
rodaroda
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Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von rodaroda
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 03.02.2011, 19:01:36
Was in dieser Aussprache zunächst ins Auge fällt, ist dass die Diskutanten (und der Ansatz) von einer westlichen Geschichts-, Religions- und Kulturentwicklung ausgehen, die durch zahlreiche, prägnante Ereignisse und Strömungen über Jahrhunderte wirkten.

Diese sind als zwingend notwendige Voraussetzungen in den bisherigen totalitär regierten Staaten einfach nicht vorhanden. Daher ist ein Vergleich, per se als falscher Ansatz, unzulässig.

In diesen Ländern fand das Zeitalter der Aufklärung nicht statt, ebenso wenig wie eine Reformation und zentrale diesbezügliche Autoritäten in der Religion, soweit es hauptsächlich den Islam betrifft. Ebenso wenig wie der Übergang von der absoluten zur konstitutionellen Monarchie. mit dem Beginn des effektiven Parlamentarismus.

Wie wichtig zumindest eine geführte Entwicklung zu dieser gesellschaftspolitischen Bewusstseinsbildung ist, zeigt das Beispiel Indien, das fast im Gleichschritt, von der Mogulenherrschaft, Regionalfürsten durch die britische Radjh - an diese mit der Entwicklung des Kolonialherren gekoppelt - in Verwaltung, Amtssprache, Infrastruktur etc. zur größten Demokratie der Welt entwickelt - man kann sagen - wurde.

Ein zweites Beispiel mag in der Türkei gesehen werden, wobei hier aber noch die religiöse Frage, trotz des Gedanken des Laizismus durch Atatürk, verbunden mit dem inheränten Nationalismus, immer wieder virulent ist.

Ich denke daher, dass die Chance, dass aus den gegenwärtigen Entwicklungen in den arabischen Staaten in absehbarer Zukunft,gering ist und keine Entwicklung im Sinne der Eingangsfrage entstehen wird, es jedoch (eine Binsenweisheit) darauf ankommen wird, ob sich der Hoffnungsfaktor der mehrheitlich jungen Bevölkerungen, gegen die islamistische Komponente wird durchsetzen können.

Es ist allerdings zu erwarten, dass der Westen hier äußerst zurückhaltend agieren muss (soweit es die USA betrifft) und auf Grund der Nähe, die EU hier eine Rolle spielen sollte. Weiters ist durchaus möglich, dass der eine "starke Mann" durch einen gemäßigteren ersetzt wird.

Im Moment ist es völlig unübersichtlich.
rodaroda
rodaroda
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Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von rodaroda
als Antwort auf hugo vom 04.02.2011, 10:07:55
adam - hugo/ hugo - adam

Bitte was sollen diese Systemvergleiche unserer jüngeren eigenen Vergangenheit?

Öffentlicher Austausch gegenseitiger Wertschätzung?

Jedenfalls haben sie weniger mit der anfänglichen Frage zu tun, die mir aber hinreichend interessant und überlegenswert erschien.

Aber grundsätzllich sollte dazu einmal für sich selber überprüft werden, inwieweit die gescholtenen (existenen) Verirrungen nationaler Interessen und ihre politischen Auswirkungen, sich auf das persönliche Wohlergehen des Schimpfenden auswirken, dieser also sie - zumindest still billigend - "mitnimmt/mitgenommen hat"

Alles ist relativ, meine Herren!

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hugo
hugo
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Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von hugo
als Antwort auf rodaroda vom 04.02.2011, 10:37:05
Bitte was sollen diese Systemvergleiche unserer jüngeren eigenen Vergangenheit? (rodaroda)


hallo radoga,, erstmal danke für Deinen vorhergehenden Beitrag, dazu ist noch einiges zu sagen,,vielleicht später.

Die "Systemvergleiche" sind das mehr oder weniger schon seit vielen Jahren praktizierte anstrengende Hobby einiger hiesiger User, mit dem Ziel, die Stärke der Zuckungen dieser Systeme bei deren fast erfolgtem bzw noch erwartetem Dahinscheiden zu ergründen. *g*

hugo

rodaroda
rodaroda
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Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von rodaroda
als Antwort auf hugo vom 04.02.2011, 11:11:53

Gut hugo!

nur bitte - der guten Ordnun halber - ich bin zwar östlicher Herkunft, jedoch nicht aus Polen oder CS...Mein Nick-Inspirator war Ungar

Es grüßt
rodaroda
Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf hugo vom 04.02.2011, 11:11:53
"Die "Systemvergleiche" sind das mehr oder weniger schon seit vielen Jahren praktizierte anstrengende Hobby einiger hiesiger User,..."
geschrieben von hugo


Stimmt !
Ich hoffe, du schließt dich da nicht aus, wenn es um dieses "Hobby" geht!
adam
adam
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Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von adam
als Antwort auf rodaroda vom 04.02.2011, 10:37:05
Bitte was sollen diese Systemvergleiche unserer jüngeren eigenen Vergangenheit?

Öffentlicher Austausch gegenseitiger Wertschätzung?

Jedenfalls haben sie weniger mit der anfänglichen Frage zu tun, die mir aber hinreichend interessant und überlegenswert erschien


Du hast offensichtlich die beiden letzten Absätze meines Beitrages nicht gelesen.

--

adam

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