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Literatur Botschafter der Menschlichkeit

enigma
enigma
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Re: Botschafter der Menschlichkeit
geschrieben von enigma
als Antwort auf eleonore vom 22.07.2008, 06:57:30
Ein gutes Thema, dem ich wünsche, dass es fortgeführt wird.

Die Waffe der Dichter/Schriftsteller ist das Wort. Inwieweit das zu Bewußtseinsveränderungen führt oder führen kann, bleibt ungewiss. Aber ganz sicher sollten solche Stimmen nicht verstummen, sondern uns Unrecht und Schrecknisse vor Augen führen , sollten als Mahner an unser eigenes Gewissen appellieren, damit wir nicht vergessen, was Recht und was Unrecht ist und bleibt.
Denn ein Zweck (oft auch ein fragwürdiger?) rechtfertigt eben nicht alle Mittel.
Viele, oft Betroffene, die über Folter, Tod, Internierung und Verfolgung schrieben und schreiben, bemühen sich dennoch um Aussöhnung. Und darum soll es ja wohl, wenn ich das richtig verstanden habe, in diesem Thema vor allem gehen.

Zunächst möchte ich einige Informationen über palästinensische Literatur einstellen, die möglicherweise interessant sein könnten,
hier:

In dem Artikel gibt es Informationen über

Ghassan Kanafani,
der selbst durch eine Bombe umkam.

Auch über Emil Habibi
und seinen Roman “Der Peptimist” ist etwas zu finden.
Habibi erhielt als erster arabischer Schriftsteller den israelischen Staatspreis für Literatur.
Nach 1948 arbeitete er als Journalist, von 1953 bis 1972 war er Mitglied der Knesset.

Über die eingangs schon von Cécile vorgestellte Sahar Khalifa ist auch ein Beitrag enthalten. Da habe ich eine Leseprobe aus “Verheißung” gefunden und möchte diese einstellen - she. Linktipp!


Weiter Infos gibt es über
Muin Bseisohttp://en.wikipedia.org/wiki/Muin_Bseiso einen guten Freund von Darwisch, der auch in langjähriger Haft schrieb.

Natürlich ist auch über den hier bereits mehrfach erwähnten Mahmud Darwisch geschrieben. Das ist ja unverzichtbar.
Bitte unbedingt die wunderbaren Gedichte lesen (nur bei Interesse natürlich), die als Leseprobe in dem Artikel abgedruckt sind. Das lohnt sich wirklich! Sein Gedicht “Wir lieben das Leben” kenne ich schon Jahre und bin immer wieder begeistert von dieser Botschaft.

Gruß an alle

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enigma
cecile
cecile
Mitglied

Re: Botschafter der Menschlichkeit
geschrieben von cecile
als Antwort auf enigma vom 23.07.2008, 09:03:05
Danke für die ausführlichen Links, Enigma.

Es freut mich, daß die Gedichte von Mahmud Darwisch dir auch gefallen.

---


Ein unermüdlicher Friedensaktivist ist David GROSSMANN (1954 geboren) aus Israel.
Zusammen mit andern Autoren und Künstlern (unter anderm auch Amos Oz) hat er die Vereinigung PEACE NOW gegründet.

Er ist nicht nur ein charismatischer Redner - er ist ein brillanter Schriftsteller. Sein Werk umfasst Romane, Essays, Kinder-und Jugendbücher.


In seinem ersten Roman "Der gelbe Wind" hat er die israelisch-palästinensische Tragödie schonunslos angeprangert und hat sich dafür in Israel herbe Kritik eingefangen.

Übrigens wird David Grossman am 27 Juli 2008 in Frankfurt/Main im Jüdischen Museum ein Autorengespräch mit Katharina Hacker führen!


--
cecile
enigma
enigma
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Re: Botschafter der Menschlichkeit
geschrieben von enigma
als Antwort auf cecile vom 24.07.2008, 01:35:29
Danke Cécile,

für das Einstellen von Informationen über Grossman, den ich auch sehr schätze.
Vielleicht überträgt ja das FS das Autorengespräch?

Aber jetzt zu einem anderen "Versöhner":

Jehuda Amichai ,ursprünglich Ludwig Pfeuffer, geboren 1924 in Würzburg, emigrierte 1935 mit seinen Eltern nach Palästina.

Als Jugendlicher hat er Else Lasker-Schüler in Jerusalem kennen gelernt und später einen ihrer Gedichtbände ins Hebräische übersetzt.


In einer Biografie - Linktipp! - ist folgendes zu lesen:

....“Jehuda Amichai, ein Mann des Friedens, mußte in Israel fünf Kriege mitmachen und hat in der Jüdischen Brigade der englischen Armee gegen Hitler-Deutschland im Zweiten Weltkrieg gekämpft. Auch das hat seine Gedichte und Erzählungen bestimmt. So schreibt er Klagelieder für die Gefallenen, nicht Siegeslieder, denn: "Ich verliere stets, /auch wenn ich siege." Nie wird bei ihm das Schreckliche poetisch verklärt, denn Amichai weiß: "Grabmäler sind prächtige Grundsteine / für Gebäude, die niemals gebaut werden."....

Das finde ich ganz wunderbar ausgedrückt, dass man bei solchen „Siegen“ auch immer verliert.

Er war mehrfach Kandidat für den Nobelpreis, hat ihn aber letztlich nicht erhalten, stattdessen aber wichtige andere Literaturpreise.

Ich kenne einiges von seiner Lyrik, durch die er wohl am bekanntesten wurde, obwohl er auch Anthologien, Novellen, Kurzgeschichten, Theaterstücke und Essays veröffentlichte.

Eines seiner Gedichte ist in der Biografie abgedruckt.

Im Jahre 2000 ist Amichai in Jerusalem gestorben.
Eine Würdigung anlässlich seines Todes kann man hier lesen.
Und über diesen Artikel sind auch zwei seiner Gedichte abrufbar.

Für mich gehört er auch zu den „Versöhnern“, obwohl er in Israel als streitbarer Autor galt, der eindeutige Positionen bezog und gerne Klartext redete.
Statt Rache nehmen zu wollen, hat er den Dialog (mit den Deutschen) gesucht.
Deutschland und seine Heimatstadt Würzburg hat er öfter besucht.

Und er setzte auch auf Versöhnung im Nah-Ost-Konflikt, u.a. auch dadurch, dass er häufig mit palästinensischen Autoren zusammenarbeitete.

Itzhak Rabin und Shimon Peres haben Amichai übrigens 1994 zur Verleihung des Friedensnobelpreises mit nach Oslo genommen. Während der Zeremonie verlas A. im Rahmenprogramm einige seiner Gedichte.

Auch die Süddeutsche Zeitung brachte einen Nachruf über Amichai, auch
nachzulesen.http://www.nizza-thobi.com/jehuda_amichai_1924.html






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enigma

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eleonore
eleonore
Mitglied

Re: Botschafter der Menschlichkeit
geschrieben von eleonore
als Antwort auf enigma vom 25.07.2008, 07:52:35
die andere seite.



Sahar Khalifa wurde 1941 in Nablus, Palästina, geboren. Mit achtzehn Jahren ging sie eine traditionelle Ehe ein, die dreizehn Jahre dauerte. Nach der Scheidung begann sie sich verstärkt dem Schreiben zu widmen, studierte in den USA und arbeitete als Dozentin an der Universität Bir Zeit.
In Nablus gründete sie ein palästinensisches Frauenzentrum, das sie neben ihrer schriftstellerischen Arbeit leitet. Heute lebt sie in Nablus und Amman. Für ihren Roman »Die Verheißung« erhielt sie 2006 in Kairo die Nagib-Machfus-Medaille.

Sahar Khalifa wurde 1941 in Nablus, Palästina geboren und mit achtzehn Jahren, nachdem sie das Rosary College in Amman abgeschlossen hatte, verheiratet. Nach dreizehn Jahren ließ sie sich scheiden, um der Enge ihrer Ehe zu entkommen und Schriftstellerin zu werden.

Ihre traditionsbewusste Mutter habe sie aufgefordert, realistisch zu sein: »Ich bin sehr realistisch, aber ich akzeptiere die Realität nicht so, wie sie ist«, sagt Khalifa von sich.
Das gilt für die politische Situation in Palästina und Israel wie für die Lebensbedingungen der palästinensischen Frauen: »Wir hätten gern mehr Frauen in der politischen Administration. Wir hätten gern Veränderungen in den zwischenmenschlichen Beziehungen, keine Polygamie mehr, die Möglichkeit von Scheidungen, das Erbrecht für Frauen. Es wird viele Auseinandersetzungen geben mit den Fundamentalisten, die aufgrund der ständigen Frustrationen immer stärker wurden. In einer friedvolleren Atmosphäre wird ihr Einfluss zurückgehen …«

Nach der Scheidung studierte Sahar Khalifa Englische Literatur an der Universität von Bir Zeit und später in den USA, wo sie mit einem Doktortitel in Women's Studies und Englischer Literatur an der Iowa University abschloss.
Bei ihrer Rückkehr nach Palästina gründete sie das Women and Family Affairs Center in Nablus und Amman (www.wafac.org), ein palästinensisches Frauenzentrum, weil sie den palästinensischen Befreiungskampf auch als Kampf zur Befreiung der Frauen verstanden wissen will: »Wir wollen nicht nur ein befreites Land, wir wollen ein befreites Leben.«
Es sei widersinnig, den Westen anzuklagen und die Ausbeutung in der eigenen Gesellschaft, ja in der eigenen Familie zu verschweigen.

Sahar Khalifa, die heute in Nablus und Amman lebt, begann kurz nach der israelischen Invasion im Westjordanland und Gaza zu schreiben und veröffentlichte ihren ersten Roman 1974. Sie gilt als bedeutendste Romanautorin der palästinensischen Literatur und verwendete als eine der Ersten umgangssprachliches neben klassischem Arabisch. Ihre Werke sind in zahlreiche Sprachen übersetzt.

1974: "Wir sind nicht mehr eure Sklavinnen"
Ihr erster Roman, als Manuskript von den Israeli konfisziert, erschienen in Kairo, überraschte durch die bislang ungewohnte Parteinahme für die Rechte der Frauen. Er wurde 1977 in ein Hörspiel und eine Fernsehserie umgesetzt.

1975: "Der Feigenkaktus"
Dieser Roman brachte den Durchbruch und begründete auch ihre internationale Anerkennung. Er wurde unter anderem ins Hebräische übersetzt (Galileo, 1978)

1980: "Die Sonnenblume"
Übersetzt u.a. ins Hebräische (Mifras, 1982)

1986: "Memoiren einer unrealistischen Frau"
1990: "Das Tor"
1997: "Das Erbe"
2006 in Kairo ausgezeichnet mit der Nagib-Machfus-Medaille
2002: "Die Verheißung"
2004: "Heißer Frühling"


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eleonore
eleonore
eleonore
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Re: Botschafter der Menschlichkeit
geschrieben von eleonore
als Antwort auf eleonore vom 25.07.2008, 08:02:27
ich habe diesen älteren thread vorgekramt.

gestern abend war ich sport so richtig leid, und hab spät arte geschaut.

*wir können nur den hass verringern* über barenboim und sein projekt, in memoriam edward said.

es war anrührend, beeindruckend und bewegend.
ich sah, wie herr barenboim den israelischen staatspreis bekam, und in seinen laudatio harte worte fand, für den politik israels gegenüber der palästinenser.
er besichtigte auch diese unseeligen mauer.

zum abschluss wurde dass konzert in ramallah gezeigt.
und ich schäme mich nicht, mir kamen die tränen, als am ende die junge musiker sich voneinader verabschiedeten.

auch die aussagen diese junge musiker waren sehr bewegend, auf eine absolute versöhnungs kurs.
mein link führt zu ein interview mit barenboim, sehr lesenswert.

ich freue mich auf der berliner konzert der orchester.

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eleonore
enigma
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Re: Botschafter der Menschlichkeit
geschrieben von enigma
als Antwort auf eleonore vom 12.08.2008, 11:09:19
Hallo Eleonore,

es ist auch kein Grund, sich seiner Rührung zu schämen, wenn die Situation danach ist.
Gut, dass Du mit Deinen heutigen Beitrag diesen Thread weiter fortgeführt hast.
Eigentlich fand ich es auch schade, dass wir hier nicht weitergemacht hatten.
Und das Konzert wird Dich mit Sicherheit begeistern. Ich beneide Dich darum.
Danke auch für den Interview-Text.

Ehrlich gesagt, war in mir auch nach der Meldung über den Tod von Darwish die Lust wieder gekommen, die Beiträge hier weiterzuführen.
Da hatte ich schon etwas vorbereitet und stelle es jetzt ein:

Fuad Rifka, gebürtiger Syrer, später mit seiner christlichen Familie in den Libanon gezogen, Lyriker, Philosoph, Übersetzer, sollte hier auch seinen Platz erhalten.

Beeinflußt durch deutsche Philosophie (er promovierte in Deutschland über die Ästhetik Martin Heideggers) und Lyrik, vor allem durch Gedichte von Rilke, übersetzte er wichtige Lyrik (u.a.Goethe, Hölderlin, Novalis, Rilke und Trakl) ins Arabische.

Sein erster eigener Gedichtband erschien bereits 1961.
Im Laufe der Jahre erschienen weitere, die auch in deutscher Sprache herausgegeben wurden.
Auch an einer Bibelübersetzung war der Christ Rifka maßgeblich beteiligt.
Einige Informationen nachzulesen
hier:

Im Jahre 2001 wurde Rifka von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung mit dem Friedrich-Gundolf-Preis ausgezeichnet und ein Jahr später zum Mitglied der Akademie gewählt.

Sein Gedichtband „Das Tal der Rituale“ erschien 2002 beim Straelener Manuskripte Verlag, zweisprachig arabisch-deutsch.
Einige Rezensionen sind zu lesen
hier:

Auch der Deutschlandfunk berichtete
darüber.
Und zum Schluss noch ein Artikel der NRZ von Juli 2008 über “Rilkes Enkel aus Beirut”, der am Übersetzer-Kongress in Strahlen teilnahm - Linktipp!

Und jetzt Gruß und Tschüss.....

--
enigma

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