Literatur Literarischer Adventskalender

Knecht Ruprecht

Von drauß vom Walde komm' ich her;
Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!

Allüberall auf den Tannenspitzen
Sah ich goldene Lichtlein sitzen;

Und droben aus dem Himmelstor
Sah mit großen Augen das Christkind hervor,

Und wie ich so strolcht' durch den finstern Tann,
Da rief's mich mit heller Stimme an:

"Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell,
Hebe die Beine und spute dich schnell!

Die Kerzen fangen zu brennen an,
Das Himmelstor ist aufgetan,

Alt' und Junge sollen nun
Von der Jagd des Lebens ruhn;

Und morgen flieg' ich hinab zur Erden,
Denn es soll wieder Weihnachten werden!"

Ich sprach: "O lieber Herre Christ,
Meine Reise fast zu Ende ist;

Ich soll nur noch in diese Stadt,
Wo's eitel gute Kinder hat." -

"Hast denn das Säcklein auch bei dir?"

Ich sprach: "Das Säcklein, das ist hier;

Denn Äpfel, Nuss und Mandelkern
Essen fromme Kinder gern." -

"Hast denn die Rute auch bei dir?"
Ich sprach: "Die Rute, die ist hier;

Doch für die Kinder nur, die schlechten,
Die trifft sie auf den Teil, den rechten."

Christkindlein sprach: "So ist es recht;
So geh mit Gott, mein treuer Knecht!"

Von drauß vom Walde komm' ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!

Nun sprecht, wie ich's hierinnen find'!
Sind's gute Kind, sind's böse Kind?


Theodor Storm (1817-1888)

Jorge Luis Borges (* 24. August 1899 in Buenos Aires; † 14. Juni 1986 in Genf, Schweiz; mit vollem Namen Jorge Francisco Isidoro Luis Borges Acevedo) war einer der bedeutendsten argentinischen Schriftsteller. Er verfasste eine Vielzahl phantastischer Erzählungen, Gedichte und Essays.(aus Wikipedia)

Weihnacht

Weihnachtsgeläute
Im nächtigen Wind...
Wer weiß, wo heute
Die Glocken sind,
Die Töne von damals sind ?

Die lebenden Töne
Verflogener Jahr'
Mit kindischer Schöne
Und duftendem Haar,
Mit tannenduftigem Haar,

Mit Lippen und Locken
Von Träumen schwer?...
Und wo kommen die Glocken
Von heute her,
Die wandernden heute her ?

Die kommenden Tage,
Die wehn da vorbei.
Wer hörts, ob Klage,
Ob lachender Mai,
Ob blühender, glühender Mai

Weihnachtsbäckerei
oder “Häusliche Rollenverteilung”

Die Mam bäckt Spekulatius,
den Stollen und die Printen
der Pappa liest den Tacitus
und nascht dabei Korinthen

die Mam sucht die Korinthen nun
die in den Stollen sollen
„Was soll ich in den Stollen tun?“
fragt ratlos sie den Ollen!

Papa ist Lehrer in Latein
und furchtbar klug und tüchtig.
„Tu statt Korinthen Nüsse rein
Ist schließlich nicht so wichtig!“

Die Mam bäckt Spekulatius
doch vorerst keinen Stollen
und läßt mit seinem Tacitus
in Ruhe ihren Ollen!

Die Mam bäckt Spekulatius
und Spritzgebäck und Printen
Der Pappa liest den Tacitus
von vorn und auch von hinten!

Und manches Mal mit viel Genuss
kackt Pappa auch Korinthen!
--
gummibroetchen

Andere Sinnsprüche von Georges Braque aus den Aufzeichnungsbüchern zu Kunstgfragen:
(Wer sucht, der findet die Quellenangaben bei Wiki…)

"Die Tätigkeit ist eine Folge verzweifelter Handlungen, welche erlauben, die Hoffnung zu bewahren."

„Die Wirklichkeit offenbart sich nur, wenn sie vom Strahl der Poesie erhellt wird. Alles um uns ist Schlaf."

"Es ist das Detail, das unterhält und lebendig macht."

"Ich begehre die Liebe, wie man Schlaf begehrt."

"Man muss sich mit dem Entdecken begnügen und auf das Erklären verzichten."

"Nicht das Ziel ist wichtig, sondern die Mittel es zu erreichen."

"Nicht die Buchstaben sind die Wirklichkeit, sondern der Aussage stiftende Satz."

"Nicht der Jammer der Füße bestimmt die Wanderung durch eine Wüste, nicht die Gewalt des Regens oder der brütende Terror der Sonne - sondern die überraschende Herrlichkeit der Landschaft und das Erlebnis ihrer Schönheit."

--
longtime

Gummi-Sowieso:

O weiser Tacitus-Erkenner:

Ich glaube nicht, dass der zufällig intelligente Fund eines lateinischen Wortes mit us-Endung (als genialer Reim auf Spekulatius) ein Gedicht ausmacht; erst recht keines, das hier in eine Sammlung "Literarischer Adventskalender" gehört.

--
longtime

17. Dezember

Wenn ich schreibe,
statte ich mir einen
feierlichen Besuch ab.

(Fernando Pessoa)

Womit bewiesen ist, dass alle Schreibenden - na ja, Pessoa zumindest tut das hier Kund - sich selbst mit Ehrfurcht begegnen. Und alle, die lesen, diesen nicht immer für den Schreiber aufbringen können.



lotte