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Literatur Literarischer Adventskalender

chris
chris
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Re: Literarischer Adventskalender - 5.12.
geschrieben von chris
als Antwort auf chris vom 07.12.2008, 09:38:04





8. Dezember

Die Poesie heilt die Wunden,
die der Verstand schlägt.

(Novalis)


welling
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Re: Literarischer Adventskalender - 5.12.
geschrieben von welling
als Antwort auf chris vom 08.12.2008, 07:41:23
Novalis, der eigentlich Georg Friedrich Philipp Freiherr von Hardenberg hieß, war ein Dichter der Frühromantik, Philosoph und Bergbauingenieur.
Unter anderem schrieb er Aphorismen, also knapp formulierte Gedanken, Lebensweisheiten (Duden). Friedrich Schlegel hat viele dieser Gedanken unter dem Titel "Blütenstaub" veröffentlicht.
Ein Aphorismus befasst sich mit den Verworrenen und Geordneten.


Die Verworrenen und die Geordneten
54.

"Je verworrener ein Mensch ist, man nennt die Verworrenen oft Dummköpfe, desto mehr kann durch fleißiges Selbststudium aus ihm werden; dahingegen die geordneten Köpfe trachten müssen, wahre Gelehrte, gründliche Encyklopädisten zu werden. Die Verworrenen haben im Anfang mit mächtigen Hindernissen zu kämpfen, sie dringen nur langsam ein, sie lernen mit Mühe arbeiten: dann aber sind sie auch Herrn und Meister auf immer. Der Geordnete kommt geschwind hinein, aber auch geschwind heraus. Er erreicht bald die zweite Stufe; aber da bleibt er auch gewöhnlich stehen. Ihm werden die letzten Schritte beschwerlich, und selten kann er es über sich gewinnen, schon bei einem gewissen Grade von Meisterschaft sich wieder in den Zustand eines Anfängers zu versetzen. Verworrenheit deutet auf Überfluß an Kraft und Vermögen, aber mangelhafte Verhältnisse; Bestimmtheit, auf richtige Verhältnisse, aber sparsames Vermögen und Kraft. Daher ist der Verworrene so progressiv, so perfektibel, dahingegen der Ordentliche so früh als Philister aufhört. Ordnung und Bestimmtheit allein ist nicht Deutlichkeit. Durch Selbstbearbeitung kommt der Verworrene zu jener himmlischen Durchsichtigkeit, zu jener Selbsterleuchtung, die der Geordnete so selten erreicht. Das wahre Genie verbindet diese Extreme. Es teilt die Geschwindigkeit mit dem letzten und die Fülle mit dem ersten."

Vielleicht erkennt sich der eine oder der andere in dieser besinnlichen Zeit wieder und es gelingt ihm dadurch, die Geschwindigkeit des Geordneten mit der Fülle des Lebens zu verbinden.

Zu dem heutigen Weihnachtskalenderspruch mag der folgende Text des Novalis passen:

(Zum Beschluss)

Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen,
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freie Leben
Und in die Welt wird zurückbegeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten,
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die ewgen Weltgeschichten,
Dann fliegt vor einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.

Für die von euch, die am "Blütenstaub" interessiert sind, noch ein Link

Gruß
welling
KarinIlona
KarinIlona
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Re: Literarischer Adventskalender - 5.12.
geschrieben von KarinIlona
als Antwort auf welling vom 08.12.2008, 11:58:46
Lieber welling, dein Beitrag trifft mich. Ich befinde mich gerade in der Phase der Geschwindigkeitsanpassung und habe dabei recht positive Erkenntnisse und schöne Erlebnisse. Kann also diese Betrachtungsweise auch weiter empfehlen!
Freundliche Grüße, karilona
--
karilona

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chris
chris
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Re: Literarischer Adventskalender
geschrieben von chris
als Antwort auf longtime vom 02.12.2008, 16:53:30



9. Dezember

Sterne hoch die Kreise schlingen,
Aus des Schnees Einsamkeit
Steigt‘s wie wunderbares Singen –
O du gnadenreiche Zeit!

(Joseph von Eichendorff)




welling
welling
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Re: Literarischer Adventskalender
geschrieben von welling
als Antwort auf chris vom 09.12.2008, 07:28:14
Und wieder ein Romantiker, diesmal ein Vertreter der Spätromantik, also der jüngeren Romantik.

Der heutige "Spruch" ist die vierte Strophe seines Gedichts "Weihnachten"

Weihnachten

Markt und Straßen stehn verlassen
Still erleuchtet jedes Haus
Sinnend geh ich durch die Gassen
Alles sieht so festlich aus.

An den Fenstern haben Frauen
Buntes Spielzeug fromm geschmückt
Tausend Kindlein stehn und schauen,
sind so wundervoll beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus ins weite Feld,
Hehres Glänzen, heilges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!

Sterne hoch die Kreise schlingen,
aus des Schnees Einsamkeit
Steigts wie wunderbares Singen
O du gnadenreiche Zeit!


Im Link findet ihr Gedichte von Eichendorff. Wer ihn weniger kennt, dem empfehle ich als Nachklang zu gestern sein Gedicht "Die zwei Gesellen".
Es handelt von zwei Burschen, die auszogen, um etwas Großes zu vollbringen. Der eine endet in zufriedener Sattheit, der andere im Unrat des Lebens, zwei Positionen, die dem Dichter suspekt sind. Es fehlt halt die geniale Verbindung.

Euch allen einen besinnlichen Tag in dieser Vorweihnachtszeit!

welling
andrea
andrea
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Re: Literarischer Adventskalender
geschrieben von andrea
als Antwort auf welling vom 09.12.2008, 08:27:21
danke für die zusätzlichen informationen.

ich lese gerne biografien und werde die Eichendorff`s wahrscheinlich als nächstes in angriff nehmen.
seine familiengeschichte interssiert mich, da er das gedicht "die 2 gesellen" wohl verfasst hat, um die trennung von seinem bruder aufzuarbeiten.

sehr interessante infos gibt es hier.

also nochmal danke.

auch ich wünsche allen einen angenehmen tag.

--
andrea

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longtime
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Re: Literarischer Adventskalender - 5.12.
geschrieben von longtime
als Antwort auf chris vom 06.12.2008, 12:42:24
Eine schöne Idee, den Sprüchen nachzugehen - und ihren litearischen Zusammenhang aufzuspüren.

Ich tu dies noch für den 6. Dezember:

Hans Christian Andersens Spruch stammt aus: „Der Tannenbaum“.

"Und dann?" fragte der Tannenbaum und bebte in allen Zweigen. "Und dann? Was geschieht dann?" "Ja, mehr haben wir nicht gesehen! Das war unvergleichlich schön!"
"Ob ich wohl bestimmt bin, diesen strahlenden Weg zu betreten?" jubelte der Tannenbaum. Das ist noch besser als über das Meer zu ziehen! Wie leide ich an Sehnsucht! Wäre es doch Weihnachten!


Z.B. noch nachzulesen in dieser Übersetzung:


--
longtime
chris
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Re: Literarischer Adventskalender - 5.12.
geschrieben von chris
als Antwort auf longtime vom 09.12.2008, 11:44:20




10. Dezember

Der Mensch ist nur Mensch
durch Sprache.

(Wilhelm von Humboldt)



longtime
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Re: Literarischer Adventskalender - 5.12.
geschrieben von longtime
als Antwort auf chris vom 10.12.2008, 07:26:32
Zu der Aussage von Wilhelm von Humboldt habe diesen TIPP herausgesucht:

Über einen "Helden der deutschen Sprache":
--
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chris
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Re: Literarischer Adventskalender - 11.12.
geschrieben von chris
als Antwort auf longtime vom 10.12.2008, 18:19:15

11. Dezember

Schreiben ist leicht,
man muss nur die falschen Wörter weglassen.

(Mark Twain)




Samuel Langhorne Clemens (* 30. November 1835 in Florida, Missouri; † 21. April 1910 in Redding, Connecticut) – besser bekannt unter seinem Pseudonym Mark Twain – war ein US-amerikanischer Schriftsteller.

Mark Twain ist vor allem als Autor der Bücher über die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn bekannt. Er war ein Vertreter des amerikanischen Realismus und ist besonders wegen seiner humoristischen, von Lokalkolorit und genauen Beobachtungen des sozialen Verhaltens geprägten Erzählungen und aufgrund seiner scharfzüngigen Kritik an der amerikanischen Gesellschaft berühmt. In seinen Werken beschreibt er den alltäglichen Rassismus, seine „Helden“ durchschauen die Heuchelei und Verlogenheit der herrschenden Verhältnisse.

Mark Twain wurde geboren, als der Halleysche Komet gesichtet wurde, und starb – wie von ihm vorausgesagt – bei der Wiederkunft ebendieses Kometen.
(aus Wikipedia)


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