Literatur Schöne Lyrik

Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 05.05.2015, 16:56:57
Ich habe nachgeschaut, die von Wolke eingegebenen Gedichte sind beide von Rilke.

Rilke
Rilke

Hier ein weiteres Gedicht von Rilke:

Ich lieb ein pulsierendes Leben,
das prickelt und schwellet und quillt,
ein ewiges Senken und Heben,
ein Sehnen, das niemals sich stillt.

Ein stetiges Wogen und Wagen
auf schwanker, gefährlicher Bahn,
von den Wellen des Glückes getragen
im leichten, gebrechlichen Kahn ....

Und senkt einst die Göttin die Waage,
zerreißt sie, was mild sie gewebt, -
ich schließe die Augen und sage:
Ich habe geliebt und gelebt!
Sirona
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Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf rehse vom 05.05.2015, 18:49:54
im Mai sind alle Kater kühn.

Ja Rehse, das bemerke ich momentan auch bei meinem Kater. Er mag nicht mehr in der Wohnung bleiben (wie an kalten oder verregneten Tagen) und mault schon morgens um 6:00 Uhr vor meiner Schlafzimmertür und möchte ins Freie. (Nachts lasse ich ihn vorsichtshalber in der Wohnung).

Übrigens Th. Storm hat ein reizendes Gedicht über Katzen verfaßt:

Von Katzen - Theodor Storm

Vergangnen Maitag brachte meine Katze
zur Welt sechs allerliebste Kätzchen,
Maikätzchen, alle weiß mit schwarzen Schwänzchen.
Führwahr, es war ein zierlich Wochenbettchen!
Die Köchin aber – Köchinnen sind grausam
und Menschlichkeit wächst nicht in der Küche –
die wollte von den Sechsen fünf ertränken,
fünf weiße, schwarzgeschwänzte Maikätzchen
ermorden wollte dieses verruchte Weib.
Ich half ihr heim!
Der Himmel segne mir meine Menschlichkeit!

Die lieben Kätzchen, sie wuchsen auf
und schritten binnen kurzem
erhobnen Schwanzes über Hof und Herd.
Ja, wie die Köchin auch ingrimmig dreinsah,
sie wuchsen auf – und nachts vor ihrem Fenster
probierten sie die allerliebsten Stimmchen.
Ich aber, wie ich sie so wachsen sah,
ich pries mich selbst und meine Menschlichkeit. –

Ein Jahr war um, und Katzen sind die Kätzchen –
und Maitag ist’s! Wie soll ich beschreiben das Schauspiel,
das sich jetzt vor mir entfaltet?
Mein ganzes Haus, vom Keller bis zum Giebel,
ein jeder Winkel ist ein Wochenbettchen!
Hier liegt das eine, dort das andre Kätzchen,
in Schränken, Körben, unter Tisch und Treppen,
die Alte gar – nein, es ist unaussprechlich,
liegt in der Köchin jungfräulichem Bette!
Und jede, jede von den sieben Katzen
hat sieben – denkt Euch! Sieben junge Kätzchen,
Maikätzchen, alle weiß mit schwarzen Schwänzchen.

Die Köchin rast, ich kann der blinden Wut
nicht Schranken setzen dieses Frauenzimmers,
ersäufen will sie alle neunundvierzig!
Mir selber, ach mir läuft der Kopf davon –
O Menschlichkeit, wie soll ich dich bewahren!
Was fang ich an mit sechsundfünfzig Katzen?
akinomp
akinomp
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Re: Schöne Lyrik
geschrieben von akinomp
als Antwort auf Sirona vom 06.05.2015, 07:23:05
Na, da hab ich doch auch etwas.....

Ich, meine Schuhe und Ringelnatz (lach)

akinomp(akinomp)


Lieben Gruß
Monika

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wolke07
wolke07
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Re: Schöne Lyrik
geschrieben von wolke07
als Antwort auf akinomp vom 06.05.2015, 11:33:09
Das Traumbild

[64] Wo bist du, Bild, das vor mir stand,

Als ich im Garten träumte,

Den Rosmarin ins Haar mir wand,

Der um mein Lager keimte;

Wo bist du, Bild, das vor mir stand,

Mir in die Seele blickte,

Und eine warme Mädchenhand

An meine Wange drückte?

Nun such' ich dich, mit Harm erfüllt,

Bald bey des Dorfes Linden,

Bald in der Stadt, geliebtes Bild,

Und kan dich nirgends finden.

Nach jedem Fenster blick' ich hin,

Wo nur ein Schleyer wehet,

Und habe dich, o Lieblingin,

Noch nirgends ausgespähet.

Komm' selber, süßes Bild der Nacht,

Komm', mit den Engelsminen,

Und mit der leichten Schäfertracht,

Worin du mir erschienen.

Bring' mit die schwanenweiße Hand,

Die mir das Herz gestohlen,

Das purpurrothe Busenband,

Das Sträuschen von Violen.
[64]

Dein großes, blaues Augenpaar,

Woraus ein Engel blickte,

Die Stirne, die so freundlich war,

Und guten Abend nickte.

Den Mund, der Liebe Paradies,

Die kleinen Wangengrübchen,

Wo sich der Himmel offen wies,

Bring' alles mit, mein Liebchen!
L.Hölty
wolke07
wolke07
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Re: Schöne Lyrik
geschrieben von wolke07
als Antwort auf wolke07 vom 06.05.2015, 11:47:53
Es sitzt ein Vogel auf dem Leim, er flattert sehr und kann nicht heim.
Ein schwarzer Kater schleicht herzu, die Krallen scharf, die Augen gluh. Am Baum hinauf und immer höher kommt er dem armen Vogel näher. Der Vogel denkt: Weil das so ist und weil mich doch der Kater frisst, so will ich keine Zeit verlieren, will noch ein wenig quinquillieren
und lustig pfeifen wie zuvor. Der Vogel, scheint mir, hat Humor.
Wilhelm Busch

HeCaro
HeCaro
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Re: Schöne Lyrik
geschrieben von HeCaro
als Antwort auf HeCaro vom 05.05.2015, 18:35:32
Berichtigung:

Das Gedicht "Die Heimkehr" ist aus dem Buch der Lieder
von Heinrich Heine und stammt nicht von Hermann Hesse.
Ich bitte das Versehen zu entschuldigen.
Carola

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Sirona
Sirona
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Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf HeCaro vom 06.05.2015, 18:34:02
Goodwin-Sand - Th. Fontane

Das sind die Bänke von Goodwin-Sand,
sie sind nicht Meer, sie sind nicht Land,
sie schieben sich, langsam, satt und schwer,
wie eine Schlange hin und her.

Und die Schiffe, die mit dem Sturm gerungen
und die schäumende Wut der Wellen bezwungen,
und die gefahren über die Welt,
unzertrümmert, unzerschellt.
Sie sehen die Heimat, sie sehen das Ziel,
da schiebt sich die Schlange unter den Kiel
und ringelt Schiff und Mannschaft hinab,
zugleich ihr Tod, zugleich ihr Grab.

Die See ist still, die Ebb' ist nah,
Mastspitzen ragen hier und da,
und wo sie ragen in die Luft,
da sind es Kreuze über der Gruft;
ein Kirchhof ist's, halb Meer, halb Land,
das sind die Bänke von Goodwin-Sand.
luchs35
luchs35
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Re: Schöne Lyrik
geschrieben von luchs35
als Antwort auf Sirona vom 07.05.2015, 08:29:03
Meine Referenz gilt Hermann Hesse, den ich besonders mag:

Der alte Mann und seine Hände

Mühsam schleppt er sich die Strecke
seiner langen Nacht,
....

[Bitte beachte das Copyright. WM Margit]
Sirona
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Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
John Maynard – Th. Fontane

"Wer ist John Maynard?"
"John Maynard war unser Steuermann,
Aus hielt er, bis er das Ufer gewann,
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron,
Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."

Die "Schwalbe" fliegt ueber den Eriesee,
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee;
Von Detroit fliegt sie nach Buffalo -
Die Herzen aber sind frei und froh,
Und die Passagiere mit Kindern und Fraun
Im Dämmerlicht schon das Ufer schaun.
Und plaudernd an John Maynard heran
Tritt alles: "Wie weit noch, Steuermann?"
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund:
"Noch dreissig Minuten...Halbe Stund."

Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei -
Da klingt's aus dem Schiffsraum her wie ein Schrei,
"Feuer!" war es, was da klang,
Ein Qualm aus Kajüt und Luke drang,
Ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
Und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.

Und die Passagiere, buntgemengt,
Am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,
Am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
Am Steuer aber lagert sich's dicht,
Und ein Jammern wird laut: "Wo sind wir? wo?"
Und noch fünfzehn Minuten nach Buffalo. –

Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht,
Der Kapitän nach dem Steuer späht,
Er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
Aber durchs Sprachrohr fragt er an:
"Noch da, John Maynard?"
"Ja, Herr. Ich bin."
"Auf den Strand! In die Brandung!"
"Ich halte drauf hin."
Und das Schiffsvolk jubelt: "Halt aus! Hallo!"
Und noch zehn Minuten bis Buffalo. –

"Noch da, John Maynard!" Und die Antwort schallt's
Mit ersterbender Stimme: "Ja, Herr, ich halt's!"
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
Jagt er die "Schwalbe" mitten hinein.
Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
Rettung: der Strand von Buffalo!

Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt.
Gerettet alle. Nur einer fehlt!

Alle Glocken gehn; ihre Töne schwelln
Himmelan aus Kirchen und Kapelln,
Ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt,
Ein Dienst nur, den sie heute hat:
Zehntausend folgen oder mehr,
Und kein Aug im Zuge, das tränenleer.

Sie lassen den Sarg in Blumen hinab,
Mit Blumen schliessen sie das Grab,
Und mit goldner Schrift in den Marmorstein
Schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:
"Hier ruht John Maynard! In Qualm und Brand
Hielt er das Steuer fest in der Hand,
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron,
Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."

Es wird vermutet dass Fontane in einer New Yorker Zeitung von diesem Unglück gelesen hat. Der Artikel hat ihn bewogen über dieses Geschehen eine Ballade zu verfassen. Allerdings hat er das Unglück insofern verändert wiedergegeben, als dass alle Passagiere gerettet wurden und der Steuermann das einzige Opfer der Katastrophe geworden ist. Möglicherweise wollte Fontane mit dieser Veränderung selbstloses Handeln in den Vordergrund stellen.
Tatsächlich aber konnten von 200 nur 29 Passagiere und der Steuermann gerettet werden. Letzterer wurde schwer verletzt und konnte sich nie wieder von diesem Erlebnis erholen, er verfiel dem Alkohol und starb als Trinker in einem Armenhaus.

Sirona
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Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
Die fromme Helene – Wilh. Busch

Zur Erheiterung möchte ich etwas vom frommen Helenchen eingeben und gleichzeitig allen ein schönes Wochenende wünschen.

Die fromme Helene
Und, gutes Lenchen, bete!, bete!«

Na ja, das Beten scheint wohl nicht geholfen zu haben wie man erkennen kann.

LG Sirona

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