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Neuvorstellungen Im Best-Ager-Alter angekommen...

libelle
libelle
Mitglied

Re: Im Best-Ager-Alter angekommen...
geschrieben von libelle
mit Interesse habe ich Eure Beiträge zum Thema Psychedelic Rock gelesen und hoffe sehr, dass noch mehr darüber kommt von Euch ))

Es war die Zeit des Timothy Leary, des LSDs, Carlos Castaneda mit Don Juan und Don Genaro, und Woodstock im August 1969

Die Zeit mit Janis Joplin, Jimmy Hendrix und Deep Purple, Tim Hardin und Led Zeppelin mit ihrem Stairway to Heaven.

Damals in Sydney wohnhaft, haben wir die ganze Scene (fast) hautnah miterlebt.

Es war sicher die aufregendste Zeit meines Lebens. Nie wieder war ich so involviert in das musikalische wie auch literarische Geschehen.

Wir lasen Watership Down von Richard Adams und diskutierten zum ersten Mal über die Zerstörung der Umwelt, den inneren Zerfall der Systeme…das kommunistische System der damaligen Sowjetunion..., über den Antifeminismus, den wir in diesem Buch zu spüren glaubten;

und trösteten uns mit The Silmarillion, in dem es heißt, die Welt sei durch Musik erschaffen, und vor allem mit dem Instrumental Album von Bo Hansson Saga Om Ringen.


Viele meiner Lieblingssongs kamen von Jefferson Airplane White Rabbit

Dann war da noch der junge Andreas Vollenweider mit seiner Harfe…

Wo sind die Zeiten geblieben?

Gruß
libelle
die hofft, Eure Kreise nicht zu stören

Bo Hansson
Achras
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Mitglied

Re: Im Best-Ager-Alter angekommen...
geschrieben von Achras
als Antwort auf libelle vom 06.07.2012, 20:14:50
Es war die Zeit des Timothy Leary, des LSDs, Carlos Castaneda mit Don Juan und Don Genaro, und Woodstock im August 1969. Es war sicher die aufregendste Zeit meines Lebens. Nie wieder war ich so involviert in das musikalische wie auch literarische Geschehen.
Vielen Dank für die Beteiligung am Gesprächsstrang! - Nein, als "Störung" würde ich's nicht werten, wenn in einem Online-Forum sich jemand in einen Thread "einklinkt".
Zu meiner Schande muss ich gestehen, die eigentlich Hippie-Zeit nicht bewußt miterlebt zu haben, als hierzulande die Sprechchöre langhaariger und "unruhestiftender" Studenten durch die Straßen zogen, wurde ich gerade eingeschult.
Und als ich mich für Musik zu interessieren begann, war die Zeit des Progressive- und des Glamrock praktisch vorbei und wurde durch den Discosound und Punk abgelöst, was ich beides ablehnte. Als Teenager törnten mich sozusagen die Bands an, die, hätte ich einen älteren Bruder gehabt, dieser gehört hätte... und so wurden zum Startpunkt meiner eigenen Schallplattensammlung (Singles habe ich stets ignoriert) etwa "Atom Heart Mother" von Pink Floyd, "Tarkus" von Emerson, Lake & Palmer usw. - daß ich seinerzeit versäumt habe, Bands wie Soft Machine oder Spirit zu beachten, läßt sich ja noch nachholen bzw. wiedergutmachen. Gentle Giant ist schon längere Zeit vertreten, Traffic hat mich leider nicht so sehr in den Bann gezogen, und in Sachen Rory Gallagher gibt's auch noch Nachholbedarf. An Lücken mangelt's aber leider wirklich nicht...
Danke für den Bo Hansson-Link.
david
david
Mitglied

Re: Im Best-Ager-Alter angekommen...
geschrieben von david
als Antwort auf libelle vom 06.07.2012, 20:14:50
Aber nein Libelle,

gewiss störst Du hier keine Kreise sondern bist eine Bereicherung und ich freue mich sehr, wenn dieses Thema hier noch ein wenig fortgesetzt wird. Leider kann ich nicht so viel an Wissen beitragen, denn als 68er Jahrgang wurde ich zwar in der Stimmung der Studentenproteste und Bürgerrechtsbewegungen geboren und bin mit der Musik von Bob Dylan und Joan Baez aufgewachsen - miterlebt hab ich die Zeit aber nicht.

Allerdings hatte ich als Kind einen guten 'Mentor', der hunderte von Platten aus dieser Zeit besaß und auch aus den anfänglichen Siebzigern. Dort lernte ich Frank Zappa kennen, Pink Floyd und Led Zeppelin, CCR, The Doors, Deep Purple, Santana und viele mehr. Meine erste eigene LP war allerdings "Who's next", darauf bin ich heute noch stolz - und eine von Rory Gallagher war auch bald im Regal (Shine Kicker)... Bald erreichte jedoch auch mich der Punk und die New Wave, bis ich mit 14 zu einer Band fand, die ich auch noch heute gerne als meine Lieblingsband bezeichne: Die Talking Heads!

Umso mehr freue ich mich über Anregungen wie hier von Achras oder Libelle - Danke dafür! - und hab schon begonnen, mir eine kleine YouTube-Playlist zum Psychedelic Rock zusammenzustellen...

buchfreund

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adam
adam
Mitglied

Re: Im Best-Ager-Alter angekommen...
geschrieben von adam
als Antwort auf david vom 06.07.2012, 22:47:17
Hi Buchfreund

oder auch "High"? Zum Psychedelic habe ich kein Spezialwissen, aber dafür die Erfahrung, die Zeit als Teenager und Heranwachsender miterlebt zu haben.

Für mich war P. eigentlich eine Begleiterscheinung des Beat, der von den unterschiedlichsten Bands, auf der Suche nach neuen Tönen, "gemacht" wurde. Hatte der Beat den guten, alten Rock freundlicher und bunter gemacht, ihn rausgeholt aus einer gewissen Sterilität der Subkultur, setzten die Psychedelicstücke noch einen oben drauf.

Libelle hat das LSD erwähnt und es spielte auch eine Rolle bei der Entwicklung dieser Musik. Die Beatles brachten auf St. Pepper z. B. Lucy in the Sky with Diamonds, die Byrds aus den USA, die eigentlich vom Folk kamen, nahmen Eight miles high auf, die Who I can see for miles und es gab, etwas später, den Underground der Nice. Der erste Hit von Status Quo war eigentlich auch Psychedelic, Pictures of matchstick men. Auch Hendrix mit Purple haze und Hey Joe hatte LSD und den Joint zum Thema. Psychedelic wurde für einige Zeit regelrecht Mode und der Einfluß der Beatles in ihrer Guruzeit forcierte das Ganze. George Harrison lernte bei Ravi Shankar Grundzüge der Sitar und brachte sie bei einigen Beatlesstücken zum Einsatz, wie Norwegian Wood. Sogar die Stones machten mit, bei Paint it Black, noch mit Brian Jones an der Sitar. Es war die schöne Zeit des Flower Power, des Love and Peace.

Es war aber auch eine Zeit der gründlichen Irrtümer. Die versprochene Bewußtsseinserweiterung durch Drogen blieb aus, wurden für viele zum Rohrkrepierer. Die erhoffte Verwirklichung von Träumen wurde zum Alptraum. Ich hatte Glück, weil ich weder LSD eingeworfen, noch je einen Joint geraucht habe. Warum ich es nie versucht habe, weiß ich bis heute nicht, denn ich habe ansonsten kaum eine Gelegenheit ausgelassen, Blödsinn zu machen. Ich saß mit 16, 17, 18 Jahren daneben und nuckelte am Bier, während sie um mich rum Joints drehten, Löschpapier auf die Zunge legten und AN1 mit Whisky nahmen. Einen etwas klareren Blick bekam ich als ich einen Freund erlebte, der Heroin spritzte. Ein anderer, hoffnungsvoller Sohn wohlhabender Eltern, versackte völlig in der Rauschgiftszene. Ende der 70er lieferte er sich ein Feuergefecht mit der Kripo. Er wurde keine 50 Jahre alt. Meine erste Teenagerliebe setzte sich Anfang der 80er den goldenen Schuß. Das Ganze hat etwas der Tragik von Easy Rider. Born to be wild and death of a clown.

Brachte der Psychedelic eine extreme Bandbreite an Erleben oder dieses Erleben den Psychedelic? Ich weiß es nicht. Eigentlich waren es nur wenige Jahre, etwa bis 1970, in denen richtiger P. von Urblutsmusikern gemacht wurde und zwar aus sich selbst heraus, so wie diese Leute auch die Musik der 1960er gestaltet haben, noch fast unbeeinflußt von Musikverlagen, vertrauend auf das eigene Feeling und die Fans. Das große Geschäft der Verlage begann nach den 60ern, da war es zum größten Teil vorbei mit der Freiheit der Töne, begann das Diktat des Kommerz. Es gab plötzlich eine Jugendkultur, keine Subkultur der Jugend mehr.

Jetzt habe ich mich aber verquatscht. Sorry.

--

adam

david
david
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Re: Im Best-Ager-Alter angekommen...
geschrieben von david
als Antwort auf adam vom 07.07.2012, 00:23:23
Hallo Adam,

danke fürs verquatschen und die aufschlussreichen Infos.
Brachte der Psychedelic eine extreme Bandbreite an Erleben oder dieses Erleben den Psychedelic?
geschrieben von adam

Das wird wahrscheinlich eine große Frage bleiben - möglicherweise ist beides der Fall...

Stimmt schon mit dem Elend der Drogen, ich habe selbst ähnlich verheerende Schicksale im Umfeld erlebt. Allerdings lässt sich der Bezug zu Rauschmitteln (auch Alkohol) in vielen Bereichen der Kunst dennoch kaum abstreiten. - und man könnte sagen, der Trend setzt sich fort... (Jörg Immendorf, Amy Winehouse, etc.)
Eigentlich waren es nur wenige Jahre, etwa bis 1970, in denen richtiger P. von Urblutsmusikern gemacht wurde und zwar aus sich selbst heraus
geschrieben von adam

Da hast Du natürlich recht, so gesehen ist NEU! dem P. nicht wirklich zuzurechnen. Trotzdem schön psychedelisch...

Übrigens: Hat jemand von der Retrospektive zu Ehren von Kraftwerk im MoMA dieses Frühjahr gehört - oder war vielleicht dort? Sind das nicht auch irgendwie Söhne des P.?

buchfreund
Achras
Achras
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Re:It just smells funny...
geschrieben von Achras
als Antwort auf adam vom 07.07.2012, 00:23:23
Libelle hat das LSD erwähnt [...] Brachte der Psychedelic eine extreme Bandbreite an Erleben oder dieses Erleben den Psychedelic? Ich weiß es nicht.
geschrieben von adam
Ganz im Ernst, mir ist es nie schwergefallen, die umwerfendsten Soundcollagen zu genießen und nachzuvollziehen, ohne stoned zu sein ... bei aller Begeisterung für Musik und[ Chemie konnte ich die 13th Floor Elevators oder the Doors vollkommen nüchtern hören ... Spaß hatte ich auch an Gilbert Shelton's Fabulous Furry Freak-Brothers un Ted Richard's 40-jährigem Hippie.
Frank Zappa habe ich leider nie live gehört, aber von seinen offiziellen Alben besitze ich vielleicht die Hälfte. Und mit am besten gefallen mir "Lumpy Gravy", "Weasels ripped my Flesh", "The Grand Wazoo", "Apostrophe", "One Size fits all", "Bongo Fury"b und natürlich das 3er-Paket "Shut up and play yer Guitar", wobei die etwas unmotiviert vermarkteten Alben "Studio Tan", "Orchestral Favorites" und "Sleep Dirt" bestimmt kaum seltener auf meinem Plattenteller rotiert sind. (Die ursprünglich geplante Veröffentlichung "Läther" dagegen empfand ich ein wenig enttäuschend)

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Achras
Achras
Mitglied

Re: DAS ist das Zaubermittel
geschrieben von Achras
als Antwort auf david vom 07.07.2012, 01:19:30
Allerdings lässt sich der Bezug zu Rauschmitteln (auch Alkohol) in vielen Bereichen der Kunst dennoch kaum abstreiten.
geschrieben von buchfreund
Oje, was wäre die Kunst ohne den Absinth!?
david
david
Mitglied

Re:It just smells funny...
geschrieben von david
als Antwort auf Achras vom 07.07.2012, 01:30:39
Spaß hatte ich auch an Gilbert Shelton's Fabulous Furry Freak-Brothers un Ted Richard's 40-jährigem Hippie.

Hihi, ja - großartig! Damit wurden wir ja zum Glück in den guten alten U-Comix versorgt... - ich fand übrigens auch "Schwer Metall" klasse...
adam
adam
Mitglied

Re:It just smells funny...
geschrieben von adam
als Antwort auf david vom 07.07.2012, 01:52:56
Buchfreund und Achras,

Musik ist Musik und Schnaps ist Schnaps. M.M.n. gilt das auch für sonstige Drogen. Auch die Verklärung der Droge oder des Drogen konsumierenden Künstlers, durch ihn selbst oder durch die Fangemeinschaft, schafft es nicht, die Droge zur Kunstförderin zu machen. Das halte ich für einen Irrtum, den ich dadurch erklären möchte, daß die Kunst, in unserer Thematik die Musik des Psychodelic, eine Art Droge war. Sie konnte aufputschen oder melancholisch machen, je nach "Tagesform" der Psyche, der Grundstimmung.

Was hatte Frank Zappa mit Psychedelic zu tun? Er war eine Weile mit der Hippiebewegung verbandelt, hat sie meiner Ansicht nach aber eher ausgenutzt als sich mit ihr zu identifizieren. Bei Kraftwerk sehe ich gar keine Verbindung zum Psychedelik-Rock, schon zeitmäßig nicht. Aber wie ich schon angesprochen habe, da bin ich Laie und ordne mehr gefühlsmäßig ein.

Die Comix, naja Seid ihr sicher, daß sie so künstlerisch waren? Angesagt war damals bei den P.-Konsumenten eher Asterix. Der Zaubertrank des Druiden gab den Galliern ähnlich Kraft, wie die Musik der damaligen Zeit den Seelen der Fans.

Damit ihr wisst, von was ich schreibe, ein Beispiel meines Psychedelic-Rock:

Die Small Faces mit.....Itchycoo Park

High!

adam


Achras
Achras
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Re:ein wenig Musikgeschichte
geschrieben von Achras
als Antwort auf adam vom 08.07.2012, 11:19:51
Was hatte Frank Zappa mit Psychedelic zu tun? Er war eine Weile mit der Hippiebewegung verbandelt, hat sie meiner Ansicht nach aber eher ausgenutzt als sich mit ihr zu identifizieren. Bei Kraftwerk sehe ich gar keine Verbindung zum Psychedelik-Rock, schon zeitmäßig nicht.
geschrieben von adam
Etwa Mitte der 60er Jahre wurde deutlich, daß der Rock'n'Roll längst nicht mehr rebellisch war, während die (den Interessen der Unterhaltungsindustrie und jenen der Politik geschuldete) Reduktion auf "Gute Laune" und Tanzbarkeit irgendwie mit dem Lebensgefühl der damaligen Jugend nicht mehr übereinstimmte. Zu deutlich war, daß selbst in der Blüte der Wohlstandsmehrung in der Nachkriegszeit es zu viele Schattenseiten der pharisäerhaften "bürgerlichen Moral" gab - also bildeten sich hie und da Subkulturen.
Ich würde diesbezüglich die Hippieszene, die relativ unpolitisch in San Francisco und Umgebung und später wohl auch in Kopenhagen und Amsterdam vom besseren Leben träumte nicht mit den Freaks in L.A. gleichsetzen, denen Zappa auf seinen frühen Alben, bevor er und die Mothers of Invention nach New York gingen, ein "Sprachrohr" war.
Was Zappa von den Hippies hielt, zeigt sein Liedchen Flower Punk ...

Zappas Stärke war seine Fähigkeit, unterschiedlichste musikalische Einflüsse zu vermischen und in vielfältig variierender Form neu zu arrangieren - und die spezifischen Fähigkeiten seiner (oft wechselnden) Bandmitglieder zu erkennen und gezielt einzusetzen; das ist ja auch der Grund, weswegen manche unzufrieden ausgeschiedenen Musiker, die ohne die zeitweilige Mitgliedschaft bei den Mothers wohl niemals überregional berühmt geworden wären, hinterher so öffentlichkeitswirksam klagten, sie seien ausgenutzt worden.
Zappa hat die Musiker für Schallplattenaufnahmen und Tourneen als Angestellte betrachtet, nicht als gleichberechtigte Urheber der zu erbringenden kreativen Leistung.

Kraftwerk hat einen völlig anderen Ansatz: Genaugenommen handelt es sich überhaupt nicht um eine Rockband, sondern um eine frühe Form elektronischer Unterhaltungsmusik, die vom Progrock lediglich die Länge der zu Suiten ausgedehnten, meist monotonen Tracks abgeschaut hat... während Rockmusik schweißtreibend daherkam, standen die vier Musiker von Kraftwerk beinahe reglos, entindividualisiert, ja ausdruckslos an ihren Keyboards (heute: Notebooks) und waren den Gerätschaften der Klangerzeugung "untergeordnet", wie es in der postmodernen Arbeitswelt der Angestellte dem Produktionsprozess eben ist. Dennoch sind die Klänge bisweilen von einer hypnotischen oder eben psychedelischen Qualität, nicht umsonst gibt's auch im Techno das Subgenre des "Psy-Trance".

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