Plaudereien Der Zivilisationslärm

Schon dieses Wort als Titel meines Beitrags, hat für mich etwas Paradoxes.
Zivilisation (hier als breitgefasster Begriff zu verstehen), ist zwar m.E. nicht geräuschlos – aber auch nicht so laut, dass man dies als Lärm empfinden könnte.

Dieser Begriff, den habe ich mir nun nicht selber ausgedacht - ich fand ihn im Rahmen einer Diskussion über einen Roman, der sich eigentlich "Das Zimmer" nennt (Autor: Andreas Maier), und der sich unter anderen auch mit dieser Zeiterscheinung befasst: der Lärm, den wir absurderweise als durch unsere Zivilisation bedingt, auffassen.

Dabei fiel mir ein, dass ich schon seit längerer Zeit ein Thema zur Diskussion vorschlagen wollte: das Laute, Geräuschvolle, welches wenn es nicht schon vorhanden ist, noch zusätzlich, so zu sagen als Begleitung, produziert wird.

Als krasses Beispiel, nenne ich hier mal die Begleitmusik, die heute anscheinend auch bei manchen guten Filmen, als sine qua non, erscheint.

Man nennt dies Begleitmusik – eine absurde Bezeichnung, denn eigentlich hat sich diese Musik(?) in den meisten Fällen schon lange den ersten Rang erobert, und die Bilder, die Texte die vielleicht den Film ausmachen sollten, laufen im Hintergrund - dies als Wahrnehmung.

Ich weiß nicht, wie es Euch dabei geht. Was mich betrifft, habe ich alles versucht um die Geräuschkulisse die oft alles verdeckt, zu verdrängen – ohne Ergebnis.

Dabei denke ich mir: derjenige, der Mal ein Gerät erfindet mit dessen Hilfe diese Musik wieder in dem Hintergrund verbannt wird, hat in doppelter Hinsicht etwas Tolles bewerkstelligt: in erster Linie für diejenigen, die ungestört einen Film sehen möchten – aber auch für sich als Erfinder, weil er damit ein Vermögen verdienen wird.

Dies – Falls die Lobby der so genannten Komponisten bzw. Interpreten einer solchen Geräuschkulisse, sich nicht als die Stärkere erweist.


Miriam

Zivilisationslärm !!!!

Tja, liebe miriam, was ich damit assoziiere wird dich jetzt sicherlich erstaunen.

Wenn ich zum Beispiel im Supermarkt jolende und tobende Kinder erdulden muss, deren Eltern es anscheinend nicht die Bohne interessiert, was ihre Sprösslinge da veranstalten. Oder noch schlimmer: kreischende Kleinkinder, einem Wutanfall nahe, die an der Kasse eine dort herumstehende Leckerei nicht bekommen und die Eltern im zuckersüßen Ton auf sie einreden, sie mögen doch bitte so freundlich sein, und das Ergrapschte zurücklegen.

Grrrrrr, neeeeeeeeeeeeee, da mache ich eine affenartige Kehrtwendung mit meinem Einkaufswagen und dreh noch mal ein ausgiebige Runde.

Das ist so ziemlich das einzige, was bei mir das Wort Zivilisationslärm beinhaltet und zwar darum, weil in unserer heutigen Zivilisation bei manchen Leuten offenbar die Kinder "die Hosen anhaben".

loretta

@ loretta:

Deinen Beitrag kann ich durchaus nach vollziehen und sind das die Auswüchse der "antiautoritären" Erziehung. Aber, zum eigentlichen Thema, kannst Du diesem Lärm weitgehend entkommen, indem Du - wie Du schreibst - noch eine "Strafrunde" drehst.

Es gibt aber Zivilisationslärm, den Du durch eine zusätzliche Runde nicht entkommen kannst. Du, als Berlinerin, kennst ja die Proteste des Fluglärms. Dieser Lärm ist permanent, nach der Uhrzeit genau - und mehr als gesundheitsschädlich.

Hafel

Hallo hafel,

weil du gerade dieses Problem ansprichst und noch dazu gerade mich, die ich ca. 5 km vom Flughafen Tegel entfernt wohne.

Ich höre bzw. registriere es komischerweise nicht mehr, wenn ein Flugzeug über uns hinweg fliegt. Zum einen habe ich schalldichte Fenster und zum anderen kann ich mich nicht wissentlich daran erinnern, dass wenn ich auf dem Balkon sitze, mich derartiges tangiert, was mir sicherlich jemand vom Dorf gar nicht glauben kann.

Aber es ist wirklich so

loretta

Die Musik-"Übermalung" empfinde ich auch als störend. Solche Fernsehproduktionen schalte ich einfach ab, wenn die Dialoge unverständlich werden.

Natürlich habe ich mir meine Gedanken darüber gemacht, wie solche Machwerke zustande kommen könnten. Hängt es mit dem schon geschwächten Hörvermögen des jugendlichen Bedieners am Mischpult zusammen oder dem Unvermögen des Regisseurs ?

Mir fällt da immer wieder der Spruch eines Lehrers ein, welcher behauptete:

"Kunst kommt von können, käme sie von wollen, dann müsste sie Wulst heissen."

mich stört am meisten die sogenannte lounge-musik in gaststätten,
die je nach geschmack des besitzers laut und heftig dröhnt.

neulich war fast eine unterhaltung nicht möglich.

auf die bitte, es doch ein wenig leiser zu drehen, sagte man uns

die mehrheit der leute wollen es so

na gut, dann zähle ich mich zur minderheit, aber das gedudel ging
uns allen auf die nerven.


kindergeschrei beim einkaufen registriere ich schon fast nicht mehr.
die eltern haben eh nerven wie drahtseile. heutzutage.

Laubgebläse sind mein Lieblingsthema, mitsamt dem Gärtnergehilfen, der mit dem Geräuschpegel eines startenden Jumbojets versucht, einen Laubhaufen zusammen zu pusten, was ihm ja nicht gelingen kann, weil das Laub auf der anderen Seite immer wieder weggepustet wird. Und das 45 Minuten lang. Es lebe der Besen: billig, effektiv und fast besinnlich leise.

Selbst Mozart kann nerven, wenn der Nachbar beweisen will, daß er ihn kennt und ihn am Sonntag sechs Stunden, bei offener Balkontür, dudelt.

Zivilisationslärm, auch Musik an unpassender Stelle, macht krank, das ist erwiesen. Ein Gerät, wie von Miriam beschrieben, mit dem man Lärm abstellen kann, würde ich mir was kosten lassen.

--

adam

hallo, was habe ich es da gut, im moment werde ich nur vom vogelgezwitscher geweckt, oder auch mal eine grille, manchmal auch hundegebell.
das werde ich diese woche bei meiner rueckkehr nach dutschland vermissen.
gestern abend hatten wir ein mueckenkonzert, u.zwar musste der strom kurz abgestellt werden und beim schein der taschenlampe, an der decke der veranda, sah man einen mueckenschwarm die sich alle von dem lichtschein angezogen fuehlten. dieses mueckenkonzert hat uns nicht gefallen, wegen den folgen.
gruss adingca

@ loretta:


Na, warum soll ich Dir das nicht glauben.

Ich denke nur, wenn man/frau den permanenten Lärm nicht mehr hört, er nicht mehr störend ist, dann hat man bereits einen leichten Hörschaden. Sagen jedenfalls die dafür zuständigen Ärzte.

Mich würde ein Wohnplatz in einer "Einflugschneise" doch recht kräftig stören, da ich das immer mit der Ruhe in meinem "Dörfli" vergleichen würde.

Hafel

Natürlich ist auch ein großer Anteil an subjektiver Wahrnehmung dabei, wenn wir etwas als Lärm empfinden. Aber als zur Zivilisation gehörend, kann ich keine Geräuschkulisse empfinden.

Was den Kinderlärm betrifft – vielleicht hier das beste Beispiel für Subjektivität in diesem Bereich. Zwar schreie ich auch Mal Ruhe! - wenn meine vier Enkelkinder wirklich sehr laut werden, aber sehr überzeugend klingt das nicht!

Oft denke ich in der letzten Zeit an Heinrich Bölls "Doktor Murkes gesammeltes Schweigen" -
und verstehe viel besser als früher, warum man Schweigen, in unserer Zeit, am liebsten sammeln möchte – und es sich dann ... anhören.

Übrigens macht mir diese ruhige Diskussion über den Lärm - richtig Freude. Danke Euch.

Miriam


Entschuldigt bitte - es kam ein längeres Telefonat dazwischen, habe die letzten Beiträge nicht lesen können, werde dies nachholen.