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Wirtschaftsthemen Ist Spekulation nicht etwas ganz Normals im Wirtschaftsleben?

Lotte-aus-Aurich
Lotte-aus-Aurich
Mitglied

Dann ist ja alles normal und gut.
geschrieben von Lotte-aus-Aurich
als Antwort auf carlos1 vom 29.04.2010, 17:41:44
"Wer die Zukunft organisieren will, muß spekulieren.
Eine absolute Sicherheit gibt es nicht."arno


Die Zukunft kann ich nicht organisieren oder planen. Ich kann nur Vorsorge treffen und versuchen Ziele zu setzen. Meist kommt es anders als gedacht. Für die Zukunft kann ich mich auch abzusichern versuchen. Wenn ich im Winter als Farmer vorsorgen will, weil ich weiß, dass im Spätsommer Mais benötigt wird, schließe ich eine Kontrakt auf eine große Menge Mais an der Warenterminbörse ab. Natürlich weiß ich nicht, wie die Ernte ausfallen wird (Wetter!) und wie sich die Preise entwickeln werden. Aber ich kann u. U. nach meinem Dafürhalten ein Produkt zu einem günstigen Preis auf einen bestimmten Zeitpunkt ordern. Die Ware müsste ich an dem genannten Termin abnehmen. Damit sichere ich mich für die Zukunft ab. Es kann sein, dass die Ernte sehr schlecht ausfällt und ich einen höheren Preis hätte zahlen müssen, hätte ich den Kontrakt nicht vorher abgeschlossen. Den Kontrakt muss ich nicht erfüllen, wenn ich, wenn ich Interessenten finde, die ihn abkaufen.

Spekulieren in dieser Form zum Zwecke einer Absicherung bestimmter Lieferungen zu einem bestimmten Zeitpunkt macht ökonomisch Sinn. Kontrakte über Schweinehälften oder 100 000 t Mais etc. können aber auch abgechlossen werden, nur um sie wieder an andere zu verkaufen, als Spekulation zur Gewinnerzielung. Wenn das Wetter in den Anbaugebieten für Mais sehr heiß und trocken ist, wird der Preis an der Warenterminbörse für Mais steigen.


Die Vielzahl spekulativer Produkte, Derivate, Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps), Aktienoptionen, Leerverkäufe etc zielt darauf ab, Preisunterschiede auszunutzen und durch Ankauf und Verkauf Gewinne zu erzielen. Sie dienen der Geldvermehrung und Gewinnerzielung. Wenn die Deutsche Bank im ersten Quartal 2010 2,8 Mrd Gewinn vor Steuern erzielt, so hat sie dies Geld mit fast nur Investmentbanking verdient. Der Staat ist daran beteiligt. Über eine Mrd Euro gehen an den Fiskus. Je mehr die Banken auf diese Weise einnehmen, desto mehr können (und müssen) sie ausleihen, an den Staat, an Unternehmen, an Privatleute. Die Notwendigkeit die entstandene Finanzindustrie zu kontrollieren wird immer dringender.

Milionen von Menschen schließen eine Lebensversicherung ab. Was ist das anderes als eine Spekulation auf unsere Zukunft. Wir sichern damit ein Risiko mit dem LV-Vertrag ab. Der Widersinn eines Leerverkaufs wird daran auch deutlich.

Wer der Spekulation den Boden entziehen will, muss die Bedingungen ändern, unter denen sie gedeiht. Gelänge es uns unsterblich zu machen, wäre der Abschluss von Lebensversicherungen weitgehend sinnlos. etc etc

c.



Na, wenn ich das so lese, von dieser Ebene aus, ist ja alles normal und gut. Ohne Spekulation keine Zukunft der Gesellschaften. (Was haben bloß die Menschen gemacht, als die Spekulation noch nicht entdeckt war.)

Warum regen sich viele auf? Spekulation scheint wohl allen zu dienen. Dann stimmt wohl auch nicht, dass Spekulationen Volkswirtschaften und deren Währungen erschüttern können.
Allerdings ist mir noch nicht ganz klar, woher die riesigen Spekulationsgewinne kommen. Vermutlich eine blöde Überlegung von mir, aber wessen Geld ist das eigentlich, was da von einigen gewonnen wird. Und warum müssen Staat und Gesellschaft, also die Allgemeinheit einspringen, wenn da etwas schief geht. Aber dazu muss man wohl erst Volkswirtschaft studieren.

Und es ist für mich ein wunderbares Geheimnis, wie nach dieser weltweiten Finanzkrise die Banken und die Banker wieder Gewinne - und was für welche! - machen. Und es ist doch wunderschön, dass selbst in der Situation Griechenlands findige Menschen daran noch Geld verdienen können. Ein richtiges finanzielles pertuum mobile.

Also sollte jetzt das ganze Gemeckere, hier und auch in der Presse, in den Medien aufhören. wahrscheinlich erfinden irgendwelche Miesmacher oder ewige Kommunisten alles. Und Statistiken darf man sowieso nicht glauben. Von wegen Vermögensverteilung, auseinanderklaffende soziale Schere. Alles Blödsinn. Die Leute sollen nur richtig anpacken, dann ist alles gut, dann wird alles gut. Man muss nur daran glauben. Und wissen, wo und wie man richtig spekuliert. Après nous le déluge!

Lotte








Karl
Karl
Administrator

Re: Ist Spekulation nicht etwas ganz Normals im Wirtschaftsleben?
geschrieben von Karl
als Antwort auf carlos1 vom 29.04.2010, 17:41:44
Die Zukunft kann ich nicht organisieren oder planen.
So ganz stimmt das nicht. Organisation geht zwar öfters schief, aber Organisation eines Events, z. B. der Olympischen Spiele, ist immer in die Zukunft gerichtet. Arno wird in diesem Thread in die Tonne geklopft, weil er den Begriff "Spekulation" sehr allgemein definiert und ihn nicht nur auf Börsengeschäfte angewendet hat. Dabei wird übersehen, dass er mehrere richtige Aspekte angesprochen hat.

1. Es ist falsch, Spekulanten für den Zustand des Euroraumes verantwortlich zu machen. Nicht Spekulanten haben den Euroraum in Schieflage gebracht, sie werden nur als Sündenböcke gebraucht. Es waren die Politiker aller Parteien in allen Ländern, die ihren Wählern lieber Wahlgeschenke gemacht haben als realistische Wirtschaftspolitik. Wer keine Schulden machte, war ja der Depp der Nation. Man glaubte die immer weiter wachsende Wirtschaft würde die Rückzahlung der Kredite spielend erwirtschaften. Zwar gab es Stimmen, die davon sprachen "Wir leben auf Kosten der nächsten Generationen", aber ernst genommen haben das nur wenige.

Es wäre aber falsch, dieses Verhalten nur den Politikern anzukreiden, denn das funktioniert nur bei einer unaufgeklärten Bevölkerung, die sich beschenken lässt, ohne zu fragen, woher das Geld kommt; die über die Steuern jammert und versucht diesen zu entgehen, gleichzeitig aber Leistungen des Staates wie selbstverständlich einfordert.

2. ... und natürlich hat arno Recht, wenn er schreibt, dass jedem unternehmerischen Handeln auch eine spekulative Komponente innewohnt, da Zukunft immer unsicher sei. Unternehmerische Kalkulation und Kosten/Nutzenrechnungen sind doch kein Gegenargument. Solche Rechnungen machen gute Spekulanten auch, die nicht einfach nur Roulette spielen.

Ich finde, wenn eine seriöse Wochenzeitschrift wie der Spiegel, Regierungen wegen des Krisenmanagements kritisieren darf, dann darf das arno auch und der Versuch von "Regierungstreuen" ihn allein deshalb zu disziplinieren ist - nicht nur sprachlich - voll daneben. Arno greift auch niemanden persönlich perfide an.


Karl

hema
hema
Mitglied

Re: Ist Spekulation nicht etwas ganz Normals im Wirtschaftsleben?
geschrieben von hema
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 29.04.2010, 17:11:30



Zitat von hema


"Doch können wir ganz leicht. Bei uns haben jene die spekuliert haben, ÖBB, Länder Banken, Ministerien etc. eh nur VERLOREN! "

Ich glaube kaum, dass Ministerien mit den Steuergeldern spekulieren dürfen !



Dürfen tun sie nicht! Einige haben es trotzdem getan. Auch die Österr. Bundesbahnen haben nicht gedurft. Dann wird der Gen.-Dir. ausgetauscht und das fehlende Geld zahlt weiterhin das Volk.

Ausreden finden sie doch immer!


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carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Dann ist ja alles normal und gut.
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Lotte-aus-Aurich vom 29.04.2010, 20:01:30
"Dann stimmt wohl auch nicht, dass Spekulationen Volkswirtschaften und deren Währungen erschüttern können.
Allerdings ist mir noch nicht ganz klar, woher die riesigen Spekulationsgewinne kommen. Vermutlich eine blöde Überlegung von mir, aber wessen Geld ist das eigentlich, was da von einigen gewonnen wird." lotte


Selbstverständlich können Spekukationen Währungen und Staaten erschüttern. Wenn als Ziel vor allem die Geldvermehrung anvisiert ist, kommt es dazu. Das habe ich geschrieben:

"Die Vielzahl spekulativer Produkte, Derivate, Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps), Aktienoptionen, Leerverkäufe etc zielt darauf ab, Preisunterschiede auszunutzen und durch Ankauf und Verkauf Gewinne zu erzielen. Sie dienen der Geldvermehrung und Gewinnerzielung."


Am Schluss noch die Bemerkung "Wer der Spekulation den Boden entziehen will, muss die Bedingungen ändern, unter denen sie gedeiht." Das gilt für alle Formen der Spekulation. Wer Leerverkaäufe verbietet, wie es tatsächlich zu Beginn der Wirtschaftskrise der letzten Zeit geschah, der geht den richtigen Weg. Leerverkäufe können Millionenvermögen schaffen, aber auch Menschen ins Unglück stürzen. Es muss nicht jede Form der Spekulation geben.

"Und es ist für mich ein wunderbares Geheimnis, wie nach dieser weltweiten Finanzkrise die Banken und die Banker wieder Gewinne - und was für welche! - machen." lotte


Dies Geheimnis ist kein Geheimnis. Warum sollte der Staat die besten Steuerzahler in ihrer spekulativen Tätigkeit beschränken? Ich verweise noch mal auf den hohen fiskalischen Gewinn durch die Deutsche Bank. Der Staat benötigt dringend Einnahmen.

Wessen Geld ist das eigentlich, was da von einigen gewonnen wird, fragst du. Du hättest fragen sollen, wie Geld überhaupt entsteht und was Geld ist. Bei einer Goldstandardwährung wäre manches klarer. Der Goldwert bildet den Wert ab, mit dem man andere Güter tauschen kann, mit dem man Vermögen abbilden kann und den man als allgemeine Recheneinheit benützen kann. Wie aber gelingt es, dass mit einigen bedrucktem Blättern Papier mit der Unterschrift eines Zentralbankpräsidenten jemand sich ein Auto kaufen kann? Worauf gründet sich das Vertrauen des Autoverkäufers, dass ihm mit diesen Papieren ein echter Gegenwert übergeben wird. Alles Wirtschaften gründet sich auf Vertrauen. Wer das erkannt hat, weiß eine ganze Menge. Warum das so ist, wird dir niemand ganz schnell in einem Satz sagen können. Man kann erklären, was das Geld tut und wie man mit Geld umgehen kann. Es dürfte klar sein, dass die der Staat und die Politik den Wert des Geldes garantieren und beeinflussen können. Vertrauen und Spekulation ergänzen sich. Wo Vertrauen fehlt, wird spekuliert.

Der Thread wurde mit einer sehr allgemein gehaltenen Frage zum Begriff Spekulation eingeleitet. Vermögensverteilung, soziale Probleme hängen damit nicht unbedingt zusammmen.

Ich hoffe, dass bei dem kommenden Wetterumschwung, du die richtige Ausstattung für die Regentage wählst. Auch das eine Frage der "Spekulation" und Zukunftseinschätzung. Diese Spekulation erübrigt sich bei Sonnenschein.

c.





carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Ist Spekulation nicht etwas ganz Normals im Wirtschaftsleben?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Karl vom 29.04.2010, 20:10:59
Hallo Karl,

Organisation und Plan haben mit Zukunft etwas zu tun aber mindestens eben so viel mit der Gegenwart und Vergangenheit. Deshalb sprach ich von Vorsorge und Zielsetzungen, Mit welchem Plan diese Ziele verwirklicht werden können, wer weiß das schon. Deshalb hielt ich es immer so 2,3,4 Pläne zu machen und sie unter ein Ziel zu stellen. Technokraten glauben an Pläne. Wer mit Menschen umgeht und sie in Pläne einbezieht instrumentalisiert sie, will, dass sie funktionieren. Aber Menschen funktionieren nicht einfach nach Plan. Der Kommunist Brecht hatte das erkannt, als er in seiner Dreigroschenoper schrieb: "Ja macht nur einen Plan, macht dann noch einen Plan, gehn tun sie beide nicht." (aus dem Gedächtnis zitiert)

Die Politik versagt in vieler Hinsicht. Nicht nur Wahlgeschenke werden versprochen, die Politik lässt sich treiben, sucht die Gunst der Massen. Im Grunde sind Wahlversprechungen Wählerbestechung. Wenn in Griechenland Beamte mit 50 Jahren sich pensionieren lassen können, mit 90% des Nettolohnes, wenn ledige Töchter von Staatsbeamten ebenfalls Staatspensionen beziehen können, dann muss die Frage gestattet sein, wie weit die Wählerbestechung gehen kann. Ich bezweifle, ob jemand so einfältig sein kann und nicht begreifen will, dass das nicht bezahlbar ist.

Viele Grüße
c.




Lotte-aus-Aurich
Lotte-aus-Aurich
Mitglied

Ist wirklich alles so normal und gut?
geschrieben von Lotte-aus-Aurich
als Antwort auf carlos1 vom 29.04.2010, 22:46:08
Selbstverständlich können Spekukationen Währungen und Staaten erschüttern. Wenn als Ziel vor allem die Geldvermehrung anvisiert ist, kommt es dazu.

Komisch ist es schon, wenn Gesellschaften, Staaten und deren Wirtschaft offenbar schutzlos solchen Spekulationen und Spekulanten ausgesetzt sind. Und offenbar hat niemand ein Interesse daran, dies politisch zu verhindern. Es freut sicher die Griechen, dass man aus ihrer Situation noch Kapital schlagen kann.

Die Vielzahl spekulativer Produkte, Derivate, Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps), Aktienoptionen, Leerverkäufe etc zielt darauf ab, Preisunterschiede auszunutzen und durch Ankauf und Verkauf Gewinne zu erzielen. Sie dienen der Geldvermehrung und Gewinnerzielung.

Das klingt alles so herrlich wertneutral, als wenn alles in Ordnung wäre. Gewinne, Gewinnerzielung, Geldvermehrung. Aber wessen Geld ist es? Wer blecht dafür? Es ist doch kein verdientes, erarbeitetes Geld?

Leerverkäufe können Millionenvermögen schaffen, aber auch Menschen ins Unglück stürzen. Es muss nicht jede Form der Spekulation geben.

Aber es gibt sie doch, jede Form der Spekulation. Oder hat sich nach dieser Finanz- und Wirtschaftskrise etwas geändert? Niemand will oder kann etwas ändern. Es srimmt wohl doch, was die Linken und Kommunisten immer sagen, dass Politiker nur Marionetten in der Hand des Kapitals sind?
Interessant ist auch, wer an dieser ganzen Krise gewonnen hat? (Ich bin den hier angebenen Links nachgegangen.)

Dies Geheimnis ist kein Geheimnis. Warum sollte der Staat die besten Steuerzahler in ihrer spekulativen Tätigkeit beschränken? Ich verweise noch mal auf den hohen fiskalischen Gewinn durch die Deutsche Bank. Der Staat benötigt dringend Einnahmen.

Die besten Steuerzahler ... Da habe ich einmal gelesen, dass der Staat steuerlich von den normalen Lohn- und Einkommensteuerzahlern getragen wird, dass die Mehrwertsteuer wsentlich zum Einkommen des Staates beiträgt. Dass ausgerechnet Spekulanten und vermutlich die Bezieher überproportionaler Einkommen und Gewinne diesen Staat erhalten - meine Güte, was wird diesen Leuten Unrecht getan! Deswegen bringen sie auch ihr Geld in die Schweiz oder nach Lichtenstein, damit sie nicht verhungern, wenn sie zuviel Steuern gezahlt haben.

Wessen Geld ist das eigentlich, was da von einigen gewonnen wird, fragst du. Du hättest fragen sollen, wie Geld überhaupt entsteht und was Geld ist.

Nein, das frage ich nicht. Sondern ich würde schon gerne wissen, woher das Geld konkret kommt, das da gewonnen wird. Denn mit individueller Arbeit, Tüchtigkeit und Können haben diese Gewinne wohl nichts zu tun. Also, wer hat dieses Geld letztlich produktiv erarbeitet und verdient?

Könnte es sein, dass theoretische Überlegungen dieser Art zu diesem ganzen Thema von der moralischen, ethischen Dimension des Ganzen ablenken? Ablenken sollen?
Kann man solche Fragen, die ja letztlich das nicht nur wirtschaftliche Leben und Überleben von Millionen und Abermillionen Menschen in der Welt tangieren, in solchen theoretischen Exkursen abhandeln?

Dann schlage ich vor, jede Form der Moral und Ethik abzuschaffen. Anstelle der Würde des Menschen und ähnlichem humanistischen Gefasel sollte dann der Primat des Kapitals stehen, was ja wohl auch der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung des Kapitalismus in Wirklichkeit entspricht.

Und die Würde des Menschen ... nicht einmal den Freitod lässt man ihm, dem Menschen, kostenlos. Schließlich ist ja das Geschäft mit dem Sterben und dem Tod die letzte hochprofitable Abzocke, für die allerdings dann die Nachkommen zahlen müssen. (Problem etlicher ostdeutscher Kommunen, denn die zahlreichen Sozialbestattungen belasten überproportional die öffentlichen Haushalte.)


Lotte

Ach ja, da ist noch die Frage unbeantwortet:
"Und warum müssen Staat und Gesellschaft, also die Allgemeinheit, einspringen, wenn da etwas schief geht."

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schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Ist Spekulation nicht etwas ganz Normals im Wirtschaftsleben?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf arno vom 28.04.2010, 22:00:51
Ich denke, arno, du siehst das etwas zu blauäugig.

Natürlich ist unser gesamtes Leben eine einzige grosse Spekulation. Das fängt schon mit den Spermien an, die doch jedes darauf spekuliert, dass genau es das schnellste sei und das Ei befruchten dürfe!

Aber im Ernst: Spekulation ist dann tolerierbar, wenn sie nicht zum Zwecke der Befriedigung der eigenen unermesslichen Gelüste auf Kosten der gesamten Menschheit geht.

Und genau da hapert es eben bei den heutigen Spekulanten: Sie spekulieren darauf, dass sie z.B. einen ganzen Zug Reis er-spekulieren können - und dafür sterben Millionen hungernd.
eliza50
eliza50
Mitglied

Re: Ist Spekulation nicht etwas ganz Normals im Wirtschaftsleben?
geschrieben von eliza50
Also, ich lese, wenn überhaupt, meterlange Beiträge nur diagonal.
Dabei geht nun manchmal etwas verloren, aber ich meine, die größte Anzahl der Spekulanten in den Beiträgen nicht gefunden zu haben und die sitzen nicht in Banken und an den Börsen sondern man trifft sie bei Aldi, Lidl, Netto etc..
Sie sind mitten unter uns, die Spieler von Lotto, Toto, Rennquintett und anderer Lotterien. Sie vermehren sich schlagartig, wenn der Jackpot überläuft und Haupteinnehmer vom Spekulationseinsatz ist der Staat.

@ Lotte-aus-Aurich:

Ach ja, da ist noch die Frage unbeantwortet:
"Und warum müssen Staat und Gesellschaft, also die Allgemeinheit, einspringen, wenn da etwas schief geht."
(fragte Lotte)


Kann ich Dir beantworten: Der Staat springt nur ein, wenn die Rettung sytemrelevant ist, ansonsten nicht, da springt der Merckle selbst.
Lotte-aus-Aurich
Lotte-aus-Aurich
Mitglied

Glückspieler, Spekulanten, Ignoranten ...
geschrieben von Lotte-aus-Aurich
als Antwort auf eliza50 vom 30.04.2010, 09:29:45
die größte Anzahl der Spekulanten nicht gefunden ...
Sie sind mitten unter uns, die Spieler von Lotto, Toto, Rennquintett und anderer Lotterien. Sie vermehren sich schlagartig, wenn der Jackpot überläuft und Haupteinnehmer vom Spekulationseinsatz ist der Staat.


Das sind Glückspieler, die niemanden - weder Gesellschaft noch Wirtschaft, weder die Menschen noch den Staat - schaden, allenfalls sich selbst, indem sie - entgegengesetzt der Wahrscheinlichkeit - spielen und auf einen Gewinn hoffen. Die Spielregeln und Chancen sind bekannt, hier muss weder Staat noch jemand mit seinem Geld Bürger usw. einspringen.


@ Lotte-aus-Aurich: Ach ja, da ist noch die Frage unbeantwortet:
"Und warum müssen Staat und Gesellschaft, also die Allgemeinheit, einspringen, wenn da etwas schief geht."
(fragte Lotte) Kann ich Dir beantworten: Der Staat springt nur ein, wenn die Rettung sytemrelevant ist, ansonsten nicht, da springt der Merckle selbst.


Wie geschmackvoll! Aber klar, nur Aktien und Gewinne zählen, Menschen nicht.

Systemrelevant heißt wohl, Banken usw.müssen gerettet werden ... bloß warum bezahlen die Bürger diese Zeche?

Lotte

Meine Güte, jetzt ist nicht einmal der Bundespräsident mit diesem System zufrieden:

Wir brauchen erstens Finanzmärkte unter dem Primat demokratischer Politik und im Dienst der Gesamtwirtschaft. Wir brauchen zweitens eine Wirtschaft im Dienste der gesamten Gesellschaft. Und wir brauchen drittens ein gesellschaftliches Miteinander, zu dem alle beitragen. Das sind drei Gestaltungsaufgaben, die uns niemand abnimmt. Sie verlangen den Mut der Politik, die Einsicht der Bürger und die Bereitschaft zur demokratischen Selbstbestimmung.

Die internationale "Finanzindustrie" hat mit sogenannten Finanzinnovationen ihre eigenen Gewinne in schwindelnde Höhen getrieben und nicht nach den Risiken gefragt. Sie hat damit eine Krise ausgelöst, die ohne staatliche Rettungsmaßnahmen zu einem Zusammenbruch des globalen Finanzsystems geführt hätte. Die Regierungen, Parlamente und Zentralbanken der westlichen Demokratien hatten keine andere Wahl, als dem einen nie dagewesenen finanziellen Stimulus und weitreichende Garantien für Finanzinstitute entgegenzusetzen. Sie mussten eine Explosion der Staatsverschuldung und die damit verbundene Haftung der heutigen und künftiger Steuerzahler in Kauf nehmen.

Solch eine Rettungsaktion lässt sich nicht wiederholen - weder finanziell noch politisch. Müssen nicht auch deshalb die demokratischen Staaten der Welt alles tun, um die Wiederholung einer solchen Krise zu vermeiden? Die Antwort kann abermals nur Ja! lauten. Die Bürgerinnen und Bürger wollen vor unverantwortlichem Treiben auf den Finanzmärkten sicher sein. Die nächste schwere Krise des Finanzsystems würde, da bin ich mir sicher, nicht allein die Funktionstüchtigkeit unseres Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells in Frage stellen, sondern auch seine Glaubwürdigkeit. Dem entgegenzutreten muss für Demokratien als Werte- und Schutzgemeinschaften und für ihre Amtsträger ein zwingender Auftrag sein.

Die Gipfelkonferenz der Staats- und Regierungschefs der G 20 in Pittsburgh hat dazu richtige und wichtige Grundlagen gelegt. Doch was wird daraus? Die internationale "Finanzindustrie" und ihre Lobbyisten lassen offensichtlich nichts unversucht, die verabredeten Maßnahmen zu verwässern. Zugleich geht das Wetten weiter, es bauen sich schon wieder neue Finanzblasen auf, und während die Staaten und die Bürger noch immer mit den Folgen der Krise kämpfen, genehmigen sich Teile der Finanzbranche schon wieder gigantische Boni. Haben die Betreffenden überhaupt verstanden, was auf dem Spiel steht?

Die Praxis des heute vorherrschenden Finanzkapitalismus kann jedenfalls für uns kein Leitbild sein. Er ist sich selbst genug. Er operiert vor allem mit Wetten und Schulden. Er steigert seine eigenen Renditen ohne Rücksicht darauf, ob das dem Wohlergehen der Nationen nutzt. Die aktuelle Krise zeigt ein Muster, das nicht akzeptabel ist - die Gewinne haben wenige gemacht, die Verluste muss die Allgemeinheit tragen.

carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Glückspieler, Spekulanten, Ignoranten ...
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Lotte-aus-Aurich vom 30.04.2010, 12:10:54
Hallo Lotte,

es gibt die Möglichkeit zu wikipedeln. Hier einige Seiten.
Wenn du dich etwas in die Materie vertiefst, wirst du deine Fragen halbwegs beantwortet finden. Das Wetten mit geborgtem Geld, kann Existenzen zerstören. Solange das Geld von Leuten kommt, denen es gehört und die es nur auf eigenes Risiko hin einsetzen, ist dagegen nichts einzuwenden. Etwas anderes ist es, wenn Firmen und Banken und schließlich die Allgemeinheit betroffen sind und für die Folgen aufkommen müssen.

Wenn jemand hier den Namen Merckle erwähnt, dann ist das zwar geschmacklos, aber der Fall ist tragisch, weil das Schicksal von Firmen und deren Beschäftigten damit verbunden ist. Die verwendeten Geldsummen bei den Wetten an der Wall Street haben in den letzten Jahrzehnten zugenommen, weil die Beteiligten große Institutionen sind. Zig Tausende von Schicksalen hängen daran, wenn ZUsammenbrüche erfolgen. Horst Köhler, der aus der Sparkassentradition stammt, hat dafür die richtigen Worte gefunden.

Eines sollte klar sein. Mit Kraftausdrücken kann man Eindruck machen und sich erleichtern. Es hilft aber nicht viel von Verbrechern zu reden, so lange deren Handeln legal ist. Auch nach unserem ethischen Verständnis unverantwortliches Handeln, muss nicht illegal sein. Der Staat muss handeln. Leerverkäufe und synthetische Fianzprodukte kann er nicht ganz verbieten, aber er kann die Folgen durch strenge Auflagen auf die unmittelbar Beteiligten beschränken, wenn er von den Beteiligten eine Beschränkung des Risikos verlangt und Banken, die Geld für riskante Wetten leihen in die Pflicht zur Schadensbegrenzung heranzieht. Goldman Sachs kann als ein Dealer betrachtet werden, der einem Süchtigen Drogen verkauft hat (Fall Abacus mit Der IKB-Bank, es wird wohl einen Prozess in de nUSA geben). Das Problem ist nur, dass es bis jetzt kein derartig wirksames Gesetz im Finanzbereich gibt.

Auf der Seite http://de.wikipedia.org/wiki/Short_Squeeze erfährst du etwas über den rasanten Kursanstieg der VW-Aktie, der eine Folge einer Spekulation von Hedgefons und Porsche zustande kam. Die Hedgefonds gingen short und erlitten Milliardenverluste, weil sie Leerverkäufe mit teuren Einkäufen bei geringem Angebot von Aktien ausgleichen mussten. Die VW-Aktie stieg im März 2009 kurzfristigauf über 1000€. Der Fall Merckle und seines Firmenimperiums gehört hier her. Merckle hat auch geshortet und hat hoheVerluste eingefahren. Porsche ging beinahe hops und wurde schließlci in den VW-Verbund eingegliedert. Für Merckles Firmenimperium bedeutete es das Aus. Er beendete sein Leben durch Freitod.

Spekulation an der Börse ist übrigens ein Null-Summenspiel. Des einen Verlsut ist des andere Gewinn. Wenn aber an dem, der den Verlust einfährt, viele andere hängen .....



http://de.wikipedia.org/wiki/Short_Squeeze
http://de.wikipedia.org/wiki/Hedging Hedgefonds
http://de.wikipedia.org/wiki/Spekulation_%28Wirtschaft%29# Betriebswirtschaftliche_Sicht
http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4hrungskrise Währungskrise
http://de.wikipedia.org/wiki/Spekulationsblase
http://de.wikipedia.org/wiki/Spekulation_%28Wirtschaft%29
http://de.wikipedia.org/wiki/Reverse_Hedge


http://de.wikipedia.org/wiki/Option_%28Wirtschaft%29#Hebel Optionsstrategien
http://de.wikipedia.org/wiki/Option_%28Wirtschaft%29#Merkmale_von_Standard-Optionen
http://de.wikipedia.org/wiki/Optionsschein Optionsscheine
http://de.wikipedia.org/wiki/Basiswert Basiswert
http://de.wikipedia.org/wiki/Optionsstrategie Optionsstrategien
http://de.wikipedia.org/wiki/Over_The_Counter Außerbörslicher Handel (OTC-Handel)
http://de.wikipedia.org/wiki/Zertifikat_%28Wirtschaft%29


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