Diesel Abgasskandal: Erst Gammelfleisch dann Schummeldiesel

Warum der Diesel-Betrug zu einem der größten Verbraucherskandale Deutschlands wurde
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©Maren Winter | Fotolia.com

Im Diesel Skandal kehrt auch nach drei Jahren keine Ruhe ein. Immer mehr Hersteller und Fahrzeuge sind betroffen, Manager werden festgenommen, geheime Unterlagen werden gesichtet, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Doch abseits der wirtschaftlichen und politischen Perspektive wird wenig über die Menschen berichtet, die vom Abgasskandal unmittelbar betroffen sind. Und das sind nicht die Konzernführer und Manager. Die wirklichen Leidtragenden des Abgasskandals sind die Autobesitzer. Bis heute werden die kriminellen Machenschaften der deutschen Automobilindustrie auf dem Rücken der Kunden und Käufer ausgetragen. Eine Aufklärung dieses ausgewachsenen Verbraucherskandals erfolgt kaum. 

Anlässlich der ersten, bundesweiten Fahrzeugstilllegungen im Diesel Abgasskandal berichtete die Münchner TZ Anfang Juli über das Beispiel der Familie Steinle. Die mittelständische Familie mit Kleinkind stand hier direkt vor dem Verlust ihrer Fahrzeugzulassung. Sie war im täglichen Leben auf ihren Seat angewiesen und weigerte sich das durch den VW-Rückruf fällige Software-Update durchführen zu lassen. Zunächst klingt das plausibel. Mit der von VW eingebauten illegalen Abschalteinrichtung hätte der Wagen gar nicht erst in Deutschland zugelassen werden dürfen – genau wie Millionen andere Diesel-Autos in Deutschland. 

Warum also riskiert die Familie die Stilllegung ihres Fahrzeugs?

Mit dem Software-Update versuchen sich die Autohersteller aus der Abgas-Affäre zu ziehen. Worüber aber verhältnismäßig wenige im Vorfeld Bescheid wissen, sind die zahlreichen Probleme mit den Fahrzeugen, über die tausende Verbraucher nach dem Update klagen. Die Kunden werden teilweise zu Dauergästen in den Werkstätten. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch viel Geld. Denn die Autohersteller behalten sich vor, ob und welche Reparaturen in diesem Zusammenhang auf Kulanz durchgeführt werden. 

Aber damit nicht genug – Autofahrer berichten sogar von Gefahrensituationen im Straßenverkehr, die auf das Software-Update zurückzuführen sind. So berichtete der BR vor Kurzem über eine Fahrerin, deren Turbo-Diesel während eines Überholvorgangs plötzlich ausfiel. Da sie den Wagen nicht mehr beschleunigen konnte, wäre die Situation ihr und den entgegen kommenden Fahrzeugen beinahe zum Verhängnis geworden. 

Über Probleme mit den Fahrzeugen nach dem Software-Update klagen inzwischen Tausende. Neben Ausfall des Turbo-Diesels scheinen auch Motorruckeln, verstopfte Abgasrückführungsventile und ein deutlich erhöhter Spritverbrauch zu den häufigen Folgen zu zählen.

Diese Auswirkungen sind aber keineswegs überraschend. Seit Beginn der Rückrufaktionen der Hersteller warnen Experten vor diesen absehbaren Konsequenzen für die Autobesitzer. Durch das Software-Update wird die Abgasrückführung des Fahrzeuges stärker genutzt. Dadurch wird zwar der Stickstoffausstoß (NOx) reduziert, allerdings erhöht sich auch die Rußbildung. Das führt zu einer wesentlich schnelleren Verrußung des Motors und dies im schlimmsten Fall zum kapitalen Motorschaden.

Warum ist das Software-Update überhaupt notwendig?

Der Betrug von VW und mittlerweile der wohl gesamten Automobilindustrie lag im Einbau einer sogenannten Abschalteinrichtung. Diese erkennt, ob das Fahrzeug auf dem Prüfstand steht oder sich im normalen Straßenverkehr befindet. Sie verändert dann entsprechend den Stickstoffausstoß des Fahrzeugs, sodass die staatlichen Tests nicht negativ ausfallen. Die Folge war, dass die Hersteller jahrelang mit ihren “sauberen Dieseln” warben und Rekordumsätze machten. Doch die Stickstoffbelastung auf den Straßen, besonders in den Städten überstieg die durch Europäisches Recht festgelegten Grenzwerte um ein Vielfaches. Die Belastung durch Stickoxide wird mit Krankheitsbildern wie Diabetes, Bluthochdruck, Schlaganfällen oder Asthma in Verbindung gebracht.

Die Dreistigkeit dieses Betrugs hat viele Facetten. Mercedes bewarb seine Dieselfahrzeuge beispielsweise mit der geschmacklosen Botschaft “Für die Luft die wir atmen”. Und bei den VW-Töchtern Audi und Porsche wurde auch lange nach Bekanntwerden des Dieselbetrugs munter weiter manipuliert. Das Ergebnis ist, dass nun selbst Autos der Schadstoffklasse Euro 6, also die neuen Modelle, von Rückrufen betroffen sind. 
Nach der Aufdeckung des Skandals bei VW wurde seitens der Politik eine flächendeckende Lösung gefordert. Zu diesem Zeitpunkt, vor drei Jahren, waren bereits 2,4 Millionen Fahrzeuge betroffen. Inzwischen dürfte die Zahl auf etwa 4 Millionen gestiegen sein. Trotz der warnenden Experten, die sogar aus den Reihen der zuständigen EU-Kommission kamen, stimmte die Regierung der Behebung durch das Software-Update zu.

Rückblickend wird sehr deutlich, dass die deutsche Regierung sich für die Beziehungen zur Autoindustrie entschieden hat – und damit gegen den Verbraucher. 
Besonders bezeichnend dafür waren Diskussionen darüber, eine mögliche mechanische Nachrüstung von den Fahrzeughaltern oder gar den Steuerzahlern tragen zu lassen. Eine solche Nachrüstung wird etwa bei Kosten von 4000 Euro pro Fahrzeug angesiedelt.
Die Ereignisse im Dieselskandal und der politische Umgang damit zeichnen ein sehr verschwommenes Bild von Recht und Unrecht.
Nur langsam ändert sich dies, die Schamlosigkeit der Autoindustrie wird nun offenbar nicht länger toleriert. Der Verbraucher wird nun besodners auch mit Hilfe der deutschen Gerichte gestärkt. Diese haben mittlerweile die Lage der Verbraucher erkannt und geben ihnen Recht. 

Dass die Auto-Branche etwas aus dem Skandal gelernt hat, kann nicht behauptet werden. Aktuell ist bekannt geworden, dass auch bei Benzinern manipuliert wurde, um Kosten zu sparen. Dazu sollen sich die sonst konkurrierenden Autokonzerne sogar systematisch miteinander abgesprochen haben. Jüngste Berichte gibt es zudem über Manipulationsversuche bei den neu eingeführten Tests zum Schadstoffausstoß. Der Abgasskandal sorgte nämlich dafür, dass Grenzwerttests inzwischen in echten Fahrsituationen und nicht auf dem Prüfstand durchgeführt werden. Dies scheint den Herstellern solche Probleme zu bereiten, dass auch hier ganz aktuell getrickst wird.

Ein Rattenschwanz für Diesel-Fahrer

Eine weitere besonders harte Konsequenz, aus dem jahrelangen Betrug sind die Diesel-Fahrverbote. Aufgrund der hohen Schadstoffbelastung und den durch die EU vorgegebenen Höchstwerte ist aber abzusehen, dass diese in Zukunft in nahezu allen größeren Städten in Deutschland durchgesetzt werden müssen. Das zuletzt eingeführte Verbot für den gesamten Stadtraum Stuttgart gilt ab 2019 für alle Dieselfahrzeuge bis Euro 4. Das betrifft derzeit etwa 30.000 Autofahrer. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ab 2020 auch der Euro 5 Diesel unter das Fahrverbot fällt. Die Zahl der Fahrzeuge die dann vor den Stadttoren geparkt werden müssen, würde sich dadurch nochmal verdoppeln. 
Dunkle Aussichten ergeben sich auch aus einem Bericht der SZ. Dieser besagt, dass etwa 50% aller neuen Euro 6 Diesel-Fahrzeuge die Grenzwerte überschreiten. Folglich kann in Zukunft auch für diese Fahrzeuge mit Verboten gerechnet werden. Profitieren wird hier ein weiteres Mal die Automobilindustrie, denn viele werden wohl mit dem Gedanken spielen, sich ein anderes Auto anzuschaffen.

Neben den von Fahrverboten betroffenen Diesel-Fahrern, werden auch die jeweiligen Städte und Gemeinden vor überaus großen Herausforderungen stehen, die Verbote organisatorisch umzusetzen.

Diese Gesamtsituation verunsichert nicht nur Dieselbesitzer sondern auch potenzielle Käufer in Deutschland. Die Fahrzeuge sind schwer loszubekommen. Doch noch gravierender ist ihr enormer Wertverlust. So sind die betroffenen Fahrzeughalter den Folgen des Abgasskandals zum Teil völlig ausgeliefert. Neben Privatpersonen trifft die Situation vor allem auch Klein- und Mittelstandsunternehmen sehr hart.

Hoffnung für betroffene Dieselfahrer

Die Konzerne haben innerhalb der letzten Jahre kein Interesse an einer fairen und transparenten Aufklärung des Dieselskandals für ihre Kunden gezeigt. Auch rechtlich sah die Situation für die Verbraucher anfangs nicht positiv aus.

Inzwischen haben sich die deutschen Gerichte aber auf die Seite der Geschädigten geschlagen. Derzeit werden bundesweit etwa 90% der Fälle für die betroffenen Autobesitzer entschieden. Besonders im Bezug auf den Wertverlust der Fahrzeuge ist dies ein wichtiges Signal im Sinne des Verbraucherschutzes. 

Die verbraucherfreundlichen Urteile beziehen sich auf die Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises, abzüglich einer geringen Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer. 

Im Vergleich zu einem Verkauf auf dem freien Markt, bedeuten diese Entscheidungen teilweise Vorteile von bis zu 16.000 € für den betroffenen Dieselfahrer. Die Beratung durch einen spezialisierten Anwalt lohnt sich also. Zudem werden die Verfahren von den Rechtsschutzversicherungen oder u.a. auch Prozesskostenfinanzierern getragen. 

Betroffenen Kunden der VW AG ist allerdings, aufgrund einer möglichen Verjährung zu Ende 2018, zu raten schnell zu handeln, um den harten Konsequenzen durch den Diesel Abgasskandal zu entgehen. 

Haben Sie Fragen zum Diesel-Abgasskandal oder möchten über Ihre Probleme mit Ihrem eigenen Fahrzeug berichten? Kontaktieren Sie uns direkt oder in der Expertensprechstunde. Wir antworten Ihnen.

 
Ihr Team BRR (BRR Baumeister Rosing Rechtsanwälte)

Weitere Informationen über uns finden Sie unter www.diesel-gate.com sowie unter www.baumeister-rosing.de.


Termine Expertensprechstunde 2018:

03. September bis 10. September / 15. Oktober bis 22. Oktober  / 05. November bis 12. November / 03. Dezember bis 10. Dezember

Die Expertensprechstunde findet jeweils von Montag bis Montag um 10 Uhr statt.


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Die Expertensprechstunde ist ein Projekt des Deutschen Seniorenportals und BRR Baumeister Rosing Rechtsanwälte. Für den Inhalt des Textes ist BRR Baumeister Rosing Rechtsanwälte verantwortlich.


Quellen:

https://www.handwerk.com/vw-diesel-erst-update-dann-motorschaden

https://www.tz.de/muenchen/stadt/familie-steinle-muss-diesel-wagen-wohl-umruesten-oder-stilllegen-und-verklagt-autohaendler-10017713.html

https://www.sueddeutsche.de/auto/katalysator-technik-so-wird-der-diesel-wieder-sauber-1.4057243

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Kommentare (1)

charly46

Schon in meiner Jugend habe ich gelernt, wer einen Schaden anrichtet muss ihn auch bezahlen.
Die Autoindustrie hat den Autokäufern - vorallem bei Dieselfahrzeugen - einen großen Schaden angerichtet. Deshalb ist es für mich überhaupt keine Frage wer hier zahlen muss. Würde anders gehandelt werden, würden Türen geöffnet die besser geschlossen bleiben. Wie will ein Gericht noch jemanden wegen Betrug verurteilen, wenn die Politik dieses sanktioniert?


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