Blut

Meine Frau ist aushäusig.
Und ich habe die ehrenvolle Aufgabe, unser 3 Jungs zu hüten - bei Knaben im Alter (damals) von vier, sechs und zehn Jahren eine echte Aufgabe. Ein großer Garten hilft da ungemein. Macht allerdings auch viel Arbeit. Dann lässt sich doch das "Angenehme" mit dem Nützlichen verbinden: lass die Jungs toben und ich beschneide die Bäume. Und wenn es Sonntagnachmittag zu laut wird, bin ich ja vor Ort.
Aber Männer sind wohl doch nicht so sehr multitaskingfähig. Ganz oben auf der Trittleiter und ziemlich oben im Baum totes Geäst mit der Rosenschere rausschneiden und die Jungs im Blick...
Jedenfalls hab ich mit dem Ast auch meine Fingerkuppe erwischt.
Blutet wie Sau - und tut auch tierisch weh.
Sei ein Mann, was sollen die Jungs von dir denken. Keine große Sache.
Ab ins Haus und den Hausarzt angerufen, weil es nicht aufhört so wild zu bluten – aber der ist wohl auch im Garten.
Dann wohnt noch einen Arzt schräg gegenüber – leider nur der Blechkamerad dran.
Und nun? Drei Tempos, ebenso viele Lagen Küchentücher und ein Frotteehandtuch sind schon durchgesaftet und die Jungs mit großen Augen um mich rum....
Bleibt nur die Notfallambulanz im Krankenhaus. Und die Knaben? Na gut, lernen sie was für's Leben. Alle Mann ins Auto (mit Handtuch schalten hatte ich mir irgendwie einfacher vorgestellt) und ab die Post.
Natürlich kein Parkplatz zu finden - zu Fuß wären wir kaum länger unterwegs gewesen.
Die Szene hätte ich wohl fotografieren mögen: Ich vorne weg, den Arm wie mit einem blutgetränkten Banner hoch erhoben, die Kids im Gänsemarsch wie die Orgelpfeifen hinterher.
Die Aufnahme im Krankenhaus ist eine Institution.
Das übliche Spiel:
Bitte nur einzeln herantreten. Das dauert.
Endlich am Glaskasten. Versichertenstatus klären (zum Glück hatte ich Versichertenkarte dabei - bin ja vom Fach).
Grund des Besuchs (die muss farbenblind sein).
Aufnahmebogen ausdrucken (zwischendurch noch ein ellenlanges Telefonat annehmen) und unterschreiben (WIE DENN?) und dann ENDLICH den Weg zur Ambulanz erklären... (Dafür muss sie die Sauerei vor ihrem Tresen auch selber wegmachen.) Achja, fast im Gehen noch die Nachfrage "tut das sehr weh"? hat mich überzeugt, dass mich doch kein Roboter aufgenommen hat.
In der Notfallambulanz hatte ich das Glück, auf eine Assistenzärztin zu treffen, deren erster Fall ich offensichtlich war. Kinder müssen draußen bleiben! Ach so, aber wo? Also doch mit rein - war ja auch spannend. Die Ärztin spulte ihr Programm lehrbuchmäßig ab. Erstmal das absolut unsterile und unprofessionelle Verbandmaterial weg. Dann hinlegen wegen Blutverlust und Kreislauf und so (also beim Blutspenden hatte ich schon mehr gegeben). DAS Phänomen: Solange der Leitbulle steht, ist alles halb so schlimm, aber wenn er erst einmal daliegt...
Der Älteste " Papi stirbst du jetzt?"
Der Kleinste fängt natürlich an zu Weinen.
Der Mittlere flirtet hemmungslos mit der Schwester.... sind halt alle verschieden. Bis heute.
Dann die Frage nach einer Tetanusimpfung - hab ich.
Dann die Bemerkung, dass das übel aussieht - weiß ich, aber vor den Kindern?
Dann der Nachsatz, dass da mit Sicherheit Haut transplantiert werden müsste - baut echt auf.
Dann die Frage nach der Tetanusimpfung - hatten wir schon - die Seite muss sie 2x gelernt haben.
Die eigentliche Arbeit hat zum Glück eine gestandene Schwester gemacht.
Und DANN………… die Frage nach der Tetanusspritze (klar, zu einem kompletten Schutz gehören ja auch drei Impfungen.)
Auf dem Rückweg waren die Jungs gaaanz leise und friedlich. Muss man wirklich zu solch drastischen Mitteln greifen, um sie im Griff zu haben?
Zu Hause dann folgendes Szenario:
Frau war zwischenzeitlich zurück - keiner da. Dafür stand die Tür zum Garten sperrangelweit offen (oops). Der Weg zum Telefon voller Blutspuren, Telefon blutverschmiert, keine Nachricht (von den Entführern?) - naja, wenigstens sei den Kindern nichts passiert.
Das mach ich nie wieder - versprochen.

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Kommentare (7)

uschipohl ja, das war mir schon klar, das mit dem "oben", aber ein anderes Wort würde ich einsetzen, zum Beispiel "hoch" anstatt der Doppelung "oben" .

Schachtelsätze, kurze Sätze, einfache Sätze, davon eine gute Mischung, das kommt immer gut an. Kurze Sätze sind wichtig, denn sie bringen meistens Spannung in den Text.

Was ich immer mache, jedes Werk lese ich mir laut vor, so merkt man am besten, wie es klingt.

~
vielfältige deutsche Sprache
~

um originell zu sein

muß man keine neuen Wörter erfinden

denn wer sich

bei der deutschen Sprache bedient

der findet Vielfältigkeit

kann in Umschreibungen lustwandeln

und reichlich schöpfen

~


Es freut mich sehr, dass du meine Anmerkungen so aufgenommen hast, wie sie gedacht sind, nämlich wohlwollend
herzliche Grüße
uschi
IseGrimm Danke für Deine Einlassungen.
"Ganz oben auf der Trittleiter und ziemlich oben IM BAUM" steht da doch, um zu verdeutlichen, dass ich quasi auf Zehenspitzen stand, um die Zweige erreichen zu können.
Diese DANN-Aneinanderreihung war so beabsichtigt - im Sinne einer Aufzählung. "Dann" sollte ich ev. im restlichen Blog eher sparsam damit umgehen :).
Sicher kann man über stilistische Mittel diskutieren. Ich hab grad ein Buch gelesen, in dem endlos lange Schachtelsätze das Lesen zur Qual machte - bin vielleicht eingedenk dessen zu sehr ins Gegenteil gedriftet.
Aber danke für Deine kritischen Anmerkungen - kann ja nur förderlich sein.
Wünsch Dir einen schönen Tag. LG ISE
uschipohl ein paar Sachen sind mir stark aufgefallen und zuerst wollte ich auch nichts sagen, aber mein Schreiberherz kann schlecht schweigen.
Sehr viele Sätze beginnst du mit „Und“ und das Wiederholen von gleichen Wörtern, so schnell aufeinander, wie zum Beispiel: „Dann, Dann, Dann“, das ist stilistisch nicht sehr ansprechend. Auch läßt du viele Wörter einfach aus, das kann man in der Lyrik machen, dort ist weniger meistens mehr, aber bei der Prosa verwirrt es den Leser eher und die Sätze klingen dadurch auch sehr abgehackt.

[i]Ganz oben auf der Trittleiter und ziemlich oben
(er steht ja schon oben auf der Trittleiter, der Leser weiß also bereits, dass sein Standort sehr hoch ist, deswegen ist das zweite oben in diesem Satz unnötig)
im Baum totes Geäst mit der Rosenschere rausschneiden und die Jungs im Blick...
[/indent]

Ganz oben auf der Trittleiter stehend, mit einer Rosenschere bewaffnet, totes Geäst aus dem Baum herausschneidend, habe ich die Jungs im Blick...
Jedenfalls habe ich mit dem Ast auch meine Fingerkuppe erwischt.


So könnte es zum Beispiel ausgearbeitet lauten ;).

Aber, wie gesagt, es ist dein Werk und wie es sich lesen und anhören könnte, das ist meine persönliche Meinung und die kann man teilen, muß man aber nicht

herzliche Grüße
uschi
IseGrimm Hallo Uschi,
Was ist Dir denn aufgefallen und verbesserungswürdig?
Schreibfehler?Grammatikfehler? Stilistische Mängel?
Etwas konkreter wär schon sinnvoll :).
Bin gespannt.
Gruß ISE
uschipohl die Geschichte an sich finde ich gut, den Anlaß weniger, wegen der Schmerzen.

Wenn dieses allerdings meine Geschichte wäre, dann würde ich sie generalüberholen, die feine Feile ansetzen , aber es ist ja nicht meine

herzliche Grüße
uschi
IseGrimm Hallo Kristine, Du hast ja (leider) so recht :).....
werderanerin da kannst du mal sehen, Hans-Peter..., da ist die Frau einmal nicht zu Hause, hat nicht alles im Blick und schon... macht Papa den ultimativen "Härtetest" gleich auch noch vor den staunenden Jungs.

Was sagt uns das...warte auf deine Frau das nächste mal und dann beschneide erst den Baum, denn sie hat alles im Griff, weiß was notfalls zu tun ist !

Fazit: Hauptsache ist doch, den Jungs gehts gut...Prioritäten muss man schon setzen !!!

Kristine

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