Das Buch, aus der Bibliothek geholt, ist alt; es wurde 1967 herausgegeben. Vor Jahren war es ein Hit, natürlich damals gelesen also, es ist aber so angenehm, ein bekanntes Buch mal wieder in die Hand zu nehmen. Da lacht man an denselben Stellen, oder weint, oder hofft, dass der beliebte Held diesmal nicht verloren geht… Das Papier grau, die Buchstaben nicht ganz scharf deutlich, trotzdem findet man Spaß am Lesen.
 
   Und plötzlich, die Seiten 90. und 91. – da fällt etwas heraus. Ein Blatt. Ein sehr altes, ganz trockenes, braunes Blatt, teils gebrochen. Früher steckte man gerne Blätter oder Blüten zwischen die Bücherseiten. Als ein Andenken, oder einfach als Lesezeichen. Und das Blatt da…?
 
   Vielleicht kam einem Leser das Buch plötzlich zu langweilig vor. Es ist eine Art scherzhaftes Vademecum: Wie man im Familien- und Sozialleben handeln sollte. Da würde man doch eher zwischen zwei Kapiteln eine Pause machen… Oder hat da jemand gerufen: Telefon! – keine Handys gab es ja damals, selbst wenn das Buch nicht gleich im selben Jahr gelesen, als es herausgegeben wurde. Und dann schnell ein Blatt vom  Strauch zwischen die Seiten - denn es wurde im Garten gelesen...
 
    Oder so: Zwei Menschen gingen im Park spazieren. Im netten Gespräch versunken; es konnte kaum der Anfang einer Bekanntschaft gewesen sein. Dann hatten sie sich womöglich auf eine Parkbank hingesetzt. Es war noch nicht die richtige Zeit, um an einen Kuss zu denken. So pflückte die eine oder die andere Person ein Blatt von einem Strauch, hielt es eine Weile in ihren/seinen Händen, vielleicht streichelte er/sie sogar damit ihren/seinen Mund? Und dann, als ob ganz zufällig, kam das Blatt in die andere Hand. Und es wurde – wichtig…

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Kommentare (4)

ehemaliges Mitglied

Sehr schön mit viel Fantasie  geschrieben, liebe Christine.
Aus so einem zufällig gefundenen kleinen unscheinbaren getrockneten Blatt kann man viele Geschichten ableiten, wenn man anfängt zu spekulieren.

Vielleicht war es ja auch so:

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Storm Theodor

Ein grünes Blatt

Ein Blatt aus sommerlichen Tagen,
Ich nahm es so im Wandern mit,
Auf daß es einst mir möge sagen,
Wie laut die Nachtigall geschlagen,
Wie grün der Wald, den ich durchschritt.

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Eines meiner Lieblingsgedichte.
Ich wünsche Dir einen schönen Tag und sende liebe Grüße Rose

Christine62laechel

Fast alles war schon mal, liebe Elbstromerin, fast alles ist eine Wiederholung... Dass man aber auf Ideen kommt, die früher von echten Meistern entwickelt wurden, das kann nur erfreuen, nicht wahr? :)

Dieses Gedicht wird nun auch zu einem von meinen beliebten, danke dafür. Rose

Mit herzlichen Grüßen
Christine

Willy

Alle Dinge, selbst die kleinsten und unscheinbarsten können eine Geschichte erzählen.
Hören und zuhören können aber wohl nicht allzuviele Menschen.
LG
Willy
 

Christine62laechel

Man ist einfach von Geschichten umgeben... Ich wähle mir daraus gerne solche, die neutral sind, oder gut enden, und so. :)

Mit Grüßen
Christine


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