Es sind so Erinnerungen, die einen einfach dazu treiben, doch einmal das oder jenes wieder zu sehen, auch wenn das Ganze schon „zich“ Jahre her ist. Einfach zu schauen, wie es heute da aussieht. Vergleichen und bewerten.

Es war 1936. Mutter, unsere Perle (Haustochter)und wir drei Erstgeborenen waren schon den ganzen Frühling unterwegs auf Wohnungssuche. Es war da in Schöneweide in der tollen Wohnung zu eng geworden.

Und so ging es schließlich von der S-Bahn-Station „Grünau“ los – das war damals die letzte S-Bahnstation auf der Görlitzer Strecke; heute rollt die S-Bahn raus bis nach Zeuthen und Königs Wusterhausen.

Den Marsch, an den mich immer wieder eine ganze Menge Bilder erinnern, führte erst einmal ein ganzes Stück entlang der Bahntrasse und dem Bahnbetriebswerk Grünau. Die Straße, die heute wenigstens einen Rad- und Fußweg begleitet, führt raus nach Schmöckwitz, dem äußersten Zipfel im Südosten, der zu Berlin gehört.

Von da ab zweigt ein Weg südwärts durch den Grünauer Forst nach Eichwalde, damals im Kreise Teltow, heute zum Landkreis Dahme-Spree gehörig. Und genau diesen Weg wünschte ich mir, noch einmal zu wandern, zu erleben.

Um zehn Uhr sind wir heute mit unseren Rädern in Johannisthal aufgebrochen. Irene wollte nicht das Adlergestell strampeln, weil da der Radweg immer parallel zu der stark frequentierten Chaussee B96a entlang ging. Mein Wunsch wurde erhört, und so erreichten wir auf kürzerem Weg den Bahnhof Grünau.

Eben auch das Stück neben dem Bahnbetriebswerk, das mit den Jahren gewachsen „wurde“, sind doch schon einige Generationen S-Bahn-Züge da gelandet und oft auch schon verschrottet.
Je weiter wir nach Süden kamen – da zweigten links und rechts Wege ab, der Wald nahm sie auf. Schließlich – genau, wie in der Karte angedeutet, ging der Alte Radeländer Weg gen Süden ab. Hohe Kiefern bilden den Wald – typisch Märkische Heide.

Ich war gespannt: als ich damals mit Vater solche Wege durch die Märkischen Wälder fuhr – ich war der erste der Geschwister, der ein Fahrrad ohne Stützräder bekam – gleich ein Mädchen-Rad, weil es dann die mir folgenden Schwestern weiter nutzen sollten.

Ich war gespannt, ob noch immer Pulversand das Radeln erschwert, ob die harten Wurzeln so quer über den Weg wuchsen und aus dem Sand hervorstanden.
Ich war gespannt, ob der Weg – breit genug war und ist er ja – viel benutzt wird. Und du glaubst es kaum – heute, Mittwoch – eifriger Radverkehr und auch Wanderer, die sich da in Richtung Eichwalde bewegten.
Und der Weg? Er war fest und trocken, die Löcher waren ausgetrocknet. Etwas hin und her musste man schon an den Schlaglöchern vorbei jonglieren.

Wir fuhren gegen die Sonne. Warum eigentlich? Nun, ich wollte so fahren, wie wir 1936 gewandert waren. Und auch war das Radel-Ziel offen, was es anders nicht gewesen wären und uns gezwungen hätte, vielleicht über unsere Kräfte hinaus gegangen wäre, mehr als gewollt zu strampeln. So konnten wir besser entscheiden, ab welchem Bahnhof wir wieder heim fahren können. Es ist ja auch immer ein Augenmerk darauf zu richten, wo wir unsere Räder schleppen müssen, um zum Zug zu kommen.

Es war wunderbar im Grünauer Forst. Ganz wie früher – wenn ich auch nicht mehr richtig riechen kann – ich glaube, auch Gerüche können an der Erinnerung haften.
Im Herbst 1936 stand in Oberschöneweide ein Möbelwagen, der unser Hab und Gut verlud, und alles nach Eichwalde brachte. Nun lagen also die Orte, die ich als Kind erlebt hatte, im Norden.

Der Grünauer Forst lud wie andere Gegenden rund um Eichwalde ein zum Sammeln von Pilzen und Beeren. Bei uns Kindern mehr oder weniger fast eine Zwangsarbeit, wie auch das Zupfen der Johannisbeeren im Garten – so viele Sträucher! Aber wir durften Eichwalde bis 1945, nach Einmarsch der Russen, unser Zuhause nennen.

Eichwalde endet im Norden an der Waldstraße, die wenigen Straßen danach gehören zu Berlin-Schmöckwitz. Diese Grenzziehung zu Berlin ist schon sehr alt, hat viele Regime überstanden. Also kommt man von der Grünauer Straße in Eichwalde zum Grünauer Weg, schließlich auf dem Alten Radelander Weg nach Berlin-Grünau.

Merke: Grünau wird beim Sprechen in der zweiten Silbe, „nau“, betont.

Radeland? Nun, das ist die Keimzelle von Eichwalde. Das Gut wurde parzelliert und dann Eichwalde getauft. Der Bahnhof von Eichwalde hat sowohl Platz als auch Namen oft gewechselt. Das hat nun seine Ruhe. Die Eichwalder haben beim Bahnfahren Glück, sie gehören zur Tarifzone C im VBB. Einzig hat sich nicht geändert: der Zwanzigminuten-Takt.

Fahre einfach mal hin. Mit dem Rad sehr empfehlenswert. Und wenn du zu Fuß etwas von Eichwalde erleben willst, dann musst du nicht den Grünauer Weg zurück laufen: dann kannst du nach Schmöckwitz wandern, siehst eigentlich vieles Verträumtes von Eichwalde, und steigst in Schmöckwitz in die Uferbahn (Linie 86 der BVG) ein, fährst mindestens bis zum Bahnhof Grünau oder gleich weiter nach Berlin-Köpenick.

Heute war es ganz schön heiß: 32 Grad Celsius. Darum haben wir unsere Tour am Bahnhof Zeuthen beendet und sind mit der S-Bahn zurück nach Adlershof gefahren, da weiter mit dem Rad nach Johannisthal. Mach’s nach.

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Auf dem Radelander Weg

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Waldstraße - Grünauer Weg

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Die beiden ältesten Häuser vom Gut Radeland

+Die Evangelische Kirche -- Königskerze


Mittagspause beim Griechen


Das Rathaus von Eichwalde

Die Katholische Kirche

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S-Bahnhof Zeuthen (könnte auch Eichwalde sein)
Rückfahrt mit der Bahn


Wir sind durch Johannisthal gefahren. Das reizt uns, darüber auch einmal mit Fotos zu berichten, was sich auf dem alten Flugplatz tut. Bis dann!

ortwin

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