die runde Ecke........


.. jeden Sonnabend ging ich mit Opa dort vorbei, wenn ich ihn vom Zug abholte. Und jedesmal dachte ich, wie schaffste das, nicht dort reinzukommen. Es war das Gefängnis des Polizeipräsidiums.
Kleine Fensterchen mit Gitterstäben zeigten zur Straße hin und manchmal hörte man auch Rufen oder Sprechen und sogar auch Schreien. Wir wechselten die Straßenseite - Opa fühlte, daß mir grauste.
Doch unsere Gespräche vertieften sich - wieso sitzen die da drin?
Naja, die haben was geklaut oder etwas mitgenommen, was ihnen nicht gehörte und somit wurden sie mit Gefängnis bestraft.
Ist schon richtig so, mein Frosch.
"Opa, muß ich auch dort rein, ich habe der Tante Marianne eine Aprikose geklaut?"
Hat sie geschimpft? - nein, ich hätte nur fragen sollen, meinte sie.
Na denn ist alles in Ordnung und Opas Frosch sperren sie sowieso nicht ein.
Beruhigt gingen wir des Weges - eine Denkpause entstand, doch verflixt, ich kam nicht von dem Gedanken los.
Diese runde Ecke, die das Gefängnis war, verfolgte mich zeitlebens.
Die Sparkasse gegenüber - bei der ich noch ein Konto hatte und für jeden Tag meines Aufenthaltes in der DDR 25.-Dm-Ost abheben konnte. Irgendwann wurden die Bedingungen gelockert und ich konnte frei verfügen. Die Schwiegertochter meiner Großcousine brauchte eine Waschmaschine !
Die Preise schaute ich mir an und fiel aus allen Wolken - das gibt es nicht, da kannste jahrelang darauf sparen - nee, ich gehe zu der Bank.
Gedacht und auch getan, ich löste dieses nutzlose Konto auf.
Und wie vom Himmel bestellt, standen pötzlich VoPo's hinter mir
(Volkspolizisten).
Ein Wessi räumt das Konto ab und woher stammt es überhaupt?
Ich konnte es erklären, doch im Hinterhirn dachte ich an die runde Ecke.
Beweismaterial hatte ich natürlich nicht dabei - doch eine Adresse im Kopf von einem Kneipier in Thurland, der monatlich Zinsen für ein Zinspapier einzahlen mußte.
Stundenlang saß ich auf dem harten Stuhl, bis der Beweis erbracht wurde, daß alles seine Ordnung hat.
Den armen Mann habe ich später mit einem Cousin besucht - er hatte noch immer seine Kneipe, war sogar Bürgermeister von dem Ort und ließ mich über seine "rechte" Hand fürstlich entlohnen.
Auch mal wieder so ein Geschäft, das nicht in die Öffentlichkeit gehörte.
Die "rechte" Hand bekam Tulpenzwiebeln, die sie sich wünschte, von mir und der Sohn meiner Cousine ein großes Hochzeitsgeschenk.
Jetzt war abgerechnet - ich kann wieder durchatmen - alles hat seine sozialistische Ordnung - bin ich froh gewesen.
Kein "rundes Eck", nur Schweißtropfen auf der Stirn erinnern noch daran.
mit schweißtreibenden Grüßen
Euer Moni-Finchen











Anzeige

Kommentare (2)

nixe44 heute wollen sie nichts mehr davon wissen.
Ich kann ein Lied davon singen, habe viel erlebt.

Jährlich beantragte ich die Einreise in die DDR für meine Schwester aus Hamburg.
Einmal wurde ich abgewiesen, mit dem Hinweis, die Bearbeitungszeit überschreitet den Einreisetermin.

Ich dachte, so leicht wimmelt man mich nicht ab und sprach beim Vorgesetzten des kleinen VoPo vor.
Super nett(was ja bei den Vopo´s selten vorkam) ging er auf mein Problem ein und siehe da, Schwester und Familie konnten pünktlich einreisen und an der Hochzeitsfeier teilnehmen.

Lieben Abendgruß
Monika
Traute das ist der kleine entscheidenden Unterschied, zwischen den bösen Buben und dem braven Bürger. Der Brave misst seine Taten mit seinem Gewissen schon vor der "Grenze der Gerechtigkeit" ab, der böse Bube schwört Stein und Bein sie niemals zu überschreiten,. weder aus versehen noch mit Absicht und tut genau das Gegenteil.
Das was im Osten alles staatlich geregelt war, wusste man oft erst hinterher. Besser war man fragte vorher ob das erlaubt ist, denn das meiste war verboten.
Mit freundlichen, weißt Du noch,Grüßen,
Traute

Anzeige