Klagelied einer Pediküre


Klagelied einer Pediküre


Klagelied einer Pediküre
 
 
Nur für neu hinzugekommene Leser erwähne ich die sonst hinlänglich bekannte Tatsache, dass meine Amica natürlich das schönste, liebste  und bravste Hundekind aller Zeiten ist. Daran hat sich auch Anfang ihres 6. Lebensjahres nichts geändert.
 
Der Ehrlichkeit halber sollte man vielleicht ihre kleine Macke erwähnen, immer während des Breitensport-Trainings am Hundeplatz zu markieren. Trotz vorherigen, ausgiebigen Herumschlenderns in herrlichem Grün muss sie partout während der Stunde am Platz markieren. Jegliche Zurechtweisung zieht an ihren Ohren vorbei, von Reue oder Besserung keine Spur, bei mir allerdings wirken die strengen Ermahnungen der Trainerin schon ziemlich heftig.
 
Da keine Lösung zu finden war – es ist ja nicht so, dass Amica müsste, sie tut das offensichtlich aus Emanzipationsgründen –,  dränge ich sie in solchen Fällen hektisch aus dem Gesichtsfeld der Trainerin und versuche, sie mit meinen Rundungen abzudecken. Zwar handelt es sich dabei wahrscheinlich nur um 2 bis höchstens 3 Tropfen, aber wo kämen wir denn da hin, wenn der Platz vielleicht nach irgendeinem „Unterläufel“ riechen würde.
 
Eigentlich wollte ich aber ein wenig über mein Leid als Fußpflegerin  meines Hundes klagen. Nein, nein, an die Krallen wage ich mich nicht heran, das überlasse ich natürlich der Tierärztin, aber schon das Entfernen der Haarbüschel zwischen ihren Ballen führt zu einer ganz besonderen Art von „Gesundheits“-turnen.
 
Ich rufe sie mit am Rücken versteckter Schere; sie kommt ganz langsam, ihr schwant Böses. Nachdem schon „Platz“ sich durch ihren Argwohn zu einem Problem gestaltet, verschwinden bei Ansichtigwerden der Schere die Pfoten in Sekundenbruchteilen unter ihrem Körper, Herausziehen unmöglich! Also muss das Tier nun aus der Liegestellung in die Seitlage gebracht werden, wie auch immer. Unglaublich, wie schwer 17 kg zu bewegen sind.
 
Unter beruhigenden Worten beginne ich, oben auf der Pfote ein wenig Fasson in ihre Haarpracht zu bringen. Was ernte ich? Missbilligung der ärgsten Sorte. Jetzt werde ich böser, halte das nach allen Seiten herum rudernde Bein und setze vorsichtig die Schere zwischen ihren Ballen an. Möglicherweise kitzelt das, jedenfalls entwindet sie mir das eben eroberte Stück sofort wieder. Nächster Zugriff, 2 bis 3 Haarbüschel entfernt, aus!  Entschlossen ändert sie die Stellung, ich mit ihr. Wieder Suche nach den versteckten Pfoten. Sie steht auf, ich wälze mich ein wenig unter sie und versuche, das Haxerl zu heben, um es so, am Rücken liegend, schneiden zu können. Auf diese Weise schaffen wir endlich ein Bein. Nachdem wir mehrere Varianten durchprobiert haben, lande ich wieder auf den Knien, die mittlerweile schon ein wenig schmerzen. Die Stimmung bei beiden Beteiligten sinkt, nach der 2. Pfote bin ich bereits schweißüberströmt und werfe Kleidung von mir. Amica versucht sich mit Schmusen sozusagen „loszukaufen“. Aber nicht bei mir! Es ertönt ein strenges, aber weitgehend sinnloses „Platz“. Mein Mädchen versucht zu fliehen, ich nehme die Verfolgung auf und schließe alle Türen. Nun aber muss das 3. Bein „dran glauben“, ich robbe auf einem Knieschoner in ihre Nähe, fasse ihren Fuß mit eisernem Griff und schneide erbarmungslos an ihrer Sohle herum. 
 
Nach der 3. Pfote und zweiten Schere allerdings wird alles einfach; gegen Ende wende ich nämlich immer den Leckerli-Trick an. Damit überstürzen sich die Ereignisse, Amica hält still wie ein Mäuschen, lässt alles freundlich über sich ergehen, schüttelt danach ihre Haarpracht und mich ab, zwirbelt ihrem Schwanz auf und eilt zu den Leckerlis.
 
Ich, armes, erschöpftes Lebewesen stemme mich mit beiden Armen  vom Boden ab, versuche meinen gefühllosen Beinen wieder etwas Leben einzuhauchen und wanke zur Leckerli-Ecke, um dem Hund die Belohnung zu geben.
 
Manchmal allerdings beschleicht mich schon das Gefühl von Ungerechtigkeit, wieso bekommt eigentlich der Hund das Leckerli?
Wenn sie mir nur besser schmecken würden……..               
 
 
 


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