Forum Wissenschaften Anthropologie / Psychologie Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt

Anthropologie / Psychologie Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt

RE: Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Mareike vom 20.09.2022, 10:34:45

da siehst du mal, was für ein gründlicher Typ ich bin 😁 liebe @Mareike
es gäbe noch einiges zum Thema zu beleuchten

aber lassen wir es für`s Erste 😉 ruhen, warum nicht

es war, für mich jedenfalls, eine aufschlussreiche Diskussion

an alle Schreibenden und Lesenden
geht ein freundlicher Gruß
WurzelFluegel







 

olga64
olga64
Mitglied

RE: Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt
geschrieben von olga64
als Antwort auf Mareike vom 20.09.2022, 10:34:45

Herr Habermas veröffentlich darin seine Darstellungen aus der Zeitschrift "Leviathan",die bereits vor einem Jahr erschienen und nun vom Suhrkamp-Verlag in Buchform gedruckt werden.
Sie enthalten auch Thesen des Prof. Habermas von einem seiner Bücher ,das bereits vor 60 Jahren erschienen ist.
Vermutlich äussert er sich derzeit auch in renommierten Zeitungen wie der FAZ und SZ auf Wunsch des Verlages wieder häufiger, weil auch dieses Buch nach Erscheinen Abnehmer finden soll. Ich finde und fand es immer wichtig, wenn uns dieser weise Mann an seinem Gedankengut teilhaben liess und freue mich ,dass er trotz seines sehr hohen Alters noch so aktiv und rege ist. Olga

Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt
geschrieben von Mareike
als Antwort auf olga64 vom 20.09.2022, 17:34:32

Der Spiegel dazu: https://www.spiegel.de/kultur/juergen-habermas-strukturwandel-der-oeffentlichkeit-in-der-2-0-version

Zitate:


"Für die Sozialwissenschaften ist offenbar theoretisch noch nicht geklärt, wie nun eine Gesellschaft funktioniert, in der politische Kommunikation – und auch Propaganda, Hass und Fake News – zu einem großen Teil über digitale Plattformen und soziale Netzwerke geschieht."

" Die Utopie einer redaktionellen Gesellschaft: »Die redaktionelle Gesellschaft ist eine Gesellschaft, in der die Maximen und Ideale des guten Journalismus zu einem Element der Allgemeinbildung geworden sind. Zum Beispiel: Prüfe erst, publiziere später, höre auch immer die andere Seite, mache ein Ereignis nicht größer, als es ist, sei skeptisch im Umgang mit der Macht, zeige die Ungerechtigkeit in der Welt."


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olga64
olga64
Mitglied

RE: Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt
geschrieben von olga64

Zu diesem interessanten Themenkomplex passt mE. gut der heute in der SZ erscheinende Artikel "Haltet alle den Mund - warum meiden Menschen Informationen, die nicht zu ihrem Weltbild passen?" (von Sebastian Herrmann):

Menschen konsumieren am liebsten Informationen, die ihre Weltsicht (scheinbar) bestätigen und meiden solche,die diese Infrage stellen. Es löse Aversionen aus, sich mit Gegenpositionen zu beschäftigen. Untersuchungen von Psychologen stellten fest, dass die Menschen einem naiven Realismus anhingen, also dass ihre Version der Wahrheit selbstverständlich valide und objektiv sei.
Wer die Dinge anders sieht, mpsse also wenigstens dumm, wenn nicht gar niederträchtig sein.
Um wenigstens scheinbar recht zu behalten, belpgen oder täuschen sich Menschen auch selbst.

Der Mensch betrachtet sich selbs als intelligentes, moralisches und vernünftiges 'Wesen und kann demzufolge Gegenpositionen ignorieren, wenn diese an dieser Einstellung kratzen sollten. Gegenargumente erzeugen auch Wut auf dieGegenseite bis hin zu der 'Einschätzung,dass alle, die etwas anders sehen als man selbst, Deppen oder Lügner sein müssen.
Dem möchte man aus dem Wege gehen oder man legt einen Wutausbruch hin, den man Shitstorm nennt.

Was auch immer der Hauptantrieb für Informationsverweigerung sein mag - letztendlich sträuben sich viele Menschen einfach nur, sich mit Gegenpositionen zu beschäftigen. Olga

Rispe
Rispe
Mitglied

RE: Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt
geschrieben von Rispe
als Antwort auf olga64 vom 22.09.2022, 18:40:10

Lese das gerade und finde das sehr interessant. Danke für diese Zusammenfassung, sie entspricht nämlich genau dem, was ich vor einigen Tagen in Kurzform ähnlich geschrieben und ganz genauso gemeint hatte.

Da zitiere ich mich doch gleich mal selbst. Ich hatte am 17. September 2022 um 05:38 Uhr folgendes geschrieben:
Kurz zusammengefasst:
Alles, was an Aufklärung erfolgt, ist Propaganda, wenn diese Aufklärung nicht in mein Weltbild passt.
Überhaupt ist alles das Propaganda, was meiner Meinung entgegensteht
.“

Leider wurde diese meine Bemerkung hier auf ganzer Linie missverstanden. Denn natürlich meinte ich das ironisch und wollte damit ausdrücken, dass jeder und jede sehr leicht geneigt ist, andere Meinungen als Propaganda zu bewerten, wenn sie nicht mit der eigenen konform geht.

Deshalb hatte ich innerhalb der Diskussion auch auf das Goethe-Zitat „Grau ist alle Theorie“ verwiesen. Denn es kommt darauf an, Propaganda objektiv zu erkennen. Und ich behaupte, dass jede/r sich das raussucht, was zu ihm/ihr passt und deshalb eine objektive Einschätzung nicht immer und für jeden möglich ist, weil wir alle befangen sind.
Wenn die Propaganda von jemandem erfolgt, dem man innerlich zustimmt, wird man abstreiten, dass es Propaganda ist, und zwar auch dann, wenn die Propaganda glasklar zu erkennen sein müsste.
Genauso wird man eher das als Propaganda einstufen, was der eigenen Meinung entgegensteht.
Beispiele für beide Varianten gibt es in diesem Forum genug.

Genau das wollte ich mit meiner ironischen Bemerkung und manch anderem, was ich geschrieben habe, ausdrücken. Wurde aber von den Wenigsten richtig verstanden.

val
val
Mitglied

RE: Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt
geschrieben von val
als Antwort auf Rispe vom 23.09.2022, 11:45:34

Wenn die Propaganda von jemandem erfolgt, dem man innerlich zustimmt, wird man abstreiten, dass es Propaganda ist, und zwar auch dann, wenn die Propaganda glasklar zu erkennen sein müsste.
 
Davon bin ich überzeugt.
Und nicht zu unterschätzen: es ist um so vieles bequemer!
Denn wer ist denn schon immer und ständig auf dem qui vive?
LG Val

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Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt
geschrieben von Mareike
als Antwort auf Rispe vom 23.09.2022, 11:45:34

Kurz zusammengefasst:
Alles, was an Aufklärung erfolgt, ist Propaganda, wenn diese Aufklärung nicht in mein Weltbild passt.
Überhaupt ist alles das Propaganda, was meiner Meinung entgegensteht
.“
 
Meiner Meinung nach ist das viel zu kurz gedacht, denn es geht nicht an erster Stelle um den Einzelnen.

Zitate aus dem angefügten Link:

Die Grundlagen und Methoden der umfassenden Einflussnahme auf Bürger und Individuen in demokratischen Systemen wurden bereits 1922 in den USA durch Walter Lippmann erkannt und formuliert. Seine glänzende Analyse ist heute aktueller denn je: Wer begreifen will, wie die Methoden zur Meinungsmanipulation funktionieren und sich gegen den Zugriff auf die eigenen Vorstellungswelten und Meinungsbildung wehren will, kommt an der Lektüre des Klassikers von Walter Lippmann nicht vorbei.

Lippmann spricht von der Pseudoumwelt, die aus den Bildern und Vorstellungen über die Ereignisse besteht: Wie stellen wir uns innerlich vor, was bei der Begegnung von Trump mit Putin wirklich passiert ist? Die Pseudoumwelt ist keine rein individuelle Welt, die sich jeder subjektiv basteln kann. Die Pseudoumwelt ist nach Lippmann – und jetzt wird es spannend – eine gemeinsam sozial gestaltete Welt. Sie ist imaginativ, aber sie ist real, weil wir immer – egal, ob wir Trump glauben oder nicht – in einer Vorstellungswelt leben. Jede Öffentlichkeit und jede öffentliche Meinung ist eine Pseudoumwelt. Öffentlichkeit beruht nicht nur auf Fakten, sondern auf inneren Bildern.

Das ist eine gefährliche Situation, vor allem für die Demokratie – darauf macht Lippmann in aller Klarheit aufmerksam. Denn die äußere Welt verschwindet ja nicht, nur weil wir beliebige Vorstellungen über sie besitzen. Lippmann spricht von der Handlungswelt. Das ist die wirkliche Welt. In dieser Welt handeln wir und unser Handeln hat reale Konsequenzen.

https://www.westendverlag.de/kommentare/demokratie-propaganda-und-die-oeffentliche-meinung/


Mareike
 
JuergenS
JuergenS
Mitglied

RE: Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt
geschrieben von JuergenS

Ich denke, dass diese Erkenntnisse über das Verhalten der Menschen gegenüber "Propaganda" auch keine Konstante ist.
Sorry, aber ich z.B. habe nicht mehr dieselbe Kraft wie früher, um mich gegen etwas zu stemmen, das hab ich gestern wieder gemerkt, als viele "Dinge" zeitgleich auf mich eingestürmt sind. Alleine schon die Merkfähigkeit leidet m.E. Die Alterskomponente.

Natürlich gibt es da und dort auch Menschen, deren "Streitkraft" im Alter zunimmt, früher sagte man dazu, a so a bäsa Deife.

Aber das muß auch sein:😉

Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt
geschrieben von Mareike
als Antwort auf Mareike vom 23.09.2022, 15:39:35
"Was Lippmann lesenswert macht, ist, dass er die Massenkommunikation grundsätzlich und kritisch wie kaum jemand vor ihm problematisiert hat. Seine Überlegungen basierten auf einem realistischen, ja vielleicht pessimistisch zu nennenden Menschenbild. Nicht nur, weil er die Erkennbarkeit der Wirklichkeit und ihre objektive Abbildbarkeit in Zweifel zog, sondern weil er sich keiner Selbsttäuschung über die irrationalen und emotionalen Antriebe im Denken und Handeln der Menschen hingab. Und dies geschah ohne moralisierenden Unterton. Insofern stehen seine Erklärungen allen rationalistischen Theorien entgegen, und sein Konzept von Öffentlicher Meinung kann man geradezu als „Gegengift“ zu Jürgen Habermas’ Vorstellung rational aufgeklärter Öffent-
lichkeit lesen. Verglichen mit dessen idealistisch-normativen Annahmen war Lippmann eher der empirisch gesinnte amerikanische Pragmatiker, derjenige, der gegen eine falsche Philosophie („false philosophy“) die „lessons of experience“ (Lippmann 1927a: 200) ins Feld führte. Zudem argumentiert Habermas eher in einem gesellschaftstheoretischen Rahmen, Lippmann dagegen auf kognitionspsychologischer Grundlage."

Entnommen aus Reihe „Klassiker der Kommunikations- und Medienwissenschaft heute
Rispe
Rispe
Mitglied

RE: Propaganda - Der "Third Person Effect" und Der First-Person-Effekt
geschrieben von Rispe
als Antwort auf Mareike vom 23.09.2022, 15:39:35

Liebe @Mareike,
ich fürchte, du hast meinen Beitrag immer noch nicht verstanden. Dann hättest du nämlich gemerkt, dass das von dir Eingestellte dem, was ich geschrieben habe in keiner Weise widerspricht .Das Eine schließt das Andere nicht aus.

Aber egal! Du möchtest gerne klüger sein, es sei dir gegönnt! 😊


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