Forum Wissenschaften Geisteswissenschaft / Philosophie Die Intrige als geschichtliches und als naturwissenschaftliches Phänomen

Geisteswissenschaft / Philosophie Die Intrige als geschichtliches und als naturwissenschaftliches Phänomen

miriam
miriam
Mitglied

Re: Die Intrige als geschichtliches und als naturwissenschaftliches Phänomen
geschrieben von miriam
als Antwort auf miriam vom 15.08.2009, 11:40:58
Nun zur modernen Literatur und das Fehlen der Intrige im klassischen Sinne. Eigentlich sollte man vielleicht eher sagen, dass die Intrige sich wandelt, weil auch die Figuren der modernen Literatur nicht mehr denen der früheren Romane oder Theaterstücke gleichen.

Ist es nicht so, dass die Intrige auch immer an viel Aktion gebunden ist? Der moderne Roman wird aber oft weniger von Aktionen geleitet, als von der Beobachtung, von der Introspektion – Dabei fallen mir zum Beispiel zwei der Romane von Albert Camus ein, "Der Fall" (La chutte) – und "Der Fremde" (L’Etranger). Hier wären auch die wunderbaren Romane von Cees Nooteboom zu erwähnen, "Rituale" und "Die folgende Geschichte".

Trotzdem finden wir die Intrige auch in der zeitgenössischen Literaturgibt – hier zum Beispiel ein brillanter Roman in dessen Mittelpunkt tatsächlich eine Intrige steht: Elias Canetti: "Die Blendung".

Wunderbar konstruiert auch die Intrige die sehr zu unserer Zeit passt, in Javier Marias Roman "Mein Herz so weiß".
Da nimmt tatsächlich ein Dolmetscher für einige Augenblicke so zu sagen die Geschicke der Welt in seine eigene Hand, und übersetzt während einer Sitzung die im Rahmen der Vollversammlung der Vereinten Nationen stattfindet, den Anfang eines wichtigen Gesprächs das zwischen zwei Politikern stattfindet, ganz nach seinem Sinn und nicht nach dem was da eigentlich gesagt wird.

Von dem Moment an, läuft das Gespräch in ganz anderen Bahnen (Deutlich zu erkennen: das Gespräch findet zwischen Margret Thatcher und den damaligen spanischen Regierungschef statt).
Die Manipulation ist ganz einfach – ich übernehme hier kurz den Text, es fängt mit der Frage des Spaniers an die Lady an:

Zitat:


„Soll ich einen Tee für Sie bestellen?“

Und ich übersetzte nicht, ich meine, das was ich ihm auf englisch in den Mund legte, war nicht seine höfliche Frage […] sondern eine andere:

„Sagen Sie, liebt man Sie eigentlich in Ihrem Land?“


Zitat Ende.

Natürlich lenkt der Dolmetscher dadurch das Gespräch in eine ganz andere Richtung als es das Programm vorgesehen hatte – und da man nun so schön und frei plaudern kann, fallen gegen Ende auch Sätze die seitens des Spaniers über eine gewisse Art von Sympathie für Franco zeugen.

Das sind nur wenige Beispiele, man kann sie nur als momentane Einfälle betrachten, keineswegs als repräsentativ für einem allgemeinen Aspekt der Literatur des 20. Jahrhunderts.

Über Peter von Matts Auffassung betreffend die Intrige in der modernen Literatur, ein anderes Mal.*

Entschuldigt wieder mal den viel zu langen Beitrag.

Liebe Grüße

Miriam

*Ich finde es bemerkenswert, dass mir diesmal Peter von Matt den Vorrang lässt...
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Die Intrige als geschichtliches und als naturwissenschaftliches Phänomen
geschrieben von carlos1
als Antwort auf miriam vom 15.08.2009, 11:40:58
"1.
Es schreit die Miriam im Blätterwalde,
Doch warte nur, balde
Schreiest Du auch.

2.
"Sie, wenn Sie so weitermachen, verliere ich bald meinen Wiener Charme... (Paul Hörbiger im Film >>Der dritte Mann<<)
Bei mir sollte es korrekterweise heißen: ... "meinen Temesvarer Charme...""miriam

Lasse weiterhin über deinen Wipfeln die Ruhe walten, miriam. Nichts war auf dich gemünzt. Ich bezog nur deine Feststellungen von freiem Handeln mit Ziel und nach Plan, gewählt in freier Selbstbestimmung (Verdienst der Aufklärung), auf die zwischenmenschlichen Beziehungen. Nicht alles, was nicht in Romanen geschieht und nicht in der Literatur beschrieben ist, darf keine Intrige sein. Das Leben besteht aus gutem Teil aus "krummen" hinterrücks ablaufendem Handeln. Gute Absichten stehe ngegen böse, böse gegen gute. Böse aber auch auch manchmal gegen Böse. Was sit denn das Böse überhaupt?

"Wunderbar konstruiert auch die Intrige die sehr zu unserer Zeit passt, in Javier Marias Roman "Mein Herz so weiß".
Da nimmt tatsächlich ein Dolmetscher für einige Augenblicke so zu sagen die Geschicke der Welt in seine eigene Hand, und übersetzt während einer Sitzung die im Rahmen der Vollversammlung der Vereinten Nationen stattfindet, den Anfang eines wichtigen Gesprächs das zwischen zwei Politikern stattfindet, ganz nach seinem Sinn und nicht nach dem was da eigentlich gesagt wird." miriam

Genau, das ist konstruiert. Im Modell können wir staunen, welche Möglichkeiten sich anböten, wenn die Wirklichkeit nicht so anders wäre. Jeder Staatsmann schleppt doch seinen Dolmetcher oder andere der fremde nSprache mächtige Personen bei 'Begegnungen diesr Art mit sich, um nicht hereingelegt zu werden. Intrige gibt es eben auch in der Fiktion.

Einen schönen Tag noch .. and keep smiling"

c.


miriam
miriam
Mitglied

Re: Die Intrige als geschichtliches und als naturwissenschaftliches Phänomen
geschrieben von miriam
als Antwort auf carlos1 vom 17.08.2009, 08:08:42
Entschuldige bitte Carlos – und auch die anderen die hier lesen – dass ich mich hier nicht mehr gemeldet habe. Dies ist m.E. ein Thema welches immer wieder Denkinterwale benötigt und noch eines mehr: ein einigermaßen wohltemperiertes Klima.

Nun zu deiner Aussage, Carlos:

Zitat:


"Nichts war auf dich gemünzt. Ich bezog nur deine Feststellungen von freiem Handeln mit Ziel und nach Plan, gewählt in freier Selbstbestimmung (Verdienst der Aufklärung), auf die zwischenmenschlichen Beziehungen."

Zitat Ende.

In erster Linie: wenn ich so tue als wäre etwas auf mich gemünzt, dann ist das nur eine Art von Spiel. Manchmal natürlich auch ein Vehikel welches mir hilft den Kurs einer Diskussion etwas umzulenken.
Fast könnte man sich fragen, ob das nicht eine Art Intrige darstellt?
Meine Antwort dazu ist ein dezidiertes JA.
Und sei dir auch sicher: bei solchen Themen bzw. Diskussionen waltet weiterhin über meine Wipfeln nur die Ruhe, vermischt mit der Neugierde wo uns der Weg weiterführt.

Nun komme ich in Zusammenhang mit Javier Marias zu deiner Ansicht, dies sei konstruiert und würde nicht den Tatsachen, der Realität des Dolmetschermetiers entsprechen. Natürlich nicht.

Aber – und da fängt meines Erachtens ein ganz neues Kapitel an: sind unsere Fantasien, die imaginären Situationen die wir uns selber aufbauen nicht auch sehr wir selber?
Ob wir nun in einer realen Gegebenheit uns so verhalten wie es unserer Natur oder auch unserer Lust entspricht – oder ob sogar die Gegebenheit von uns erdacht ist – wir agieren darin so wie es unserer Persönlichkeit entspricht – bzw. dem Moment entspricht. Und wenn wir da Intrigen einbauen – dann möchten wir genau so auch im realen Leben reagieren.

Natürlich ist dies nur schemenhaft ausgedrückt – Realität und Fiktion verdienen mehr Aufmerksamkeit in einer Zeit in der das Virtuelle eine so große Rolle spielt. Der virtuelle Raum ist ja sehr geeignet für die Intrige – leider auch für die sehr konkrete, die bis in unserem Leben hineinspielen kann.

Das wäre vielleicht ein lohnendes Unterkapitel dieses Themas, nicht so sehr der narrative Teil, sondern eben die Frage warum wir uns der Intrige so gern und auch so leichtfertig bedienen – denn das beweist uns eben der virtuelle Raum.

Liebe Grüße

Miriam


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gila
gila
Mitglied

Re: Die Intrige als geschichtliches und als naturwissenschaftliches Phänomen
geschrieben von gila
als Antwort auf nasti vom 10.08.2009, 09:22:58
Liebe nasti,
wenn Du diese Abartigkeiten alle kennst, distanziere Dich halt einfach davon. Dann hast Du schon gewonnen - smile -
herzlichst
--
gila
gila
gila
Mitglied

Re: Die Intrige als Phänomen und als Praxis der Gegenwart.
geschrieben von gila
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 11.08.2009, 22:22:09
lieber abdu,
danke für den schönen - inhaltlich interessanten und wertvollen - Beitrag.
Ich komme direkt auf den Kern: Unser Verstand ist uns von Gott (Allah) geschenkt worden. Und ich denke, wir sollten nicht so "schluderig" damit umgehen....
Das Lesen der Bibelsprüche (Koran) kenne ich auch - jedoch, irgendwann mal kapiert man, was man liest, so erging es mir. Smile -
Übrigens, der Koran interessiert mich sehr, und, ich werde ihn mir demnächst beschaffen. Nach unserer Türkeireise hatte ich das fest vor - jedoch - bin nie dazu gekommen. Ich weiß ja auch nicht, wo ich ihn beziehen kann.
herzlichst
--
gila
Re: Die Intrige als Phänomen und als Praxis der Gegenwart.
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf gila vom 21.08.2009, 19:52:06
Hallo Gila,
eigentlich in jeder Buchhandlung.
Und auch über das Internet.
Gebe es mal bei Google ein.

Lieben Gruß, Astrid

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nasti
nasti
Mitglied

Re: Die Intrige als Phänomen und als Praxis der Gegenwart.
geschrieben von nasti
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 21.08.2009, 19:57:59

Hi Gila, distanzieren kann ich mich nicht. Gerade gestern ist DAS Buch „Die Intrige“ eingetroffen, in Ebay bestellt, bin begeistert „Eine Achterbahn des intellektuellen“.
Habe mich erkannt. Ich habe eine Rolle — die Antiintrigantin, also auch eine Intrigantin. :O)))). Die weiße und nicht schwarze, ich MUSS unbedingt bekämpfen die diabolische Intriganten, und das von Kindheit an.
Eine schwere Aufgabe, fast mit unErfolg gekrönt. Ich entdeckte einmal in Budapester Verlag wo ich gearbeitet habe die Lügen, Täuschungen und tödliches Hinterlist, mit einem Zeugen darauf aufmerksam gemacht, sogar das Budapester TV Stab war dabei. Wir bekamen großen Lob, es ist eine kleine Revolution ausgebrochen.
Die mit Lüge und List betroffene Personen haben sich SOFORT nach große Revolution mit Intriganten geeignet und wieder Freundschaft gemacht. Ich und der Zeuge waren wir genötigt uns zurückziehen und bessere Zeiten abwarten, die Situation war nicht zum aushalten weiter. Wir waren als Verräter gestempelt, obwohl wir hatten einen 100% Recht, trotzdem. Intrigen sind schick, man SS lavieren können.

Nasti
hema
hema
Mitglied

Re: Die Intrige als geschichtliches und als naturwissenschaftliches Phänomen
geschrieben von hema
als Antwort auf miriam vom 09.08.2009, 14:28:28
Wie definiert der Autor die Intrige? Es ist eine „geplante, zielgerichtete und folgerichtig durchgeführte Verstellung zum Schaden eines anderen und zum eigenen Vorteil“


Die Intrige ist eigentlich eine jener ueblen Eigenschaften, die der Mensch noch ablegen muß.
Wie oben richtig gesagt, wirkt sie zum Schaden eines anderen und zum eigenen Vorteil.
Leider mußte ich das auch schon am eigenen Leib erfahren. Ich zog mich zurück, weil ich mit solchen Menschen nicht zusammenarbeiten will. Nicht weil mir daraus Schaden erwachsen ist, sondern weil sie mich anwidern und ich sie eklig finde!

Ehrlich währt am längsten!



--
hema
nasti
nasti
Mitglied

Re: Die Intrige als geschichtliches und als naturwissenschaftliches Phänomen
geschrieben von nasti
als Antwort auf hema vom 22.08.2009, 10:31:23
Hi Hema


sich zurückziehen wäre die beste Methode, wäre ich nicht als eine Erinnye geboren, die Rolle war mir schon bei der Geburt zugeteilt worden. *g*
Die schwerste Rolle , weil die Menschen lieben das Dämonische, selber die Erinnyen sind mit das „böse“ fasziniert.
Eins kann ich Dir mit Sicherheit zugestehen aus meiner Praxis. Die mit Lüge und Tricks betroffene Personen schließen mit Intriganten einen Packt am Ende, werden die beste Freunde und der Antiintrigator steht da und guckt in die Röhre. :O)))))

Nasti
hema
hema
Mitglied

Re: Die Intrige als geschichtliches und als naturwissenschaftliches Phänomen
geschrieben von hema
als Antwort auf gila vom 11.08.2009, 19:09:32
nasti,
war die "ferngesteuert" oder hat sie selbst agiert?
Fragt
--
gila




Sie war nicht "ferngesteuert";
aber sie hatte einen boesen Geist!



--
hema

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