Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Heute ist für mich ein Feiertag

Innenpolitik Heute ist für mich ein Feiertag

Rosi65
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RE: Heute ist für mich ein Feiertag
geschrieben von Rosi65
als Antwort auf pippa vom 08.05.2020, 12:10:19

Liebe pippa,

in Berlin ist der 8.Mai heute ein Feiertag:

Mit rund einem Dutzend Veranstaltungen wird am heutigen Freitag an das Kriegsende vor 75 Jahren erinnert. Trotz Kontaktbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie sind unter anderem Kranzniederlegungen und kleinere Kundgebungen geplant, etwa am Sowjetischen Ehrenmal im Tiergarten. Der heutige 8. Mai ist in Berlin Feiertag.

Der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus ist in der Hauptstadt als einzigem Bundesland ein gesetzlicher Feiertag. Allerdings gilt das nur einmalig in diesem Jahr.

https://www.morgenpost.de/berlin/article229072523/Mehrere-Veranstaltungen-zum-75-Jahrestag-des-Kriegsendes.html

Herzliche Grüße
   Rosi65

aixois
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RE: Heute ist für mich ein Feiertag
geschrieben von aixois
als Antwort auf wandersmann vom 08.05.2020, 13:47:40

Militärparaden mag man mögen oder nicht.
Was aber haben Paraden in Frankreich (oder den USA oder in Russland oder sonstwo)  mit der Frage nach einem offiziellen Feiertag in DE oder besser EU weit zu tun ?

Die einen dürfen sich freuen, dass sie militärisch gewonnen haben, die anderen, dass sie auch gewonnen haben, nämlich endlich Freiheit von dem unterdrückerischen, mehrheitlich (???)  verabscheuten  Naziregime ?

Dass einige WK Veteranen "Beklemmungen" bekämen, wenn sie wieder knobelbechertragende deutsche Militärkolonnen marschieren sehen könnte ich  notfalls gerade verstehen ...

Auch in Deutschalnd gibt es militärische Zeremonien, wo marschiert wird mit Gewehr ab und über usw.

Dass "die" Franzosen solche Defilées mögen, wie auch ihre (dem Text nach) recht martialische Nationalhymne, die die Bataillone zum Marschieren aufruft, ist kein Ausdruck eines  beklemmenden Nationalismus, sondern von geschichtlicher Tradition.

aixois
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RE: Heute ist für mich ein Feiertag
geschrieben von aixois
als Antwort auf jacare4 vom 08.05.2020, 15:56:12

Auch gibt es im Mai schon genügend besondere Tage:.1. Mai. Muttertag, Himmelfahrt, Pfingsten. Sollte man wirklich den 8. Mai noch zusätzlich als Feiertag einführen? 

Meine Meinung : eindeutig  JA ! Denn es kommt darauf an was wirklich wichtiger ist: ein freier Pfingstmontag (ohne Sinngehalt) oder ein Tag, der, gerade auch die Jugend,  daran erinnert, was mal verloren war und warum, was Freiheit, was Demokratie, was europäischer Gemeinsinn  ist und wie sie fit gemacht werden können für die Zukunft !

Die Zeitgeschichte zeigt leider, wie leicht vermeintlich gefestigte Demokratien auf die schiefe Bahn geraten können. Demokratie, Freiheit sind nur so viel wert, wie wir sie in Wert setzen, sie leben und uns ihren wahnhaften Gegnern entschieden entgegenstellen.

Einmal im Jahr europäische Standortbestimmung (ohne den 8.5.45 hätte es keinen 9.5.50 -Schuman Rede - gegeben) zu betreiben (der Muttertagssonntag stört da überhaupt nicht ) halte ich für geboten, sofern sie  nicht zum in Alkohol getränkten Grillhappening pervertiert wie Himmelfahrt zum "Vatertag".



 

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olga64
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RE: Heute ist für mich ein Feiertag
geschrieben von olga64
als Antwort auf aixois vom 08.05.2020, 16:11:15

Danke für Ihren guten Beitrag.
Ich denke auch an das geplante, gemeinsame Treffen zu dieser Siegesfeier gegen Nazideutschland und zwar abgehalten von Trump und Putin,welche ja beide einen gewissen Hang für martialische Aufzüge haben und solche Gelegenheiten gerne als Verkaufsveranstaltung für die WAffenproduktion benützen.
Da hat das Virus nun ganze ARbeit geleistet - alles abgesagt und die Männer müssen sich fügen oder verschieben. Olga

aixois
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RE: Heute ist für mich ein Feiertag
geschrieben von aixois
als Antwort auf wandersmann vom 08.05.2020, 13:16:32

Weshalb sollte sich ein Staat, der sich nur 21 Jahre nach dem Ende des Faschismus einen Nazi als Bundeskanzler erwählte, diesen Tag als arbeitsfreien Gedenktag begehen?

Eben weil solche von "oben" verordnete Mussmitmachen-Gedenktage und Lieder wie der "heilige Krieg" nur aus der neuen Konfrontation  des Kalten Krieges entstanden sind und nur neuen Hass schüren sollten. Damit sollte doch bewusst das (an solchen Gedenktagen besonders gepflegte) Feindbild gefördert  und  damit die Angst verfestigt werden , vor der vorgeblichen rachsüchtigen Angriffslust der jeweils anderen Seite, statt eines  Bemühens um das längst überfällige, aber immer wieder hintertriebene "Händereichens":
Lasst die Rache  Wie eine Welle überkochen!
Das ist der Krieg unseres Volkes!  Der heilige Krieg!

 
Warum aber Kiesingers NSDAP Mitgliedschaft und seine 1966 von CDU und SPD betriebene Wahl zum Bundeskanzler  heute gegen einen solchen nachdenklich-produktiven Feiertag sprechen sollten,  ist mir nicht klar. Kiesingers Wahl war ja gerade Ausdruck einer defizitären Geschichtsaufarbeitung.

Die Frage ist vielmehr, welche Argumente die Gegner eines solches Feiertages heute anführen. Gestern es wurde ja ein Vorstoss für einen Feiertag von der Mehrheit unserer Parlamentarier CDU, CSU, SPD, FDP, AFD) abgelehnt, nachdem sie vor wenigen Monaten (Januar)  der Idee gegenüber (Brief  der Holocaust-Überlebenden Esther Bejarano) mehrheitlich positiv gegenüber gestanden waren.

Was ist denn da passiert, warum ist aus einer wohlwollenden Zustimmung in knapp 4 Monaten eine Abehnung geworden ? Ich muss da was verpasst haben.

"Tag der Befreiung kein gesetzlicher Gedenktag: Der Bundestag hat am 7. Mai mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der Grünen einen Antrag der Linken (18/4333) abgelehnt, dem 8. Mai den Status eines gesetzlichen Gedenktages zu verleihen, weil an diesem Tag des Jahres 1945 die deutsche Bevölkerung von der Nazidiktatur befreit worden sei. "
 
olga64
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RE: Heute ist für mich ein Feiertag
geschrieben von olga64
als Antwort auf aixois vom 08.05.2020, 18:14:48

Wir haben Kiesinger überlebt und im Osten überlebten sie Honecker und seine Ganoven. All das brachte uns immer ein Stück weiter auf dem Weg zu einer stabilsten Demokratien der Welt.
Aber das Nazitum als solches wird nie verschwinden in diesem Land (und auch nicht in Österreich). Es wird von Generation zu Generation gepflegt und weitergegeben, im Osten mehr als im Westen, wie man auch an den AfD-Wahlerfolgen sehen kann.
Aber  die AfD-Leute mit ihrem Geschwafel kommen nicht richtig weiter; sie bekämpfen das System, lassen sich aber als Abgeordnete fürstlich alimentieren.
Die Linke ist als Partei zu klein, um hier einen weiteren Vorstoss erfolgreich werden zu lassen - verstehe auch nicht ,weshalb hier nun eine solche Änderung in der Einstellung erfolgte. Olga


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wandersmann
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RE: Heute ist für mich ein Feiertag
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf aixois vom 08.05.2020, 18:14:48
Weshalb sollte sich ein Staat, der sich nur 21 Jahre nach dem Ende des Faschismus einen Nazi als Bundeskanzler erwählte, diesen Tag als arbeitsfreien Gedenktag begehen?
Eben weil solche von "oben" verordnete Mussmitmachen-Gedenktage und Lieder wie der "heilige Krieg" nur aus der neuen Konfrontation  des Kalten Krieges entstanden sind und nur neuen Hass schüren sollten. Damit sollte doch bewusst das (an solchen Gedenktagen besonders gepflegte) Feindbild gefördert  und  damit die Angst verfestigt werden , vor der vorgeblichen rachsüchtigen Angriffslust der jeweils anderen Seite, statt eines  Bemühens um das längst überfällige, aber immer wieder hintertriebene "Händereichens":
Lasst die Rache  Wie eine Welle überkochen!
Das ist der Krieg unseres Volkes!  Der heilige Krieg!
 
Das Lied " СВЯЩЕННАЯ ВОЙНА", der "Heilige Krieg", aus dem Du den Refrain zitiertest, ist textlich gesehen wahrlich beinhart, eingedenk dessen aber, dass es nur wenige Tage nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion (Unternehmen Barbarossa) geschrieben wurde, in seiner Wucht auch verständlich. 
Hatte mit dem "Kalten Krieg" zunächst mal nichts zu tun, der damals aktuelle war brandheiß und brauchte solche Poesie.
Politische Feiertage sind stets "Mussmitmachen-Gedenktage" (hübsches Wort), das sehen wir alljählich am  am 3.10., in der BRD-alt am 17. Juni, in der DDR am 1.5., 8.5. und am 7.10. Sie waren/sind nicht ohne Sinn, nicht schlecht, aber eben von "Oben" festgelegt.
Was Frankreich betrifft, nicht ich brachte deren Feiertag ins Spiel, sondern Soigneur, was ich lediglich noch anmerkte, war der historische Fakt, dass Frankreich aufgrund seiner milit. Niederlage und Besetzung nicht wirklich einen Platz unter den Siegermächten beanspruchen durfte.
 
olga64
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RE: Heute ist für mich ein Feiertag
geschrieben von olga64
als Antwort auf wandersmann vom 08.05.2020, 18:56:55

Als Wessi-Frau habe ich nie weltliche oder religiöse Feiertag als "Muss-Mitmach-Gedenktage" eingeschätzt oder gar "begangen". Ich wurde aber auch nie gezwungen, mit irgendwelchen Fähnchen und Jubellaute ausstossend irgendwo zwangsverpflichtet rumzusitzen.
Für mich waren solche Feiertage, als ich noch berufstätig war, willkommene, freie Tage und wenn sie günstig lagen (also z.B. an einem Donnerstag) gab es die berühmten Brückentage, die dann ein sehr langes Wochenende garantierten, mit dem man auch was anfangen konnte.
Ich weiss, wovon ich spreche - Bayern hat die meisten Feiertage bundesweit. Olga

dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

RE: Heute ist für mich ein Feiertag
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf olga64 vom 08.05.2020, 18:23:42
Wir haben Kiesinger überlebt und im Osten überlebten sie Honecker und seine Ganoven....
Dieser junge Mann hat die Nazi-Verbrecher leider nicht überlebt, die noch zwei Tage nach der Kapitulation ein Todesurteil wegen "Fahnenflucht" vollstrecken ließen und dafür in der BRD auch noch jahrelang fette Pensionen kassierten.
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fahnenflucht.jpg
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Das ist Fritz Wehrmann. Er war ein Matrose im Zweiten Weltkrieg und diente auf einem Schnellboot. Sein jüngerer Bruder fiel Anfang 1945 an der Westfront. Wehrmann muss ein aufsässiger junger Mann gewesen sein, 1943 war er wegen Verstoßes gegen die "militärische Zucht und Ordnung" strafversetzt worden. Nach der Teilkapitulation verließ Wehrmann am 6. Mai 1945 mit drei Kameraden seine Einheit.

Die jungen Soldaten wollten nach Hause. Sie wurden gefasst und auf Betreiben des Flottillebefehlshabers Rudolf Petersen vor ein Kriegsgericht gestellt. Fritz Wehrmann, Alfred Gail und Martin Schilling wurden am 9. Mai 1945 zum Tode verurteilt, einen Tag nach Kriegsende. Am 10. Mai wurden die drei jungen Männer erschossen, nachdem Petersen die Urteile bestätigt hatte.

Die Mutter von Wehrmann wurde nach dem Verlust ihres zweiten Sohnes wahnsinnig. Die Mutter von Gail nahm sich das Leben. Rudolf Petersen wurde angeklagt, aber 1953 freigesprochen. Er arbeitete später für den Militärischen Abschirmdienst MAD.

Fritz Wehrmann wurde nur 25 Jahre alt. Sein Mörder starb mit 77 Jahren.
RE: Heute ist für mich ein Feiertag
geschrieben von ehemaliges Mitglied

Ich finde es wäre angebrachter den 8. Mai als "Tag der Demokratie" zu begehen, denn an diesem Tag wurde eine der schlimmsten Diktaturen der Menschheitsgeschichte beseitigt.
Deutschland hat damals die Chance bekommen, als demokratischer Staat, wieder in die Gemeinschaft friedliebender Völker zurückzukehren. Wir haben die Möglichkeit zum Neubeginn an diesem Tag bekommen. Das sollten wir feiern.

Als Tag der Befreiung sehe ich ihn eher nicht, denn unsere Vorgängergeneration hat bewußt diese Nazi's gewählt, warum auch immer. Mit Recht sollten wir froh sein das dieser Krieg damals für Deutschland verloren ging.
Den Völkern der Welt die damals den Sieg errungen haben gehört er als Tag der Befreiung.


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