Innenpolitik Unmoralische Gesellschaft

xxxx Ein Straßenbahnwagen ist außer Kontrolle geraten und rast auf fünf nichtsahnende Bahnarbeiter zu. Man hat die Möglichkeit mittels einer Weiche die Wagen auf ein anderes Gleis zu leiten, auf der aber ein Bahnarbeiter steht. Darf man die Weiche umlegen um fünf Menschen zu retten, dafür aber eines opfern?
Mane

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Ich kenne zu diesem sehr guten Beispiel eine Variante, die mir in Zeiten von selbstfahrenden Autos usw. aktueller erscheint:
Es erhebt sich die Frage, wie diese Autos programmiert werden sollen: da stehen auf einer Seite 5 alte Menschen und auf der anderen eine Mutter mit Säugling im Kinderwagen und einem Kleinkind an der Hand.
Wie soll das Auto programmiert werden? Soll es in die Gruppe mit den alten Menschen fahren oder in die Gruppe der Mutter mit Kindern?
Wer hätte mehr Recht, weiterzuleben? Die "junge" Gruppe, weil sie mehr oder minder noch mehr Zukunft vor sich haben (auch gesellschaftlich betrachtet) oder die alte, weil es mehr Menschen sind? Olga

Anderes Thema:

In der Nähe meiner Behausung zieht jemand um, verlässt unsere Stadt. Zu diesem Zweck haben sie sich einen Müllcontainer vor die Tür stellen lassen, wo all die guten Sachen – zum Teil noch gebrauchsfähige Spielsachen, Mobiliar, Kleidung hineingeworfen werden. Leichenfledderer waren auch schon dort vor Ort, suchen sich die besten Stücke heraus.
Wenn ich bedenke, was da so alles auf dem Müll landet, bzw. von anderen weiterverwendet wird, da kam ich schon ins Grübeln. Da sah ich, wie gut es uns doch eigentlich geht.

Logen

"Sogar" würde ja bedeuten, daß ich mich mit diesem vergleiche.
Nein, da will ich auf keinen Fall hören "gleich und gleich gesellt sich gern"
lupus

@olga ...sollte man dann nicht lieber das Auto so programmieren, dass es gegen eine Wand fährt, um den Insassen zu töten, der so dämlich fährt?

Ich kenne zu diesem sehr guten Beispiel eine Variante, die mir in Zeiten von selbstfahrenden Autos usw. aktueller erscheint:
Es erhebt sich die Frage, wie diese Autos programmiert werden sollen: da stehen auf einer Seite 5 alte Menschen und auf der anderen eine Mutter mit Säugling im Kinderwagen und einem Kleinkind an der Hand.
Wie soll das Auto programmiert werden? Soll es in die Gruppe mit den alten Menschen fahren oder in die Gruppe der Mutter mit Kindern?
Wer hätte mehr Recht, weiterzuleben? Die "junge" Gruppe, weil sie mehr oder minder noch mehr Zukunft vor sich haben (auch gesellschaftlich betrachtet) oder die alte, weil es mehr Menschen sind? Olga

Hallo Olga,

es ist für mich eine Horrorvision, dass ein Software-Programm über Leben und Tod entscheiden soll. Im Moment gibt es das in Deutschland, soweit ich weiß, noch nicht. Die Autobauer müssen sich an den Gesetzen orientieren und diese geben noch keine Antworten in diese Richtung.

Müssten wir selbst solch eine Entscheidung treffen, würden wir wahrscheinlich mehr Fehler machen als die Maschine und unvorhersehbar reagieren. Da kann der Gedanke, dass eine neutrale Maschine diese Frage beantwortet, tröstlich sein. Sind diese denn neutral? Sie werden ja von Menschen und deren zugrundeliegendem Wertesystem programmiert.

Das von ihnen beschriebene und weitere Szenarien kann man mit der Moral Maschine durchspielen. Sie wurden von dem Forscher Iyad Rahwan vom Massachusetts Institute of Technologie konzipiert. Dabei soll eine Ethik-Debatte über selbstfahrende Autos provoziert werden und helfen, das Thema zu emotionalisieren. Die Leute sollen sich fragen, welche ihrer Moralvorstellungen das Autosystem übernehmen sollte und welche nicht.
Mane

Wie soll das Auto programmiert werden? Soll es in die Gruppe mit den alten Menschen fahren oder in die Gruppe der Mutter mit Kindern?

Ganz klar, das Auto sollte in keine Gruppe fahren.

Es wird erwartet, dass das automatische Fahren viele tausende Verkehrstote pro Jahr verhindern wird. Diese gewollt konstruierten Konfliktfälle werden bei kontrollierter Fahrt nicht auftreten. Ich war auch als Autofahrer noch niemals vor solch eine fürchterliche Wahl gestellt - ich vermute, niemand von Euch.

Karl

@karl,

...doch solange diese Technik nicht ausgereift ist, sollte man sie auch nicht anwenden.

Logan

Diese gewollt konstruierten Konfliktfälle werden bei kontrollierter Fahrt nicht auftreten.

Sagen wir mal "wesentlich seltener".
Technisches Versagen ist niemals völlig ausgeschlossen. Man kann es nur durch gute Wartung minimieren.

Ich war auch als Autofahrer noch niemals vor solch eine fürchterliche Wahl gestellt - ich vermute, niemand von Euch.

Siehe oben: Gut ums Auto gekümmert.

Und wenn so was passiert, hat man als Mensch eh keine Zeit zu überlegen mehr, da fließen die im Unterbewusstsein verankerten Werte instinktiv in Reaktionen ein.

Ich war einmal in einer vielleicht halbwegs vergleichbaren Situation:
Anfang der 80er, auf einer langen Straße ohne unmittelbare Randbebauung (für Ortskenner: Haid-und-Neu-Straße, 76131 Karlsruhe) war mitten auf der freien Strecke eine Fußgängerampel. Sie wurde rot, weil ein Kind über die Straße wollte, und ich hielt ganz normal. Dann sah ich von hinten ein Auto herankommen, dessen Fahrer die Situation offensichtlich zu spät erkannt hatte, und nicht mehr rechtzeitig halten konnte.
Wäre das Kind bereits auf der Gegenfahrbahn gewesen, die Strecke vor mir wieder frei, hätte ich die Situation mit einem Blitzstart meistern können. So blieb mir aber nichts anderes übrig, als auch noch stockvoll die Bremse zu treten, damit der Penner mich nicht wie eine Billardkugel auf das vor mir gehende Kind katapultiert.
Wenn der Penner nicht angeschnallt gewesen wäre, hätte es wenigstens ihn statt das Kind erwischt. Aber Zeit, das bewusst zu überlegen, hatte ich nicht.

Mane, ein Trost für uns dürfte sein, dass wir alte Menschen nicht mehr als Autofahrer tätig sein werden, wenn diese Automatic in das Leben der Verkehrsteilnehmer tritt.
Soziologisch habe ich (theoretisch) grösste Bedenken, wenn man die Verrohung unserer Gesellschaft und deren gigantische Ich-Bezogenheit emotionslos betrachtet und wer sich hier durchsetzen wird?

Dutch: der Vorschlag ist natürlich logisch, da derjenige, der das Auto als inaktiver Pilot fährt, in den Tod zu führen ist. Aber auch dann, wenn das Auto aufgrund technischen Verhaltens ausgefallen ist und dieser Passagier auch unschuldig ist? Olga

Olga, kennen Sie den Film "Sophies Entscheidung", mit der wunderbaren Meryl Streep in der Hauptrolle? Sie spielte ein Polin, die Auschwitz überlebte und mit der Entscheidung, die sie damals treffen musste, nicht leben konnte und sich später umbrachte.
Sie stand einst mit ihren beiden Kindern an der Rampe von Auschwitz und sollte zwischen ihnen wählen. Wenn sie die Entscheidung verweigert hätte, wären beide getötet worden. Sie entschied sich und ihr Sohn durfte leben und ihre kleine Tochter ging in den Tod.

Das ist ein unerträgliches Ansinnen und es gibt keine richtige Entscheidung.
Mane