Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Warum Erinnerungskultur wichtig ist

Innenpolitik Warum Erinnerungskultur wichtig ist

mane
mane
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Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von mane
als Antwort auf olga64 vom 25.01.2017, 15:55:18
Danke Mane für die klugen Worte - ich finde mich selbst biografisch darin.

Derzeit male ich mir manchmal aus, wie es wäre, wenn die AfD-Gestalten zu einem Antrittsbesuch bei Mr Trump aufbrächen und im Gepäck den unsäglichen Herrn Höcke hätten. Der Schwiegersohn von Mr Trump ist Jude; seine Tochter konvertierte zum jüdischen Glauben. Es dürfte diesen nicht unverborgen geblieben sein,wie ein Herr Höcke unter grossem Jubel ein "Holocaust-Bashing" in Dresden betreibt.
SEhr harmonisch dürfte ein Treffen in o.g. Konstellation nicht ausfallen. Deshalb wohl jetzt auch wieder der übliche AfD-Hick-Hack um Parteirauswurf des Herrn Höcke oder nicht. Hoffe sehr, dass denen das bald auf die eigenen Füsse zurückfällt und die zu grossen SChuhe, die sie anscheinend tragen. Olga


Während alle anderen deutschen Parteien, (die NPD vernachlässige ich mal) auf Distanz zu Donald Trump gehen, sieht die AfD Berührungspunkte. Ob sie jedoch Gelegenheit bekommen, auf Trump zu treffen, der sie wahrscheinlich gar nicht kennt, bezweifel ich.
Trump hat nicht nur seinen jüdischen Schwiegersohn (seine Tochter ist zum Judentum konvertiert) mit Spitzenpositionen versorgt, sondern auch andere Juden.

Israel wird immer mehr von Rechtspopulisten umworben. Die AfD spricht sich gegen Antisemitismus aus - Frauke Petry hielt Anfang 2016 einen Vortrag in Tel Aviv und betonte, sich gegen Antisemitismus einsetzen zu wollen. Islamfeindliche Parteien pflegen eine wahrscheinlich taktische Sympathie für Israel, um gemeinsam gegen den Islam vorzugehen.
Mane
olga64
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Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von olga64
als Antwort auf mane vom 26.01.2017, 12:36:52
xxxx Auch ich habe schon früh Verantwortung, besonders für meine Mutter, übernehmen müssen. Niemand half ihnen bei der Bewältigung ihrer Ängste und Kränkungen - sie waren ja die "Schuldigen" und wir, als Nachkommen waren überfordert damit.
Mane
geschrieben von Mane
[/quote]

Ein "Heilungsprozess" sollte in erster LInie von denjenigen selbst in Gang gesetzt werden, die diesen anstreben. Und Kinder zu instrumentalisieren, finde ich schon tragisch. Ich habe mich davon physisch mit 18 Jahren befreit, in dem ich das "Elternhaus" umgehend nach der Schule verliess. Geholfen hat mir dabei ein Vormund vom Jugendamt,der für mich bestellt wurde als mein Vater plötzlich verstarb.
Dies vergesse ich diesem Mann nie; er spornte mich an, meinen eigenen Weg zu gehen, nachdem sich herausstellte, dass meine Mutter grundsätzlich die SChuld für "ihre Kränkungen und Ängste" jedem zuschrieb, für sich aber eine Mitbeteiligung ausschloss, bzw. verdrängte.
Dies kam dann im hohen Alter nochmals so richtig raus. Als sie im Altenheim auf die Hilfe der dort meist ausländischen PflegerInnen angewiesen war, beschimpfte sie diese in dem alten, fremdenfeindlichen Naziton. Das war eine noch schlimme End-Erinnerung an unsere Mutter und auch eine Bestätigung, dass diese Generation oft nicht viel in ihrem weiteren, friedvollen Leben dazugelernt hatte. Olga
Tina48
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Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von Tina48
Gestern Abend gab es übrigens in den Tagesthemen ( 22:15) interessante 10 Minuten zur "Erinnerungskultur" , mitsamt der Sicht junger Menschen dazu .

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mane
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Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von mane
als Antwort auf Tina48 vom 27.01.2017, 11:21:15
Hallo Tina,

danke für den Hiweis.

Hier sind die Tagesthemen von gestern, die sich ab der 15. Minute dem Gedenken an den Holocaust widmen:
Tagesthemen

Unter anderem diskutieren Schüler des Geschichtsgrundkurs eines Gymnasiums in Stuttgart über Erinnerungskultur.
Anschließend der Kommentar von Georg Restle: "Erinnerungen, die Spuren hinterlasen". Er erzählt, dass er mit 17 Jahren drei Wochen in Majdanek, einem der schlimmsten Vernichtungslager des NS-Regimes verbracht hat, von den Bildern, die sich ihm eingeprägt haben und die er seitdem nicht mehr losgeworden ist. Drei Wochen Erinnerungsarbeit, in der er z.B. Schuhe putzte und konservierte. Jeder Schuh stand für einen Menschen, der in Majdanek ermordet wurde.
Er spricht über die AfD in Baden Württemberg, deren Ziel es sei, dass die Erinnerung an das schlimmste Kapitel der deutschen Geschichte in unseren Köpfen verblasst - und sein Appell, das nicht zuzulassen.
Mane
Tina48
Tina48
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Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von Tina48
als Antwort auf mane vom 27.01.2017, 12:35:56
Moin

Auch hier fällt mir wieder spontan Konfuzius ein :
"Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich tun, und ich werde es können."
Ich kann mich noch gut an meinen Geschichtsunterricht erinnern .
Erst haben wir über das Dritte Reich und die Judenverfolgung gelesen , dann haben wir diverse Filme geschaut , zusätzlich hat uns unser Rektor von seinen Erlebnissen erzählt .
Das alles hatte eine Ahnung wachsen lassen .
Intensiv wurde es erst , als wir Dachau besuchten .
DAS haben wir dann behalten , nicht nur vielleicht .
Meinen Kindern ging es ganz genauso .
Schuhe putzen ist nochmal ganz was Anderes , da wird das dann verinnerlicht im Sinne von "Lass´ es mich tun".
Denkmäler alleine "bringen" es nicht , das kommt nicht an .
Als ich das erste Mal in einer Gaskammer stand und die Tür hinter mir zufiel, wurde mir übel.
bukamary
bukamary
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Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von bukamary
Vielleicht hat der/die eine oder andere die Gedenkfeier im Bundestag gesehen. Diese war stellenweise sehr persönlich, berührend, vermittelte Betroffenheit und machte für mich sehr deutlich, warum die Erinnerungskultur so wichtig ist. Auch wenn wir heute viel wissen, aufgearbeitet ist vieles meiner Meinung nach noch immer nicht.

Zwei Begriffe, die in dieser Gedenkfeier fielen, waren mir persönlich neu bzw. wurden mir wieder in Erinnerung gebracht.
Ballastexistenzen (lebensunwertes Leben)
Schädlinge im gesunden Volkskörper (Menschen, die keine produktive Arbeit leisten sind nutzlose Esser)

Sie machen die Menschenverachtung überdeutlich und die Menschenwürde wird mit Füssen getreten. Heute werden wieder immer häufiger die Menschenwürde missachtet, Menschen verachtet Es sind noch immer zu viele, die nicht hinschauen, nicht handeln.

Nicht Erinnern heißt vergessen. Sprachlosigkeit heißt vergessen.
Und weil das so ist dürfen die Gedenkfeiern und sonstige Formen der Erinnerungskultur nicht bloße Pflichtübung sein, wie es so oft erlebt und empfunden wird.

Ich selber habe im Geschichtsunterricht nur ganz kurz über diesen Teil der Geschichte erfahren, ein KZ-Besuch war an den Schulen,die ich besuchte nicht gewünscht. Innerhalb der Familie, auch der weiteren Familie war das Thema tabu. Und trotz des Umgangs mit älteren Menschen, war und ist dieses Thema noch oft tabu, auch wenn sich die Erinnerungen im Alter oftmals in vielfältiger Form äußerten und äußern. Ich erlebe recht oft, dass es unerwünscht ist adäquat damit umzugehen.

bukmary

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olga64
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Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von olga64
als Antwort auf bukamary vom 27.01.2017, 13:30:03
Danke für den guten BEricht,den ich noch ergänzen möchte um den Fakt, dass nicht mehr lange diejenigen leben werden, die wirklich dabei waren und oft erst im Alter die Kraft fanden, über diese Ungeheuerlichkeiten,die sie erlebten, zu sprechen.
Ich rechne es z.B. Markus Lanz hoch an,dass er immer wieder betagte Gäste haben, die uns dann davon erzählen.
Diese Menschen sind ja nicht von Rachsucht besessen (obwohl ich mir das schon vorstellen könnte,dass es so wäre), sondern sie sagen unerlässlich insbesondere jüngeren Menschen, dass diese keine Schuld haben aber die Verpflichtung,dafür zu sorgen, dass es nicht wieder passiert.
Und ich finde es auch richtig, dass bei den überlebenden Tätern nach wie vor diese vor Gericht gestellt werden, auch wenn sie ebenfalls sehr alt sind. Die Nazis hätten auf das Alter keinerlei Rücksicht genommen!
Diese überlebenden Täter hatten auch das grosse Glück, meist völlig unbeschadet ein "normales" Leben zu führen und dann vor rechtsstaatlichen Strukturen verurteilt zu werden - dieses Glück hatten die von Deutschen getöteten oder gequälten Menschen nie.
Ich war erstmals als Gymnasiastin (ca 1957) in einem KZ (Dachau). Dies war auf unserer Schule Pflicht und ich finde es heute noch gut, dass dies so war. Später besuchte ich weitere KZ`s, z.B. Auschwitz, allerdings freiwillig und werde es weiterhin so halten. Olga
mane
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Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von mane
als Antwort auf Tina48 vom 27.01.2017, 12:56:37
Moin
Intensiv wurde es erst , als wir Dachau besuchten .
DAS haben wir dann behalten , nicht nur vielleicht .
Meinen Kindern ging es ganz genauso .
Schuhe putzen ist nochmal ganz was Anderes , da wird das dann verinnerlicht im Sinne von "Lass´ es mich tun".
Denkmäler alleine "bringen" es nicht , das kommt nicht an .
Als ich das erste Mal in einer Gaskammer stand und die Tür hinter mir zufiel, wurde mir übel.


Meine Kinder waren noch in keinem Konzentrationslager. Ich überlasse es ihnen selbst, ob sie eines aufsuchen werden. Nicht jeder ist dafür geeignet. Mein Mann konnte sich auf unserer Polenreise nicht dazu entschließen, Auschwitz aufzusuchen.

Ich erinnere mich an kleine Handschuhe in einer Glasvitrine in Bergen Belsen.
Bergen Belsen(mane)

Sie stammen von Yvonne Koch, die mit 10 Jahren 1944 ohne ihre Eltern in einem Viehwaggon von der Slowakei nach Bergen Belsen deportiert worden war. Überlebende des Konzentrationslagers erzählen in Interviews ihre Geschichte, die man per Video dort ansehen kann.
Frau Koch sah sich erst mit 75 Jahren in der Lage über diese Zeit zu sprechen. Von den anderen Insassen des Lagers erfuhr sie weder Solidarität noch Mitgefühl. Die Älteren nahmen ihr die ohnehin schon knapp bemessenen Essensrationen weg. Nur eine russische Frau war anders und überraschte sie im kalten Winter mit einem kleinen, aber sehr wertvollen Geschenk. Bunte Kinderhandschuhe, die sie vermutlich aus den Fäden einer Pferdedecke gemacht hatte.
An den Tag der Befreiung durch die Engländer am 15.4.1945 hat Yvonne keine Erinnerung. Sie lag zu der Zeit bereits fast verhungert im Koma. Ein englischer Soldat entdeckte sie in einer Baracke und brachte sie ins Lazarett.
Mane
Selina47
Selina47
Mitglied

Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von Selina47
als Antwort auf mane vom 27.01.2017, 19:41:24
Ich wundere mich dass sich hier diese Erinnerungskultur nur auf
drei KZ Lager bezieht.
Ich bin Tochter eines Sklavenarbeiters der zufällig die Sklavenarbeit
überlebt hat. Es gab 7-8 Millionen Sklavenarbeiter in dem Dritten Reich
und sie waren nicht nur Juden sondern auch Menschen die nicht von Hitlers Gnaden Arier waren.
Die Erinnerung wird nicht verblassen, es gibt Kinder und Enkelkinder,
nicht nur in Israel sondern auch in Polen, ehemaliger SSSR und mich,
von Balkan. Übrigens, gab es auch Sinti und Roma in disen KZ Lagern, auch
viele Kinder.
Aber wenn ARD befiehlt wann und wie, wo sich die Deutschen zu verbeugen haben, dan tun sie auch das
Karl
Karl
Administrator

Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von Karl
als Antwort auf Selina47 vom 28.01.2017, 13:44:05
Deine Einlassung verstehe ich nicht. Opfergruppen sollten wir nicht gegeneinander antreten lassen, alle sind Opfer und mit Recht wird an alle erinnert. Ich habe auch nicht mitbekommen, dass die ARD etwas befehlen kann oder zu befehlen versucht hat.

Was also sollen solche Sprüche?

Wenn hier im Thread drei KZs erwähnt wurden, bedeutet dies doch keine Beschränkung auf diese drei KZ.

karl

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