Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Warum Erinnerungskultur wichtig ist

Innenpolitik Warum Erinnerungskultur wichtig ist

justus39
justus39
Mitglied

Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von justus39
als Antwort auf Karl vom 28.01.2017, 14:12:38
Es ist aber doch wichtig, bei dem Gedenken der Opfer alle einzuschließen, die schuldlos dieser verbrecherischen Ideologie zum Opfer vielen.

Dazu gehören auch die politischen Gegner wie Kommunisten und auch unbequeme konservative Politiker, auch Homosexuelle, Sinti und Roma, viele unliebsame Christen, Zeugen Jehovas und später mit dem Euthanasieprogramm auch Behinderte und Kinder die nicht der Rassennorm entsprachen.

Da bin ich dem Bundestagspräsidenten Norbert Lammert dankbar, dass er in der gestrigen Gedenkstunde die mangelhafte Aufarbeitung dieser Morde an Kranken und Behinderten ansprach.

Zur Wahrung der Rassenhygiene gab es Zwangsabtreibungungen und nicht zuletzt auch eine Unzahl verschleppter Zivilisten aus dem besetzten Ausland, die in Arbeitslagern als Sklaven für die Rüstungsindustrie arbeiteten.

Es ist nicht vorstellbar was ein Diktator in seinem Wahn alles ferig bringt, und ein großer Teil des Volkes hat ihm dabei noch zugejubelt.

justus
bukamary
bukamary
Mitglied

Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von bukamary
als Antwort auf justus39 vom 28.01.2017, 14:41:35
Es ist nicht vorstellbar was ein Diktator in seinem Wahn alles ferig bringt, und ein großer Teil des Volkes hat ihm dabei noch zugejubelt.


Justus, auch wenn es dem einen oder anderen unvorstellbar sein mag, heute haben wir davon Kenntnis. Und in Ansätzen findet ähnliches wieder statt. Und wieder jubeln viele zu. Und heute kann sich keiner mehr herausreden, er habe es nicht gewusst.
Das dagegenhalten ist für meine Begriffe noch viel zu schwach. Dafür sind die hier und da zu vernehmenden Aufschreie noch viel zu verhalten, zu leise und noch immer trauen sich viele nicht klar und konsequent durchzugreifen. Ich erkenne zumindest noch keine wirklich klare und eindeutige Haltung.
Genau aus diesem Grund ist auch eine ehrliche Erinnerungskultur wichtig, die Betonung liegt dabei für mich auf ehrlich.

bukamary
Selina47
Selina47
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Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von Selina47
als Antwort auf Karl vom 28.01.2017, 14:12:38
Deine Einlassung verstehe ich nicht. Opfergruppen sollten wir nicht gegeneinander antreten lassen, alle sind Opfer und mit Recht wird an alle erinnert. Ich habe auch nicht mitbekommen, dass die ARD etwas befehlen kann oder zu befehlen versucht hat.

Was also sollen solche Sprüche?

Wenn hier im Thread drei KZs erwähnt wurden, bedeutet dies doch keine Beschränkung auf diese drei KZ.

karl
geschrieben von karl


Klar dass du meine " Einlassung" nicht verstehst.
Es gibt nur Opfer und Täter, es kann nicht schönere und bessere
Opfer geben. Opfer ist auch mein Vater, aber er wird nirgendwo als Opfer
erwähnt. Soll ich die Fotos ohne sene Fusszehen und Fingerkuppen hier einstellen damit du begreifst dass auch die Menschen mit 18-19 Opfer der NS
Regime waren? Das Verbrechen der NS Regime hat viele Gesichter und damit
auch viele Opfer, aber auch Täter.
Mich persönlich beschäftigt dieses Thema sehr ( nicht nur aus der Sicht und Einsicht einer (eines) Deutschen) und ich kann sagen dass hier die Diskussion sehr oberflächlich ist obwohl nicht so gemeint. Es beginnt und endet alles mit irgendwelchen Fotos von unschuldigen Kindern.
Man soll die Autobiografie von Reich-Ranitzki lesen um zu verstehen
wie schrecklich dieses NS Regime war.
Ich empfehle auch die Reden von Thomas Mann ( an die deutschen Hörer)
zu lesen um zu VERSTEHEN.
Nur damals, wie heute , wie ich sehe, gab es kein Interesse.
Keine Zeit heute?

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Selina47
Selina47
Mitglied

Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von Selina47
als Antwort auf Karl vom 28.01.2017, 14:12:38
Deine Einlassung verstehe ich nicht. Opfergruppen sollten wir nicht gegeneinander antreten lassen, alle sind Opfer und mit Recht wird an alle erinnert. Ich habe auch nicht mitbekommen, dass die ARD etwas befehlen kann oder zu befehlen versucht hat.

Was also sollen solche Sprüche?


Wenn hier im Thread drei KZs erwähnt wurden, bedeutet dies doch keine Beschränkung auf diese drei KZ.

karl
geschrieben von karl


Meine "Sprüche"gelten auch diesen Opfern:

( ich bin auch aus dieser Stadt, Abitur in DIESEM
Gymnasium , deshalb Trauer und Schmerz)

Die Massenerschießung von Kragujevac
Kragujevac, 21. Oktober 1941

Ähnlich gingen Wehrmachteinheiten in dem nördlich gelegenen Kragujevac vor. Auch hier waren in einem Dorf in der Nähe der kleinen Stadt bei einem Gefecht mit Partisanen zehn Wehrmachtsoldaten getötet und 26 verwundet worden. Als Gegenreaktion trieben Soldaten des 749. und des 727. Infanterieregiments unter Leitung von Major Paul König wahllos serbische Zivilisten zusammen und erschossen am 21. Oktober 1941 in der Nähe der Stadt nach der festgelegten Geiselquote insgesamt 2.323 Menschen, darunter 300 Schüler und 18 Lehrer des örtlichen Gymnasiums. Die Lehrer hatten die Möglichkeit der Erschießung zu entgehen, jedoch entschlossen sie sich, die Schüler nicht im Stich zu lassen und kamen somit auch ums Leben.

In dem Telegramm des Gesandten Felix Benzler an das Auswärtige Amt vom 29. Oktober 1941 findet sich die Angabe: „Die Erschießungen in Kragujevac sind erfolgt, obwohl in dieser Stadt kein Angriff gegen deutsche Wehrmachtangehörige stattgefunden hatte, weil anderwärts nicht genügend Geiseln aufgetrieben werden konnten.“

Die beiden Massaker in Serbien gehören zu den Geiselerschießungen durch die Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs, die in ihren Dimensionen selbst die Kriegsverbrechen der SS und der Gestapo von Lidice im heutigen Tschechien und Oradour-sur-Glane in Frankreich übertrafen.

Insgesamt erschossen Wehrmachteinheiten zwischen April und Anfang Dezember 1941 20.000 bis 30.000 serbische Zivilisten als Vergeltungsmaßnahmen für Partisanenangriffe. Bis zum Ende der Besetzung des ehemaligen Jugoslawiens 1944 dürfte die Wehrmacht etwa 80.000 Geiseln getötet haben, darunter die gesamte jüdische Bevölkerung.
Tina48
Tina48
Mitglied

Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von Tina48
Selina :
"Aber wenn ARD befiehlt wann und wie, wo sich die Deutschen zu verbeugen haben, dan tun sie auch das ."

Karl :
" Was also sollen solche Sprüche?"

Ich verstehe Beides nicht .
Weder die eine noch die andere Äußerung .
Weder das mit der ARD , noch das mit den "Sprüchen" .

Das Thema ist so diffizil und so emotional berührend , dass es für solche "Einlassungen" nicht taugt .
Karl
Karl
Administrator

Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von Karl
als Antwort auf justus39 vom 28.01.2017, 14:41:35
Es ist aber doch wichtig, bei dem Gedenken der Opfer alle einzuschließen, die schuldlos dieser verbrecherischen Ideologie zum Opfer vielen.
Danke Justus,

genau dies wollte ich ausdrücken.
... alle sind Opfer und mit Recht wird an alle erinnert.
geschrieben von Karl


Karl

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Karl
Karl
Administrator

Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von Karl
als Antwort auf Selina47 vom 28.01.2017, 16:32:54
es kann nicht schönere und bessere Opfer geben
Da ist Dir zuzustimmen. Das Gegenteil hat hier im Thread niemand behauptet.

Es ist gut und richtig, wenn Du an vergessene Opfer erinnerst.

Wo und wann die ARD Befehle ausgesprochen haben soll, wo sich die Deutschen zu verbeugen haben, hast Du nicht erwähnt.

Karl
mane
mane
Mitglied

Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von mane
als Antwort auf Selina47 vom 28.01.2017, 13:44:05
Ich wundere mich dass sich hier diese Erinnerungskultur nur auf
drei KZ Lager bezieht.
Ich bin Tochter eines Sklavenarbeiters der zufällig die Sklavenarbeit
überlebt hat. Es gab 7-8 Millionen Sklavenarbeiter in dem Dritten Reich
und sie waren nicht nur Juden sondern auch Menschen die nicht von Hitlers Gnaden Arier waren.
Die Erinnerung wird nicht verblassen, es gibt Kinder und Enkelkinder,
nicht nur in Israel sondern auch in Polen, ehemaliger SSSR und mich,
von Balkan. Übrigens, gab es auch Sinti und Roma in disen KZ Lagern, auch
viele Kinder.


Liebe Selina,

Ich finde es gut und richtig, dass du, wie Karl schreibt, an die oft vergessenen Opfer des NS-Regimes erinnerst. Auch dein Vater war als sehr junger Mann betroffen und hat als "Sklavenarbeiter" schweres Leid (u.a. Erfrierungen an Fingern und Zehen) erfahren.
Zwangsarbeiter wurden aus vielen Ländern, besonders aus Osteuropa, nach Deutschland verschleppt und dienten als billige Arbeitskräfte. Sie sollten die Männer ersetzen, die im Kriegsdienst waren und arbeiteten überwiegend für die Kriegswirtschaft, aber auch in der Landwirtschaft u.a.

Die zum Sklavendienst Rekrutierten wurden von den Nationalsozialisten verharmlosend als "Fremdarbeiter oder sofern sie aus der Sowjetunion stammten als "Ostarbeiter" bezeichnet. Darunter waren auch Jugendliche oder Kinder, die ihre Eltern begleiten mussten.

Das Konzentrationslager in Auschwitz-Monowitz, in dem die IG-Farben-Gesellschaft das berüchtigte Gift "Zyklon-B" für die Gaskammern des Vernichtungslagers herstellte. Hier wurden mindestens 30.000 Zwangsarbeiter getötet.Quelle
geschrieben von Süddeutsche Zeitung


Die Erschießungen in Kragujevac am 21.10.1945, über die du schreibst, gelten als eins der größten Verbrechen der Wehrmacht, sowohl nach dem Umfang als auch nach der Art der Durchführung.
Im Gedenkpark "Kragujevacer Oktober" steht als Denkmal für die hingerichteten Schüler und Lehrer, von denen du schreibst: Gebrochener Flügel

Mich persönlich beschäftigt dieses Thema sehr ( nicht nur aus der Sicht und Einsicht einer (eines) Deutschen) und ich kann sagen dass hier die Diskussion sehr oberflächlich ist obwohl nicht so gemeint.
Man soll die Autobiografie von Reich-Ranitzki lesen um zu verstehen
wie schrecklich dieses NS Regime war.
Ich empfehle auch die Reden von Thomas Mann ( an die deutschen Hörer)
zu lesen um zu VERSTEHEN.


Die Reden von Thomas Mann sind sehr beeindruckend:
Thomas Mann - Deutsche Hörer

In einer Reihe von regelmäßigen Radioansprachen wandte er sich aus seinem kalifornischen Exil an seine ehemaligen Mitbürger. Thomas Mann sprach über die Lage in Deutschland, den zerstörerischen Nationalsozialismus, das Kriegsgeschehen und den Mord an den europäischen Juden. Die Beiträge konnten über den "feindlichen" Sender BBC gehört werden.

Gruß Mane
Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 24.01.2017, 09:03:41
Waffengleichheit. Ich passe mich ihnen (in Grenzen) an.
Karl
Karl
Administrator

Re: Warum Erinnerungskultur wichtig ist
geschrieben von Karl
Ich hatte heute im Rahmen des im Eingangsbeitrag erwähnten Projekts eine Besprechung mit Lehrerinnen der Lessing Realschule in Freiburg. Dort gibt es das Projekt "Erinnerungswerkstatt", in dem u.a. auch die Geschichte der eigenen Schule aufgearbeitet wird. Anstatt mehr Worte zu machen, lest einfach folgende Erinnerungstafel, die in der Schule angebracht ist:



Quelle mit zusätzlichen Informationen.

Karl

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