Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld

Internationale Politik 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld

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RE: 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld
geschrieben von aixois
als Antwort auf Ernu vom 19.03.2022, 23:55:14
Wir haben es im Grunde alle mitgetragen
@Ernu

Gute Beobachtung und zugleich auch gute Frage !
Mitgetragen ? Oder hat es uns einfach nur wenig interessiert ?

Mit "es" meine ich, den Lernstoff aus den großen Kriegen des letzten Jahrhunderts.
Die Tatsache, dass es mal eine Bereitschaft gab, die in den Nürnberger Prozessen zum ersten Mal in der Geschichte zum Ausdruck kam : die Nationen sind weltweit gegen Aggression und Krieg, Schuldige dürfen nicht davon kommen, sondern müssen bestraft werden müssen ihre Verbrechen notfalls mit dem Leben 'sühnen'.

Der damals 27 jährige Chefankläger, Benjamin Ferencz (hat vor ein paar Tagen seinen  102 Geburtstag gefeiert !) , machte sich die Umsetzung der UN Charta von 1945 und sein Verbot der Gewaltanwendung gegen die territoriale Integrität eines Staates, zur Lebensaufgabe, nicht zuletzt durch die Schaffung eines 'globalen' Instituts zur Verhinderung von völkerrechtswidriger Aggression durch die frühzeitige Kriminalisierung derer, die dabei sind solche Akte vorzubereiten bzw. schon durchgeführt haben.

Die UN hat die dafür erforderlichen völkerrechtlichen Rechtsinstrumente bis hin zur Schaffung des von den UN unabhängigen Internationalen Strafgerichtshofs   - mühsam zwar,  teils durch zähe jahrzehntelange Verhandlungen - zur Verfügung gestellt .
Leider ist das Interesse an einer weltweiten Ächtung, die über wohlfeile verbale Verurteilungen hinausgeht, nicht sehr ausgeprägt.
Es gibt keinen einheitlichen und schon gar nicht ausgeprägten Willen, besonders nicht der Großmächte, sich für ihr Handeln, für ihre Aggessionen, ihre Verstöße gegen das Völkerrecht, ihre 'Verbrechen'  anklagen und damit letzlich auch: als 'Schuldige' verurteilen (bestrafen) zu lassen. Sie akzeptieren den ICC (IStGH) einfach nicht.

So gut wie niemand weiss vom 'römischen Statut' oder dem Kompromiss von Kampala von 2010 , die die Verfolgung/Strafbarkeit von Aggression erfassen. Ganz einfach, weil es keinen interessiert, die Politiker nicht und schon gar nicht die Öffentlichkeit, von ein paar Fachartikeln vielleicht abgesehen.

Damit (mit der Verhinderung und Bestrafung von kriegerischen  Aggressionen, die ja jeder ablehnt) gewinnt man aber keine Wahlen, eher schon mit der vorgespiegelten Entschiedenheit, jetzt aber endlich die Wehrhaftigkeit wieder herzustellen, um auf die Angst der Bürger einzugehen.
Gehandelt wird üblicherweise immer erst , wenn die 'Lage' da ist. Das ist auch bei den Klimanpassungsmassnahmen oder bei Epidemien (z.B. Corona) der Fall.

Man möchte sich gar nicht vorstellen, ein "was wäre wenn", hätte man einem Herrn Putin  schon vor vielen Jahren mit völkerstrafrechtlichen Mitteln den Prozess machen und ihn verurteilen können.

Wie wäre es, wenn Deutschland, als designierte Führungsmacht Europas, sich etwas mehr um die vielen Baustellen der internationalen Strafjustiz als einem neuen Schwerpunktfeld seiner Außenpolitik kümmern würde. Atomare Teilhabe ist eine Sache, aber genauso wichtig ist es, Straftaten zu ahnden und dadurch zu vermeiden versuchen, dass solche potentiellen Einsatzbedrohungen gar nicht eerst entstehen ?

Russland ist dem ICC nicht beigetreten, ebensowenig wie die USA.
Die Ukraine aber auch (noch ?) nicht . Warum eigentlich nicht ?

Handelt einer eigentlich 'schuldhaft', wenn er nicht alles ihm Zumutbare unternimmt, um Verbrechen nach dem Völkerrecht zu vermeiden ?

aixois





 
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RE: 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld
geschrieben von aixois
als Antwort auf margit vom 20.03.2022, 11:12:22

Historiker werden dazu viele gelehrte Abhandlungen schreiben.

das klingt mir leider etwas zu sehr nach "Roma locuta - causa finita"  (der Papst hat entschieden, die Sache ist geschlossen - und nur eine Sache noch was für interessiert-gelehrte Historiker).

Geschichte ist auch dazu da, aus ihr zu lernen, gemachte Fehler zu verstehen und dafür Sorge zu tragen, dass sie sich möglichst nicht wiederholen.

Ich gebe Dir völlig Recht, mit dem Finger auf den zu zeigen, den man jeweils als schuldig erachtet, bringt keinen Fortschritt, verfestigt nur Antipathien und Aversionen.

Aber wer Verantwortung trägt /Getragen hat, muss sich dieser auch stellen und auf die Frage nach Fehlern (und 'Schuld' - ist hier völlig unangebracht :normative oder moralische oder Charakaterschuld ???) auch eine Antwort geben. Ob die dann ehrlich ist, steht auf einem anderen Blatt.

Aber die Frage, woran lag es und wie kann man (und da meine ich jetzt nicht nur die Politiker an die man meint, mit dem Einwurf des Wahlzettels auch die eigene Verantwortung 'delegiert' zu haben) da etwas anders machen. Beispiele gibt es da viele, warum z.B. können internationale Sportfunktionäre schalten und walten wie sie wollen (man hält sich doch so schön aus der Politik raus, Hauptsache die Kasse stimmt - siehe Sotschi , Bejing ), warum ist es eine Zumutung für deutsche Investoren, sich auch um Menschenrechte zu kümmern, nicht aber, die Gewinnmarge der Produkte ,die sie uns verkaufen in Frage zu stellen ?

Warum ist es so schwer sich heute zu überlegen, ob man in ein paar Jahren sich die Frage stellen kann, ob wir nicht wenigstens die Ölimporte aus Russland hätten reduzieren können, durch so einfache, kleine Massnahmen wie Sonntagsfahrverbote oder 100 km limit auf Autobahnen ? Bringt nur ein paar Liter, aber hat hohen Symbolwert (und Solidarisierungseffekte) oder auf den Kauf eines Auto verzichten wollten, weil die Marke auch in Russland produziert wird und damit Putins Krieg finanziert wurde ???

Ich glaube 'wir' werden weiter Fehler machen, wenn nicht sogar die gleichen, dann eben neue, andere.
Manche aus Versehen, Unachtsamkeit, die meisten aber wegen Gleichgültigkeit oder aus Mangel an wertebasierten Überzeugungen bzw. der Rückversicherung, dass sie eingehalten werden.

Aber, und da hat DU 150 % Recht, dazu gehören kühle Köpfe, fundierte Sachargumente und der Wille (oder die Fähigkeit) solche Fakten verstehen zu wollen bzw. zu können.

Übrigens: Beitragsaskese ist nicht das Schlechteste in solchen Fällen, wo selbst Götter die  Waffen strecken müssen.

aixois
Moai
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RE: 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld
geschrieben von Moai
als Antwort auf aixois vom 20.03.2022, 16:40:32
Wir haben es im Grunde alle mitgetragen
@Ernu

[...] Wie wäre es, wenn Deutschland, als designierte Führungsmacht Europas, sich etwas mehr um die vielen Baustellen der internationalen Strafjustiz als einem neuen Schwerpunktfeld seiner Außenpolitik kümmern würde. Atomare Teilhabe ist eine Sache, aber genauso wichtig ist es, Straftaten zu ahnden und dadurch zu vermeiden versuchen, dass solche potentiellen Einsatzbedrohungen gar nicht eerst entstehen ?

Russland ist dem ICC nicht beigetreten, ebensowenig wie die USA.
Die Ukraine aber auch (noch ?) nicht . Warum eigentlich nicht ? [...]
 
@aixois

Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich gerade Deutschland um diese Baustellen zu kümmern bereit wäre. 
Der IStGH hat keine universelle Zuständigkeit und schon darin liegt wohl die größte der Baustellen begründet.

​​​​​​Man wird niemanden dazu zwingen können beizutreten, aber man könnte sich geschlossen darauf einigen, mit diesen Ländern/Staaten keine Geschäfte (mehr) zu machen. Fangen wir am besten mit China an ! Aber hier zeigt dann die gelebte  Doppelmoral sofort eine ihrer hässlichsten Fratzen ...

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RE: 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Edita vom 20.03.2022, 16:20:29

Uberhaupt sind mir Leute immer suspekt, die andere Leute immer darauf hinweisen und betonen, wie toll sie doch selber denken!

Edita
Lach! 😂😂
Wo es gerade hier fast keine/n von dieser Spezies gibt...
aixois
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RE: 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld
geschrieben von aixois
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 20.03.2022, 15:46:07

Wer freie Marktwirtschaft gut findet und auch die Globalisierung als einen Segen für unseren Wohlstand ansieht, kann nicht umhin, in teils erhebliche 'Abhängigkeiten' zu geraten. Das gilt nicht nur bei der Energie, auch in vielen anderen Sektoren.

Aber das war und ist ja allen bekannt. Nord Stream I (und andere Russengas liefernde Pipelines) wurden von der EU begrüßt und gefördert (TEN-E), weil sie zur besseren (billigeren) Energieversorgung beitrugen.

Alles andere ist staatlich kontrollierte Planwirtschaft.  Kann man machen. Muss nicht immer schlecht sein, selbst die wirtschafts-neoliberale FDP ist dafür, dass staatliches Einspringen und Eingriffe dann gut sind, wenn die freien Kräfte auf dem Markt sich mal wieder verwürfelt und deshalb erneut ein Spiel verloren haben.

Wersoll eigentlich bestimmen, wieviel Abhängigkeit sein darf und wo die jeweilige Grenze der 'Dämlichkeit' liegt ? 
 

Edita
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RE: 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld
geschrieben von Edita
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 20.03.2022, 18:01:25

Kein Grund zum Lachen Enya, die gibt es hier auch, so 2 oder 3!

Edita      

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RE: 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Rispe vom 20.03.2022, 16:16:47
 
Das versteh ich jetzt nicht.
Wieso ist er zur Selbstkritik fähig, wenn er Frau Merkel kritsiert? Denn die war diejenige, die diese Abhängigkeit gefördert hat, wie du selber schreibst, der Mann ist gerade mal seit ca. drei Monaten in der Regierung uind hat gar nichts damit zu tun.
Du widersprichst dir selbst in deinem Posting.
Nö. Ich widerspreche mir nicht.
Aber dir:
DU nimmst verfälschende Verkürzungen meines Posts vor.
Was du mir in den Mund legen willst, habe ich nicht formuliert.
Kein Wunder, dass du nicht verstehst.
Mitglied_162e28b
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RE: 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf aixois vom 20.03.2022, 18:01:38

Wersoll eigentlich bestimmen, wieviel Abhängigkeit sein darf und wo die jeweilige Grenze der 'Dämlichkeit' liegt ? 

Das ist eine gute Frage. Wie klug oder dumm eine Entscheidung war, weiss man leider häufig erst später.

Die Grenze zwischen marktwirtschaftlichen Entscheidungen und Planwirtschaft kann ich so scharf gezogen nicht erkennen. Da gibt es Grauzonen.
Mareike
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RE: 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld
geschrieben von Mareike
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 20.03.2022, 18:01:25

@Enya

Ich bin gerade so in Stimmung.. 😁

Irgendwo wurde hier im Forum erwähnt, dass hier im ST so etwas wie ein Stellvertreteterkrieg geführt wird.

Ich weiß, dass ich einige Userinnen gewaltig nerve, weil ich nicht so denke, wie sie es gerne hätten.

Sperrt mich symbolisch mit den Damen ein!
Das Forum soll entscheiden, wie der schon so lange schwelende Konflikt zu lösen ist ...

(Ich persönlich ziehe mich aus dem Grund immer wieder mal aus dem Grund zurück - man könnte es mit einseitigem Waffenstillstand vergleichen.)

Ich gehe schon mal in Deckung.

Mareike

 

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RE: 2005 bis 2021-Mitschuld oder Unschuld
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Mareike vom 20.03.2022, 18:17:24

Das mit dem "Stellvertreterkrieg" war ich.

Hier im Forum findet seit viel zu langer Zeit das statt, was oft das unrühmliche Ende von Stammtischen, Freundschaften, Familienzusammentreffen etc. ist.
Man redet - und streitet - über Politik.
Macht ja nix, man kann nicht nur Blümchen posten, solange man fair bleibt, ist doch das Meiste okay!


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