Internationale Politik Obamas Berliner Rede

silhouette
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Re: Obamas Berliner Rede
geschrieben von silhouette
als Antwort auf Karl vom 25.07.2008, 13:34:42
Neee, Karl. Ich bekomme hier zwar auffallend wenig direkte Antworten, erlaube mir aber trotzdem, mich zum Thema zu äußern.
Euphorie ist Euphorie, und das ist immer etwas Emotionales. Was danach aus dem Vertrauensvorschuss gemacht wird, der mit einer solchen Euphorie verbunden ist, steht auf einem anderen Blatt. Dafür können aber die Leute nichts, denen Hoffnung gemacht worden ist, als sie dafür empfänglich waren.
Den Vergleich von eko fand ich auch ein kleines bisschen heftig, aber in der Substanz nicht falsch.

Bei den Pressestimmen habe ich übrigens gesehen, dass ich mit meinen Vorbehalten in guter Gesellschaft bin. Beispiel:

>>Sollte Obama aber tatsächlich gewinnen, dann wird er der Präsident Amerikas sein. Der vertritt bekanntlich zuerst und allein amerikanische Interessen, nicht europäische oder gar deutsche. (...)

Dass Deutschland dem Amerikaner trotzdem zujubelt, liegt an der Sehnsucht nach Emotionen. Obama ist ein Volkstribun, ein Prediger, für manche sogar eine Art politischer Messias. Wer nach einem deutschen Obama sucht, der stößt nur auf Leute wie Ronald Pofalla, Dirk Niebel, Claudia Roth oder Hubertus Heil. Letzterer machte sich neulich bei einer SPD-Veranstaltung lächerlich, als er mit dem Obama-Slogan "Yes, we can" Stimmung machen wollte. Das ernüchternde Ergebnis war: No, he cant.

Mit Emotionalität und Charisma allein kann man nicht das Weltklima retten, die Wirtschaftskrise überwinden und den Nahen Osten in eine friedlichere Zukunft führen. Politik ist keine Ersatzreligion. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie Probleme erkennt und effektiv löst. Ob Obama das wirklich kann, werden wir, wenn überhaupt, erst im kommenden Jahr erfahren.<< (Westdeutsche Zeitung Düsseldorf)

Der Pressespiegel in der FTD ist voll von ähnlichen Kommentaren. Auch in den USA scheint des Echo nicht so doll zu sein, wenn man den bisherigen Internet-Meldungen Glauben schenken darf.
--
silhouette

PS Dank edit-Funktion habe ich nachträglich noch einen Absatz des Kommentars davor kopiert. Er hat mir sehr gefallen.
Medea
Medea
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Re: Obamas Berliner Rede
geschrieben von Medea
als Antwort auf silhouette vom 25.07.2008, 13:51:27
Dann bin ich ja in guter Gesellschaft Silhouette, wenn ich so schnell in die um sich greifende Euphorie nicht einfalle
was er gestern ablieferte, war eine gut aufgebaute Rede mit einigen Zukunftswünschen, charismatisch rübergebracht, dazu seine sympathische persönliche Ausstrahlung -
und wie am Publikum zu sehen, verfehlte das die Wirkung nicht.
Ernst wird es erst, wenn er der gewählte neue US-Präsident ist, dann helfen keine schönen Worte, dann müssen kluge Taten her.

M.
Karl
Karl
Administrator

Re: Obamas Berliner Rede
geschrieben von Karl
als Antwort auf silhouette vom 25.07.2008, 13:51:27
Liebe silhouette,


gern antworte ich dir direkt. Vielem von dem, was du schreibst, kann ich doch zustimmen. Skepsis ist nichts Ungesundes. Aber ich möchte trotzdem betonen, dass ich glaube, ein charismatischer Obama, der positive Emotionen weckt, hätte viel größere Chancen das Richtige zu tun, wenn er es denn wollte, auch gegen den Widerstand der Militär- und Wirtschaftsapparate, als ein Profalla mit möglicherweise den gleichen Zielen.
--
karl

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hafel
hafel
Mitglied

Re: Obamas Berliner Rede
geschrieben von hafel
als Antwort auf silhouette vom 25.07.2008, 13:51:27
Natürlich findet eine eventuelle Wahl in Amerika und nicht hier statt. Wenn überhaupt, wird er amerikanischer Präsident.
Und wenn hier im Lande etwas Euphorie Platz einnnimmt, so hat das Gründe, die ich schon hier im Thread versucht habe zu erklären, dass wir (in unserem Land) im Moment sehr empfänglich für Aufbruchsstimmungen sind. Und unser Verhältnis zur USA ist gelinde ausgedrückt: ramponiert.

Aber Obama hat für uns auch noch eine andere Botschaft, ..............er will mit den Europäern auf Augenhöhe kontaktieren. Das ist jedenfalls eine Absichtserklärung ----und wenn sie dann auch noch eintrifft,--- ein neues Verhältnis zur Großmacht USA.

Warten wir also ab.
--
hafel
luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Obamas Berliner Rede
geschrieben von luchs35
als Antwort auf silhouette vom 25.07.2008, 13:51:27

Wir können uns hier die Köpfe heiss diskutieren, aber es bringt nichts! Obama will amerikanischer Präsident werden ,und um dieses Ziel zu erreichen, wird er alle Mittel einsetzen, um zu punkten. Bis jetzt gelingt es ihm hier recht gut, denn 200 000 anwesende, begeisterte und jubelnde Zuhörer werden beeindrucken. Bisher war die Zuschauerzahl mit höchstens 70 000 bescheidener.

Aber sind wir mal ehrlich, Euphorie hin oder her: Obama wird, falls er gewählt wird, in erster Linie seinem Landdienen, und dazu gehört, dass er auch Europa zum Erreichen seines Zieles mit einbindet. Denn er hat richtig erkannt : ohne Europa geht es nicht! Und das wird er auch den Amerikanern beibringen.

Deshalb wird es äusserst bedeutungsvoll sein, welchen Weg er nach seiner evtl. Wahl einschlägt. Und erst dann wird sich auch zeigen, ob ihm Europa wirklich folgen wird. Das hängt bestimmt nicht von Jubelchören auf der Strasse ab.

Und ich betone noch einmal: Auch ein umjubelter Obama kocht nur mit Wasser!

Aber sein Auftritt war nun mal beeindruckend und man möchte sich wirklich wünschen, dass er das, was er sagte, dann einst auch verwirklichen kann. Denn er hat alles angesprochen, was jedem einzelnen von uns auf der Seele brennt.

Er hat gestern ein bisschen "Sehnsucht nach dem Guten (Amerikaner?)" bei den Menschen hervorgerufen. Nicht mehr und nicht weniger!

Und sonst: Schaun mer mal!


--
luchsi35
silhouette
silhouette
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Re: Obamas Berliner Rede
geschrieben von silhouette
als Antwort auf Karl vom 25.07.2008, 14:09:37
Ich klicke mal Karl an mit dieser Antwort. Ihr habt in dieser charismatischen Rede offenbar eines überhört: es sieht ganz danach aus, dass er eine Neuauflage der deutsch-amerikanischen Freundschaft in einen direkten Zusammenhang mit einer aktiveren Beteiligung der Deutschen bzw. Europäer an der Lösung der von ihm aufgezählten Probleme der Welt bringt.

Was werden wir hier zu lesen bekommen, wenn er eine Erhöhung des deutschen militärischen Engagements in Afghanistan und Irak verlangt? Vorübergehend, nur kurze Zeit, so kurz wie die bisherige Zeit, die die "Willigen" in Afghanistan und im Irak verbracht haben (Achtung, Ironie)? Und solch eine Forderung an einen gleichberechtigten Partner auf gleicher Augenhöhe zu stellen, wäre legitim. Bisher fungieren die meisten Europäer nur so ein bisschen als Juniorpartner.

Und darauf wird das hinauslaufen, wetten?
Macht Euch keine Illusionen über ein schneller Des-Engagement der Amerikaner dort. Und sie werden sich bei militärpolitischen Beschlüssen, die sie im Interesse Amerikas treffen, auch nicht plötzlich von den europäischen Nato-Ländern reinreden lassen.

Unsere zukünftigen Pofallas und Co müssten halt ein Pflichtstudienfach vorgesetzt bekommen, das in etlichen Ländern schon lange üblich ist: in Frankreich heißt es Präsentation und betrifft sowohl die mündliche als auch die schriftliche Form. Die Deutschen werden in dieser Hinsicht von ihrer Uni als blutige Amateure entlassen und bleiben es, sofern sie kein Naturtalent sind.

--
silhouette

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eko
eko
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Re: Obamas Berliner Rede
geschrieben von eko
als Antwort auf Karl vom 25.07.2008, 13:34:42
@ karl:

Diese Reaktion hatte ich erwartet und war mir schon darüber im Klaren, dass da Gegenargumente kommen. Wenn Du mir aber unterstellst, dass ich sicher nicht Obama mit Hitler gleichsetzen wolle, dann hast Du mich richtig verstanden.

Mir gings vielmehr darum, aufzuzeigen, wie leicht und einfach es ist, eine große Menschenmenge zu beeinflussen, die von einem Hoffnungsträger erwartet, das er sie aus ihrer, wie sie meinen, prekären Lage befreien würde.

A.H. hatte damals erkannt, wie sich Menschenmassen (grausliches Wort)manipulieren lassen. Und Obama fährt auf derselben Schiene. Dass die beiden jeweils völlig unterschiedliche Ziele verfolgen, spielt bei dieser Beobachtung keine Rolle. Der Erstere hatte bösartige Ziele verfolgt und das Volk dazu missbraucht. Obama verwendet seine Fähigkeit, Menschen zu beeinflussen, dazu, für seine Kadidatur zu punkten. Die Ziele sind nicht vergleichbar, wohl aber die Methoden.

Ich hab halt auch Bedenken, ob Obama die von ihm geweckten Hoffnungen, die gestern in dieser Begeisterung bei der Goldelse ihren Ausdruck fanden, auch wirklich erfüllen kann und erfüllen wird. Denn auch er ist eingebunden in die Gemengelage von Interessen, die er nicht ignorieren kann und nicht ignorieren darf, will er sich nicht den Weg ins Weiße Haus selbst verbauen.

Im Übrigen sind in den nachfolgenden Beiträgen nach meinem Posting soviele gute und meiner Meinung nach richtige Gedanken niedergeschrieben worden, die ich alle auch so sehe, da muss ich jetzt nicht auch noch was dazu sagen.
--
eko
hugo
hugo
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Re: Obamas Berliner Rede
geschrieben von hugo
als Antwort auf silhouette vom 25.07.2008, 13:51:27
oho silhouette, diese vielen Statements aus der Presse klingen ja nicht gerade begeistert,,,,,
da lese ich vielmehr skeptische Fragestellungen heraus.

So wie ich das sehe, hat karl ja nicht eine völlig kritiklose Euphorie anklingen lassen sondern eher eine hoffnungsvolle Erscheinung hervorgehoben, die noch viele Menschen weltweit in helle Aufregung versetzen kann (ich denke von totaler Begeisterung bis hin zu absoluter Enttäuschung wird sein Spektrum als Präsident reichen)
übrigens hab ich aus erster Hand erfahren das es eben auf Jede seiner Aussagen nicht 200.000 begeistert Beifall klatschende Zuschauer, sondern teilweise fast die Hälfte der Umstehenden gab, die sich damit zurückhielten.

Konnte ich aber bei der Fernsehübertragung so nicht feststellen,,

ich denke er wird für Deutschland ein eher unbequemer und fordernder (wenn auch hoffentlich nicht für die Welt so schlimmer US-Chef wie sein Vorgänger)Partner sein.
--
hugo
eleonore
eleonore
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Re: Obamas Berliner Rede
geschrieben von eleonore
als Antwort auf hugo vom 25.07.2008, 18:03:50
übrigens hab ich aus erster Hand erfahren das es eben auf Jede seiner Aussagen nicht 200.000 begeistert Beifall klatschende Zuschauer, sondern teilweise fast die Hälfte der Umstehenden gab, die sich damit zurückhielten.
geschrieben von hugo


ja hugo,

hat dir diese erste hand auch erzählt, dass ein teil von diese 200 000 eventuell nicht so gut, oder gar kein englisch kann??????

--
eleonore
hugo
hugo
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Re: Obamas Berliner Rede
geschrieben von hugo
als Antwort auf eleonore vom 25.07.2008, 18:09:54
hm ja eleonore, ich denke schon das die meisten begriffen was da gesagt wurde und nicht umsonst gabs ja auch immer wieder Passagen wo die Leute applaudierten und sogar Beifall riefen und dann mal wieder nicht,,

aber guck mal was es am Rande (bzw an den Rand gedrängt) auch noch gab.

sieh Dir mal das 2. Video mit der Unterschrift: "Kollektiver Obama-Rausch? Nicht ganz. Es gibt auch Kritiker."
sowas gehört in einer Demokratie zu einer objektiven Berichterstattung eigentlich dazu.

und wenn ich daran erinnern darf das am 15 Februar 2003 500000 Menschen für den Frieden demonstrierten in Berlin ,,,,und da sah ich keine Gegenreaktionen unter den Teilnehmern,,

--
hugo

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