Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Quo vadis Euroland? - 3. Neuauflage

Internationale Politik Quo vadis Euroland? - 3. Neuauflage

adam
adam
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Re: Lichtblicke?
geschrieben von adam
als Antwort auf luchs35 vom 16.07.2015, 08:51:45
Und wie soll es weitergehen, Adam? Denn noch immer hat die EU kein ausgeglichenes Steuerrecht oder Sozialsystem. Das gehört mit zu den Euro-Geburtsfehlern, die nun immer mehr zutage treten. Ohne vergleichbare Rechtssysteme wird in der Finanzpolitik weiteren Verstößen für staatliche Neuverschuldungen Tür und Tor geöffnet.


Wenn ich es nur wüßte, Luchs. Wieder ging eine Woche ins Land und immer noch weiß keiner , wo vorn und hinten ist. Vielleicht hilft Gedanken sammeln und bewerten, was es Neues gibt?

Da kommt immer stärker das "angelsächsiche" Model der Staatenrettung in die Diskussion, in dem investiert werden soll, statt gespart, mit dem der "kontinentale" Rettungsplan an Griechenland angewendet wird. Deutschland ist in der Kritik. Nun gut, wer dicke Backen macht, aber letztlich nur warme Luft drin hat, muß damit rechnen. Nehmen wir`s nicht zu krumm, sondern hören wir zu.

Beide Rettungspläne gehen letztendlich auf die Forderung zurück, daß ein Staat zu Hochkonjunkturzeiten sparen soll, um in Rezessionszeiten investieren zu können, um die Wirtschaft wieder "anzukurbeln". Modelle für einen gesunden Staat, mit eigentlich gesunder Wirtschaft.

Für beide Pläne läßt sich trefflich argumentieren, logisch und erfolgsversprechend. Leider hat auch die theoretische Ökonomie/Volkswirtschaftslehre keine Glaskugel, in der Unabwägbarkeiten erkannt werden können, weswegen sie letztlich und oft an der Wirklichkeit scheitert. Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt und drittens dann so, wie es die realen Umständer vorgeben. Zum Beispiel in Griechenland, das weder ein Staat ist, noch eine Bevölkerung hat, an der noch etwas einzusparen ist und keine Wirtschaft, für die Investitionen vielversprechend sind. Die realen Gegebenheiten werden sich durchsetzen, durch die der Eurowert sich den gegebenen Umständen im Verbund der übrigen EU anpassen wird. Um wettbewerbsfähig zu werden, wird die Wirtschaft heruntergefahren, nicht in ihrem Umfang, aber von den Kosten her und das bedeutet rapide ansteigende Arbeitslosigkeit beim Sparmodel oder Inflation beim Investitionsmodel. Inflation nach einem Grexit in Griechenland über die neue Währung und ob die Inflation sich im gesamten Euroraum auswirkt, wenn Griechenland den Euro behält, darüber muß ich noch grübeln. Ich bin kein Nobelpreisträger. Aber eines glaube ich zu erkennen: Griechenland ist mit beiden Modellen nicht zu helfen, auf eigene Füße zu kommen. Griechenland ist ein agrar ausgerichtetes Entwicklungsland, daß Unterstützung durch die Weltbank braucht und nicht in den Rahmen des IWF passt.

Strauß-Kahn sprich vom Milliardenzählen und vom nötigen Schuldenschnitt. Welche Milliarden? Wer soll den Schuldenschnitt bezahlen? Keiner der Eurostaaten, die Investitionen für Griechenland bezahlen sollen, hat auf einem Konto die nötigen Milliarden liegen, sondern muß sie sich über Schulden besorgen. Entsprechendes beim Schuldenerlass. Aber alle Eurostaaten sind sowieso schon bis über Oberkante Unterlippe verschuldet. Sollen die durch Kreditaufnahme für Griechenland selber pleite gehen oder sich wieder ein schmerzhaftes Sanierungsprogramm auferlegen, um den Euronormen zu entsprechen? Eher wohl nicht.

Wie geht es weiter? Keine Ahnung! Derzeit bin ich bei Schäubles vorübergehendem Grexit. Raus mit Griechenland aus dem Euro, sehen was passiert, lernen und erkennen, was getan werden muß. Europa wird nicht von der Landkarte verschwinden.

--

adam
olga64
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Re: Lichtblicke?
geschrieben von olga64
als Antwort auf adam vom 22.07.2015, 10:27:04
Vielleicht kommt das "raus aus dem Euro" aus einer anderen Ecke als gedacht. Die Griechen debattieren mal wieder in ihrem Parlament die von Herrn Tsipras zugesagten Reformen - derweil seine Partei den grossen Kehraus macht. Einige von den Abweichlern wollen raus aus dem Euro - die anderen wollen Neuwahlen. Dies dürfte trotzdem zugunsten von Herrn Tsipras ausgehen - denn welcher klar denkende Mensch würde wohl diesen Job machen wollen?
Eine einfache Sofortlösung wäre es, wenn die Griechen solidarischer wären und ihre 40 Fluchtmilliarden Euro zurückholten und dem Staatssäckel spendeten. Olga
olga64
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Re: Destabilisierung der EU?
geschrieben von olga64
als Antwort auf olga64 vom 22.07.2015, 21:25:21
Im Sommer diskutierten wir in Sachen EU noch im Focus der griechischen Krise. Jetzt wird durch die vielen Flüchtlinge alles noch viel komplizierter als wir uns dies je vorstellen konnten.
Das Bombardement der Russen in Syrien und hier vorwiegend auf Zivilisten produziert weitere Flüchtlingsströme in grosser Menge - wer will es diesen Menschen auch verdenken, dass sie ihr Leben retten wollen?
Ist das ein Plan von Herrn Putin? Noch mehr Flüchtlinge in die EU und insbesondere nach Deutschland? Eine machtlose Frau Merkel - eine instabile EU, die dann auseinanderfällt und Russland wieder grösser erscheinen lässt?
Olga

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Re: Destabilisierung der EU?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf olga64 vom 16.02.2016, 16:52:43
Jahaaa, so kann man sich das Versagen von Politikern auch schön reden. Nicht Putin destabilisiert, das schafft die EU ganz alleine. Andere Länder wollen sich nicht von Deutschland diktieren lassen ob und wie viele Flüchtlinge sie aufnehmen. Hätte man mit ihnen frühzeitig eine Lösung besprochen wäre es mit Sicherheit anders gelaufen. Den Salat hat Frau Merkel zubereitet.
Bruny
pippa
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Re: Destabilisierung der EU?
geschrieben von pippa
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.02.2016, 18:04:53
Wenn nun aber Frau Merkel den letzten Joker aus der Tasche zieht und Deutschlands Grenzen dicht macht? Was machen die unsolidarischen Staaten dann?

Dieses Szenario kann ich mir bei diesem Hickhack langsam tatsächlich vorstellen.

Dass a l l e s anders gelaufen wäre, hätte man Putin nicht dauern auf die Füße getreten (Natoerweiterung) und Erdogan, als er auf die Kurden zuzugehen schien, Zugeständnisse in Sachen EU-Aufnahme gemacht, ist ja wohl so klar wie das Amen in der Kirche, aber leider Schnee von gestern.
Pippa
Re: Destabilisierung der EU?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf pippa vom 16.02.2016, 18:37:21
Wenn nun aber Frau Merkel den letzten Joker aus der Tasche zieht und Deutschlands Grenzen dicht macht? Pippa

Das wäre kein Joker, sondern Dummheit und Dummheit möchte ich unserer Kanzlerin wahrhaftig nicht unterstellen. Erstens lassen sich die Grenzen Deutschlands gar nicht durchgängig schließen und zweitens wäre das 100%ige Kapitulation. Nein, jetzt muss endlich zügig weitergemacht werden, dass diejenigen die hier sind eine menschenwürdige Unterkunft haben, dass die einzelnen Bundesländer miteinander vernetzt sind, die Verwaltungen die gleiche SW zur Registrierung benutzt und als nächstes gilt es ganz dringend die eigene Bevölkerung ernst zu nehmen und auch zu beruhigen. Es hilft keinem wenn wir in Deutschland bürgerkriegsähnlich Zustände bekommen und dem rechten Gedankengut Vorschub leisten. Mir ist jede rechte Parole eine zuviel. Alles was im Moment geschieht ist ein Austragen der chaotischen Zustände auf dem Rücken der zu uns geflüchteten.
Bruny

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olga64
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Re: Destabilisierung der EU?
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.02.2016, 19:08:10
Man kann in diesem Fall nur eines sicher sagen: unsere Kanzlerin wird die zuerst schuldzuschreibende Mitteilung von Frau Bruny und dann deren "gute Ratschläge" nicht lesen - und hat sie auch nicht nötig. Schön, zu lesen, dass Frau Bruny jetzt mal wieder im Pluralis Majestatis schreibt, wo sie sich doch sonst geografisch so gerne distanziert von dem schrecklichen Deutschland und voller Häme aus ihrem heilen, friedlichen, spanischen Rentner-Exil auf uns blickt. Olga
pschroed
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Re: Quo vadis Euroland ?
geschrieben von pschroed
Die EU Krise spitzt sich weiter zu.
Der kranke Mann Frankreich könnte eine Gefahr für die gesamte EU werden
durch das Versagen der linken Regierung.

Schulden über Schulden sowie Streiks die kein Ende mehr nehmen wollen.

Belgien ebenfalls verliert seit dem Anschlag immer mehr die Übersicht, Gefängniswärter im Streik, die Justiz, die Bahn, die Post usw.
Und das Geld wäre bitter nötig.

Es stehen turbulente Monate bevor, vielleicht die Basis für ein Neuanfang mit einer verkleinerten EU.

Zusätzlich kommt noch das Referendum (23 Juni) wo die Briten über den Verbleib in der EU abstimmen werden.

Und Marie le Pen freut sich über das Versagen der Gauche in Frankreich und baut den Front National (Nazis) weiter aus.

Phil.

ZITAT DIE WELT

Frexit-Angst

Alle Welt spricht über den drohenden Brexit, also den möglichen Austritt Großbritanniens aus der EU. Doch nicht nur die Briten könnten das Konstrukt Europa beschädigen. Auch andere Länder entfremden sich zusehends von dem gemeinsamen Ziel eines leistungsstarken Europa. Ein Gradmesser für die wachsende Euro-Ermüdung ist der sogenannte Frexit-Index des Analysehauses Sentix.

Zuletzt ist die Wahrscheinlichkeit eines Euro-Austritts der Franzosen kräftig gestiegen
Dieser misst, wie hoch die Finanzmärkte die Wahrscheinlichkeit einschätzen, dass ein Land binnen eines Jahres aus dem Euro fällt. Für Frankreich hat sich der Wert im Mai gegenüber dem Vormonat mehr als verdreifacht. Zwar ist die Zahl von 1,3 Prozent weiterhin sehr niedrig. Doch der Trend bei einem der Gründungsländer des gemeinsamen Europa ist beängstigend.

Dazu passt auch die politische Entwicklung im Land. Mittlerweile liegt der Front National, der mit Anti-Euro-Rhetorik bei den Wählern punktet, in den Umfragen weit vorn: 74 Prozent der Franzosen rechnen damit, dass die Parteivorsitzende und Spitzenkandidatin Marine Le Pen die entscheidende zweite Runde der Präsidentschaftswahlen erreichen wird.

Sprich, alle Franzosen müssten ein Jahr allein dafür arbeiten, um die Staatsschulden ihres Landes abzutragen. Und das, obwohl die Zinsen dank der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) so niedrig sind wie nie zuvor. Die Europäische Kommission scheint wegzuschauen. Obwohl Frankreich in 13 von 18 Euro-Jahren das maximale Haushaltsdefizit von drei Prozent der Wirtschaftsleistung verfehlt hat, gibt es immer wieder Ausnahmen. Den guten Ruf als solider Schuldner hat das Land ebenfalls eingebüßt. Die drei großen Ratingagenturen Moody's, Standard & Poor's und Fitsch haben Frankreich das Spitzenrating bereits vor drei Jahren aberkannt.
olga64
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Re: Quo vadis Euroland ?
geschrieben von olga64
als Antwort auf pschroed vom 02.06.2016, 12:08:21
Was derzeit in der Grande Nation passiert, erstaunt mich auch sehr. Und der glücklose Präsident reist von einem "Event" zum anderen, wären die stark individualistisch geprägten Franzosen alles lahmlegen. Und dies, wo in Frankreich gerade mal 8% gewerkschaftlich organisiert sind und diese Gewerkschaften untereinander stark zerstritten.
Es werden sich auch bald keine Unternehmen mehr finden, die in Frankreich für die benötigten Arbeitsplätze sorgen werden. Das geht dann weiter so bis hin zu Madame le Pen, die ja sowieso aus der EU aussteigen will.
ABer oft kann es auch anders kommen ,wie uns das kleine Österreich zeigt, dem es wirtschaftlich auch schlechter geht. Da gab es doch noch die Vernünftigen, die ihr Land nicht politisch in den Abgrund reissen wollen. Hoffen wir auch auf die Grande Nation, dass man sich dort besinnt. Olga
pschroed
pschroed
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Re: Quo vadis Euroland ?
geschrieben von pschroed
als Antwort auf olga64 vom 02.06.2016, 17:50:24
Extreme Linke, zur Zeit treten viele Trumps auf, es ist die Zeit der Populisten. (Philippe Martinez) Ein militanter Hetzer und Schreier.
Eine gefährliche Bande (Bolted von mir)

ZITAT DIE WELT

Vor ein paar Monaten war er der Öffentlichkeit noch gänzlich unbekannt. Heute jedoch steht Philippe Martinez, seit knapp einem Jahr die Nummer eins des Gewerkschaftsbunds CGT, im Zentrum des Interesses. Er ist der Mann, der Manuel Valls und François Hollande den (sozialen) Krieg erklärt hat.

Der Durchbruch der extremen Linken

Hinter dieser verhärteten Linie steckt zum Teil tatsächliche Überzeugung – Martinez ist wirklich von der Linken geprägt –, aber auch eine Anpassung an die Kräfte innerhalb der CGT sowie letztendlich Taktik. Seit einigen Jahren gewinnt die Ultra-Linke immer mehr an Macht innerhalb der ersten Gewerkschaft Frankreichs, sie stellt derzeit ein Viertel, wenn nicht sogar ein Drittel der Mitglieder, im Vergleich zu früheren zehn Prozent.

"Der Dachverband ist geschwächt und hat nicht mehr die Möglichkeit, die radikalen Verbände zu halten, wie die der Chemie innerhalb der Raffinerien", schätzt ein Insider aus dem Gewerkschaftsmilieu die Situation ein.

Für andere Beobachter fühlt sich Martinez keineswegs in die Enge getrieben, sondern hat ganz im Gegenteil eine sehr bewusste Wahl getroffen. Indem er eine harte Linie wählt, gelingt es ihm, die Mitstreiter auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu bringen – den Kampf gegen die Arbeitgeberschaft und den angeblichen Neoliberalismus.

Auf diese Weise wächst die CGT, die nach fünf Jahren interner Streitigkeiten über die Nachfolge von Thibault und durch diverse Affären geschwächt war, wieder zusammen. "Philippe Martinez versucht, auch diejenigen unter den Franzosen mit einzubeziehen, die mit der Regierung unzufrieden sind. Und er hofft, Marktanteile wieder für seine Firma zu gewinnen", glaubt Raymond Subie, ehemaliger sozialpolitischer Berater von Nicolas Sarkozy und heute Vorstandschef von Alixio.

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