Internationale Politik Senioreninitiative in Japan

olga64
olga64
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von olga64
als Antwort auf clara vom 16.05.2011, 16:42:05
So ist es, liebeClara. Wäre Japan nicht gewesen, würde es auch heute noch niemanden interessieren, wie die letzten 25 Jahre.
Es kam ja auch zu keinen grossen Unfällen mehr - sogar die japanischen AKW`s hielten dem Erdbeben stand - nur der Tsunami gab ihnen den Rest.
Das Wahlvolk sollte sich m.E. stets informieren ,was die Parteien im Programm haben. Meist empfindet der Wähler aber (zu Recht) Politik als zu komplex und verliert bald die Lust, sich intensiv damit zu befassen. Er schliesst sich dann lieber dem Mainstream an und wenn dieser einige Zeit laut schreit, schreit er mit - genau so schnell hört man aber wieder auf. Nur mit meiner Wahlstimme habe ich Einfluss, wenn ich nicht weitergehen möchte und mich einer Partei anschliesse, um etwas zu bewegen.
Die bereits seit Jahren vorhandene Finanzierungsmöglichkeit für regenerative Energien durch Stromkunden ist richtig und muss zukünftig auch steigen, weil die AKW-Betreiben ihre eigenen Fonds, die ja vorhanden sind, einfrieren lassen (weil sie kein Geld mehr verdienen werden). Finanzierung Sache der Politiker? Wie soll das gehen? Olga
hafel
hafel
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von hafel
als Antwort auf clara vom 16.05.2011, 16:42:05
@ Clara:

Das sehe ich ebenso. Gäbe es das Desaster in Japan nicht, würde die deutsche Regierung noch voll auf Atomstrom bauen, dann hätten wir noch die Laufzeitverlängerung.

Um es mit Karls Worten auszudrücken: ich halte es für ziemlich platt gedacht, der Gesellschaft hier eine Mitschuld zu geben. Regierung und Atomlobby haben bisher an der Gesellschaft vorbei dirigiert. Der Aufwind der Grünen basiert alleine auf der Katastrophe in Japan. Ich sehe bei mir als Verbraucher keine Schuld, mögen das andere für sich feststellen. Das Einzige was ich als Verbraucher machen kann und auch gemacht habe ist, den Anbieter wechseln. Nach einem Wechsel hat z. B. der neue Anbieter auch wieder erhöht, dass ich wiederum wechseln kann. Das ist leider alles nicht so einfach, als wenn ich im Supermarkt mir eine preiswertere Wurst aussuche. Ich gebe bei einem Unfall alleine einer verfehlten Energie-Politik und der Atomlobby die Schuld. Alles andere ist platt gedacht.

hafel
olga64
olga64
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von olga64
als Antwort auf hafel vom 16.05.2011, 17:05:05
Hafel, wenn ich dies richtig interpretiere, wechselten Sie bislang Ihren Stromanbieter, wenn der alte die Preise erhöhte.
Sie hätten aber seit Jahren direkt zu einem Öko-Stromanbieter wechseln können (war immer teurer), um ihre Meinung gegen AKW`s zum Ausdruck zu bringen, die hoffentlich älter ist als die unserer Regierung?
Ob Sie dann allerdings wirklich Öko-Strom erhalten hätten, ist zweifelhaft, da ja hinter der Steckdose kein Männchen sitzt, das brav verteilt. Aber finanziell stärken hätten Sie die regenerativen Energien schon seit Jahren. Olga

Anzeige

hafel
hafel
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von hafel
als Antwort auf olga64 vom 16.05.2011, 17:23:13
@ Olga:


Ach Olga, was soll diese Klugsch... ei?

Ich habe kein Wort über den Anbieter selber verloren und ist es mal wieder reine Spekulation aus München ich hätte keinen Ökostromanbieter.
Leider erhöhen die auch.

Mit Mutmaßungen und Verdachten kommen wir da nicht weiter.

Hafel
Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.05.2011, 10:34:15
geht es noch zynischer?

--
Wolfgang

Da stimme ich Dir zu.

Wer so einen Einsatz von Älteren befürwortet oder begeistert davon ist, sollte dann auch die Konsequenzen daraus überlegen wie:

Bis zu welchem Alter sich Arztbesuche noch lohnen und ab welchem Alter ein Heimplatz geräumt werden muss, mit Umzug in ein Beerdigungsinstitut.

Wie alt darf dann jemand werden bis er eingeschläfert wird?

Damit würde dann die Gesellschaft entlastet.

Die nächste Konsequenz daraus ist: ein älteres Leben ist nichts wert. Da ist das dann doch schön es wenigstens für alle opfern zu können.

Zitat von wolfgang:"Geht es noch zynischer? Ich glaube nicht.

Also überlegt bitte vor was und mit welchen Konequenzen da der Hut gezogen wird!


Über den Vergleich von Japan mit der Gesellschaft der DDR lächele ich dann nur noch , mit asiatischer Höfflickeit.

margit
margit
Administrator

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von margit
Eben kam ich erst zum Lesen der Folgebeiträge auf meine Diskussionseröffnung.

Mich würde zuerst interessieren, wer von den Diskutanten nun tatsächlich den verlinkten Tagesschau-Beitrag gelesen hat.

Bei meinem Eröffnungsbeitrag handelte es sich weder um eine Satire noch um Zynismus und schon gar nicht um eine Empfehlung.

Ich persönlich empfinde große Hochachtung vor den Japanern, die - wohlgemerkt freiwillig - bereit sind, sich für die Allgemeinheit einzusetzen. Es geht nicht um die "Entsorgung" von Senioren, sondern um ein Hilfsangebot von älteren Menschen.

Ich habe das Thema auch nicht zur Diskussion gestellt, um über Kernkraftwerke per se zu diskutieren, sondern weil ich das Engagement dieser Senioren für bemerkenswert halte. Es handelt sich dabei um Bürger eines Landes, die wohl zum größten Teil auf die Versprechungen der Industrie und Politik vertraut haben. Die Atomenindustrie hat ihnen bisher eine vermeintlich sichere und saubere Energie geliefert. Jetzt ist eine ungeheure Katastrophe eingetreten und es scheint so, dass menschliche Arbeitskraft notwendig ist, um die Kühlung, die Voraussetzung für weitere Sanierungsmaßnahmen ist, wieder in Stand zu setzen. Ob die direkt Verantwortlichen dazu genug Sachverstand besitzen, bezweifle ich. Ihre Familien mit in Sippenhaft zu nehmen ist auch keine Lösung.

Also, was bleibt? Freiwillige müssen gefunden werden, die diesen Job übernehmen können. Wenn sich nun Fachleute dafür zur Verfügung stellen wollen, halte ich dies für eine heldenhafte Handlung, ganz gleich wie alt sie sind.

Zynisch ist es, nun die Nachricht so zu verdrehen, dass die japanische Gesellschaft auf diese Art ihre "Alten" entsorgen wolle.

Bei uns wurden früher Menschen, die ihr Leben für andere einsetzten, heilig gesprochen - heute reicht es bereits, Papst gewesen zu sein.

Nebenbei bemerkt: Wenn alte Menschen um einen "guten" Tod beten, kann ich das sehr gut verstehen; den Wunsch danach haben die meisten Menschen, wenn sie über den Tod nachdenken, auch bei uns.

Margit




Anzeige

adam
adam
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von adam
als Antwort auf margit vom 16.05.2011, 22:33:38
Sicher gibt es in jeder Gesellschaft Menschen, die in ausweglosen Situationen helfen möchten und da auch bei den Senioren. Die Motivation dafür dürfte breit gefächert sein, von wirklicher Selbstlosigkeit bis hin zur Selbstdarstellung und sicher auch dem unterschwelligen Vorwurf: "Wenn es keiner macht, muß eben Opa wieder mal ran!" Es kommt also auch der Wunsch zum Vorschein, darauf hinzuweisen, daß auch ältere Menschen in der Gesellschaft noch eine tragende Rolle spielen können. Das ist sicher nicht nur typisch für die japanische Gesellschaft.

Daß die japanischen Senioren nicht kopflos in ihr Unglück rennen wollen, zeigt ihr intelligenter Anspruch auf moralische Standards, wenn sie im verstrahlten Gebiet zum Einsatz kommen sollten. So möchten sie Tepco zwingen, die Wahrheit über das Ausmaß der Verstrahlung zu bekennen. Meiner Ansicht nach ein hoffnungsloser Anspruch und natürlich auch ein Anspruch, der bei den Arbeiten nicht schützen kann. Inzwischen hat Tepco ja bekannt gegeben, daß es in Block 1 schon am Tag des Erdbebens zur Kernschmelze kam und sich die radioaktive Schlacke durch den Boden des Reaktorbehältern geschmolzen hat. Dort kann kein Mensch mehr arbeiten ohne mit einer tödlichen Strahlendosis rechnen zu müssen und der Strahlentod ist sehr hässlich. Insoweit scheinen die Senioren sich über das Risiko nicht klar zu sein.

Inwieweit eine Gesellschaft ihr Einverständnis für den freiwilligen Einsatz der Senioren geben kann, wage ich nicht zu kommentieren. Für mich hat diese Entscheidung etwas von der Diskussion über Sterbehilfe. Leicht darf man sie sich nicht machen. Sie hat gewaltige moralische Standards.

--

adam

hafel
hafel
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von hafel
als Antwort auf margit vom 16.05.2011, 22:33:38
Ich sehe es zunächst ähnlich wie Adam, dass es in jeder Gesellschaft und jedem Kulturkreis Menschen gibt, die sich für andere aufopfern… auch mit ihrem Leben.

Es liegt aber sehr nahe, Margit, Deinen Beitrag als Zynismus oder Satire einzuordnen.

Eine große Hochachtung habe ich da nicht für Menschen, die sich freiwillig opfernd in den Tod begeben. Für mich ist das mehr eine Unaufgeklärtheit oder Zwänge die in ihrem Kulturkreis zu suchen sind. Eine Regierung, die zulässt, dass sich massenweise ihre Bürger in den Tod begeben, ist verachtenswert.

Margit, Du wolltest hier keine Atomdebatte anwerfen, spielt jedoch der Grund für den Freitod eine entscheidende Rolle. Lassen wir (diesen Grund) außer Betracht und beurteilen nur den "moralischen Wert" des Aufopfern sind wir schnell bei der Floskel: "Für Vaterland, Heimat (und Kaiser)". Ich erinnere da an die Kamikazeflieger. Auch sie wurden von „westlicher Seite“ als Selbstmordangriff hingestellt, war ihre Motivation jedoch eine Andere.
Sie wollten sich aufopfern für ein besseres Japan.

Ich kann also Deine Meinung der "großen Hochachtung" nicht nachvoll ziehen. Wenn Dein Vokabular den Begriff „heldenhafte Handlung“ umfasst, kommt es mir sauer hoch. Ich erinnere mich als Kind während der Nazizeit: da hing in jeder vierten Wohnstube das Gemälde "Der letzte Mann". Im Hintergrund beharkten sich die verfeindeten Linienschiffe der Skagerrakschlacht und im Vordergrund stand ein einsamer Matrose auf schwimmenden Schiffsresten und schwenkte die Reichskriegflagge. Das war nannte man früher heldenhaft!

Wir sollten eher alles tun, um die älteren Menschen zu überzeugen, dass sie nur dieses eine Leben haben.

Hafel
senhora
senhora
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von senhora
Wir sollten eher alles tun, um die älteren Menschen zu überzeugen, dass sie nur dieses eine Leben haben.

Merkwürdige Formulierung.
Und was ist mit den Jungen, die sich den Gefahren aussetzen müssen? Haben die mehr als ein Leben?

@ Margit
In Japan sind weniger als 1 Prozent der Menschen Christen, eine Heiligsprechung käme für sie also mehrheitlich nicht in Frage.

Die Überlegung, bevor die Kinder oder Enkel diese gefährliche Aufgabe übernehmen und mit dem Risiko an Spätfolgen zu erkranken oder genetische Schäden weiter zu vererben erklären wir uns als Alte bereit, an der Beseitigung der Folgen der Katastrophe mitzuarbeiten, käme bei uns wohl wenigen Menschen in den Sinn.

Senhora
yuna
yuna
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von yuna
als Antwort auf margit vom 16.05.2011, 22:33:38
Hallo Margit,

stimme mit dir in allen Punkten überein.
Ich habe damals auch deinen verlinkten Artikel gelesen, weshalb ich hier nach meinem Beitrag auch nicht mehr mitdiskutiert habe, da hier immer wieder davon die Rede war, Japan wolle seine Alten verheizen.
Das ist völlig am Thema vorbei und somit sinnlos, da weiter zu schreiben.

Wie gesagt, es ist eine andere Mentalität, wo sich jeder für seine Mitmenschen mitverantwortlich fühlt. Es ist richtig, wie hier jemand schreibt, dass auch diese Einstellung langsam von westlichen Werten überlagert wird, aber eben nur sehr langsam, derzeit sind sie noch vorhanden und werden auch gepflegt.
Ich glaube das kommt auch daher, dass die Japaner von außen oft als "sonderbar" beschrieben werden mit unverständlichen Sitten, Bräuchen und fragwürdigem Geschmack.
Die Japaner sehen das inzwischen mitunter als Kompliment, sie sind größtenteils stolz auf ihr Land und ihre Leute und sie fühlen sich so als das kleine Besondere. Das stärkt auch ihren Zusammenhalt.

Junge Japaner sind verantwortlich für den Betrieb, in dem sie arbeiten, für die Klasse in der sie an der Schule sind, für die Schule, für ihre Familie, für ihre Freunde etc. Alte Menschen hingegen, besonders wenn sie alleine leben, fühlen sich verantwortlich für ihre ggf. Familie, Freunde und eben ihre Mitmenschen. So hat jeder seine nützlichen Aufgaben. Und darum geht es doch. Von nichts kommt eben nichts.

Daher finde ich es schon merkwürdig, aber auch typisch, dass hier darüber geurteilt wird, dass die älteren Generationen Japans, den jüngeren helfen wollen, mit den Mitteln, die ihnen eben zur Verfügung stehen.
Das ist sinnvoll, wenn es hilft und nicht ausgenutzt wird, wie sie es auch als Bedingung stellen.
Es macht keinen Sinn, wenn das Familienväter übernehmen würden, die eben ihre Familie noch versorgen müssen oder mit ihrer Arbeit eine Firma unterstützen und damit wieder die Wirtschaft des Landes.
Genauso wenig, wenn es Studenten etc. machen würden, die als nachrückende Generation für Japan wichtig sind.
Es bleiben also nur die Alten, wenn es sonst keiner mehr wagt, aufgrund der hohen Gesundheitsgefahr und es ist festzuhalten, niemand bat die Alten darum, sie machen es aus ihrem Verantwortungsgefühl heraus, sie möchten helfen.
Und ja, das verdient Hochachtung, auch wenn es eigentlich so selbstverständlich ist aus ihrer Sicht.
Sowieso, wenn in Fukushima und Umgebung auch ihre Kinder und Enkel leben/lebten.

edit: Mir fiel noch was ein: Als zusätzliche Verdeutlichung was die besondere Beziehung angeht, die zwischen der jungen und der älteren Generation in Japan herrscht, sei erwähnt, dass an jedem dritten Monatg im September in Japan der 敬老の日 ist, also der Tag zu Ehren der Alten gefeiert wird - ein offizieller Feiertag in Japan. Vllt. hilft es einigen hier, so die Alten besser zu verstehen, die dort ins AKW wollen.
In euch herrschen die westlichen Gefühle vor, wo alte Menschen größtenteils nicht mehr als produktiv betrachtet werden und deshalb auch keine große Rolle mehr zu spielen scheinen - es sei denn sie "opfern" sich.
In Japan ist das aber anders. Sie sind auch dann hoch angesehen, wenn sie sich nicht für irgendwas opfern. Sie sind ein wichtiger und integrierter Bestandteil der Gesellschaft. Es geht also nicht um Heldentum oder so.

Anzeige