Internationale Politik Steht Ägypten mit al-Sisi vor einer neuen Dikatatur?

Der ägyptische, bisherige Generalfeldmarschall Abdel Fattah al-Sisi greift nun trotz seiner vorherigen Wahlabsage doch nach der Macht. Dass er die Wahl zum neuen Präsidenten gewinnen wird, steht außer Frage -sowohl bei seinen Anhängern wie auch jenen, die eine neue Diktatur nach dem Muster des früheren Oberhauptes Mubarak befürchten.

Wenn er die Wahl gewinnt, steht Ägypten bald vor neuen Problemen, die eigentlich auch gleichzeitig die alten sind.

Mit seiner sanften Stimme blieb er in seiner viertelstündlichen Ansprache ziemlich vage, ließ aber durch den liberalen Politiker Amr Mussa interpretieren,, dass für ihn die Bekämpfung der Armut Priorität habe und er sich keinesfalls in einen neuen Diktator verwandeln wolle. Auch die ersten Todesurteile gegen die Moslembrüder scheinen keine Rolle im Volk zu spielen.

Eine echte Alternative zu al-Sisi ist jedenfalls nicht in Sicht, obwohl inzwischen auch der linksrevulutionäre Hamdin Sabahi seine Kandidatur bekannt gegeben hat. Dieser hofft auf die jüngeren Wähler, die einen Präsidenten aus dem militärischen Lager ablehnen.

Für al-Sisi könnte allerdings zu einem Stolperstein werden, wenn er versuchen sollte, Ägypten auf Kosten der Generäle und deren wirtschaftlicher Privilegien aus der Wirtschaftskrise herauszuführen. Die unkontrollierte Macht dieser Wirtschaftsgeneräle war schon der Auslöser für den Aufstand gegen Mubarak. Ob al-Sisi es wagen wird, gegen diese repressive Machtkonstellation der Generäle anzutreten, möchte ich allerdings bezweifeln.

Wie es die Zulassung zu einer Wahl laut ägyptischer Verfassung vorsieht, hat al-Sisi seine Uniform ausgezogen und seine militärischen Ämter niedergelegt , und demnächst soll dann auch der Wahltermin feststehen. Zuvor hat er jedoch noch schnell einige Personalverschiebungen in der Armee durchgeführt und einen engen militärischen Weggefährden als Verteidigungsminister eingesetzt.

Wieso die Popularität al-Sisis so groß ist angesichts des bisherigen rücksichtslosen Vorgehens seines Militärs gegen die Moslembruderschaft und seines Versagens gegen die Sinai-Terroristen , bleibt allerdings rätselhaft.

Aber wenn er es nicht schafft, Ägypten wieder aus der Wirtschaftskrise herauszuholen, dürfte aus dem jetzt noch jubelnden Volk bald wieder blutiger Widerstand erwachsen.

Luchs

Mich macht die Überschrift nachdenklich - Ägypten war nie etwas anderes als eine Diktatur. Es gibt jetzt wahrscheinlich nur die Abstufungen- welche Diktatur war für das Volk erträglicher, bzw. lebbarer? Olga

Weißt Du Luchs, ich setze auf al Sisi, denn schlimmer als
zur Zeit kann es ja kaum werden. Nicht immer sind die Generäle ein Menetakel, Ägypten hat einen schweren Weg vor sich, das Militär
scheint mir in diesem desolaten Zustand des Landes (bei aller
internen Kritik) zur Zeit die richtige Wahl zu sein.

Medea.

Die ägyptischen Diktaturen machten mal mehr,mal weniger Druck, Medea. Nicht umsonst trauern die Ägypter heute noch Sadat nach, der allerdings schon bald nach seiner Öffnung für die freie Marktwirtschaft, dem Friedensabkommen mit Israel und dem Versuch, die fanatische Moslembruderschaft mit einzubeziehen, von den Islamisten ermordet wurde.

Der ebenfalls durch einen Putsch an die Macht gekommene Sadat war alles andere als ein Friedensengel, aber er setzte sich vor allem für ein erträgliches Miteinander der gespaltenen Gesellschaft ein. Dass dies dann in seiner Ermordung durch jene, die er einbeziehen wollte, endete, zeigt nebenbei schon auch, dass jeder der Regenten mit harter Hand vorgehen musste. Das bleib bis heute so.

Aber man darf dabei trotzdem nicht übersehen, dass in Ägypten junge aufgeklärte und mit der Welt verbundene junge Menschen auf Änderungen drängen und sich nicht mehr nur gängeln lassen wollen.

Das wird auch al-Sisi zu spüren bekommen, und es liegt an ihm, wie er seinen Auftrag durch die Wahl nachkommt.

Luchs

Luchs,

ich denke, die Ägypter werden froh sein, wenn sie annähernd ein Niveau wie zu Mubarakzeiten zurück bekommen. Die Entäuschung über die mißlungene Revolution wird gross sein und deshalb der Wunsch nach einer Neuauflage klein.

Für Abdel Fattah al-Sisi und die Militärs werden wieder amerikanische Dollars fließen, die Touristen werden wieder zu den Pyramiden strömen und die Ägypter sind es gewöhnt, sich selber zurecht zu finden.

International kann man auch zufrieden sein. Die Islamisten, die auch in Ägypten versucht haben, die demokratischen Anwandlungen im Volk zu ihren Gunsten zu nutzen, wurden so gründlich, wie brutal und bar aller Rechtsstaatlichkeit zurückgeschlagen, was aber gerne übersehen wird. Für die Zukunft wird man in europäisch denkenden Kreisen einbeziehen müssen, daß andere Kulturen die Menschenrechte aus einem anderen Blickwinkel sehen, insbesonderem in isalmischen Gesellschaften, deren Philosophie eher darauf abzielt, den Menschen als Sünder in Gottes Besitz zu sehen als von Geburt an im eigenen.

Israel kann zufrieden sein, wurde doch die Muslimbruderschaft, die Mutterorganisation der Hamas, offiziell verboten, ja geächtet.

Und auch in anderen muslimischen Ländern wird man auf das revolutionäre Ergebnis von Ägypten sehen. Zum Beispiel das Militär in der Türkei, wo das Erbe Attatürks von Erdogans AKP und der Gülenbewegung geradezu mit Füssen getreten wird und die Rolle der Türkei im westlichen Bündnis, durch die Islamisten, immer fragwürdiger wird.

In der "Welt" ein interessantes Interview mit Hamed Abdel-Samad, das sich auch, aber nicht nur mit Ägypten befasst:

"Vor einer Schlacht mit apokalyptischer Dimension"

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adam

Ein sogenanntes "erträgliches Miteinander" kann nur erreicht werden, wenn die Armut bekämpft werden kann durch mehr Arbeitsplätze und dadurch ein Einkommen wovon man seine Familie ernähren kann.
Gleichzeitig Aufklärung zur Geburtenreglung. 5, 6 Kinder pro Familie sind in Ägypten noch keine Ausnahme.
Danach erst für mehr Bildung sorgen.
Umgekehrt wie es oft zu lesen ist, bringt nichts. Von guter Bildung wird man nicht satt!

Auch eine Demokratie kann nur funktionieren wenn diese Voraussetzungen zum größten Teil vorhanden sind.

Das wird noch ein langer Weg.
Ganz gleich wer gewählt wird, keiner wird in der Lage sein in kurzer Zeit sichtbare Erfolge zu erzielen.
Auf jeden Fall muß erst wieder Ruhe einkehren.
Demonstration alleine genügen nicht, wenn keine realen Lösungsvorschläge vorhanden sind.

Eine Militärdiktatur ist wahrlich nicht erstrebenswert.
Vielleicht aber für Ägypten eine Möglichkeit die Infrastruktur des Landes aufzubauen und Ruhe einkehren zu lassen.
Auch Innen- und Außenpolitisch haben sie Erfahrungen und sind in der Lage ein Land zu reagieren
Ich sehe zur Zeit keine andere Gruppierung die dazu in der Lage ist und die dazu nötigen Voraussetzungen vorweist.

Wenn es dann noch klappen würde die Korruption zumindest einzuschränken, wäre schon viel erreicht.

Wollen die meisten Ägypter denn eine Demokratie wie wir diese haben?
Ich denke die politische Regierungsform ist den meisten egal. In erster Linie wollen sie wohl Arbeit um sich und ihre Familie ernähren zu können und friedlich miteinander leben zu können.
Was nützt dem Einzelnen die beste demokratische Regierungsform, wenn der Magen knurrt?

Monja.