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Literatur Lukian, Die Fliege

enigma
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Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 19.07.2011, 10:20:11
Hallo Longtime,

vertont wurde das Lied von dem zeitgenössischen amerikanischen Komponisten William Bolcom.

Es stammt aus dem Zyklus Songs of Innocence and of Experience, zu finden als Lied Nr. 28 der Songs of Experience, hier:

Bolcom ist für meine Begriffe ein sehr interessanter Komponist, der auch gerne experimentiert.

An den genannten Songs nach Blake hat er 25 Jahre gearbeitet. Für das Werk erhielt er drei Grammy Awards.

Mehr über Bolcom she. Linktipp!

Gruß, Enigma





longtime
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Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 19.07.2011, 12:05:05
Ja danke - für Serpent's Kiss from Garden of Eden" ... from Bolcom & me als wundervolllllller Tipppppp (der meinem Koppppppp entspricht)!

longtime
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Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 19.07.2011, 12:39:58
Für heute habe ich erst mal ausgefliegelt:

Hier ein wundersam lyrischer Victor Auburtin:
Aus „Sündenfälle“. Feuilletons - Kapitel 21:

Victor Auburtin:
Zusatz zu Brehm


Die junge Birke, unter der ich hier am Feldrain sitze, ist den ganzen Vormittag in leidenschaftlicher Erregung. Sie schüttelt sich vor Lachen, sie sinkt erschauernd in sich zusammen, sie wirft ihre goldenen Zweige der Sonne entgegen.
Jede dieser reizenden Gebärden ist vorausbestimmt seit dem Schöpfungstage, jede ist wichtiger als die Politik Europas.
Inzwischen schreitet der Pflüger unermüdlich am Horizont auf und nieder. Er verschwindet bei der Hügelwelle und taucht hinter dem grünen Roggenfeld wieder auf...

Doch nun kommt durch den Sand vor mir ein Abenteuer gekrochen, das unsere ganze Aufmerksamkeit und Besonnenheit erfordert. Auf den ersten Blick scheint es eine Spinne zu sein, die eine Fliege fortschleppt. Aber wie ich in den Sand hinknie, um das Phänomen näher in Augenschein zu nehmen, erschrecke ich fast: umgekehrt, die Fliege schleppt eine noch leise zappelnde Spinne von dannen.
Aber das ist ja vollkommen wider alle göttliche Ordnung; das Schwache bändigt das Starke, wohin sollte denn so etwas führen? Es ist, als ob der lyrische Dichter den Kritiker packt und nach Hause schleppt, um ihn dort zu verzehren.
Die Fliege ist schlank, mit dunkelblauen Flügeln und drei gelben Ringen um den Leib. Wenn Herr Stefan George eine Fliege wäre, er hätte solche blauen Flügel und drei solche gelben Ringe um den Leib.

Der Spinne ihrerseits, die haarig und borstig ist, sieht man es wohl an, daß für sie alle Lebewesen nur da sind, um verrissen zu werden.
Zwanzig Meter krieche ich durch den Sand der Fliege nach, die über alle Hügel wegarbeitet. Aber nun kommt sie an die Wagenspur, und dort ist eine Wand, so hoch wie die Bastei bei Schandau. Da wird es ihr zu langweilig, sie wirft die Spinne hin, dreht ihr den Rücken zu, spannt die blauen Flügel auf und fliegt fort.

Ja, so sind sie, die lyrischen Dichter. Wenn sie einmal den Kritiker in Händen haben und könnten mit ihm machen, was sie wollen, so nützen sie die Gelegenheit nicht aus und lassen ihn laufen.

Und fliegen wieder taumelnd der Sonne zu.


Ein dichterisch fliegelnder Auburtin-Text!

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enigma
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Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 19.07.2011, 13:41:46
Ein schöner Text, der wohl nicht nur die lyrischen Dichter erfreut haben dürfte.


Hier noch ein Text über Victor Auburtin:

Aus “Kurt Tucholsky Kritiken und Rezensionen 1907 - 1914”

„Der beleidigte Korrespondent
Wenn man Herrn Victor Auburtin, den pariser Korrespondenten des ›Berliner Tageblatts‹, in Frieden ließe, wenn man ihm eine der ägäischen Inseln zum Wohnsitz anwiese – wer weiß, ob er eine Zeile schriebe. Ich glaube, er würde, wie einer seiner Helden, langsam und wollüstiglich durch die Bosketts wandeln, wobei er hier und da an einer Blume röche, und dann würde er vor der klagenden Niobe stehen bleiben, um sie in aller Gelassenheit zu betrachten. Schreiben würde er nicht.
Am allerwenigsten so entzückend sehnsüchtige Angelegenheiten, wie in den beiden Bändchen ›Die goldene Kette‹ und ›Die Onyxschale‹ (die bei Albert Langen in München erschienen sind). Es ist wirklich erstaunlich, zu welch aufreizend hübschen Dingen einen das Mißbehagen treiben kann. Denn das ist der Grundzug, der die zwei Büchelchen durchzieht: traurige Unzufriedenheit. Er mag nicht: erstens dies nicht, zweitens Berlin nicht, drittens Deutschland schon gar nicht, und viertens überhaupt nicht. Doch: Jonien, Bithynien, Italien, Griechenland. Aber in allem übrigen ist er beleidigt.
Und der Haß schärft die Augen und läßt manches sehen, was die Gemütlichkeit und das Behagen nicht erblicken. Die Kontemplation grenzt oft an Passivität; aber in der ›Goldenen Kette‹ guckt Auburtin so nett und unbeteiligt auf das Gehudel unter ihm, dass mans fast vergißt. Diese kleinen Geschichten sind in einem merkwürdigen Stil verfaßt, der manchmal ein wenig an Thomas Mann erinnert. Dieser Stil ist am besten dann, wenn Auburtin es nicht mit dem Humor hat, sondern wenn er in Moll feststellt, wie es auf der Welt zugeht. Etwa, wenn er das Wesen eines berliner Verhältnisses beschreibt. Und es sind lustige Geschichten in dem Buch – das übrigens nur eine Mark kostet und einem über mehr hinweghilft als nur über langweilige Bahnstunden – und ernste und auch leicht unanständige. Was bei Auburtin so ›unanständig‹ heißt: er weiß Bescheid und sagt das ziemlich offen. Und so entstehen denn Erzählungen wie ›Die Dame mit dem Augenaufschlag‹.
›Die Onyxschale‹ ist eigentlich noch schöner. Es sind da doch Stücke, die nicht der Korrespondent, sondern der Dichter geschrieben hat, ganz feine Sachen, mit einem wiegenden, ziehenden Rhythmus. Sie sind oft auf einer feuilletonistischen Idee aufgebaut, etwa, dass man sich als Knabe sehnt, die Villa mit den weißen Säulen zu besitzen und sie dann nachher nicht mehr zu genießen vermag, oder dass Berlin nicht so schön ist wie der Süden; aber dann geht etwas mit Herrn Auburtin durch, er vergißt ganz die dumme Idee und schwärmt.
Lest diese ›Onyxschale‹, und ihr werdet ein paar schöne Stunden haben und das dünne kleine Buch immer wieder vornehmen. Ihr werdet ihn dann ordentlich vor euch sehen, Herrn Victor Auburtin, wie er – mit der Abneigung gegen große Gesten – an der Seite einer Geliebten durchs Bois geht, sehr sanft, sehr bewußt, sehr still. Nur eben kommt man mit der Stille nicht allzuweit, in Deutschland, Und wenn er auch hundertmal sagt: »Der Schritt ist mehr als das Ziel«, so wollen wir andern doch jung genug sein, uns ja nicht diese Moral anzueignen, die aus dem Stück ›Canes familiares‹ spricht: »Wenn du diesen Blick kennst«, (mit dem der Bürgersmann den Offizier scheu und unterwürfig ansieht) »so weißt du, dass es in Deutschland nie etwas Rechtes werden wird. Und dann läßt du die Dinge laufen, wie sie wollen, und holst dir vom Regale den alten Lederband her und liest die Strophen des Horatius Flaccus, der in Venusia geboren wurde.« Ja nicht, ja nicht!
Aber schließlich muß es auch solche geben, und wir haben doch unsre Freude an ihnen.“

Peter Panter
Die Schaubühne, 12.02.1914, Nr. 7, S. 202.


Es ist doch immer wieder eine Freude, wie K.T. jemanden - und dessen Werke - so beschreiben konnte, dass sogar für Leser von heute fast das Gefühl aufkommen kann, dabei gewesen zu sein in einer Zeit, die längst vorbei ist. So empfinde ich es jedenfalls.


ehemaligesMitglied35
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Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von ehemaligesMitglied35
als Antwort auf enigma vom 20.07.2011, 07:31:25
Hierher passt wohl auch:

Robert Musil

DAS FLIEGENPAPIER

Das Fliegenpapier Tangle-foot ist ungefähr sechsunddreißig Zentimeter lang und einundzwanzig Zentimeter breit; es ist mit einem gelben, vergifteten Leim bestrichen und kommt aus Kanada. Wenn sich eine Fliege darauf niederläßt - nicht besonders gierig, mehr aus Konvention, weil schon so viele andere da sind - klebt sie zuerst nur mit den äußersten, umgebogenen Gliedern aller ihrer Beinchen fest. Eine ganz leise, befremdliche Empfindung, wie wenn wir im Dunkel gingen und mit nackten Sohlen auf etwas träten, das noch nichts ist als ein weicher, warmer, unübersichtlicher Widerstand und schon etwas, in das allmählich das grauenhaft Menschliche hineinflutet, das Erkanntwerden als eine Hand, die da irgendwie liegt und uns mit fünf immer deutlicher werdenden Fingern festhält.

Dann stehen sie alle forciert aufrecht, wie Tabiker, die sich nichts anmerken lassen wollen, oder wie klapprige alte Militärs (und ein wenig o-beinig, wie wenn man auf einem scharfen Grat steht). Sie geben sich Haltung und sammeln Kraft und Überlegung. Nach wenigen Sekunden sind sie entschlossen und beginnen, was sie vermögen, zu schwirren und sich abzuheben. Sie führen diese wütende Handlung so lange durch, bis die Erschöpfung sie zum Einhalten zwingt.
Es folgt eine Atempause und ein neuer Versuch. Aber die Intervalle werden immer länger. Sie stehen da, und ich fühle, wie ratlos sie sind. Von unten steigen verwirrende Dünste auf. Wie ein kleiner Hammer tastet ihre Zunge heraus. Ihr Kopf ist braun und haarig, wie aus einer Kokosnuß gemacht; wie menschenähnliche Negeridole. Sie biegen sich vor und zurück auf ihren festgeschlungenen Beinchen, beugen sich in den Knien und stemmen sich empor, wie Menschen es machen, die auf alle Weise versuchen, eine zu schwere Last zu bewegen; tragischer als Arbeiter es tun, wahrer im sportlichen Ausdruck der äußersten Anstrengung als Laokoon.

Und dann kommt der immer gleich seltsame Augenblick, wo das Bedürfnis einer gegenwärtigen Sekunde über alle mächtigen Dauergefühle des Daseins siegt. Es ist der Augenblick, wo ein Kletterer wegen des Schmerzes in den Fingern freiwillig den Griff der Hand öffnet, wo ein Verirrter im Schnee sich hinlegt wie ein Kind, wo ein Verfolgter mit brennenden Flanken stehen bleibt. Sie halten sich nicht mehr mit aller Kraft ab von unten, sie sinken ein wenig ein und sind in diesem Augenblick ganz menschlich. Sofort werden sie an einer neuen Stelle gefaßt, höher oben am Bein oder hinten am Leib oder am Ende eines Flügels.

Wenn sie die seelische Erschöpfung überwunden haben und nach einer kleinen Welle den Kampf um ihr Leben wieder aufnehmen, sind sie bereits in einer ungünstigen Lage fixiert, und ihre Bewegungen werden unnatürlich. Dann liegen sie mit gestreckten Hinterbeinen auf den Ellbogen gestemmt und suchen sich zu heben. Oder sie sitzen auf der Erde, aufgebäumt, mit ausgestreckten Armen, wie Frauen, die vergeblich ihre Hände aus den Fäusten eines Mannes winden wollen. Oder sie liegen auf dem Bauch, mit Kopf und Armen voraus, wie im Lauf gefallen, und halten nur noch das Gesicht hoch. Immer aber ist der Feind bloß passiv und gewinnt bloß von ihren verzweifelten, verwirrten Augenblicken. Ein Nichts, ein Es zieht sie hinein. So langsam, daß man dem kaum zu folgen vermag, und meist mit einer jähen Beschleunigung am Ende, wenn der letzte innere Zusammenbruch über sie kommt. Sie lassen sich dann plötzlich fallen, nach vorne aufs Gesicht, über die Beine weg; oder seitlich, alle Beine von sich gestreckt; oft auch auf die Seite, mit den Beinen rückwärts rudernd. So liegen sie da. Wie gestürzte Aeroplane, die mit einem Flügel in die Luft ragen. Oder wie krepierte Pferde.

Oder mit unendlichen Gebärden der Verzweiflung. Oder wie Schläfer. Noch am nächsten Tag wacht manchmal eine auf, tastet eine Weile mit einem Bein oder schwirrt mit dem Flügel. Manchmal geht solch eine Bewegung über das ganze Feld, dann sinken sie alle noch ein wenig tiefer in ihren Tod. Und nur an der Seite des Leibs, in der Gegend des Beinansatzes, haben sie irgend ein ganz kleines, flimmerndes Organ, das lebt noch lange. Es geht auf und zu, man kann es ohne Vergrößerungsglas nicht bezeichnen, es sieht wie ein winziges Menschenauge aus, das sich unaufhörlich öffnet und schließt.
val
val
Mitglied

Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von val
als Antwort auf ehemaligesMitglied35 vom 20.07.2011, 09:53:58
Salvador Dalì soll von Fliegen und der Lukian-Abh. fasziniert gewesen sein.Das sagte mir eben mein Sohn, dem ich von
diesem thread erzählte.
Hier noch ein schönes Bild von Petrus Christus (fläm. Maler 15.Jh):
"Portrait de Moine Chartreux"
val(val)


val(val)


Gruss Val

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Medea
Medea
Mitglied

Re: Lukian, Die Fliege
geschrieben von Medea
Der verehrten Leserschaft möchte ich dieses
Fliegengedicht nicht vorenthalten.


Die junge Fliege.

Stolz im blauen Ringelpanzer
Schwang sich auf die junge Fliege,
Ob sie nicht im kühnen Wettflug
Selbst den Adler noch besiege.

Doch da weht' ein leiser Windhauch,
Warf sie in den Schlamm der Pfütze;
Eine Hummel fragte spottend:
Was der Hochmuth ihr jetzt nütze?

Warum sogest du nicht ruhig
Mir zur Seit' an einer Blume?
Wenn ein Frosch dich frißt, was hast du
Wohl vom Streben nach dem Ruhme?

Schwere Tropfen an den Flügeln
Hält die Fliege sich geborgen.
Und sie dachte: Um den Spott nicht
Brauchst zum Schaden du zu sorgen!

Adolf Pichler


M.

longtime
longtime
Mitglied

Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von longtime
als Antwort auf ehemaligesMitglied35 vom 20.07.2011, 09:53:58
Auch ich freue mich über jede "Fliege"...! (Auch wenn sie mit ihren Genossen eine Plage werden kann!)

Fliegen auf einem Fliegenpapier:

Meine Anmerkungen zum klebrig-giftigen "Fliegenpapier":

Musil ist erst 1942 gestorben. – Bei dem Text müsste man das Copyright respektieren... - (Natürlich habe ich auch schon derart "gesündigt" - und Karl hat geholfen!)

Zu Robert Musil:

Anmerkungen und Interpretationen tauchen oft im Internet auf; nur hier gibt es noch einmal den Text (auch ohne Quellenangabe)!:

Wiederum: "Das Fliegenpapier"

Es gibt Musil eigene Vorbemerkung (auus dem Jahre 1936), dass der Text 1913 zuerst erschienen ist und den Titel „Römischer Sommer“ trug (was die Handlung und die Angabe „Kanada“ besser erklärt.

Anmerkung eines Lehrers (pensioniert):

Wie schwierig ist es, mit dem „Fliegenpapier“ Schüler einzuwickeln! Und freiwillig – behaupte ich mal - liest kein Mensch den Text! - Wer damit in einer Abiturarbeit konfrontiert wurde, hat ein Lebtag keine Chance mehr, sich mit seiner Leistung und damit Musils Parabel selber auseinanderzusetzen. Da ist der „Musil-Tod“ für junge Menschen vorprogrammiert.
Hier gibt es Hilfsangebote (die aber kaum lesbar sind, wenn man nicht als Pauker sich weiterbilden will):
Materialien und Angaben:

„Teachsam“, ein gutes Arbeitssystem, bietet den Text geben Bezahlung an.

http://www.teachsam.de/deutsch/d_literatur/d_aut/mus/mus_epik_txt%201.htm

Besonders wichtig: eine Strukturskizze:
http://www.teachsam.de/deutsch/d_ubausteine/aut_ub/mus_ub/mus_epik_txt%201_ub_6.htm


Jemand hat ein Sonett daraus erarbeitet:

Das Fliegenpapier (nach Robert Musil)

*

Was „Fliegiges“ von einem anderen schwierigen Autor:

Merwürdies uas Kfaks – ach: Merkwürdiges aus Kafkas "Tagebüchern 1910 – 1923":

21. Dezember. Merkwürdigkeiten aus ›Taten des großen Alexander‹ von Michail Kusmin:
»Kind, dessen obere Hälfte tot, untere lebend, Kindesleiche mit den sich bewegenden roten Beinchen.«
»Die unreinen Könige Gog und Magog, die sich von Würmern und Fliegen nährten, vertrieb er in geborstene Felsen und versiegelte sie bis ans Ende der Welt mit dem Siegel Salomonis.«
»Steinerne Flüsse, wo an Stelle des Wassers mit Getöse Steine sich wälzten, vorbei an den Sandbächen, die drei Tage lang gegen Süden fließen und drei Tage gegen Norden.«
»Amazonen, Frauen mit ausgebrannten rechten Brüsten, kurzen Haaren, Männerschuhwerk.«
»Krokodile, die mit ihrem Harn Bäume verbrannten.«

http://gutenberg.spiegel.de/buch/162/2
Zum Autor:
Der russische Dichter Kusmin

*


Und noch einige Hinweise auf weiteres Fliegenhaftes:

„Von den Fliegen des Marktes“ ... von Friedrich Nietzsche!

… mit diesem Abschluss:

„Ja, mein Freund, das böse Gewissen bist du deinen Nächsten: denn sie sind deiner unwerth. Also hassen sie dich und möchten gerne an deinem Blute saugen.
Deine Nächsten werden immer giftige Fliegen sein; Das, was gross an dir ist, – das selber muss sie giftiger machen und immer fliegenhafter.
Fliehe, mein Freund, in deine Einsamkeit und dorthin, wo eine rauhe, starke Luft weht. Nicht ist es dein Loos, Fliegenwedel zu sein. –
Also sprach Zarathustra“.


Ganz (oder gar nicht zu lesen):

Nietzsche über "Fliegen des Marktes"
cecile
cecile
Mitglied

Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von cecile
als Antwort auf longtime vom 20.07.2011, 17:29:40
Einen kurzen, aber eindrucksvollen Fliegen-Text muß ich noch erwähnen ... auch wenn ich ihn im leichten Chaos meiner Bibliothek nicht wiederfinde


"Die Fliege" von Kurt Kusenberg - auch ein Autor, bei dem das Copyright (noch lange) mitspielt!

Kurze Inhaltsangabe:

Ein Sultan, der die Stille über alles liebt, wird in seinem "Meditier-Zimmer" von dem verhassten Fliegengesumm überrascht.
Er fordert seinen Sklaven auf, innerhalb einer sehr kurz bemessenen Zeit die Fliege zu töten - oder selbst getötet zu werden.

Zwischen den beiden entwickelt sich ein Spiel auf Leben und Tod ...




enigma
enigma
Mitglied

Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von enigma
als Antwort auf cecile vom 21.07.2011, 02:10:27
Hallo Cécile,

Kusenberg sagt mir was, irgendwo muss es da auch bei mir zumindest ein Taschenbuch geben. Aber bevor ich das finde, müsste auch eine etwas längere Suche vorausgehen. Wahrscheinlich ist das Chaos bei meinem Buchbestand noch größer als es bei Dir der Fall ist....
An eine “Fliegen“-Geschichte von Kusenberg erinnere ich mich aber leider überhaupt nicht, obwohl sie nach Deinen Schilderungen interessant klingt.

In irgendeinem Kurzgeschichten-Band von Borchert gibt es auch eine Geschichte, die mit einer Fliege zu tun hat. Die habe ich vor langen Jahren gelesen, aber sogar den genauen Namen vergessen.
Aber das Wort “Fliege” kam im Titel vor.
Ja, ich weiß, das sind sehr spärliche Angaben, aber ich bin doch zuversichtlich, dass von den Experten hier jemand drauf kommt, welche Geschichte ich meine.

Heute lasse ich also nur ein Gedicht da, eines über Spinnen und Fliegen:

Die Spinnen und die Fliegen.

(März 1873.)

In einem Schlößchen, das verlassen
und darum halb verfallen stand,
herbergten in den öden Räumen
viel Dutzend Spinnen an der Wand.

Gesundheithalber aber mochte
der letzte der Insassen hier,
zerbrochne Scheiben nicht vertragen,
und flickte alle mit Papier.

Er schnitt dadurch den vielen Spinnen
der Nahrung Zufuhr gründlich ab,
von außen kam nicht eine Fliege,
wie es bald innen keine gab.

Die netzewebende Gemeine
die wußte nicht, wie ihr geschah,
und war nach langem grimmen Fasten
dem bittern Hungertode nah'.

Da ward für den, der Kraft noch fühlte,
die Selbsterhaltung zum Gesetz,
er lud beim Schwächern sich zu Gaste
und fraß ihn auf im eignen Netz.

Doch als zu höchst die Not gestiegen,
da fügte sich, daß vor dem Schloß
ein muntrer Knab' vorbeigezogen,
den Langeweile just verdroß.

Er raffte Kiesel auf vom Wege
und nahm die Fenster sich zum Ziel,
nur wenig heile Scheiben blieben
nach diesem ritterlichen Spiel.

Und durch die Lücken schwärmten Fliegen
in Hülle und in Fülle ein,
die Spinnen sagten: »Gottes Güte
regierte sichtbarlich den Stein!«

Sie falteten die Vorderbeine
und dankten ihm, der alle nährt,
und haben dann mit frommen Sinnen
die Fliegen reinlich aufgezehrt.

Doch meinte deren Schwarm hinwieder –
der rings bestrickt vom Tod sich fand –
die Scheiben habe ausgebrochen
der Satan mit selbsteigner Hand.

Edurch Gottes Huld hielt sie sich frei,
und ward sie dennoch aufgefressen,
so meint sie, daß es Prüfung sei.

Das gilt von Fliegen und von Spinnen,
die an Vernunft nicht überreich,
doch sind wir klugen Menschen ihnen,
gottlob, in keinem Punkte gleich.

Ludwig Anzengruber


Gruß von Enigma


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