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Literatur Lukian, Die Fliege

enigma
enigma
Mitglied

Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von enigma
als Antwort auf Medea vom 21.07.2011, 22:27:51
Ja, da sage ich auch mal: Hier klappt doch alles.....

Und wieder gibt es Neues zu lesen!
Da beginnt der Morgen nicht schlecht.

Ja, genau diese Fliege habe ich übrigens gemeint, die Fliege Ching Ling.
Ich will die Geschichte unbedingt noch einmal lesen; da muss ich mich wohl auf die Suche begeben, notfalls das Bändchen neu kaufen.
Ganz herzlichen Dank für die Interpretation.

In den Link über die neue deutsche Literatur nach 1945 habe ich auch mal reingeguckt und dabei festgestellt, dass ich mir erst kürzlich „Tauben im Gras“ von Wolfgang Koeppen als TB gekauft habe. Das fehlte mir auch bisher, aber nun werde ich es lesen.

Vielen Dank für die schönen Beiträge. Vielleicht geht es ja hier (und nicht auf dem Fliegenplaneten) noch weiter....


Auf dem Fliegenplaneten

Auf dem Fliegenplaneten,
da geht es dem Menschen nicht gut:
Denn was er hier der Fliege,
die Fliege dort ihm tut.

An Bändern voll Honig kleben
die Menschen dort allesamt,
und andre sind zum Verleben
in süßliches Bier verdammt.

In Einem nur scheinen die Fliegen
dem Menschen vorauszustehn:
Man bäckt uns nicht in Semmeln,
noch trinkt man uns aus Versehn.
Christian Morgenstern

Gruß, Enigma
eleonore
eleonore
Mitglied

Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von eleonore
ich schliesse mich marinas albernheit an, und verlinke eine szene aus der film *karate kid*.

Mr. Miyagi fängt fliegen mit ess-stäbchen.

Miyagi and Daniel catch flies with chopsticks
miriam
miriam
Mitglied

Re: Lukian, Die Fliege und andere Beispiele
geschrieben von miriam
Lieber Fliegenkreis,

danke für all die schönen Texte die hier zu lesen sind.

Ich hoffe, dass ich nichts übersehen habe - da wäre noch eine Fliege aus berühmter Feder:


Die Launen der Verliebten

von Heinrich Heine

Der Käfer saß auf dem Zaun, betrübt;
Er hat sich in eine Fliege verliebt.

"Du bist, o Fliege meiner Seele,
Die Gattin, die ich auserwähle.

Heirate mich und sei mir hold!
Ich hab einen Bauch von eitel Gold.

Mein Rücken ist eine wahre Pracht;
Da flammt der Rubin, da glänzt der Smaragd."

"O daß ich eine Närrin wär!
Ein'n Käfer nehm ich nimmermehr.

Mich lockt nicht Gold, Rubin und Smaragd;
Ich weiß, daß Reichtum nicht glücklich macht.

Nach Idealen schwärmt mein Sinn,
Weil ich eine stolze Fliege bin." -

Der Käfer flog fort mit großem Grämen;
Die Fliege ging, ein Bad zu nehmen.

"Wo ist denn meine Magd, die Biene,
Daß sie beim Waschen mich bediene;

Daß sie mir streichle die feine Haut,
Denn ich bin eines Käfers Braut.

Wahrhaftig, ich mach eine große Partie;
Viel schöneren Käfer gab es nie.

Sein Rücken ist eine wahre Pracht;
Da flammt der Rubin, da glänzt der Smaragd.

Sein Bauch ist gülden, hat noble Züge;
Vor Neid wird bersten gar manche Schmeißfliege.

Spute dich, Bienchen, und frisier mich,
Und schnüre die Taille und parfümier mich;

Reib mich mit Rosenessenzen, und gieße
Lavendelöl auf meine Füße,

Damit ich gar nicht stinken tu,
Wenn ich in des Bräut'gams Armen ruh.

Schon flirren heran die blauen Libellen,
Und huldigen mir als Ehrenmamsellen.

Sie winden mir in den Jungfernkranz
Die weiße Blüte der Pomeranz'.

Viel Musikanten sind eingeladen,
Auch Sängerinnen, vornehme Zikaden.

Rohrdommel und Horniß, Bremse und Hummel,
Sie sollen trompeten und schlagen die Trummel;

Sie sollen aufspielen zum Hochzeitfest -
Schon kommen die buntbeflügelten Gäst',

Schon kommt die Familie, geputzt und munter;
Gemeine Insekten sind viele darunter.

Heuschrecken und Wespen, Muhmen und Basen,
Sie kommen heran - die Trompeten blasen.

Der Pastor Maulwurf im schwarzen Ornat,
Da kommt er gleichfalls - es ist schon spat.

Die Glocken läuten, bim-bam, bim-bam -
Wo bleibt mein liebster Bräutigam?" - -

Bim-bam, bim-bam, klingt Glockengeläute,
Der Bräutigam aber flog fort ins Weite.

Die Glocken läuten, bim-bam, bim-bam -
"Wo bleibt mein liebster Bräutigam?"

Der Bräutigam hat unterdessen
Auf einem fernen Misthaufen gesessen.

Dort blieb er sitzen sieben Jahr',
Bis daß die Braut verfaulet war.


Es grüßt Euch

Miriam


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longtime
longtime
Mitglied

Mörikesche Fliegen
geschrieben von longtime
als Antwort auf miriam vom 22.07.2011, 08:20:43
Nach dem schönen Text von Heine, der den jetzt folgenden Mörike nicht ausstehen konnte und ihn wg. seiner Lyrik verhohnepiepelte, folgt von mir noch eine erzählerische Fliegen-Partie vom (biedermeierlich-braven) Eduard Mörike, der den Mozart in ein komisch-herrliches Licht rückt, als der einmal seine Frau Konstanze mit einigen „erlegten Fliegen“ überraschen konnte:

Aus: Eduard Mörikes Novelle „Mozart auf der Reise nach Prag“:

»Ich saß«, fuhr Madame Mozart hier in der Erzählung bei den Damen fort, »am Nähtisch, hörte meinen Mann die Stiege heraufkommen und den Bedienten nach mir fragen. Sein Tritt und seine Stimme kam mir beherzter, aufgeräumter vor, als ich erwartete und als mir wahrhaftig angenehm war. Erst ging er auf sein Zimmer, kam aber gleich herüber. ›Guten Abend!‹ sagt' er; ich, ohne aufzusehen, erwiderte ihm kleinlaut. Nachdem er die Stube ein paarmal stillschweigend gemessen, nahm er unter erzwungenem Gähnen die Fliegenklatsche hinter der Tür, was ihm noch niemals eingefallen war, und murmelte vor sich hin: ›Wo nur die Fliegen gleich wieder herkommen!‹ – fing an zu patschen da und dort, und zwar so stark wie möglich. Dies war ihm stets der unleidlichste Ton, den ich in seiner Gegenwart nie hören lassen durfte. Hm, dacht ich, daß doch, was man selber tut, zumal die Männer, ganz etwas anderes ist! Übrigens hatte ich so viele Fliegen gar nicht wahrgenommen. Sein seltsames Betragen verdroß mich wirklich sehr. ›Sechse auf einen Schlag!‹ rief er; ›willst du sehen?‹ – Keine Antwort. – Da legte er mir etwas aufs Nähkissen hin, daß ich es sehen mußte, ohne ein Auge von meiner Arbeit zu verwenden. Es war nichts Schlechteres als ein Häufchen Gold, soviel man Dukaten zwischen zwei Finger nimmt. Er setzte seine Possen hinter meinem Rücken fort, tat hin und wieder einen Streich und sprach dabei für sich: ›Das fatale, unnütze, schamlose Gezücht! Zu was Zweck es nur eigentlich auf der Welt ist – patsch! – offenbar bloß, daß mans totschlage – pitsch – darauf verstehe ich mich einigermaßen, darf ich behaupten. – Die Naturgeschichte belehrt uns über die erstaunliche Vermehrung dieser Geschöpfe – pitsch patsch –: in meinem Hause wird immer sogleich damit aufgeräumt. Ah maledette! disperate! – Hier wieder ein Stück zwanzig. Magst du sie?‹ – Er kam und tat wie vorhin. Hatte ich bisher mit Mühe das Lachen unterdrückt, länger war es unmöglich, ich platzte heraus, er fiel mir um den Hals, und beide kicherten und lachten wir um die Wette.
›Woher kommt dir denn aber das Geld?‹ frag ich. während daß er den Rest aus dem Röllelchen schüttelt. – ›Vom Fürsten Esterhazy! durch den Haydn! Lies nur den Brief.‹
– Ich las:
›Eisenstadt usw. Teuerster Freund! Seine Durchlaucht, mein gnädigster Herr, hat mich zu meinem größesten Vergnügen damit betraut, Ihnen beifolgende sechzig Dukaten zu übermachen. Wir haben letzt Ihre Quartetten wieder ausgeführt, und Seine Durchlaucht waren solchermaßen davon eingenommen und befriedigt, als bei dem ersten Mal, vor einem Vierteljahre, kaum der Fall gewesen. Der Fürst bemerkte mir (ich muß es wörtlich schreiben): als Mozart Ihnen diese Arbeit dedizierte, hat er geglaubt, nur Sie zu ehren, doch kanns ihm nichts verschlagen, wenn ich zugleich ein Kompliment für mich darin erblicke. Sagen Sie ihm, ich denke von seinem Genie bald so groß wie Sie selbst, und mehr könn er in Ewigkeit nicht verlangen. – Amen! setz ich hinzu. Sind Sie zufrieden?
Postskript. Der lieben Frau ins Ohr: Sorgen Sie gütigst, daß die Danksagung nicht aufgeschoben werde. Am besten geschäh es persönlich. Wir müssen so guten Wind fein erhalten.‹


Obwohl ich nicht weiß, wie zur Mozarts Zeiten eine Fliegenklatsche aussah:
Es ist eine Einlage aus Mozarts Leben, erzählt von seiner Frau Konstanze. Da spielt er das tapfere und erfolgreiche Schneiderlein mit der Fliegenpatsche und zählt seiner Frau die Goldstücke vor, die er endlich aus dem Haus der Fürsten Esterhazy erhalten hatte (was eine erzählerische Mörikesche Erfindung war).


Geschildert wird ein Tag auf Reise von Wien nach Prag im Herbst 1787. - Im November 1855 erschien die auf 1856 vordatierte Buchausgabe der Novelle.



Wiki-Artikel zu "Mozart auf der Reise nach Prag"




miriam
miriam
Mitglied

Re: eine Gernhardtinische Fliege...
geschrieben von miriam
als Antwort auf longtime vom 24.07.2011, 15:26:53
Nach dem Text von Mörike, jener Schriftsteller der von Heine nicht so geschätzt wurde, nun ein Autor, den Henri sicherlich sehr gemocht hätte...

Und natürlich bleiben wir beim Thema der Fliege.
Langsam vermute ich sogar, dass über die Fliege vergleichbar viel geschrieben wurde, wie über die Dummheit...

Kurze Rede zum vermeintlichen Ende einer Fliege

Robert Gernhardt


Tut mir leid, meine Liebe, du wirst jetzt gleich hin sein.
Wir sind hier schliesslich nicht bei Buddhistens.
Bei Buddhistens, das ist ein Kontinent weiter.
In Tibet, da lässt man sich so etwas bieten,
die würden dich, Fliege, die ganze Nacht
rumsummen lassen nach Herzenslust.
Bei Buddhistens ist das normal, die summen
ja selber rund um die Uhr ihre Oms,
ihre O mani padme hums, diese Priester.
Und wo andauernd irgendwo rumgesummt wird,
da fällt ein Gesumme mehr oder weniger
gar nicht gross auf. Doch wir sind hier bei Christens.
Da wird nicht gesummt. Da wird nachts geschlafen.
Daran hat sich auch eine Fliege zu halten.
Glaub bloss nicht, ich hätte was gegen euch Fliegen.
Normal tu ich keiner etwas zuleide.
Doch ich will jetzt schlafen, und du willst jetzt summen.
Ich hab die Patsche, und du bist der Brummer,
du oder ich, tut mir leid, meine Liebe:
Da!

Bsssss

Scheisse!


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ehemaligesMitglied35
ehemaligesMitglied35
Mitglied

Re: Mörikesche Fliegen
geschrieben von ehemaligesMitglied35
als Antwort auf longtime vom 24.07.2011, 15:26:53

[i]Obwohl ich nicht weiß, wie zur Mozarts Zeiten eine Fliegenklatsche aussah:


Ich nehme an, so wie die, die man in diesen Heimatmuseen sehen kann und wie ich sie in meiner Kindheit noch kennen lernte.

Ein handgroßer Lederlappen an einen Babusstock geheftet.

Gruß

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miriam
miriam
Mitglied

Re: Calliphora spec. (Schmeißfliege)
geschrieben von miriam
als Antwort auf ehemaligesMitglied35 vom 24.07.2011, 23:07:10
http://sto.buffed.de/board/images/smilies/Kaefer2.gif[/img]
[i]
Für mich bitte eine neue, sterile Fliegenklatsche - so viel Respekt muss schon sein
?!



Miriam
Medea
Medea
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Re: Mörikesche Fliegen
geschrieben von Medea
als Antwort auf longtime vom 24.07.2011, 15:26:53
DAS fand ich noch - nun mein allerallerletztes
"Fliegengedicht":

Im deutschen November

Dies ist der Herbst: der bricht dir noch das Herz!
Fliege fort! fliege fort!
Die Sonne schleicht zum Berg
Und steigt und steigt
und ruht bei jedem Schritt.

Was ward die Welt so welk!
Auf müd gespannten Fäden spielt
Der Wind sein Lied.
Die Hoffnung floh
Er klagt ihr nach.

Dies ist der Herbst: der bricht dir noch das Herz.
Fliege fort! fliege fort!
Oh Frucht des Baums,
Du zitterst, fällst?
Welch ein Geheimnis lehrte dich
Die Nacht,
Daß eis'ger Schauder deine Wange,
Die purpur-Wange deckt?

Du schweigst, antwortest nicht?
Wer redet noch?

Dies ist der Herbst: der bricht dir noch das Herz.
Fliege fort! fliege fort!
"Ich bin nicht schön"
- so spricht die Sternenblume
"Doch Menschen lieb' ich
Und Menschen tröst' ich
sie sollen jetzt noch Blumen sehn,
nach mir sich bücken
ach! und mich brechen -
in ihrem Auge glänzet dann
Erinnerung auf,
Erinnerung an Schöneres als ich:
- ich seh's, ich seh's - und sterbe so".

Dies ist der Herbst: der bricht dir noch das Herz!
Fliege fort! fliege fort!

Friedrich Nietzsche



Ein kleiner Scherz am Rande

Medea.
longtime
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Re: Mörikesche Fliegen
geschrieben von longtime
als Antwort auf ehemaligesMitglied35 vom 24.07.2011, 23:07:10
Danke für die weitere Erforschung!

Ich habe nochmals im Krünitz gesucht; in der „Oekonomischen Encyklopädie“ von J. G. Krünitz fand ich (ohne Abbildung), was FritzR bestätigt:

„In den Gemächern pflegt man die Fliegen auch wohl hin und wieder an den Wänden, oder auf Tischen, Stühlen und Bänken, vermittelst einer Fliegenklappe oder Fliegenklatsche, so aus einem rundlichen, fast in Form eines Herzens geschnittenen, auch zuweilen wohl mit bunten, aus Pergament geschnittenen schmalen Streifchen gesteppten, und mit seiner Spitze an einem schlanken runden Stiele befestigten Stück starken Leder, oder Filz, besteht, todt zu schlagen. Weil aber solche getödtete Fliegen gern von ihrem Eingeweide einen Flecken zurück laßen, wenn man nicht behutsam schlägt, so wird dergleichen nicht gar sehr in reinlichen Zimmern gebraucht.“

longtime
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Re: Mörikesche Fliegen
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 25.07.2011, 11:23:39
Ich hatte schon zweimal bei Heinrich Seidel versucht; na, der müsste doch was von Fliegen wissen und reimen. können...

Und ich fand jetzt von ihm doch noch die Winterfliegen:


Heinrich Seidel:
Winterfliegen


Beleuchtet von des Mondes kaltem Strahl
Liegt starr die weisse Welt im Winterfrost.
Wohl ihm, dem heut' ein Freund zur Seite steht
Gleich mir, ein Freund, der eine Klafter Holz
Behaglich bullernd aufgezehrt tagüber,
Und nun in sich befriedigt freundlich ausstrahlt
Den eignen Ueberschuss. Gesegnet sei
Mein alter Ofen, du mein Winterfreund!
Dem, welcher draussen klingt und knirscht, zum Trotz
Behaglich Dasein schaffst nur du! – und nimmer
Trägst du es nach, dass in der Sommerszeit
Verachtet du in deiner Ecke stehst.
Dann denkst du still: »Schon kommen wird die Zeit
Da ihr an meine grünglasirten Kacheln,
Anbetend fast voll Dank die Hände legt.«
Behaglich summt der Kessel mir zur Seite
Umspielt von bläulich flammendem Geflacker –
Sonst alles still; – nur dass zuweilen drauss'
Ein Schritt vorüberknirscht in frost'ger Hast
Und einsam, schneegedämpft ein Wagen rollt.

Ein Märchen les' ich gern in solcher Zeit,
Den alten Hoffmann hab' ich aufgeschlagen:
»Der gold'ne Topf«, »die Königsbraut« und auch
Des »kleinen Zaches« putzige Geschichte,
Das liest sich gut in solcher Winternacht.
So lieg' ich nun gemächlich hingestreckt
Zuweilen schlürfend goldigklaren Trank
Aus Chinas Flur, dem aus krystallner Flasche –
Zu Ehren Hoffmann's – beigefügt ein Schlückchen
Des Feuersaftes aus Jamaika.
Wie ich so lese, summt es durch die Luft
Mit feinem Flügel, summt und lässt sich nieder
Auf meines Buches Rand. Sieh', eine Fliege!
Sie streicht die Beinchen sich und putzt die Flügel
Und krault sich flink den dickgeaugten Kopf –
Spaziert dann weiter aufs Papier. Ich höre
Das Rascheln ihrer Beinchen in der Stille.
Gewiss, ihr scheint das Blatt wie eine Wiese
Mit schwarzem, krausem Gras. Aufsummend nun
Zur Tasse fliegt sie hin. Ein Tropfen blieb
Am Rand. Den stumpfen Rüssel senkt sie vor
Und saugt ihn auf, behutsam und behaglich.
Welch' winzig Dasein gegen meins, und doch
Noch auserlesener als meins – fürwahr,
Denn wen'ge sind, die durch den Winter kommen
Durch Gunst des Glücks und eine warme Stube.

Was summst du kleine Fliege für ein Lied
In meiner Einsamkeit? Dein zarter Flügel
Er trägt mich fort zu jener fernen Zeit,
Da noch das junge unbewusste Herz
Voll guten festen Kinderglaubens war,
Die ungekannte Welt im ahnungsreichen,
In' seligblauen Hoffnungsdämmer lag.
Ach ihr, der Kindheit unschuldsvolle Träume,
Wo seid ihr hin? Wo bist du süsse Thorheit,
Die einst den Jüngling frohgemuth umsummte?
Ihr starbt dahin im Sturm der kalten Welt,
Älltäglichkeit hat euch zu Tod' geregnet
Und mit der Fliegenklatsche jäh erschlug
Der blankpolirte Herr euch, der Verstand!
Ja, wen'ge sind's, die durch den Winter kommen
Durch Gunst des Glücks und durch ein warmes Herz.

Ach, denk' ich d'ran, es war doch schöne Zeit,
Und wie ein selig Zaubereiland liegt sie
Fern – hinter mir – in blauen Duft gebreitet –
Und ist dahin und kehret niemals wieder!

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