Forum Kunst und Literatur Literatur Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute - am 9.10. - z.B. an:

Literatur Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute - am 9.10. - z.B. an:

Re: Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute z.B. an Veza Canetti
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf longtime vom 25.11.2009, 20:10:36

Hallo longtime, schau mal hier, da ist es z.B. der 24.11. (??)
Durbridge

longtime, ich freue mich immer, deine Beiträge zu lesen, hier in dieser Gruppe!
Ich lese ja für mein Leben gern und bei dir ist man gut aufgehoben was Informationen angeht! Danke schön!
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spatzl
longtime
longtime
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Re: Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute z.B. an ??
geschrieben von longtime
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 25.11.2009, 20:17:35
Danke, spatzl! Das Lob ermuntert!

Ich bin immer froh, wenn jemand ausländische oder noch nicht bei gutenberg.spiegel.de erfasste Ehren-Kandidaten entdeckt oder seine speziellen Lieblingsautoren vorstellt.

*

Für den 25.11. will ich noch auf den Niederländer Maarten 't Hart (am 25. November 1944 in Maassluis geboren) hinweisen:

Die Liste seiner Veröfffentlichungen ist fast ganz komplett ins Deutsche übertragen worden. S. Linktipp:

Hinweisen möchte ich auf die Erzählung, die Musikfreunde sehr begeistern kann:
Concerto russe. (In einem Erzählband, der nicht mehr lieferbar ist, gedruckt; und als CD (im Arche Verlag, 2002) erschienen.

Der Text ist eine Hommage auf Édouard Lalo (27.01.1823 - 22.04.1892).

Den Anfang will ich hier einstellen:

Maarten ´t Hart: Concerto russe

Am Ende eines warmen Sommertages machte ich einen Abendspaziergang. In den Häusern standen die Fenster offen. Jugendliche spielten Popmusik. Um ihr zu entkommen, suchte ich eine stillere Gegend auf und landete im Professorenviertel. Dort schien es ruhiger zu sein, die Hochschullehrer arbeiteten wohl in ihren Zimmern. Ich wanderte einige Zeit umher, die Luft war warm und trocken, ab und an schoß eine Fledermaus zwischen den Schornsteinen hindurch, in den Kastanien trillerten Stare. Als ich in eine neue Straße mit großen Vorgärten einbog, hörte ich Musik. Sie kam aus einem offenen Fenster, es war jedoch kein Popgedröhn. Langsam ging ich an dem Haus vorbei, aus dem sie erklang. Ein hoher, verwahrloster Liguster, der stark duftete, erlaubte mir, den letzten Akkorden eines Stücks zu lauschen, das ich nicht kannte. Es wurde still. Ob noch mehr kam? Offenbar nicht, ich wollte weitergehen. Da intonierten geheimnisvolle Hörner eine erwartungsvolle Tonfolge in Sekundenschritten, die schmeichelnd von den Streichern übernommen wurde. Die Hörner riefen ein weiteres Mal, die Streicher folgten. Eine schüchterne Querflöte flehte um Unterstützung. Die kam von einer Solovioline, die über den zurückhaltenden, darunterliegenden Begleitfiguren schwebte. Dennoch spielte die Violine dieselben Intervalle. Als wollte sie sagen: Ich erhebe keine größeren Ansprüche als die Hörner. Es klang wie eine Entschuldigung, die graziös und anmutig und überaus bescheiden geäußert wurde. Es war auch, als wolle die Violine sagen: Wenn das Orchester und ich zusammenarbeiten, ach, wer weiß, vielleicht erreichen wir etwas. Dennoch blieb die Musik zurückhaltend, keusch, vorsichtig. Bis die Solovioline einen leidenschaftlicheren, triumphierenderen Ton hören ließ, einen hohen Triller. Danach kam eine kurze Folge von Tönen, beginnend, schien mir, mit einer großen Sext, die ein beklemmendes Gefühl in meiner Kehle verursachte, gefolgt von absteigenden Tönen, die dieses beklemmende Gefühl durch einen Schauder über den Rücken ersetzten. Der Anfang kehrte zurück, aber nicht dieses eine, alles ausdrückende, alles bestimmende Intervall. Es lag etwas Demütiges in dieser Musik, etwas, das man nie im Werk der großen Komponisten hört. Die brauchten nicht demütig oder bescheiden zu sein, sie wußten von sich, wie genial sie waren.

Es dauerte weniger als fünf Minuten. Dennoch öffnete das kleine Stück Musik Welten, von denen ich nichts geahnt hatte. (...)

(Maarten ´t Hart: Concerto russe. In: Erzählungen. Arche Verlag Zürich/Hamburg, 2002. Sonderausgabe mit CD („Concerto russe“ von Édouard Lalo). S. 169-190)

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longtime
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Re: Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute z.B. an ??
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 25.11.2009, 23:56:21
Für die fleißigen (oder auch neuen, interessierten) Freunde des ST-Literaturkalenders:

Für den 26.11.:

Durch Zufall habe ich eine Aufstellung für den 26. November gefunden, die vielleicht für morgen Anregungen gibt:

Georg Forster (26.11.1754 - 11.01.1794 in Paris; (Wiki meldet als Geburtsdatum "27.11."; weiß jemand Genaueres?)


Joseph von Eichendorff (10.03.1788 - 26.11. 1857)


Sven Hedin (19.02.1865 - 26.11.1952)


Arnold Zweig (10.11.1887 - 26.11.1968)

*

Ich freue mich schon auf Beiträge (auch auf Neubenennungen, da diese Liste nur deutschsprachige Poeten umfasst!).

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longtime

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longtime
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Re: Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute z.B. an ??
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 25.11.2009, 23:58:40
Ich weiche von der Liste ab; da ich heute im dradio.de auf ihn aufmerksam wurde:

Eugene Ionesco (oder: Eugen Ionescu - 26.11.1909 - 28.03.1994 - französisch-rumänischer Autor – weltweit der Hauptvertreter des absurden Theaters.

Click s. Linktipp:


*

Im Internet gefunden:

Ulrich Wickert hat eine Geburtstagseloge auf seinen verstorbenen Freund Ionesco geschrieben, in der er auch die Stücke "Die Kahle Sängerin" und "Die Schulstunde" hervorhebt.

Dort lese ich entzückende Einzelheiten zur Freundschaft der beiden:

„(…) In den Vierzigerjahren, als die Deutschen Paris besetzt hielten, flohen die Ionescos nach Marseille, wo Eugène als Lehrer unterkam. Und als Strafe für ihre Untaten beschloss er, die Sprache der Deutschen nicht mehr zu benutzen, obwohl er sie so gut beherrschte, dass er sogar Übersetzungen machte. Und tatsächlich, er hat Deutsch ganz vergessen.
In den Vierzigern sah er sich aus Ablehnung des Faschismus als Linker, aber er verfiel nicht in den Fehler vieler französischer Intellektueller, nun im Kommunismus sein Heil zu suchen. Er lehnte Stalin genau so ab wie Hitler. Das ließ ihn die französische Elite spüren.
So war's halt in Paris: Wer sich nicht zu den Kommunisten verirrt hatte (und reuig zurückkehrte), hatte einen Makel in der Biografie. Als in den Achtzigern der sozialistische Kulturminister Jack Lang die Kulturmafia von Frankreich beherrschte, wurde Ionesco stets gemieden.
Allerdings kam eines Tages im Jahr 1991 der Präsident aus Prag zu Besuch nach Paris, und da Václav Havel ein berühmter Schriftsteller ist, lud Jack Lang alle, die Rang und Namen hatten und bei ihm geduldet waren, zu einem Empfang. Ionesco gehörte nicht dazu. Aber Václav Havel persönlich wollte Ionesco sehen und bat, man möge auch ihn kommen lassen. Da wurde, um die Peinlichkeit zu überspielen, Madame Monique Lang ans Telefon geschickt, sie umsäuselte Ionesco, man holte ihn mit einer Limousine zum Empfang ab. Dort bedankte sich Havel bei Eugène Ionesco, dessen Werk habe ihn nämlich erst zum Schreiben inspiriert. (…)


Wickert über Ionesco

Schönen Tag für Herbstwanderer (oder Zuhause-Leser!).

--
longtime
enigma
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Re: Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute z.B. an ??
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 26.11.2009, 09:51:31
Danke für beide Beiträge, Longtime.

Ich weiche auch etwas von der Liste ab und erinnere an Louise Franziska Aston, geborene Hoche, deutsche Schriftstellerin und Vorkämpferin für Frauenemanzipation, geboren am 26. November 1814 in Gröningen bei Halberstadt.

Louise Aston war die Tochter eines evangelischen Theologen und Konsistorialrats.
Kaum 17jährig, heiratete sie auf Druck ihrer Eltern hin den 23 Jahre älteren Samuel Aston, einen englischen Fabrikanten in Magdeburg.
Diese Ehe wurde nicht glücklich, zumal Louise diese Bindung bereits während der Hochzeit innerlich abgelehnt hatte. 1839 erfolgte die erste Scheidung auf Betreiben von Samuel Aston.
Nach einer Versöhnung und erneuten Heirat trennte sich das Paar 1844 endgültig.
In ihrem Roman “Aus dem Leben einer Frau” beschrieb sie die (Leidens-)Geschichte dieser Ehe.
Seit 1845 lebte sie mit ihrer Tochter Jenny in Berlin, wo sie mit Rudolf Gottschall befreundet war.
Ihr Vorbild zu dieser Zeit war George Sand. Louise Aston trug, wie ihr Vorbild, oft Männerkleidung und rauchte in der Öffentlichkeit.
Außerdem erregte sie durch ihren für die damalige Zeit ungewöhnlichen Lebenswandel Aufsehen.
Ihre Ideen über Frauenemanzipation und ihre öffentlich geäußerte Ablehnung von organisierter Religiosität führten schließlich zu einer Überwachung durch die Polizei und 1846 zur Ausweisung als “staatsgefährdende Person”. Das Sorgerecht für ihre Tochter wurde ihr wahrscheinlich ebenfalls entzogen.
In ihrem bald darauf veröffentlichten Buch „Meine Emanzipation Verweisung und Rechtfertigung“ formulierte sie radikal das Prinzip der Gleichheit der Geschlechter und das Recht der Frau auf ihre freie Persönlichkeitsentfaltung.
Im gleichen Jahr, 1846, hatte sie auch ihre erste Gedichtsammlung “Wilde Rosen”, in der sie ihre Leiden in der erzwungenen Ehe schilderte und die freie Liebe forderte, vollendet.

1847 lebte Louise Aston zeitweilig in der Schweiz.
Ihr Roman “Aus dem Leben einer Frau” erschien bei dem Verlag Hoffman und Campe.

Während der Unruhen in Schleswig-Holstein gegen Dänemark pflegte sie dort Verwundete und lernte ihren späteren Mann, den Arzt Daniel Eduard Meier, kennen.
Im Juni 1848 kehrte sie mit Daniel Eduard Meier nach Berlin zurück.
Sie schrieb ihren Roman “Lydia” und gab dort am 1. November die Zeitschrift “Der Freischärler” heraus. Außerdem gründete sie den “Club Emanzipierter Frauen”.
Daniel Eduard Meier war als Radikaler Demokrat verhaftet worden.
Im Dezember erhielt Louise Astor die Ausweisung aus Berlin. Am 16. Dezember erschien die letzte Ausgabe des “Freischärler“.

1849 übersiedelte sie nach Hamburg , wo sie ebenfalls ausgewiesen wurde.
Bis gegen Ende 1950 begann nun ein Wanderleben durch verschiedene Städte.
In dieser Zeit schrieb sie den Roman “Revolution und Conterrevolution” und - als letzte Veröffentlichung - 1849 die Gedichtsammlung “Freischärler-Reminiscenzen”.
Diese radikalen Gedichte trugen ihr auch in den Reihen der Frauenbewegung Kritik ein.

Im November 1950 heiratete Louise Aston in Braunschweig Daniel Eduard Meier nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis. Es erfolgte die Übersiedlung nach Bremen, wo sie trotz eines zurückgezogenen Lebens weiterhin von der Polizei überwacht wurde.
Sie schloss allerdings Freundschaft mit dem Pastor Rudolf Dulon, dem geistigen Führer des Demokratischen Vereins, an dessen Aktivitäten sie teilnahm.

1855 verlor Daniel Eduard Meier seine Anstellung als Arzt in Bremen.
Zunächst ging er mit seiner Frau nach Berlin und später nach Russland, wo er während des Krimkrieges als Militärarzt in Odessa arbeitete.
Danach lebte das Ehepaar in Polen, Österreich und Ungarn, bis sie schließlich nach Deutschland zurückkehrten und sich in Wangen im Allgäu niederließen.

Noch im gleichen Jahr starb Louise Aston dort, verarmt und von ihren Schriftstellerkollegen isoliert, im Alter von 57 Jahren.

Abschließen möchte ich mit einem Zitat von Luise Aston:
Unser höchstes Recht, uns're höchste Weihe ist das Recht der freien Persönlichkeit, worin all uns're Macht und all unser Glauben ruht, das Recht, unser eigenstes Wesen ungestört zu entwickeln, von keinem äußern Einfluß gehemmt; den innern Mächten frei zu gehorchen, die Harmonie der Seele durchzubilden, mag sie auch ein Mißklang scheinen gegenüber dem herrschenden Glauben der Welt. Wer dies Recht der Persönlichkeit antastet, begeht einen brutalen Akt der Gewalt; wer unser Fühlen und Glauben, das Resultat unserer Schicksale, unser höchstes Eigenthum, aus dem Allerheiligsten unseres Herzens herausreißt [...]: der versündigt sich gegen das wahre Heil unserer Seele; der begeht einen Tempelraub, einen Gottesfrevel, von dem ihn die richtende Geschichte nimmer freisprechen kann.
(aus: Louise Aston, Meine Emancipation, Verweisung und Rechtfertigung)
geschrieben von Louise Aston


Bei zeno.org findet man weiteres Material über Louise Aston,
hier:


PS
Zur Komplettierung der Liste, die Longtime eingestellt hat:
Ich füge den Namen von Adam Mickiewicz zu.

Vielleicht möchte oder könnte ja jemand etwas über Mikiewicz schreiben, denn der Name des polnischen „Nationaldichters“ ist dort noch in aller Munde, wie wir bei einer Reise durch Polen vor einigen Jahren feststellen konnten.
Aber heute habe ich mich für die “Frauenrechtlerin” entschieden.

Gruß
--
enigma
chris
chris
Mitglied

Re: Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute z.B. an ??
geschrieben von chris
als Antwort auf longtime vom 25.11.2009, 23:58:40

Es gibt viele Werke und Gedichte von Joseph von Eichendorf
die mich immer wieder beeindrucken.

Es ist sicher heute zum Todestag erlaubt 2 Gedichte hier einzustellen:




Mondnacht

Es war, als hätt' der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis' die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Joseph von Eichendorff

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Erinnerung


Lindes Rauschen in den Wipfeln,
Vöglein, die ihr fernab fliegt,
Bronnen von den stillen Gipfeln,
Sagt, wo meine Heimat liegt?

Heut im Traum sah ich sie wieder,
Und von allen Bergen ging
Solches Grüssen zu mir nieder,
Dass ich an zu weinen fing.

Ach, hier auf den fremden Gipfeln:
Menschen, Quellen, Fels und Baum,
Wirres Rauschen in den Wipfeln, -
Alles ist mir wie ein Traum.


Die fernen Heimathöhen,
Das stille, hohe Haus,
Der Berg, von dem ich gesehen
Jeden Frühling ins Land hinaus,
Mutter, Freunde und Brüder,
An die ich so oft gedacht,
Es grüsst mich alles wieder
In stiller Mondesnacht.

Joseph von Eichendorff
--

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longtime
longtime
Mitglied

Re: Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute z.B. an Louise Aston
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 26.11.2009, 11:31:17
Gruß und Dank, enigma!
Ich kannte die Aston bisher nur dem Namen nach.

Zu deiner schönen Gedenk-Arbeit füge ich nach den von dir aufgzeigten Angaben dieses Gedicht bei, das für mich ein absolut frühes, mutiges Beispiel für politische, religionskritische Poesie ist.
Früher als sie hat keine deutsche Frau so direkt geschreiben.


Kerker-Phantasie

Es liegt vor mir das Wort des Herrn,
Die Bibel, aufgeschlagen;
Daraus gemahnt mich, bleich und fern,
Der Geist von alten Tagen.
Du hast Erlösung prophezeit!
Erlösung bringst du nicht –
Und die verheiß'ne Seligkeit
Ist nur ein Traumgesicht!

Mich starrt es an, das Wort des Herrn,
Das nie mir Trost gewährte.
Mir strahlte nie der gold'ne Stern,
Der Bethlehem verklärte.
Mich mahnt's unheimlich, graunerfüllt,
Und bringt den Tod mir nah',
Das schmerzentstellte Götterbild,
Das Kreuz auf Golgatha!

Der Kreuzestod, die Grabesnacht,
Die finstern Bilder alle;
Die Angst, die bang und betend wacht,
Vor neuem Sündenfalle;
Die Buße, die sich selbst kasteit,
Des Himmels Strafgericht!
O, meines Kerkers Einsamkeit
Begrüßt kein rettend Licht!

Das Kreuz – ich fühle seine Last,
Wie ein dämonisch Walten –
Von seiner Macht bin ich erfaßt,
Unrettbar festgehalten.
Es bindet mich für Ewigkeit
Der Weihe heil'ger Spruch,
Und namenlosem Schmerz geweiht
Hat mich dies Himmelsbuch!

»Er sei Dein Herr!« das Wort besteht,
Wie es von je bestanden!
Weil ich dies Herrenthum geschmäht,
Seufz' ich in schweren Banden.
Doch meine Seele bleibe frei
Trotz Fesseln und Gefängniß,
Und trage in der Sklaverei
Bewußt ein groß' Verhängniß!

*

(Aus: Louise Aston: Wilde Rosen. Berlin 1846. S. 16-19)



--
longtime
Re: Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute z.B. an Louise Aston
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf longtime vom 26.11.2009, 14:05:53
Hallo longtime,

hier noch zu Eichendorff, dieses Gedicht kennen wir sicher alle (und wissen vielleicht nicht, dass es von Eichendorff ist..) In der Schule war das Auswendiglernen Pflicht :)

Weihnachten
Markt und Straßen stehn verlassen,
Still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh ich durch die Gassen,
Alles sieht so festlich aus.

An den Fenstern haben Frauen
Buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein stehn und schauen,
Sind so wunderstill beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus ins freie Feld,
Hehres Glänzen, heil'ges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!

Sterne hoch die Kreise schlingen,
Aus des Schnees Einsamkeit
Steigt's wie wunderbares Singen -
O du gnadenreiche Zeit!
--
spatzl
longtime
longtime
Mitglied

Re: Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute z.B. auch an Georg Forster
geschrieben von longtime
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 26.11.2009, 17:38:37
Johann Georg Adam Forster (27.11.1754 -11.01.1794) war ein für seine Zeit umfassend gebildetes und mutiges Genie: deutscher Naturforscher, Ethnologe, Reiseschriftsteller, Journalist, Essayist und Politiker, der als Anhänger der französischen Revolution in Deutschland geächtet war.

Er nahm an der zweiten Weltumsegelung James Cooks teil, lieferte wichtige Beiträge zur vergleichenden Länder- und Völkerkunde der Südsee und gilt als einer der Begründer der wissenschaftlich fundierten Reiseliteratur. Als erklärter deutscher Jakobiner gehörte er zu süddeutschen, zumeist schwäbischen Sympathisanten, die in Paris lebten; er selber gehörte als Protagonist der kurzlebigen Mainzer Republik im Frühjahr 1793 unter dem Schutz der französischen Revolutionstruppen stand und von den deutschen Fürsten und ihren soldatischen Henkern platt gemacht wurde.

Bevor die Terrorherrschaft in Frankreich ihren furchtbaren Höhepunkt erreichte, verstarb Georg Forster 1794, noch nicht 40jährig, an einer Lungenentzündung in Paris.

Um sich mit ihm zu beschäftigen, verweise ich auf Quellentexte, die hier zu erreichen sind:

Gedanken Forsters

... und kann auf Literatur verweisen,
z.B. Klaus Harpprechts Biografie „Georg Forster oder Die Liebe zur Welt“. (1987).


*

Markante Sätze aus seinem Werk:

In Mainz, wo er Anfang 1793 Redakteur der „Neuen Mainzer Zeitung“ (auch genannt „Der Volksfreund“) war, schrieb er in seinem ersten Artikel:

„Die Pressefreiheit herrscht endlich innerhalb dieser Mauern, wo die Buchdruckerpresse erfunden ward.“

*
Oder:

"Armes Menschengeschlecht! aus welchen Abgründen hast du dich noch emporzuarbeiten!" - Über die Beziehung der Staatskunst auf das Glück der Menschheit.“

*

"Auch der müde Arbeiter ist nicht immer zum Denken zu stumpf; die Freude des Erringens öffnet auch bei ihm die Thore der Empfänglichkeit."

*

"Der Despotismus forderte Automaten; - und Priester und Leviten waren fühllos genug, sie ihm aus Menschen zu schnitzen." - Die Zitate werden hier nachgewiesen:

Zitate Forsters

Schon sofort nach Forsters Tod geriet er und sein Werk außerhalb einer kleinen, geschichtlich interessierten Nachwelt in Vergessenheit, als direkte Abstrafung seines Engagements für die französischen Freiheitsideale, die erst in demokratischer Zeit formal „legitimiert“ wurde, ohne mehr an die ersten Anhänger und Idealisten zu denken.

Je nach politischer Strömung wird noch heute Forster jeweils unterschiedlich beurteilt.

Das schönste Buch, das man zur Hand nehmen kann, ist:

Georg Froster: Reise um die Welt. Illustriert von eigener Hand; Mit einem biographischen Essay von Klaus Harpprecht und einem Nachwort von Frank Vorpahl. Frankfurt am Main: Eichborn-Verlag, 2007. (Ein wunderschöner Band, mit großformatigen Handzeichungen)

*

Vater Johann Reinhold Forster hatte durchgesetzt, dass sein erst 17-jähriger Sohn Georg als Zeichner mitkommen durfte auf die Weltreise mit Captain James Cook.

Johann und Georg Forster in der Südsee:



Einige Werke Forsters s. Linktipp:



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longtime
enigma
enigma
Mitglied

Re: Neueste Folge: Literaturfreunde denken heute z.B. auch an Georg Forster
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 26.11.2009, 17:54:20
Chris und Spatzl,

die schönen Eichendorff-Gedichte liest man immer wieder gerne, nicht wahr?
Ich finde es gut, dass Ihr sie noch einmal eingestellt habt.

Longtime,

jetzt ist die Reihe an mir zu sagen, dass ich Forster als einen sehr interessanten Mann empfinde, von dem ich viel zu wenig wusste, auch immer noch zu wenig weiß, aber jetzt nach Deinem ausführlichen Beitrag doch schon mehr.

Danke Euch und Grüße

--
enigma

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