Literatur Schöne Lyrik

Roxanna
Roxanna
Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Roxanna
als Antwort auf Gillian vom 12.03.2018, 14:16:46

LG
Roxanna
Gillian
Gillian
Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Gillian
als Antwort auf Roxanna vom 12.03.2018, 14:35:48

Oooh - dankeschön, liebe Roxanna!
Ich kann´s noch immer nicht ohne Gänsehaut hören ... Applaus
Liebe Grüße von Gi.

Naturella
Naturella
Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Naturella
als Antwort auf Gillian vom 12.03.2018, 15:01:26

Liebe Roxanna,

das ist ein sehr, sehr berührendes Gedicht. Danke für´s einstellen.

Jetzt werde ich erst einmal ein Weilchen darüber sinnieren.


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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Gillian vom 12.03.2018, 15:01:26

Wie schön, dieses ergreifende Gedicht! Habt Dank fürs erinnern.
(ich bekomm immer noch einen Knödel in den Hals.)


Theodor Fontane
John Maynard
John Maynard!
"Wer ist John Maynard?"
"John Maynard war unser Steuermann,
aushielt er, bis er das Ufer gewann,
er hat uns gerettet, er trägt die Kron',
er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."


Die "Schwalbe" fliegt über den Erie-See,
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee;
von Detroit fliegt sie nach Buffalo -
die Herzen aber sind frei und froh,
und die Passagiere mit Kindern und Fraun
im Dämmerlicht schon das Ufer schaun,
und plaudernd an John Maynard heran
tritt alles: "Wie weit noch, Steuermann?"
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund:
"Noch dreißig Minuten ... Halbe Stund."


Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei -
da klingt's aus dem Schiffsraum her wie Schrei,
"Feuer!" war es, was da klang,
ein Qualm aus Kajüt und Luke drang,
ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.


Und die Passagiere, bunt gemengt,
am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,
am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
am Steuer aber lagert sich´s dicht,
und ein Jammern wird laut: "Wo sind wir? wo?"
Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo. -


Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht,
der Kapitän nach dem Steuer späht,
er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
aber durchs Sprachrohr fragt er an:
"Noch da, John Maynard?"
"Ja,Herr. Ich bin."
"Auf den Strand! In die Brandung!"
"Ich halte drauf hin."
Und das Schiffsvolk jubelt: "Halt aus! Hallo!"
Und noch zehn Minuten bis Buffalo. - -


"Noch da, John Maynard?" Und Antwort schallt's
mit ersterbender Stimme: "Ja, Herr, ich halt's!"
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
jagt er die "Schwalbe" mitten hinein.
Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
Rettung: der Strand von Buffalo!

Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt.
Gerettet alle. Nur einer fehlt!


Alle Glocken gehn; ihre Töne schwell'n
himmelan aus Kirchen und Kapell'n,
ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt,
ein Dienst nur, den sie heute hat:
Zehntausend folgen oder mehr,
und kein Aug' im Zuge, das tränenleer.


Sie lassen den Sarg in Blumen hinab,
mit Blumen schließen sie das Grab,
und mit goldner Schrift in den Marmorstein
schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:

"Hier ruht John Maynard! In Qualm und Brand
hielt er das Steuer fest in der Hand,
er hat uns gerettet, er trägt die Kron,
er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."


Theodor Fontane
 

antje43
antje43
Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von antje43
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 12.03.2018, 15:37:12

Ich höre mir diese Geschichte gerne an!
 

Sirona
Sirona
Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Gillian vom 12.03.2018, 14:16:46
Mich haben seit Kindheit und Jugend die Balladen von Theodor Fontane
begleitet, und ich möchte heute mal an
John Maynard
erinnern. Die Inspiration dazu hatte T. F. wahrscheinlich durch eine Zeitungsmeldung in der damaligen Zeit.
Die Ballade beginnt mit
"Die Schwalbe fliegt über den Eriesee... " und beeindruckt mich noch immer Ok
Gi.

 
Hallo Gillian,
 
zu ein Zufall! Du erwähnst Theodor Fontane, und ich habe mir heute dieses Video angeschaut.
Es handelt von den Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Ich habe zwar auch das Buch, doch diese Filme (auf der Seite gibt es rechts vier weitere Folgen) sind m.E. sehr gut gelungen. Und oft mußte ich schmunzeln über die Menschen, die Fontane beobachtet und beschrieben hat. 

LG Sirona
 

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Gillian
Gillian
Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Gillian

Danke an alle, die auf den "Fontane-Zug" aufgesprungen sind! Der Herr von Ribbeck ist sozusagen Brandenburger Ehrenbürger Lächeln,
nun muss noch Fritze Bollmann vom Beetz-See
und Zickenschulze aus Bernau kommen!!
Lachen - Das wäre aber nicht vom guten alten Fontane ... danach muss ich aber erst klugeln ...
Gi.

Roxanna
Roxanna
Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Roxanna
In Vorausschau auf den Sommer Zwinkern

DSC01154.JPG


Sommerfrische

Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß,
Das durch den sonnigen Himmel schreitet.
Und schmücke den Hut, der dich begleitet,
Mit einem grünen Reis.
Verstecke dich faul in der Fülle der Gräser.
Weil`s wohltut, weil`s frommt.
Und bist du ein Mundharmonikabläser
Und hast eine bei dir, dann spiel, was dir kommt.
Und lass deine Melodien lenken
Von dem freigegebenen Wolkengezupf.
Vergiss dich. Es soll dein Denken
Nicht weiter reichen als ein Grashüpferhupf.

Joachim Ringelnatz

 
RE: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Roxanna vom 17.03.2018, 12:09:48
In Vorausschau auf den Sommer Zwinkern

DSC01154.JPG


Sommerfrische

Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß,
Das durch den sonnigen Himmel schreitet.
Und schmücke den Hut, der dich begleitet,
Mit einem grünen Reis.
Verstecke dich faul in der Fülle der Gräser.
Weil`s wohltut, weil`s frommt.
Und bist du ein Mundharmonikabläser
Und hast eine bei dir, dann spiel, was dir kommt.
Und lass deine Melodien lenken
Von dem freigegebenen Wolkengezupf.
Vergiss dich. Es soll dein Denken
Nicht weiter reichen als ein Grashüpferhupf.

Joachim Ringelnatz

 
Oh ist das herzig, liebe Roxy.
Darf ich den Grashüpfer noch nachliefern?
Esgrüntsogrün.JPG
Gruss und Dank
Clematis



 
Sirona
Sirona
Mitglied

RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
800px-Monet_dejeunersurlherbe.jpgClaude Monet, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=334843
 
Ich bin so knallvergnügt erwacht.
Ich klatsche meine Hüften.
Das Wasser lockt. Die Seife lacht.
Es dürstet mich nach Lüften.
 
Ein schmuckes Laken macht einen Knicks
und gratuliert mir zum Baden.
Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs
betiteln mich "Euer Gnaden".
 
Aus meiner tiefsten Seele zieht
mit Nasenflügelbeben
ein ungeheurer Appetit
nach Frühstück und nach Leben.
 
Joachim Ringelnatz (1883 – 1934)





 

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